Japan: Erdbeben 11. März 2011

  • 683 Antworten
  • 119620 Aufrufe

skynet

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #350 am: 16. März 2011, 18:52:51 »
Oh je, das sieht bedrohlich aus! :-[ Vergleicht man die aktuellen Bilder mit denen vor ein paar Tagen, stehen einem die Nackenhaare, ja alle Haare zu berge. ???
Von hier aus bleibt einem nichts weiter, als alle Hoffnung nach Japan zu schicken, das sie das irgendwie in den Griff bekommen.

Es darf einfach nicht zu einem GAU kommen, bitte, bitte nicht!!!

Offline Reihnold

  • ***
  • 103
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #351 am: 16. März 2011, 19:09:39 »
Es darf einfach nicht zu einem GAU kommen, bitte, bitte nicht!!!
Der GAU ist ja schon eingetreten:
GAU = Störfall, der ohne Freisetzung von großen Mengen Radioaktivität abgefangen werden kann, da das Kraftwerk für solche Störfälle ausgelegt ist und entsprechende Abwehrmechanismen besitzt (z.B. redundante Kühlkreisläufe, etc.). Der Fachbegriff macht das noch etwas deutlicher: Auslegungsstörfall
Super GAU = Störfall, der nicht mehr abgefangen werden kann und über die Auslegung des Kraftwerks hinausgeht
Quelle

Nach der Definition sind wir in meinen Augen schon lange über den Status des GAUs hinaus, wenn man sich zum einen die Spitzenbelastungen in der Umgebung anguckt und berücksichtigt, dass in Japan die Grenzwerte hochgesetzt wurden, damit die Arbeiter überhaupt noch legal in der Nähe des Kraftwerks arbeiten können.

Offline Reihnold

  • ***
  • 103
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #352 am: 16. März 2011, 19:44:09 »
Wer es ein wenig theoretischer mag: Anmerkungen zur Nachzerfallswärme beim Physikblog. Auch die Kommentare sind sehr interessant.

xwing2002

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #353 am: 16. März 2011, 19:56:52 »
Wenn man vom Betreiber keine Informationen mehr bekommt, dann sind die Beschlüsse anderer interessant:
"Anweisung des US-Verteidigungsministeriums in Washington: Alle US-Soldaten im Rettungseinsatz müssen mindestens 80 Kilometer Abstand zum AKW Fukushima 1 halten. Vor Einsätzen in möglicherweise belasteten Gebieten sollen die Truppen mit Strahlenschutz-Medikamenten versorgt werden." (Focus Online)

Die Amerikaner wollen außerdem die Drohne "Global Hawk" einsetzen um sich ein Bild aus der Nähe zu machen. Wärmebildkameras sind an Bord und können weitere Indikationen über das nicht einsehbare Geschehen liefern.

Ich sehe das wie Du, Reihnold, es IST nicht mehr beherrschbar. Die Frage ist jetzt wie weit es noch zu begrenzen ist. Wie weit sind die Folgen zu mindern. Und: wie lange kann man das Areal in einem Zustand halten, in dem man Zugriff nehmen kann. Sobald ein Reaktor vollständig havariert und das Strahlungsniveau unmittelbar tödlich wird muss man die gesamte Anlage aufgeben und dem stattfindenden Geschehen überlassen. Ohne Kühlung, ohne Steuerung in den Kontrollräumen und ohne irgendwelche Maßnahmen. Dann würden auch Block 5 und 6 eskalieren und im Ernstfall hat man dann ein Szenarium, dessen Dimension zwar nicht wie Tschernobyl abläuft, das diese Havarie aber aber allein durch die Summe des involvierten Kernmaterials und der Brennstäbe in den Abklingbecken übertreffen kann.

EDIT dazu: "20.26 Uhr: Die US-Atomsicherheitsbehörde NRC geht von einer gefährlichen Strahlenbelastung am Krisenreaktor Fukushima aus. „Wir glauben, dass die Strahlung extrem hoch ist“, sagt NRC-Direktor Gregory Jaczko in Washington. „Das könnte auch die Möglichkeit für Korrekturmaßnahmen beeinträchtigen.“ Seine Behörde gehe davon aus, dass gebrauchte Brennstäbe im Abklingbecken von Reaktor 4 freiliegen, weil dort kein Wasser mehr vorhanden sei. Diese Situation bewirke eine hohe Strahlenbelastung, die den Einsatz von Krisenteams beeinträchtigen könnte." (Focus Online)
« Letzte Änderung: 16. März 2011, 21:19:13 von xwing2002 »

xwing2002

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #354 am: 16. März 2011, 20:08:09 »
"19.51 Uhr - Eine zur Abwendung eines Super-GAUs im japanischen Atomkraftwerk Fukushima 1 notwendige neue Stromleitung ist nach Angaben der Betreiberfirma Tepco fast fertig. Ein Sprecher sagte am Donnerstagmorgen (Ortszeit), die Leitung solle „so schnell wie möglich“ in Betrieb genommen werden. Die neue Leitung könnte das angeschlagene Kühlsystem in der Atomanlage wieder in Gang bringen und so eine drohende Kernschmelze verhindern, hieß es. Die Frage dürfte allerdings sein, ob die Systeme in den Reaktoren für eine reguläre Kühlung überhaupt noch intakt genug sind." (FAZ.NET-Ticker)

Ich gebe zu Laie zu sein und es ist sicher von Vorteil über Stromzufuhr zu verfügen, aber es scheint mit angesichts des Zustandes der Blöcke 1-4 doch sehr unwahrscheinlich, dass man bei ihnen auf funktionierende Systeme, ja bloß Leitungen bauen kann. Für die Blöcke 5 und 6 wäre das natürlich vielleicht eine sehr gute Nachricht!


*

Offline STS-125

  • *****
  • 3510
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #355 am: 16. März 2011, 22:21:30 »
Über Twitter kommt gerade die Meldung rein, dass Reaktorblock 4 wohl ebenfalls explodiert ist... Sieht nicht gut aus.

xwing2002

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #356 am: 16. März 2011, 22:44:37 »
Gerade noch diese Meldung im Focus-Ticker gelesen:

Zitat
21.59 Uhr: Spätestens am Freitag droht im japanischen Atomkraftwerk Fukushima 1 nach Einschätzung französischer Atomexperten eine nukleare Verseuchung größeren Ausmaßes. Die Stunden bis dahin sind nach Darstellung der Fachleute entscheidend für die Kühlung der abgebrannten Brennelemente im Reaktor 4. Gelinge es nicht, das Abklingbecken bis dahin wieder aufzufüllen, werde eine „sehr bedeutende“ Verseuchung die Folge sein, erklärte der Direktor für Anlagensicherheit beim Institut für Strahlenschutz und Nuklearsicherheit (IRSN), Thierry Charles, in Paris.

Jetzt ging wohl alles viel schneller.
Es ist nicht anzunehmen, dass sie da noch lange auf dem Gelände bleiben und wenigstens Verzweiflungstaten begehen können.


Marvin

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #357 am: 16. März 2011, 22:48:37 »
Momentan läuft auf ZDF Abenteuer Forschung mit Harald Lesch zum Thema "Restrisiko Atomkraft".
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/live/1090870/Abenteuer-Forschung-spezial?bc=lve;lv0&flash=off
Die Sendung ist bestimmt später in der Mediathek abrufbar.

Vielen Dank für die gute sachliche Berichterstattung.

xwing2002

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #358 am: 16. März 2011, 22:59:35 »
Das Thema ist nicht besonders angenehm, aber es ist eine Tradition neue Mitglieder hier im Forum willkommen zu heißen, die gilt auch jetzt. Also herzlich willkommen Marvin! :)

EDIT: @STS-125 Ich verfolge gerade drei Liveticker, NHK und CNN... sie erwähnen keine Explosion bei Block4... das schürt vielleicht ein bißchen die Hoffnung, dass es eine unbestätigte Einzelmeldung war? Was sagt der Twitterwald? Häufen sich die Meldungen dort?

tonthomas

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #359 am: 16. März 2011, 23:55:03 »
Hinsichtlich Block 4 sehe ich keine besonderen Neuigkeiten. - Ein Stromkabel, das zur Versorgung des Kraftwerksgeländes benutzt werden soll, ist angeblich fast fertig. Von GE aus den USA sollen Gasturbinen zum Antrieb von Stromgeneratoren nach Fukushima geliefert werden.

Gruß    Pirx

Marvin

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #360 am: 17. März 2011, 00:07:12 »
Danke für die freundliche Begrüßung.

Das Geoforschungszentrum in Potsdam hat sich mit dem Ablauf des Bebens beschäftigt und stellt u.a. eine Grafik zur Ausbreitung des Tsunamis im Pazifik bereit.
http://www.gfz-potsdam.de/portal/gfz/Public+Relations/Pressemitteilungen/aktuell/110316_Erdbebenablauf

Auch die Seite der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit des Bundesumweltministeriums bietet einen umfassenden Überblick über die aktuelle Lage inklusive der radiologischen Situation.
http://www.grs.de/informationen-zur-lage-den-japanischen-kernkraftwerken-fukushima-onagawa-und-tokai

Lance

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #361 am: 17. März 2011, 00:32:00 »
Danke für die Links. Auf der Seite der GRS habe ich diese Grafik gefunden, sie zeigt die Situation in Fukushima I um 19.00 Uhr MEZ:
http://www.grs.de/sites/default/files/images/Status%20KKW%20Fukushima%20Daiichi%201900%20Uhr%20am%2016-03-2011.pdf

Lance

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #362 am: 17. März 2011, 00:34:03 »
Eben gab es diese Meldung bei Spiegel-Online:

+++ Laut IAEA kocht das Kühlwasser in den Reaktoren 3 und 4 +++

[00.16 Uhr] Die internationale Atomenergiebehörde IAEA hat Informationen zur Wassertemperatur in den Unglücksreaktoren des havarierten Atomkraftwerks Fukushima 1 veröffentlicht. Demnach betrug die Temperatur des Kühlwassers im Reaktor 4 am Dienstagmorgen 84 Grad Celsius. Am Mittwochmorgen seien im Reaktor 5 rund 62 Grad sowie 60 Grad im Reaktor 6 gemessen worden. Normalerweise wird die Wassertemperatur unter 25 Grad gehalten, um die Brennstäbe zu kühlen. Aktuelle IAEA-Berichte sagen, das Wasser in den Reaktoren 3 und 4 würde mittlerweile kochen. Die US-Atombehörde geht sogar davon aus, dass sich im Reaktor 4 gar kein Wasser mehr befinde (s. Liveticker von 22.22 Uhr).

Kami

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #363 am: 17. März 2011, 00:57:30 »
Reaktor 5 scheint nun auch rumzuzicken

Lage verschlechtert sich in Reaktor 5: Laut Kyodo News ist jetzt auch der Wasserstand im Reaktor 5 bedenklich gesunken. Die Situation wird intensiv überwacht. Die Probleme bei Reaktor 4 hatten ebenfalls mit rasch sinkenden Kühlwasserständen begonnen. Allerdings wurde Reaktor 4 von Explosionen in den nahe gelegenen Reaktoren 1, 2 und 3 in Mitleidenschaft gezogen. Die Reaktoren 4, 5 und 6 waren zum Zeitpunkt des Erdbebens und des Tsunami ausser Betrieb. Allerdings droht auch von den dort vorhandenen Brennelementen Gefahr, wenn sie nicht ausreichend gekühlt werden.

tonthomas

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #364 am: 17. März 2011, 01:55:21 »
Jetzt hat man tatsächlich Wasser vom Hubschrauber aus Wasser über dem Block 3 abgeworfen. War gerade bei NHK zu sehen. Aber ob das etwas bringt? Das Wasser verteilt sich noch in der Luft ganz ordentlich. Pro CH-47-Hubschrauber sollen über 7 Tonnen Wasser transportierbar sein.

*

Offline -eumel-

  • Raumcon Moderator
  • *****
  • 15220
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #365 am: 17. März 2011, 02:17:57 »

NHK TV

Es ist schwer, mit dem Wasser den Reaktor zu treffen.





Die NHK Sprecherin sagte, dass die Strahlenbelastung für die Hubschrauber Besatzung direkt über dem Reaktor sehr groß ist.

*

Offline -eumel-

  • Raumcon Moderator
  • *****
  • 15220
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #366 am: 17. März 2011, 02:40:25 »
Die Reaktoren 5 und 6 machen zunehmend Probleme.
Sie waren zwar nicht im Betrieb, aber auch dort werden Brennstäbe gelagert, die gekühlt werden müssen.
Inzwischen ist auch dort der Wasserstand gesunken und die Temperatur steigt weiter.
Es wird erwartet, dass auch in den Blöcken 5 und 6 das Wasser bald kocht.

Vorrang hat jedoch Block 3, der stark dampft (oder raucht?).
Dieser Block ist besonders gefährlich, weil dort auch Plutonium eingesetzt wurde.
Deshalb versucht man verzweifelt, irdendwie Wasser hinein zu bekommen.
Nach dem Hubschrauber Einsatz bereitet sich jetzt die Polizei darauf vor, 11 LKW-Wasserwerfer einzusetzen.
Die Wasserwerfer sollen vor allem Block 4 kühlen, denn dort ist das Dach noch drauf (aus der Luft nicht erreichbar).

troll66

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #367 am: 17. März 2011, 08:07:43 »
Guten Morgen,

ich bin natürlich auch geschockt von all den Ereignissen in Japan. Für mich stellt sich auch die Frage, selbst wenn die Kühlung auch nur provisorisch aufrecht erhalten werden kann, wie lange würden die Brennstäbe noch so stark arbeiten das von ihnen keine ernsthafte Gefahr mehr ausgehen kann. Die können doch selbst unter kontrollierter Kühlung noch Monate benötigen bis sie abgebrannt sind. Oder sehe ich das falsch?

Also wenn der so genannte  "Supergau" eintritt, dann müssten die Japaner quasi ihr Land abschließen und alle Einwohner evakuieren. Ich bin kein Experte, aber undenkbar ist das doch nicht.

Fragen über Fragen.....

MfG Thomas

*

Offline fion1

  • ****
  • 305
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #368 am: 17. März 2011, 08:26:32 »
Wir reden bei der Aufrechterhaltung der Kühlung über Jahre!! Bei dem Störfall in den USA 1979 hat es 1,5 Jahre gedauert.

Schau mal hier: http://www.physikblog.eu/2011/03/16/nachzerfallswaerme-101/#identifier_3_4573

Ist gut erklärt und mit Grafiken.

tonthomas

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #369 am: 17. März 2011, 08:58:26 »
Bei n-tv zeigen sie hin und wieder ein Bild von grünen Wasserwerfern und roten Feuerwehrfahrzeugen (darunter offenbar solche, die typischerweise auf Flughäfen benutzt werden), die auf einem Parkplatz auf ihren Einsatz warten. Der Hubschraubereinsatz ist laut n-tv beendet. NHK: Vier Abwürfe sind erfolgt.

Offline Ruhri

  • *****
  • 4042
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #370 am: 17. März 2011, 10:02:38 »
Tja, wie schlimm mag die Lage wohl wirklich sein?

Vom Block 1 hört man überhaupt nichts mehr, und dabei wird der auch nicht mehr gekühlt, und die Reaktoren in den Blöcken 2 und 3 rücken auch gerade aus dem Fokus.

Die Stromversorgung ist beinahe wieder hergestellt, aber bringt das noch etwas? Ich befürchte, dass die Kühlsysteme durch Trümmer, Hitze oder vielleicht auch den geschmolzenen Brennstäben dermaßen in Mitleidenschaft gezogen wurden, dass sie nicht reaktiviert werden können.

Was ist eigentlich mit den Reaktoren in den Blöcken 4-6? Waren die leer, oder sind die Brennstäbe kalt genug, dass sie auch ohne Kühlung stabil sind? Die Gefahr besteht aber sicherlich, dass die Schäden im Block 4 auch das Reaktordruckgefäß und den Sicherheitsbehälter beschädigt haben. Die amerikanische Atomaufsicht geht davon aus, dass das Abklingbecken beschädigt wurde und längst ausgelaufen ist. Journalisten sprechen davon, dass dadurch die Kettenreaktion wieder anlaufen könnte. Kann das wirklich geschehen? Der Anteil an 235U in abgebrannten Brennstäben ist ziemlich gering, und der von 239Pu ebenfalls. Ohne Moderator dürfte es daher keine Kettenreaktion geben, aber zum Schmelzen mag es schon reichen, zumindest aber zum Ausgasen von flüchtigen Radionukliden. Weiß jemand, welche das so sind?

Die Frage ist auch, ob die provisorische Kühlung per Hubschrauber oder Wasserwerfer wirklich etwas bringt. Im Radio haben sie vermutet, dass man lediglich die Partikel aus der Luft herauswaschen will, damit sie sich auf dem Gelände des Kernkraftwerks ablagern und nicht verteilt werden.

Und auch wenn es nicht direkt zur Katastrophe in Japan gehört: Ulrich Walter verweist darauf, dass die Kerntechnik eine neue Technologie ist und dass gerade erst die zweite Generation an Reaktoren im Einsatz ist. Wir sollten diesen trotzdem eine Laufzeitverlängerung gönnen, an neuen, gutmütigeren Reaktorgenerationen forschen und notfalls den Atommüll im Weltall entsorgen. Ich lasse das jetzt unkommentiert...  :-X

Offline Reihnold

  • ***
  • 103
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #371 am: 17. März 2011, 10:06:56 »
Wenn man sich die Bilder von dem Wasserabwurf mal anguckt, glaube ich nicht, dass das sonderlich viel gebracht hat, da sich das Wasser ja doch ziemlich weit verteilt hat. Bei der Waldbrandbekämpfung macht das ja noch Sinn, hier eher nicht. Die Idee mit den Wasserwerfern scheint mir da sehr viel mehr Erfolg zu versprechen.
Was das Stromkabel angeht: Für die Reaktoren 5 und 6 ist das sicher eine gute Nachricht, bei den anderen Reaktoren habe ich aber so meine Zweifel, ob die Kühlsysteme nach den Explosionen und Bränden noch wirklich funktionsfähig sind.

Ich habe einen Riesenrespekt für die Menschen, die da jetzt noch arbeiten und versuchen, schlimmeres zu verhindern. Man muss ja leider davon ausgehen, dass diese Menschen diesen Einsatz wahrscheinlich mit dem Tode bezahlen werden (so auch gestern ein ehemaliger Mitarbeiter von Vattenfall bei Hart aber Fair, der selber auch in Kernkraftwerken gearbeitet hat).

xwing2002

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #372 am: 17. März 2011, 10:10:48 »
Als Nichtphysikerin einige Fragen: die Hubschrauber nehmen ihre Wasserladung im Tiefflug aus dem Meer auf - kann diesem Wasser überhaupt Bor hinzugesetzt werden? Und wenn dem nicht der Fall - kann salziges Meerwasser (neben korodierenden Effekten) nicht einen eher negativen Effekt auf chemische/physikalische Reaktionen der Brennstäbe haben?

EDIT: @Ruhri
Gestern wurde auch gesagt, dass diese 50 ausgetauscht werden. Man sprach von etwa 300 Technikern, die dort vor Ort sind und sich in in 90 Sekunden Schichten an besonders verstrahlten Orten aufhalten, beziehungsweise 20-25 Minuten an weniger verstrahlten Orten. Man versucht also die Strahlung auf so viele Menschen wie möglich zu verteilen. Das mindert entweder die Strahlentoten oder es erhöht dann letztendlich ihre Zahl.

EDIT: Gerade gefunden bei Spiegel online: "Mitarbeiter des AKW-Betreibers Tepco sowie anderer Firmen haben angeboten, bei der Bekämpfung der Atomkatastrophe am Unglückskraftwerk Fukushima mitzuhelfen. Das berichtet die japanische Nachrichtenagentur Jiji. Einer der Freiwilligen sei ein 59-Jähriger, der 40 Jahre Arbeitserfahrung in Atomanlagen habe. Er stehe nur noch ein halbes Jahr vor seiner Verrentung."
Wie Du sagst Ruhri... Riesenrespekt.

Offline Reihnold

  • ***
  • 103
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #373 am: 17. März 2011, 10:33:40 »
Was ist eigentlich mit den Reaktoren in den Blöcken 4-6? Waren die leer, oder sind die Brennstäbe kalt genug, dass sie auch ohne Kühlung stabil sind? Die Gefahr besteht aber sicherlich, dass die Schäden im Block 4 auch das Reaktordruckgefäß und den Sicherheitsbehälter beschädigt haben.
So wie ich das verstanden habe: Reaktor 4 ist aufgrund Wartungsarbeiten komplett leer gewesen und die Kernbrennstäbe liegen alle im Abklingbecken. Reaktor 5 & 6 haben Kernbrennstäbe im Reaktor, sind aber routinemäßig schon längere Zeit vor dem Tsunami abgeschaltet gewesen. Wahrscheinlich dürfte die Nachzerfallswärme daher dort schon deutlich geringer als in den Problemreaktoren sein. In der Zeitleiste der Ereignisse in der englischen Wikipedia gibt es übrigens auch regelmäßig Tabellen, die den Stand der einzelnen Reaktoren zu dem jeweiligen Zeitpunkt erläutern.

Die amerikanische Atomaufsicht geht davon aus, dass das Abklingbecken beschädigt wurde und längst ausgelaufen ist. Journalisten sprechen davon, dass dadurch die Kettenreaktion wieder anlaufen könnte. Kann das wirklich geschehen? Der Anteil an 235U in abgebrannten Brennstäben ist ziemlich gering, und der von 239Pu ebenfalls. Ohne Moderator dürfte es daher keine Kettenreaktion geben, aber zum Schmelzen mag es schon reichen, zumindest aber zum Ausgasen von flüchtigen Radionukliden. Weiß jemand, welche das so sind?
Alles soweit ich weiß (basierend auf dem Buch "Making of the Atomic Bomb" und dem Wikipedia Artikel Neutron moderator): Kettenreakton halte ich bei fehlendem Wasser ebenfalls für unwahrscheinlich, da die Neutronen, die von einem Kernzerfall freigesetzt werden, sehr schnell sind und die Wahrscheinlichkeit einen weiteren Kern zu treffen, daher sehr gering ist. Um die Neutronen abzubremsen und damit die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Kernspaltung zu erhöhen, braucht man einen Moderator. Dieses ist in Japan Wasser und in Tschernobyl war es Graphit. Wenn jetzt in den Abklingbecken kein Wasser mehr vorhanden ist, dürfte dort auch keine selbsterhaltene Kettenreaktion mehr in Gang kommen, da die Neutronen kaum weitere Kerne treffen. Was ich für gefährlicher halte: Die Nachzerfallswärme erhitzt die Brennstäbe so stark, dass die Ummantelung Feuer fängt (soll wohl bei 900°C der Fall sein) und das wäre dann ein Brand, durch den auch die Spaltprodukte aufsteigen und sich großflächig verbreiten können. Das ganze wäre dann ein Super GAU, mit dem wirklich niemand vorher gerechnet hat. Die Wikipedia hat eine kleine Aufstellung der häufigsten Spaltprodukte.

Und auch wenn es nicht direkt zur Katastrophe in Japan gehört: Ulrich Walter verweist darauf, dass die Kerntechnik eine neue Technologie ist und dass gerade erst die zweite Generation an Reaktoren im Einsatz ist. Wir sollten diesen trotzdem eine Laufzeitverlängerung gönnen, an neuen, gutmütigeren Reaktorgenerationen forschen und notfalls den Atommüll im Weltall entsorgen. Ich lasse das jetzt unkommentiert...  :-X
Das war bei Markus Lanz, oder? Da habe ich relativ schnell abgeschaltet, da er, in meinen Augen, doch etwas wirre Thesen vertrat.

xwing2002

  • Gast
Re: Japan: Erdbeben 11. März 2011
« Antwort #374 am: 17. März 2011, 10:45:54 »
Dieses ist in Japan Wasser und in Tschernobyl war es Graphit. Wenn jetzt in den Abklingbecken kein Wasser mehr vorhanden ist, dürfte dort auch keine selbsterhaltene Kettenreaktion mehr in Gang kommen, da die Neutronen kaum weitere Kerne treffen.

DAS mein' ich doch! Was passiert wenn man da jetzt aber Meerwasser ohne Borsäure abwirft? Dann ist Wasser womöglich vorhanden ohne dass die Neutronen abgefangen werden.