Nukleartechnik für die Raumfahrt

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Offline TWiX

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #750 am: 17. Dezember 2020, 09:51:15 »
Das Weiße Haus hat ein Strategiepapier zu Nukleartechnik in der Raumfahr veröffentlicht:
https://spacenews.com/white-house-releases-space-nuclear-power-strategy/
Zitat
Space Policy Directive (SPD) 6, titled “National Strategy for Space Nuclear Power and Propulsion,” discusses responsibilities and areas of cooperation among federal government agencies in the development of capabilities ranging from surface nuclear power systems to nuclear thermal propulsion[...]SPD-6 sets out three principles for the development of space nuclear systems: safety, security and sustainability. It also describes roles and responsibilities for various agencies involved with development, use or oversight of such systems. Much of the document, though, is a roadmap for the development of nuclear power and propulsion systems. It sets a goal of, by the mid-2020s, developing uranium fuel processing capabilities needed for surface power and in-space propulsion systems. By the mid to late 2020s, NASA would complete the development and testing of a surface nuclear power system for lunar missions that can be scalable for later missions to Mars. SPD-6 calls for, by the late 2020s, establishing the “technical foundations and capabilities” needed for nuclear thermal propulsion systems. It also sets a goal of developing advanced radioisotope power systems, versions of radioisotope thermoelectric generators (RTGs) long used on NASA missions, by 2030.
In dem papier werden die Verantwortlichkeiten der einzelnen Regierungsbehörden erläutert und drei Prinzipien (Sicherheit im technischen Sinn, Sicherheit und Nachhaltigkeit). Außerdem wird in dem Dokument das Ziel gesetzt, bis Mitte der 20er-Jahre die für Antriebssysteme und stromliefernde Systeme (auf dem Mond) notwendige Verarbeitungskapazität für Uran zu entwicklen. Mitte bis Ende der Zwanziger soll die NASA die Entwicklung und Test eines skalierbaren nuklearen Systems zur Stromerzeugung auf dem Mond und später dem Mars abschließen. Bis Ende des Jahrzehnts soll zudem das technische Fundament für nuklearthermische Antriebssysteme gelegt werden. Auch bei den RTGs soll sich bis 2030 was tun
Aktuelle Meldungen aus Raumfahrt und Astronomie: www.raumfahrer.net

tonthomas

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #751 am: 08. Januar 2021, 13:44:37 »
...Bis dahin gibts vlt noch bessere RTGs. Solarzellen noch geradezu extrem kleiner als jetzt zu bauen - da wirds wohl Grenzen geben.
Warum ist eigentlich so oft festzustellen, dass ... anzunehmen sei, RTGs würden ja immer besser, aber bei Solarzellen gebe es natürlich Grenzen? Hat die Plutoniumwirtschaft nicht schon genug Unglück auf unserem Planeten hinterlassen?

Gruß   Pirx

Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #752 am: 08. Januar 2021, 14:41:48 »
Hier möchte ich vorsichtig widersprechen.

Ich kann die Entwicklungspotentiale technisch nicht einschätzen, aber die, man möge mir vergeben" Folklore von der bösen Atomkraft" nervt mich schon: bei RTGs aber noch mehr beim Klimaschutz: So schreibt eine MdB einer großen ökologischen Partei im BT auf ihrer Seite:

ITER – ein aussichtsloses Projekt
Schon die bisherigen Ausgaben der EU für ITER sind viel zu hoch.
Dagegen kann man schon auch die Meinung vertreten, dass z:B. im Fall Tschernobyl die Natur eher der Gewinner ist.
https://www.faz.net/aktuell/wissen/natur/natur-und-landschaft-in-tschernobyl-gruende-fuer-den-roten-wald-1609533-p2.html

Aus meiner Sicht hält sich das Unglück eher in Grenzen, nimmt man mal die beiden Bombeneinsätzen außen vor. Eine lange Friedensphase durch ein Schreckensgleichgewicht ließe sich damit auch verbinden.

Ich bin für die Anwendung der aktuell anwendbarsten Technologie, ohne, wie sagt man so schön, ideologische" Scheuklappen.

McPhönix

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #753 am: 08. Januar 2021, 14:52:40 »
@Nitro - es ging um energieintensive Maschinen auf dem Mond. Dazu gehört auch die Energieversorgung und deren Aspekte.

Zitat von: Pirx
...aber bei Solarzellen gebe es natürlich Grenzen?
Freilich gibts die. Man kann auch bei monokristallinem Silizium nicht über 30% hinaus. Abgesehen von der teuren und energieintensiven Fertigung, die man auch nicht vergessen sollte. Die praktische Anwendung von Schichtelementen sehe ich noch nicht. Aber auch da ist bei 40% Schluß. Weiter gehts dann nur und ausschließlich über simple Flächenvergrößerung. Und dann kommt der Punkt, wo die immere größere Ausdehnung neue Probleme bringt. Nur mal zwei Punkte herausgegriffen : Wartung und Stromverluste.

Zitat
Hat die Plutoniumwirtschaft nicht schon genug Unglück auf unserem Planeten hinterlassen?
Die Plutonium-Wirtschaft oder die Politik, die über den vorgeschobenen Buhmann Anwender das Umgehen damit "verwaltet" ?
Abgesehen davon will man ja eh weg von Plutonium hin zu Americium. Oder man findet noch andere Wege.

tonthomas

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #754 am: 08. Januar 2021, 17:40:22 »
Postings hierher verschoben aus "Mond" wegen...

"
...  wie bei einem Laser. Den das Dingelchen vom Labor wird ja im evtl Einsatz vor Ort einige hundertmal größer sein müssen, damit was geschafft wird. Und auch mehrere im Einsatz wäre sinnvoll. Da brauchts also auch Solarzellen im Fußballfeldformat. Und die transportablen Kabel und deren Wartung. Und die Regeleinrichtung für hohe Ströme. Ich find es eh immer Lustig, wenn man rasch dabei ist "Wir legen da Solarzellen hin" Das Drumherum wird gern vergessen. Und auch den "fachgerechten" Austausch bei Meteoreinschlag oder sonstigem Kurzschluß plus Lagerhaltung möcht man schon sicherstellen.
RTGs als Alternative in der Leistung wirds leider noch lange nicht geben, so elegant wie das wäre.
Also mich würde mal eine Gegenrechnung interessieren, was schwerer ist beim Transport zum Mond mit -

a) einigen Rovern mit Hochleistungslaser / deren großflächige Solar-Stromversorgung + wenigstens etwas Untergrundvorbereitung + Energieleitungssystem + Ladestation(en) + Regeleinrichtung + Solarzellen-Ersatzteile + intelligente Montage- bzw. Verkabelungsrover/roboter

b) Rover, die "Beton" herstellen + Bindemittel dafür + Mischtröge + Verschalungsmaterial + Rover, die die Formen halten während aushärten. Diese Rover würden mit verbesserten RTGs auskommen. Mischtröge / Verschalungsmaterial ist im Gewicht moderat und kann gut ineinander verschachtelt werden beim Transport.

Ich rechne freilich in beiden Fällen nicht vor 2030 zum Einsatz. Bis dahin gibts vlt noch bessere RTGs. Solarzellen noch geradezu extrem kleiner als jetzt zu bauen - da wirds wohl Grenzen geben.

Gruß   Pirx

tonthomas

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #755 am: 08. Januar 2021, 17:51:13 »
...
Dagegen kann man schon auch die Meinung vertreten, dass z:B. im Fall Tschernobyl die Natur eher der Gewinner ist.
https://www.faz.net/aktuell/wissen/natur/natur-und-landschaft-in-tschernobyl-gruende-fuer-den-roten-wald-1609533-p2.html
Klar, kann man. Ob das wirklich sinnvoll/ethisch überzeugend ist, ist ein anderes Thema. Für irgendwen hat irgendwas sicher oft auch was positives. Was leider oft mit Rücksichtslosigkeit einhergeht. Wenn Du Dir übrigens anschaust, wo große Nationen sogenannte Naturreservate haben, sind das oft Orte, wo Du - ok, ich jedenfalls - nicht die Früchte der Erde essen mag(st).

Zitat
Aus meiner Sicht hält sich das Unglück eher in Grenzen, nimmt man mal die beiden Bombeneinsätzen außen vor. Eine lange Friedensphase durch ein Schreckensgleichgewicht ließe sich damit auch verbinden.

Ich bin für die Anwendung der aktuell anwendbarsten Technologie, ohne, wie sagt man so schön, ideologische" Scheuklappen.
Das Ergebnis relativiert also den Preis? Um jeden Preis?

Imho hat derjenige Scheuklappen auf, der das Realisierbare zur realisieren verlangt, ohne auf Umwelt und Mitmenschen Rücksicht zu nehmen.

Gruß   Pirx

tonthomas

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #756 am: 08. Januar 2021, 17:55:09 »
...
Aus meiner Sicht hält sich das Unglück eher in Grenzen, nimmt man mal die beiden Bombeneinsätzen außen vor. ....
Die Frage auf zwei Bombeneinsätze zu reduzieren, halte ich für :-X . Leseempfehlung: Das ein oder andere Werk von und über Andrei Dmitrijewitsch Sacharow z.B..

Gruß   Pirx

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Offline Terminus

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #757 am: 08. Januar 2021, 19:26:47 »
...
Aus meiner Sicht hält sich das Unglück eher in Grenzen, nimmt man mal die beiden Bombeneinsätzen außen vor. ....
Die Frage auf zwei Bombeneinsätze zu reduzieren, halte ich für :-X . [...]

Sehe ich auch so. Bitte nicht vergessen, dass bei der Katastrophe von Tschernobyl viele Menschen gestorben oder schwer(st)verletzt worden sind. Und noch viel mehr haben in kürzester Zeit ihre Heimat verloren. Man vergleiche das mal mit den Umsiedelungen wegen Braunkohle in Deutschland, aber nicht mit jahrelanger Vorankündigung, sondern von heute auf morgen, und ohne große Entschädigung, und das für viel mehr Menschen auf einmal. Allein Pripyat war eine Stadt mit knapp 50.000 Einwohnern.

Bei Fukushima in abgemilderter Form ähnlich.

Und auch wenn es der Natur um Tschernobyl heute vielleicht gut geht, werden die Tiere und Pflanzen dort (vor allem Bäume, soviel ich weiß) in der Anfangszeit auch schwer unter der Radioaktivität gelitten haben, als noch kurzlebige, aber auch stärker strahlende Isotope da waren.

Nichtsdestotrotz finde ich RTGs beinahe harmlos. Kernreaktoren für die Raumfahrt sind schon eine etwas größere Nummer, aber verglichen mit Megawatt-Kernkraftwerken immer noch Peanuts. Wenn dadurch tolle Deep-Space-Missionen "Jupiter and beyond" möglich werden, die noch dazu schneller am Ziel sind als mit Solarzellen, bin ich dafür.

Und noch was zu Solarzellen: Okay, die Dinger für JUICE sind wirklich riesig, habe auch gestaunt :o . Aber verglichen mit dem Planeten und den Monden ist JUICE immer noch "punktförmig" :) . So lange die Navigatoren und die Bordsoftware wissen, wie sie diese Sonden behutsam genug zu bewegen haben, dass sie sich dabei die Panels nicht abbrechen, ist für mich auch "alles gut".

Offline trallala

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #758 am: 08. Januar 2021, 19:29:36 »
Hier möchte ich vorsichtig widersprechen.

Ich kann die Entwicklungspotentiale technisch nicht einschätzen, aber die, man möge mir vergeben" Folklore von der bösen Atomkraft" nervt mich schon:
Mich nervt die böse Atomkraft auch ... und die wachsenden Berge an ewig strahlendem Müll die niemand sicher unterbringen kann ... und die mit Steuermilliarden abzureißenden Atomkraftwerke ... und die plötzliche Unbewohnbarkeit ganzer Landstriche ... usw.

Zitat
...bei RTGs aber noch mehr beim Klimaschutz: So schreibt eine MdB einer großen ökologischen Partei im BT auf ihrer Seite:

ITER – ein aussichtsloses Projekt
Schon die bisherigen Ausgaben der EU für ITER sind viel zu hoch.
ITER ist aber Fusion, das ist was ganz anderes. Auch bei der Strahlung.

Zitat
Dagegen kann man schon auch die Meinung vertreten, dass z:B. im Fall Tschernobyl die Natur eher der Gewinner ist.
https://www.faz.net/aktuell/wissen/natur/natur-und-landschaft-in-tschernobyl-gruende-fuer-den-roten-wald-1609533-p2.html
Ja die Natur geht auch ohne den Menschen weiter. Aber sollten wir als Menschen nicht ein Interesse daran haben auch als Menschen weiter da zu sein?

Zitat
Aus meiner Sicht hält sich das Unglück eher in Grenzen, nimmt man mal die beiden Bombeneinsätzen außen vor. Eine lange Friedensphase durch ein Schreckensgleichgewicht ließe sich damit auch verbinden.
Solange es einen selber nicht betrifft hält sich das Unglück immer in Grenzen. Befrage doch mal wen aus Fukushima dazu ...

Zitat
Ich bin für die Anwendung der aktuell anwendbarsten Technologie, ohne, wie sagt man so schön, ideologische" Scheuklappen.
Richtig. Und um mal den Bogen zur Raumfahrt wieder zu kriegen: Es ist schon immer ein riesiges Problem für die NASA ein bisschen Material für RTGs zusammenzubekommen. Die werden dann auch nur verwendet, wo es unbedingt sein muss. Solarzellen sind quasi beliebig verfügbar und damit in meinen Augen "andwendbarer" als RTGs, vor allem in größeren Mengen.

Offline MarsMCT

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #759 am: 08. Januar 2021, 20:09:12 »
Es ist schon immer ein riesiges Problem für die NASA ein bisschen Material für RTGs zusammenzubekommen. Die werden dann auch nur verwendet, wo es unbedingt sein muss. Solarzellen sind quasi beliebig verfügbar und damit in meinen Augen "andwendbarer" als RTGs, vor allem in größeren Mengen.

Einverstanden, sehr sogar. Außer, jenseits von Jupiter ist damit Schluß. Da tut es nur noch eine nukleare Energiequelle.

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Offline Gertrud

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #760 am: 08. Januar 2021, 22:31:34 »
Hallo Zusammen,
(………….)
Dagegen kann man schon auch die Meinung vertreten, dass z:B. im Fall Tschernobyl die Natur eher der Gewinner ist.
https://www.faz.net/aktuell/wissen/natur/natur-und-landschaft-in-tschernobyl-gruende-fuer-den-roten-wald-1609533-p2.html

Aus meiner Sicht hält sich das Unglück eher in Grenzen,(..9

Ich bin für die Anwendung der aktuell anwendbarsten Technologie, ohne, wie sagt man so schön, ideologische" Scheuklappen.

Diese Katastrophe von Tschernobyl sollte man in Anbetracht der Opfer  und noch heute darunter leidende Kinder mit anderen Augen sehen.

Darum möchte ich nur eins anmerken, es steht ja eigentlich außer Frage,
wenn der Mensch fehlt , erholt sich die Natur im Laufe der Jahre sehr gut.
Auch wenn vieles Jahrzehnte oder noch länger andauert.

In dieser Studie im Rahmen der Bachelorarbeit von Frau Jennifer Jana Jung werden die Auswirkungen von dem Unglück in Tschernobyl in dem Kapitel  2.1.4 FOLGEN FÜR DIE UMWELT UND TIERE von vielen verschiedenen Seiten beschrieben.

Das pdf ist von KIT – Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft.
Auswirkungen nuklearer Unfälle auf den Menschen
und die Umwelt.


Ein Kernkraftwerk ist wirklich nicht mit einem RTG gleichzusetzen.

Beste Grüße Gertrud
die Erklärung zu meinem Avatar:
http://de.wikipedia.org/wiki/NGC_2442
http://antwrp.gsfc.nasa.gov/apod/ap070315.html
***
Die Gabe des Staunens lässt uns die Welt aufgeschlossener sehen und ihre Wunder würdigen. (Richard Henry Lee)

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #761 am: 08. Januar 2021, 23:38:07 »
Es ist schon immer ein riesiges Problem für die NASA ein bisschen Material für RTGs zusammenzubekommen. Die werden dann auch nur verwendet, wo es unbedingt sein muss. Solarzellen sind quasi beliebig verfügbar und damit in meinen Augen "andwendbarer" als RTGs, vor allem in größeren Mengen.

Einverstanden, sehr sogar. Außer, jenseits von Jupiter ist damit Schluß. Da tut es nur noch eine nukleare Energiequelle.
Nicht unbedingt falls es gelingt sehr dünne Spiegelfolie als gebogenem Reflextor aufzuspannen, das muss ja nicht perfekt sein.
Das reflextierte Licht dann auf Photovoltarikpannels leiten.
Im inneren Sonnensystem ist das nochmal was anderes, es sei den man schaft es die Fläche gleichzeitig als Solarsegel zu nutzen.

tonthomas

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #762 am: 09. Januar 2021, 00:36:14 »
...
Ein Kernkraftwerk ist wirklich nicht mit einem RTG gleichzusetzen.

Beste Grüße Gertrud
Die zentrale Frage ist doch: Welche nuklearindustrielle Infrastruktur, welche Reaktoren, welche (Wieder)aufbereitungsanlagen, welche Mülllager braucht man, um den Betriebsstoff für den RTG zu bekommen. Das zu übersehen wird der Sache nicht gerecht. Wie viele Tonnen hochradioaktiven Mülls entsteht als "Nebenprodukt" bei der Gewinnung von einem Kilo von z.B. Americium oder Plutonium?

Gruß   Pirx

tonthomas

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #763 am: 09. Januar 2021, 00:42:16 »
...
Nicht unbedingt falls es gelingt sehr dünne Spiegelfolie als gebogenem Reflextor aufzuspannen, das muss ja nicht perfekt sein.
Das reflextierte Licht dann auf Photovoltarikpannels leiten....
Boeings Comsats der 702-Reihe gab es mal mit zusätzlichen Spiegelflächen. Die Spiegel wurden recht schnell und unerwartet blind und damit wirkungslos, und das Stromversorgungssystem betroffener Satelliten konnte die Nennleistung nicht mehr liefern, was für betriebliche Einschränkungen an Bord der Sats sorgte. Soweit ich weiß, gibt es aktuell keine neuen Sats, die mit zusätzlichen Spiegelflächen ausgerüstet werden.

Gruß   Pirx

Offline FlyRider

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #764 am: 09. Januar 2021, 16:29:54 »
Die Frage stellt sich doch überhaupt nicht. Ohne Nukleartechnik wird es langfristig in der Raumfahrt nicht vorangehen. Alles jenseits des Jupiter ist solartechnisch nicht möglich. Auch alle bisher konzipierten Lander für das Jupitersystem (von denen aktuell noch keiner realisiert wurde) verwenden RTGs (bzw. auch nur Batterien beim Europa Lander), man kann am Boden nicht einfach 100 m2 auf einen Lander montieren und sinnvoll ausrichten.

Mit Nukleartechnik könnte man auch Reisezeiten verkürzen und / oder Nutzlasten erhöhen. Sowohl NTP als auch NEP bieten riesiges Potential.

Selbst im inneren Sonnensystem hat Solartechnik ihre Nachteile, nicht umsonst verwenden Curiosity und Perceverance wieder RTGs, nachdem man bei den MERs die Limits bei schlechtem Wetter / Winter / Nacht deutlich gespürt hat.

Ich finde es dringend notwendig, in Nukleartechnik zu investieren. Wenn einem der LEO genügt und der Mars das Ende aller Ziele ist - OK, ansonsten wird es höchste Zeit!!

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #765 am: 09. Januar 2021, 21:12:41 »
Zitat
.... Ohne Nukleartechnik wird es langfristig in der Raumfahrt nicht vorangehen
Was meinst du mit vorrangehen? Geht es z.B. darum Sonden auf einem der Jupitermonde zu landen, so würde ich behaupten dass das geht, geht es aber um bemannte Missionen so wird man ohne nukleare Energiesysteme nicht auskommen. Hinkommen tut man, auch abbremsen wird zumindest beim Titan möglich sein, aber das deltaV für den Rückflug geht ohne nicht.

tonthomas

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #766 am: 09. Januar 2021, 22:27:29 »
Zitat
.... Ohne Nukleartechnik wird es langfristig in der Raumfahrt nicht vorangehen
Was meinst du mit vorrangehen? Geht es z.B. darum Sonden auf einem der Jupitermonde zu landen, so würde ich behaupten dass das geht, geht es aber um bemannte Missionen so wird man ohne nukleare Energiesysteme nicht auskommen. Hinkommen tut man, auch abbremsen wird zumindest beim Titan möglich sein, aber das deltaV für den Rückflug geht ohne nicht.
300 fahren auf der Autobahn geht auch, aber muss man es deswegen machen? U.U. ist bei der Auswahl von Antriebssystemen einfach eine Selbsbeschränkung angezeigt, und mal eine ernsthafte Technologiefolgeabschätzung ohne Zukunftsvoodooparameterverwurstung.

Gruß   Pirx

Offline FlyRider

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #767 am: 10. Januar 2021, 10:01:34 »
300 fahren auf der Autobahn geht auch, aber muss man es deswegen machen? U.U. ist bei der Auswahl von Antriebssystemen einfach eine Selbsbeschränkung angezeigt, und mal eine ernsthafte Technologiefolgeabschätzung ohne Zukunftsvoodooparameterverwurstung.

Es geht hier nicht um irgendein Luxusverhalten (wie 300 km/h auf der Autobahn) sondern darum, dass die Physik einer Nutzung von Solarzellen im Wege steht, weil wir halt mit jedem Kilometer von der Sonne weg einen quadratischen Verlust von Strahlungsenergie pro Fläche einfahren.

Schon mal die Solarzellen von JUICE angeschaut? Bei einer Sonde kann ich diese riesen Dinger (Spannweite 27 Meter!) ja noch weitgehend frei ausrichten, bei einer Station auf dem Boden wird es mit der Nachführung schon viel schwieriger, wenn ich mal in den Schatten muss, ist es Essig. Von Landern oder gar Rovern brauchen wir gar nicht reden. Und jetzt sind wir erst am Jupiter, der Saturn ist 10 AEs weg, damit haben wir nur noch 1 Prozent der Strahlungsenergie pro Fläche verglichen mit der Erde.

Auch Dragonfly wird deshalb RTGs verweden, eine Nutzung von Solarzellen wäre völlig unmöglich. 

Ich weiß nicht, was "Zukunftsvoodooparameterverwurstung" ist, aber ganz einfache Schulphysik zeigt, dass man bei Missionen weit draußen mit Solartechnik nicht auskommt. Was hat das mit Selbstbeschränkung zu tun? Selbstbeschränkung würde letztlich heißen, keine Missionen jendeits des Jupiters zu machen. Das kann doch nicht die Zukunft für die Raumfahrt sein.

tonthomas

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #768 am: 10. Januar 2021, 10:48:33 »
...
Schon mal die Solarzellen von JUICE angeschaut?....
"Schon mal mein Ausgangsposting angeschaut?" könnte ich jetzt fragen. "Im JUICE-Thread mitgelesen?", könnte ich fragen.

Zitat
Bei einer Sonde kann ich diese riesen Dinger ... Auch Dragonfly wird deshalb RTGs verweden, eine Nutzung von Solarzellen wäre völlig unmöglich. ...Ich weiß nicht, was "Zukunftsvoodooparameterverwurstung" ist,
Ich versuche es noch mal: Es wurde unmittelbar gegenübergestellt: Solarzellen haben Grenzen, RTGs werden immer besser. Explizit darauf habe mich bezogen.

Die Wahrheit ist doch, auch RTGs haben technische, physikalische Grenzen.
Eine weitere Wahrheit ist, dass sich solche Grenzen verschieben, und, Überraschung, auch bei Solarzellen.

Zur "Zukunftsvoodooparameterverwurstung": Kurzbeschreibung für die regelmäßig positiv ausfallenden Annahmen zur Realisierbarkeit verschiedener Kerntechnischer Verfahren und der daraus resultierenden Wohlfahrt für die Menschheit. Und das regelmäßige Scheitern ...

Zitat
aber ganz einfache Schulphysik zeigt, dass man bei Missionen weit draußen mit Solartechnik nicht auskommt.
Ich habe die Schulphysik nie angezweifelt. Und wo kein Licht mehr hinkommt, und keines erzeugt wird, da ist halt keines. Keine Überraschung, kein Geheimnis.

Zitat
Was hat das mit Selbstbeschränkung zu tun? Selbstbeschränkung würde letztlich heißen, keine Missionen jendeits des Jupiters zu machen.
Doch, das könnte es für den Moment heißen.
Zitat
Das kann doch nicht die Zukunft für die Raumfahrt sein.
Ich sehe allerdings nicht, dass davon die Zukunft der Raumfahrt abhängt. Und wer weiß schon, was unsere Nachfahren drei Generationen weiter erfinden.

Gruß   Pirx

Offline rok

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #769 am: 10. Januar 2021, 17:26:00 »
Ich bin durchaus ein Fan von dem Einsatz von RTGs, wenn es die einzig sinnvolle Möglichkeit der Energieversorgung ist, also bei Tiefraummissionen oder auch bei einem engen Jupiterorbit. Allerdings muss man dabei immer bedenken, dass die chemische Abtrennung der Isotope in Wiederaufbearbeitungsanlagen erfolgt, die berüchtigt sind für die Abgabe von radioaktiven Stoffen an die Umwelt wie beispielsweise in Sellafield oder La Hague:

https://www.planet-wissen.de/technik/atomkraft/atommuell/pwiewiederaufbereitungsanlagen100.html
oder
https://de.wikipedia.org/wiki/Sellafield

Allerdings bin ich ein klarer Gegner der Atomenergienutzung auf der Erde, u. a. auch seit ich im Bereich Atommüll beruflich tätig war. Ich finde es also völlig daneben, wenn hier manche Leute mich als Mitglied "grüner Horden" mit "ideologischen Scheuklappen" bezeichnen, weil sie selbst nicht in der Lage sind zu differenzieren. Das werde ich mir zukünftig auch nicht mehr bieten lassen.

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Offline tomtom

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #770 am: 10. Januar 2021, 17:55:22 »
ok, aber das Thema ist emotional aufgeladen, da sollte man von Kampfbegriffen möglichst absehen und sachlich argumentieren. Wir ändern hier nicht die Welt, sondern nur unsere Informationslage.
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

tonthomas

  • Gast
Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #771 am: 10. Januar 2021, 18:06:48 »
Von rok wurden die Kampfbegriffe nicht in die Diskussion eingeführt.

Gruß   Pirx

Offline rok

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #772 am: 10. Januar 2021, 18:21:56 »
Ich möchte das Thema durchaus nicht emotional aufladen, ich habe nur zwei Formulierungen aus diesem Thread zitiert.  :D
......
Smiley hinzugefügt  ;)

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #773 am: 10. Januar 2021, 18:47:07 »
Einstweilen sind RTG's ein gangbarer Weg zuverlässig Wärme und Strom weit drausen zur Verfügung zu stellen, als Energiequelle für Raumfahrtantriebe (=keine Rover), sind sie viel zu leistungsschwach.
Da unsere Erde aber relativ nah bei der Sonne ist, kann sie durchaus genutzt werden überschwere Sondenmissionen mit mehr als 10t Nutzlast ins äusere Sonnensystem zu schicken.
Nur ist eines klar, will man selber als Forscherteam da hin, so geht das nicht.
Meiner Meinung nach braucht man die kontrollierte Kernfusion da drausen und ich bin zuverlässig das man das in Zukunft (<20 Jahr) auch packen wird.

Offline ASTP

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #774 am: 10. Januar 2021, 23:19:21 »
Darf ich einbringen dass Schlussfolgerungen über die Anwendung von Spaltreaktoren in der Raumfahrt durch Vergleiche mit ihren großen "Vettern" hier auf der Erde nur bedingt sinnvoll sind? Abgesehen davon dass irdische Kernkraftwerke zusammengenommen eine sehr gute Sicherheitsbilanz aufweisen, verglichen mit anderen Energiequellen. Es macht auch einen Unterschied, ob wir es hier mit einer Leistung von 1 GW oder 10 MW zu tun haben auch mit Hinblick auf die Kontrollierbarkeit. Kernreaktor ist auch nicht gleich Kernreaktor.
Was man vielleicht bei alldem auch nicht vergessen sollte: Egal ob auf dem Mond, dem Mars oder woanders. Ionisierende Strahlung haben wir praktisch überall auf sehr hohem Niveau, daher sind die Auswirkungen etwaiger Freisetzungen radioaktiver Stoffe dort ziemlich begrenzt. Die Hintergrundstrahlung ist grundsätzlich schonmal hoch. Spaltreaktoren haben ihre Tauglichkeit für den Weltraum auch bereits unter Beweis gestellt, bei der Kernfusion muss es erstmal hier auf der Erde klappen. Von dem her würde ich mir mehr Engagement in diesem Bereich wünschen  :)