Materiebrücken

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H.J.Kemm

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Materiebrücken
« am: 13. Oktober 2008, 03:48:36 »
Moin,

die Weltraumteleskope, hier besonders *Hubble* zeigen uns viele Galaxien, die räumlich dicht beeinander stehen und durch feine Bänder oder Schleier miteinander verbunden sind. Es handelt sich hierbei um *Materiebrücken* die durch Schwerkraftwirkungen von einer zur anderen Galaxie herübergezogen werden.
Dies kann erfolgt sein vor bzw. nach der beiderseitigen Berührung der Galaxien.

Hier ein Beispiel solcher *wechselwirkenden Galaxien*.



Bild: Die Galaxien NGC 4490 (links)  und NGC 4485 (rechts)

*NGC 4490*, +9,50m und *NGC 4485* Sternbild Jagdhunde, 45 x 106 Lj.

Jerry  



« Letzte Änderung: 13. Oktober 2008, 04:35:56 von H.J.Kemm »

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #1 am: 13. Oktober 2008, 04:19:37 »
Moin,

auch hier sieht man den Austausch von Materie.



Bild: NGC 1410 und NGC 1409 (Hubble)

Das Hubble Space Teleskop hat ein Bild aufgenommen, auf dem die Materiebrücke schwach als schwarze Linie zwischen den Galaxien NGC 1410 und 1409 zu sehen ist.

*NGC 1409* und *NGC 1410*, Sternbild Stier, ~ 300 x 106 LJ. Beide Galaxien verbindet dies ~ 20.000 Lj langes und 500 Lj breite Materieband, wobei die rechte Galaxie ständig Materie von der Nachbargalaxie abzieht und dies schon seit ~ 100 x 106 Jahren, als die beiden sich nach einem Zusammenprall wieder getrennt hatten. Interessant ist, dass ihre Zentren   ~23.000 Lj voneinander entfernt sind und dass sie sich durch ihre Gravitationskräfte mit ~ 1 Mio/kmh umkreisen.

Die Frage bleibt aber ungeklärt, warum dieser Materieaustausch einseitig und in diese Richtung geht.

Feststeht, dass die *ausgenommene Galaxie* nach einer gewissen Zeit nicht mehr existiert; Kannibalismus im All!

Jerry

« Letzte Änderung: 13. Oktober 2008, 04:33:36 von H.J.Kemm »

Re: Materiebrücken
« Antwort #2 am: 13. Oktober 2008, 06:53:11 »
Zitat
Die Frage bleibt aber ungeklärt, warum dieser Materieaustausch einseitig und in diese Richtung geht.
 

Guten Morgen,

dass es nur einseitig ist, finde ich eigentlich nicht erstaunlich. Dieser Austausch scheint nach einer ersten Störung beider Galaxien rein gravitativ bestimmt zu sein und dann geht es nur eigentlich nur in eine Richtung zum stärkeren Partner. Es wäre eher erstaunlich wenn sich ein paar Teilchen in die eine und ein paar in die andere Richtung bewegen würden und sich dabei begegneten.
« Letzte Änderung: 13. Oktober 2008, 06:53:59 von Schillrich »
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

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A1942D

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #3 am: 13. Oktober 2008, 09:00:53 »
Hallo, tolle Storys über diese Situation.
Zitat:
Zitat
dass sie sich durch ihre Gravitationskräfte mit ~ 1 Mio/kmh umkreisen.
wird die schwächere Galaxie um die stärkere rumgewirbelt? A.D.

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #4 am: 13. Oktober 2008, 09:04:55 »
Moin A.D.,

nein, sind sind gravitativ gebunden und bewegen sich um ihren gemeinsamen Schwerpunkt.

Jerry
« Letzte Änderung: 13. Oktober 2008, 09:05:39 von H.J.Kemm »

Corsar

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #5 am: 13. Oktober 2008, 09:32:15 »
Bonjour, da habe ich doch aus was.

Das Bild zeigt Stephens Quintett. Jac

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #6 am: 13. Oktober 2008, 09:47:52 »
Moin Jac,

nehmen wir doch mal dies Bild, da die Materiebrücken hier besser gezeigt werden (Falschfarbenaufnahme)


Bild: Stephans Quintett / Spitzer

Und noch einige Daten dazu: Stephans Quintett ist eine Gruppe von fünf Galaxien im Sternbild Pegasus, ~ 300 x 106 Lj..

Die Galaxiengruppe besteht aus den Galaxien NGC 7317, NGC 7318A, NGC 7318B und NGC 7319. NGC 7320 zählt man zwar dazu, diese Galaxie ist aber viel näher an der Erde dran und somit nicht gravitativ mit den anderen verbunden.

Hier eine Vergrösserung

.

Jerry
« Letzte Änderung: 13. Oktober 2008, 09:59:06 von H.J.Kemm »

Corsar

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #7 am: 13. Oktober 2008, 10:16:39 »
Bonjour Jerry, das sind natürlich bessere Fotos, danke.
Somit dürfte es dann ja nur >Stefans Quartett< heissen.
Jac

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #8 am: 13. Oktober 2008, 20:40:11 »
Moin,



Zu *NGC 1410* (links) und *NGC 1409* (rechts) ist noch zu sagen.

Eigentlich müsste durch den Materiezufluss bei *NGC 1409* eine hohe Sterngeburtsrate entstehen; aber das ist nicht so. Möglicherweise ist das zugeführte Gas zu heiß, als dass es durch die Gravitation kollabieren, und so neue Sterne entstehen könnten.
Oder aber der geringe Materiefluß von nur 0,02 MSo/J hindert die Sternneubildung, denn diese Menge ist zu niedrig.

Bei *NGC 1410* ist es umgekehrt. Auf dem Hubble-Bild sieht man eindeutig am bläulichen Licht, dass die Spiralarme sehr gasreich sind und dass somit dort eine sehr hohe Sterngeburtenrate zu verzeichnen ist.
« Letzte Änderung: 13. Oktober 2008, 20:52:27 von H.J.Kemm »

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #9 am: 14. Oktober 2008, 06:00:08 »
Moin,

nachträglich zum *Stephan´s Quintett*


Bild: wikimedia.org

Die Galaxie *NGC 7320* ist nur 45 x 106 Lj entfernt.

Jerry
« Letzte Änderung: 14. Oktober 2008, 06:04:15 von H.J.Kemm »

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #10 am: 07. Juni 2010, 02:22:51 »
Moin,

im Titel *Schwarze Löcher* hatte ich geschrieben, dass *NGC 4438* (unten im Bild) mit *NGC 4435* leichten Kontakt gehabt haben muss, besonders zu sehen am Sternen- und Staubschweif von *NGC 4438*.

Bild: NASA - APOD

Das stimmt aber nicht.


Bild: Tomer Tal and Jeffrey Kenney/Yale University and NOAO/AURA/NSF

Aus dieser Aufnahme erkennt man eindeutig, dass  zwischen den Galaxien *NGC 4438* (links) und *Messier 86* (rechts) eine leuchtende Materiebrücke aus ionisiertem Wasserstoffgas mit einer Länge von 400.000 Lj besteht.
Die Galaxie *NGC 4435 (oberhalb von NGC 4438) hat damit also nichts zutun - auch die Galaxie *NGC 4388* (rechts unten im Bild) ist aussen vor.

Jerry

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #11 am: 03. Juli 2010, 10:14:46 »
Moin,

auf nachfolgendem APOD-Bild ist ein 22.000 Lj langer kosmischer Schweif aus Gas, Staub und Sternen bei den Galaxien *NGC 5216* (oben) und *NGC 5218* zu sehen. Das Galaxienpaar ist auch als *Keenans System* oder *Arp 104* bekannt und befindet sich etwa 17 Mio Lj entfernt im Sternbild Großer Bär. Die sichtbare Materiebrücke, die sie verbindet, sowie die kommaförmigen Fortsätze sind eine Folge der gegenseitigen durch die Gravitation hervorgerufenen Gezeiten.

Hier das Bild >>> Materiebrücke zwischen NGC 5216 und NGC 5218

Jerry

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #12 am: 05. September 2010, 11:45:12 »
Moin,


Bild: blackholes.stardate.org/images/2002-18-j-large_web (eig. Archiv)

Auf diesem Bild ist die *Andromeda-Galaxie* (Messier 31) zentral zu sehen. Etwas oberhalb davon die sphärische Zwerggalaxie *NGC 205* (Messier 110).

Zwischen diesen beiden Galaxien gibt es eine sehr starke Materiebrücke.

Auf diesem alten Bild gut zu erkennen >>>


Bild: eig. Archiv (links M 31, rechts M 110, dazwischen die Materiebrücke)

Das interessante ist, dass diese sphärische Zwerggalaxie trotz ihrer geringen Grösse mit 3,6 · 109 bis 15 · 109 MSo offenbar einen bemerkenswerten Halo von 8 Kugelsternhaufen hat und diese unterliegen nicht den Gravitationskräften von M 31, wobei sonst die einzelnen Sterne, darunter auch rote Riesen, in der Materiebrücke zur grossen Andromeda-Galaxie wechseln.

Jerry   

greatattraktor

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #13 am: 05. September 2010, 19:04:23 »
Wenn ich mir Bild 2 ansehe, dann meine ich, daß die kleine äußere Galaxie genau so schnell sein muß wie M31.
Noch eine Frage: sieht man eigentlich von unten oder von oben den Andromedanebel?

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #14 am: 06. September 2010, 01:58:13 »
Moin GA,

Wenn ich mir Bild 2 ansehe, dann meine ich, daß die kleine äußere Galaxie genau so schnell sein muß wie M31.

Ich hoffe, dass ich Deine Frage richtig verstanden habe:

Du meinst sicher die Rotationsgeschwindigkeit von den beiden Galaxien. Dazu meine ich, dass das nicht sein muss, denn es handelt sich hier doch um eine Momentaufnahme, in 1 Million Jahren könnte der Materiebrückenübergang an einer anderen Stelle von Messier 31 sein und auch bei Messier 110.

Nach meinem Kenntnisstand ist die Rotationsgeschwindigkeit bei Messier 31 sehr unterschiedlich: Da gibt es mehrere Bereiche - im inneren Bereich ~ 60 km/s, dann (nach aussen betrachtet) im mittleren Bereich scheint es keine Rotation zu geben, die nimmt dann aber bis auf ~ 400 km/s zu und ganz aussen rotiert sie dann mit 220 km/s. Da gibt es irgendwo eine gut ablesbare Grafik, die ich aber leider nicht gespeichert habe und finden kann ich sie im Web auch nicht.
Über die Rotationsgeschwindigkeit von Messier 110 habe ich leider keine Kenntnis.

Noch was zu den beiden Galaxien: Messier 31 ist nach den letzten Berechnungen 2,52 x 106 Lj entfernt, Messier 110 2,69 x 106 Lj.

Interessant ist noch sind noch die Radialgeschwindigkeiten: Messier 31 bei -301 km/s und Messier 110 bei -254 km/s.

sieht man eigentlich von unten oder von oben den Andromedanebel?

Messier 31 ist um ~ 13° gegen unsere Sichtlinie geneigt.

Jerry

NS: ich mache im Titel Andromeda-Galaxie (M 31) einen Hinweis.

greatattraktor

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #15 am: 07. September 2010, 09:50:09 »
Zitat
Ich hoffe, dass ich Deine Frage richtig verstanden habe:

Du meinst sicher die Rotationsgeschwindigkeit von den beiden Galaxien.

Ja, danke für die Beantwortung.

Zitat
Interessant ist noch sind noch die Radialgeschwindigkeiten: Messier 31 bei -301 km/s und Messier 110 bei -254 km/s.

Wenn die Radialgeschwindigkeit unterschiedlich hoch ist, dann entfernen die sich ja von einander.

- (Minus) bedeutet doch Annäherung, dann kommt also der Andromedanebel eher zu uns.

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Materiebrücken
« Antwort #16 am: 07. September 2010, 10:39:21 »
Lass uns das Thema bitte hier weiter diskutieren >>> Andromeda-Galaxie (M31)

Zu Deinen Fragen sage ich dort was dazu.

Jerry