Nukleartechnik für die Raumfahrt

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #675 am: 18. Dezember 2017, 17:00:44 »
Diesen Punkt gibt es natürlich nicht, was es aber gibt ist ein Zusammenhang zwischen dem
spezifischen SEP-Schub (Gesamte SEP-Masse mit der Masse von (Triebwerken+Solarpanels+Konstruktionsmasse+Elektrik+Wärmeabfuhr))/Schub(ISP)...

Sorry für die verspätete Rückmeldung, aber
1. Kannst du bitte eine Quellenangabe zu dem von dir hier definierten „spezifischen Schub“ angeben? Ich kann erwartungsgemäß dazu wenig finden und der „specific thrust“ aus der Luftfahrt definiert sich eigentlich anders.
2. Dass ein Zusammenhang zwischen Schub, Gesamtmasse und dV besteht, darauf wollte ich ja eigentlich erst hinaus. Erst wenn man die Gesamtmasse eines Raumsystems kennt, kann man die spezifische Leistung einer Energiequelle für den Antrieb beurteilen. Zu pauschalisieren, dass (sinngemäß) „ab 1 kW/kg alles prima“ wird, das finde ich unangebracht bzw. falsch.

Schaut man sich das nun genauer an, sieht man das man zwar auch bei 10kg/kW damit was machen kann...

Der vorherige Post von mir nahm eigentlich Bezug auf die von dir selbst ins Spiel gebrachte spezifische Leistung von 1kW/kg (eben definiert als Quotient aus Leistung und Masse). Warum sprichst du im Folgenden plötzlich nur noch vom Kehrwert (also dem Leistungsgewicht)?
Egal, zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurden PV-Systeme um die 200W/kg (oder 5kg/kW, wie du es scheinbar gerne formulierst) bereits demonstriert. Technisch noch durchaus realisierbar sind wohl offensichtlich auch PV-Systeme bis 500W/kg.

Betrachtet man nun eine SEP-Mission z.B. mit einem 100kW Ionenantrieb, so läge die Masse der Solarzellen (bei 200W/kg spezifischer Leistung), die für eine solche Mission notwendig wären, lediglich bei 500kg. Bei einer spezifischen Leistung von 500W/kg wären die Zellen dann nur 200kg schwer und bei 1kW/kg dann eben 100kg.

Die NASA selbst rechnet bei einem 40kW Ionenantrieb mit mindestens 10t Xenon als Treibstoff an Bord (siehe hier, Folie 5.). Bei einer 100kW SEP-Mission wären das irgendwas zwischen 10t und 16t Xenon. Dazu kämen dann noch die Grundstruktur der Sonde, der Antrieb, die wissenschaftl. Nutzlast etc.. Da ist man schnell bei 20t und ob davon nun (bei 200W/kg spezifischer Leistung) 500 kg auf die Solarzellen entfallen oder eben nur 100 kg (bei 1kW/kg spezifischer Leistung der Zellen), dürfte recht wenig entscheidend dafür sein, ob die Mission a) merklich schneller ans Ziel kommt oder b) technisch machbarer ist.
Ich habe es schon einmal an anderer Stelle geschrieben und bleibe bei dieser Meinung: Die Tatsache, dass momentan offiziell keine SEP-Mission zu einem fernen BEO-Ziel geplant ist, hat weniger technische, als vielmehr andere Hintergründe.

Man möge mir diesen OT-Schwenker hier im Nuklearthread verzeihen...:-[
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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #676 am: 18. Dezember 2017, 21:49:53 »
Dein Schwenk ist insoweit berechtigt das man bei indirekter Energieausnutzung eines Nuklearantriebs über Ionentriebwerke genau die selben Fragen zur spezifischen Leistung stellen muss.

Natürlich behandelt dieser Punkt nur die Verwendung einer Nuklearreaktors um das Schiff zu beschleunigen, so Sachen die eine Station auf einem Mond oder Planeten damit zu versorgen ist hier mal außen vor.

zu 1)
Den „spezifischen Schub“ ist ein Mass dafür wieviel Kraft je Kilogramm Raumschiff wirken.
Hast du z.B. ein 5N Hallantrieb (bei 250kW) und brauchst für die 250kW, 1250kg Solarpanels und die Sonde selbst hätte mit dem Xenon Treibstoff zusätzlich 8750kg, so wären das 5N/10000kg=0,5mN/kg. Ohne Berücksichtigung des Treibstoffverbrauchs wird das Raumschiff nach einem Tag um 43,2m/s schneller werden. (0,5mN*24*3600s)
zu 2)
Alles prima stimmt schon und zwar deswegen weil es damit möglich wird selbst bei ungünstigsten Einsatzbedingungen, das ist Start im LEO, damit Beschleunigungen möglich werden bei der kaum Gravitationsverluste auftreten, die Transferzeit im Strahlungsgürtel akzeptabel ist (wenige Tage), von der Abflugmasse weit über 50% Nutzlast sind und die Reisezeiten deutlich schneller als Hohlmann Bahnen sind.
Eigentlich interessieren mich die absoluten Massen da erst im zweiten Schritt.

Der Punkt ist das die von mir definierte "spezifische Leistung" eigentlich die wichtigste Kenngröße darstellen um zu beurteilen welche Missionsprofile mit SEP machbar sind und welche eben nicht.
Würde man z.B. versuchen ein Raumschiff mit einem SEP System mit Solararray mit 10kg/kW auszurüsten, könnte man es komplett vergessen damit ein Passagierraumschiff zum Mond oder Mars zu schicken. Man bräuchte sehr lange zum hochspiralen aus dem LEO und der Nutzlastanteil würde wenig vom höheren ISP profitieren, weil schon die Hälfte davon durch die Gravitationsverluste aufgefressen würden.
Der Hintergrund ist der, dass die Masse der Triebwerke im Vergleich zur Masse der Solarpanels sehr kein ist.
Das interessanteste ist, das es bei einer spezifischen Leistung von 1kW/kg oder mehr, es besser wird den Xenontreibstoff für eine Marsreise vom LEO->LMO->LEO, also Abflug aus einer niedrigen Erdumlaufbahn zum Mars mit Abbremsen ohne Atmosphäre in ein Marsorbit und Rückflug vom Marsorbit nur mit Ionenantrieb sehr gut realisierbar wird und das mit sehr hohem Nutzlastanteil (>50%).
Der Vorteil sind viel kürzere Reisezeiten, Viel weniger Versorgungsflüge von der Erde ind LEO zum Auftanken, eine BFS müsste nur soviel Treibstoff an Board haben im in LMO zu kommen.

Wie gesagt, es ist egal ob man für Flüge im inneren Sonnensystem hier Nuklear- oder mittels Solararray die Energie gewinnt, die wichtigste Kennzahl ist die "spezifische Leistung", weil diese ein sehr guter Indikator ist was damit gemacht werden kann und was nicht.

Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #677 am: 19. Dezember 2017, 13:04:59 »
Will man ein Antriebssystem mit wenige Eigenmasse das dennoch viel Schub liefert sind bis auf weiteres allerdings auch nuklearthermische Triebwerke eine gute Option. Hier bekommt man bis zu über 10kW/kg für das Gesamtsystem und dafür zwar einen geringeren spezifischen Impuls im Vergleich zu Ionentriebwerken (jedenfalls bei einem festen Reaktorkern) aber wenn man nicht allzu weit fliegen bzw. allzu lang beschleunigen will kann man damit noch immer im Vorteil sein. Und vor allem auch wenn man billig Treibstoff (etwa Wasserstoff) in den Orbit bekommt oder dort (etwa am Mond) gewinnen kann.

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #678 am: 19. Dezember 2017, 21:54:25 »
Im Prinzip ja, das einzige Problem, neben der Schnappatmung der Atomkraftgegner besteht darin, dass der Wasserstoff nicht leicht flüssig zu halten ist und das Zeug verdammt große Tanks braucht.
Leider ist das ein echt großes Problem den Wasserstoff aus einem Schwerkraftloch wie der Erde auch nur ins LEO zu bringen, im LEO kommt dann das Lagerproblem hinzu, die Erde strahlt verdammt viel Wärme ab, da ist es schon nicht ganz einfach nur den Sauerstoff flüssig zu halten.
Als Antriebslösung wäre das trotzdem eine Option, aus dem SGTO heraus mit vollen Tanks hätte man mit ISP=10km/s ein dV von 22km/s, damit könnte man zumindest sehr schnell zum Mars reisen.

Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #679 am: 19. Dezember 2017, 23:42:33 »
Eine interessante, in der Vergangenheit öfter vorgeschlagene aber soweit ich weiß nie wirklich ernsthaft verfolgte Option sind auch bimodale Nuklearthermische Triebwerke. Deren Reaktor kann -mit reduzierter Leistung- bei ausgeschaltetem Triebwerk zur Stromerzeugung genutzt werden. Mit dem Strom kann man die Tanks aktiv kühlen, sonstige Systeme betreiben aber auch Ionentriebwerke versorgen.



Vor allem bei Flügen zum Mars und Mond gab es in der jüngeren Vergangenheit aber auch öfter Konzepte mit nuklearthermischen Antrieb und solarer oder chemischer elektrischer Energieversorgung.

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Offline Gertrud

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #680 am: 03. Mai 2018, 14:58:55 »
Hallo Zusammen,

Die NASA und die nationale Behörde für nukleare Sicherheit (NNSA) des US-Energieministeriums haben erfolgreich ein neues Kernreaktor-Stromsystem demonstriert, das Langzeitbesatzungsmissionen auf dem Mond, Mars und anderen Zielen ermöglichen könnte.
Die NASA kündigte die Ergebnisse der Demonstration, die Kilopower Reactor Using Stirling-Technologie (KRUSTY)  während einer Pressekonferenz am Mittwoch im Glenn Research Center in Cleveland an. Das Kilopower-Experiment wurde von November 2017 bis März 2018 auf der Nevada National Security Site der NNSA durchgeführt.
Nach der Aussage von David Poston, der Chefreaktordesigner des Los Alamos National Laboratory der NNSA, war der Zweck des jüngsten Experiments in Nevada zweifach: zu demonstrieren, dass das System Elektrizität mit Spaltleistung erzeugen kann, und um zu zeigen, dass das System stabil und sicher ist egal welche Umgebung es trifft.
Es wurde alles, was die Wissenschaftler an diesem Reaktor erreichen konnten, in Bezug auf nominale und nicht normale Betriebsszenarien getestet und KRUSTY hat mit Bravour bestanden.
Das Kilopower-Team führte das Experiment in vier Phasen durch. Die ersten zwei Phasen, die ohne Strom durchgeführt wurden, bestätigten, dass sich jede Komponente des Systems wie erwartet verhielt. Während der dritten Phase erhöhte das Team die Leistung, um den Kern schrittweise zu erwärmen, bevor es in die Endphase überging. Das Experiment gipfelte in einem 28-Stunden-Test mit voller Leistung, der eine Mission simulierte, einschließlich Reaktorstart, der Anstieg auf volle Leistung, Dauerbetrieb und Herunterfahren.

Während des gesamten Experiments simulierte das Team die Leistungsreduzierung, fehlgeschlagene Motoren und ausgefallene Wärmerohre. Dies zeigte, dass das System weiterhin funktioniert und mehrere Fehler erfolgreich verarbeiten konnte.

Das Prototyp-Stromsystem verwendet einen festen, gegossenen Uran-235-Reaktorkern, der etwa so groß wie eine Papiertuchrolle ist. Passive Natriumwärmerohre leiten die Reaktorwärme an hocheffiziente Stirling-Motoren weiter, die die Wärme in Strom umwandeln.
Wenn Astronauten für lange Aufenthalte auf dem Mond und anderen Planeten geschickt werden, könnte das Kilopower-Projekt ein wesentlicher Bestandteil der Missionen sein.

Quelle: NASA
https://www.nasa.gov/press-release/demonstration-proves-nuclear-fission-system-can-provide-space-exploration-power
https://www.nasa.gov/directorates/spacetech/kilopower

Mit den besten Grüßen
Gertrud
die Erklärung zu meinem Avatar:
http://de.wikipedia.org/wiki/NGC_2442
http://antwrp.gsfc.nasa.gov/apod/ap070315.html
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Offline Gertrud

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #681 am: 03. Mai 2018, 15:12:06 »
Die Kilopower Reactor Using Stirling Technology (KRUSTY).

Marc Gibson, Kilopowers Lead Engineer, und Jim Sanzi, Vantage Partner, installieren im März 2018 Hardware auf der Kilopower-Konstruktion am Nevada National Security Site.

Credit: NNSS
https://www.nasa.gov/directorates/spacetech/kilopower/media_event

Mit den besten Grüßen
Gertrud
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Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #682 am: 07. Mai 2018, 16:37:36 »
Jetzt braucht man nur noch eine Mission damit man den Reaktor im Weltraum testen kann...

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Offline tomtom

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #683 am: 01. Juni 2018, 10:38:39 »
In Europa will man sich in einem Workshop am ESTEC mit nuklearer Energieerzeugung für Raumfahrtmissionen befassen. Das könnte eine Mondmission HERACLES Mitte der 20er ermöglichen.

Markus Landgraf berichtet:
http://www.world-nuclear-news.org/V-European-push-for-nuclear-technology-in-space-31051801.html
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #684 am: 18. August 2018, 20:41:25 »
Hatten wir diesen Link hier schon? Denke nicht.

https://beyondnerva.wordpress.com/kilopower/

Hier sind sehr viele Informationen zum Kilopower-Reaktor enthalten. Unter anderem auch zu den letzten Ergebnissen bzw. auch zu möglichen Missionsprofilen. Bezüglich der beiden genannten Themen einfach auf den weiterführenden Link drücken "KRUSTY - We Have Fission!"

Ebenfalls zu den Ergebnissen gibt es diese aktuellere PowerPoint-Präsentation (Gertrud hatte bereits auf den im Mai stattgefundenen Medien Event hingewiesen): https://www.nasa.gov/sites/default/files/atoms/files/kilopower_media_event_charts_16x9_final.pdf
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Offline Makemake

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #685 am: 21. August 2018, 22:21:23 »
Krusty ist erst am Anfag der Entwicklung, aber wie sieht es mit der mittelfristigen Einsetzbarkeit aus? Die ganzen schönen Beispielmissionen in den Präsentationen oben sind doch ehr große Flagschiff Missionen. Üblicherweise werden doch aber neuen Technologien zuerst auf günstigen Demonstratormissionen, auch mit anderen neuen Technologien zusammen getestet, wie Deep Space 1 oder LADEE. Die wissenschaftliche Fragestellung dieser Missionen ist ehr untergeordnet. Aber wie günstig kann eine Mission mit einem Kilopower Reaktor sein? Die Skalability ist per Definition nicht groß, bespnders nach unten nicht. Außerdem zielt eine Stromversorgung mit einem Reaktor auf Missionen mit großen Strombedarf und/oder ins äußere Sonnensystem ab. Beides wieder etwas, was auf teure und lange also auch teure Missionen hindeutet und einer günstigen, schnell geplanten und vond er Dauer begrenzten Demonstratormission wiederspricht.

Ich befürchte, dass diese Hürde einen stete Weiterentwicklung von Krusty zu dem Stadium, wo die großen Missionen von diser Quelle profitieren können verhindert. Ähnlich dem ASRG, der von den versprochenen Specs wesentlich besser als die immernoch eingesetzten MMRTGs gewesen wäre, aber es nie zur Einsatzreife geschafft hat.

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Offline Terminus

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #686 am: 22. August 2018, 07:45:17 »
Macht "Krusty" auch im Erdorbit technisch Sinn? Vielleicht kann man das System dann erstmal bei einer militärischen Mission testen, wo Geld "keine Rolle spielt".

Sonst wird es wohl wirklich schwierig. Als weiteres Einsatzgebiet fällt mir sonst nur noch die Tiefsee ein und ob man da im worst case eine größere Menge strahlendes Material außer Kontrolle haben möchte, bin ich mir nicht so sicher... :-\

Naja, dann muss man halt ins kalte Wasser springen und gleich eine Flaggschiffmission á la "Europa Subsurface Drilling" ver-KRUST-en. :)

Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #687 am: 25. August 2018, 22:23:05 »
Krusty ist erst am Anfag der Entwicklung, aber wie sieht es mit der mittelfristigen Einsetzbarkeit aus? Die ganzen schönen Beispielmissionen in den Präsentationen oben sind doch ehr große Flagschiff Missionen. Üblicherweise werden doch aber neuen Technologien zuerst auf günstigen Demonstratormissionen, auch mit anderen neuen Technologien zusammen getestet, wie Deep Space 1 oder LADEE. Die wissenschaftliche Fragestellung dieser Missionen ist ehr untergeordnet. Aber wie günstig kann eine Mission mit einem Kilopower Reaktor sein? Die Skalability ist per Definition nicht groß, bespnders nach unten nicht. Außerdem zielt eine Stromversorgung mit einem Reaktor auf Missionen mit großen Strombedarf und/oder ins äußere Sonnensystem ab. Beides wieder etwas, was auf teure und lange also auch teure Missionen hindeutet und einer günstigen, schnell geplanten und vond er Dauer begrenzten Demonstratormission wiederspricht.

Ich befürchte, dass diese Hürde einen stete Weiterentwicklung von Krusty zu dem Stadium, wo die großen Missionen von diser Quelle profitieren können verhindert. Ähnlich dem ASRG, der von den versprochenen Specs wesentlich besser als die immernoch eingesetzten MMRTGs gewesen wäre, aber es nie zur Einsatzreife geschafft hat.

Das Problem mit billigen Demo-Missionen und Reaktoren wie KRUSTY ist das ein Reaktor zwar viel Leistung liefert (wovon vor allem eine Flagship-Mission profitieren kann) aber er ist gleichzeitig schwer und vor allem im äußeren Sonnensystem sinnvoll.

Schwer in Kombination mit nur im äußeren Sonnensystem sinnvoll bedingt schon mal hohe Startkosten. Unabhängig von den Kosten des Reaktors (die gar nicht so hoch sein sollten).

Ein Kilopower-Reaktor mit 1kW soll etwa 400kg wiegen, auch mit geringerer Leistung könnte man ihn nicht wesentlich leichter machen. Das macht diese Reaktoren vor allem für Missionen interessant die vom Startaufwand her etwa mit Cassini oder Galileo vergleichbar sind.

Sinnvollerweise sollte man dann auch Hardware integrieren die von der hohen zur Verfügung stehenden elektrischen Leistung profitieren kann. Etwa ein Ionentriebwerk und ein leistungsstarkes Radar. Auch für leistungsstarke Telekommunikationshardware (höhere Datenrate oder kleinere Antenne bei gleicher Datenrate...) kann die Leistung sinnvoll sein. Das ist nicht unwichtig denn der effektive Output vieler Instrumente moderner Raumsonden ist häufig von der Datenmenge die zur Erde übertragen werden kann limitiert. Das alles spricht aber ebenfalls für eine eher teurere Mission.

Ein nuklear-elektrisches Ionentriebwerk könnte die Startkosten zu weit entfernten Zielen aber auch wieder reduzieren...

Zitat
Macht "Krusty" auch im Erdorbit technisch Sinn? Vielleicht kann man das System dann erstmal bei einer militärischen Mission testen, wo Geld "keine Rolle spielt".

Heutzutage liefern Solarpaneele im Erdorbit in dieser Leistungsklasse weit bessere Leistungsdichten als ein Kernreaktor wie Krusty. Selbst wenn man Batterien für den Betrieb auf der Nachtseite der Erde einrechnet. Erst im Megawattbereich werden Kernreaktoren hier potenziell interessant.

Es gibt vielleicht ein paar sehr spezielle Ausnahmen die aber eine immer kleinere Rolle spielen dürften. Satelliten die in einer sehr niedrigen Umlaufbahn fliegen können etwa länger dort verbleiben wenn sie aerodynamisch gebaut sind- was durch den Verzicht auf Solarpaneele leichter möglich ist. Das ist auch der Grund dafür das etwa die sowjetischen RORSAT-Satelliten mit Reaktoren ausgestattet waren. Allerdings ist der Betrieb von Kernreaktoren in einem niedrigen Erdorbit heute durch internationale Regularien verboten und es gibt immer bessere Möglichkeiten tief fliegende Satelliten auch solar zu betreiben (siehe etwa Super-Low Altitude Test Satellite,...).

Zitat
Sonst wird es wohl wirklich schwierig. Als weiteres Einsatzgebiet fällt mir sonst nur noch die Tiefsee ein und ob man da im worst case eine größere Menge strahlendes Material außer Kontrolle haben möchte, bin ich mir nicht so sicher... :-\

Die Tiefsee ist natürlich eine interessante Einsatzmöglichkeit, vor allem auch militärisch. Es gibt auf dem Meeresgrund zahlreiche militärische Abhörstationen (SOSUS,...) die irgendwie mit Energie versorgt werden müssen. Heute erfolgt das zum Teil über Radionuklidbatterien mit Plutonium-238- analog zu Raumsonden im tiefen Weltraum. Und analog zu diesen könnten auch Kernreaktoren wie Krusty/Kilopower hier eine Alternative sein.

Neben stationären Stationen werden auch Unterwasserdrohnen entwickelt deren Reichweite man analog zu bemannten Atom-U-Booten durch einen Reaktorantrieb im Vergleich zu einem Batterieantrieb beträchtlich steigern könnte.

Möglicherweise nicht ohne Grund wird die Entwicklung on Kilopower daher auch von der DARPA bzw. vom US-Verteidigungsministerium unterstützt. Es ist durchaus möglich das diese Reaktorentwicklung auch eine militärische, terrestrische Komponente hat.

Auf Basis der Kilopower-Technik sind auch leistungsstärkere Reaktoren möglich (Megapower). Ein solcher Reaktor könnte auch als Mini-Kernkraftwerk zur Versorgung kleiner Inseln oder abgelegener Siedlungen als Alternative zu oder Ergänzung von Dieselgeneratoren dienen. Die Firma Westinghouse entwickelt die Technik daher für terrestrische Anwendungen unter dem Namen eVinci weiter, ein erster Versuchsreaktor der eVinci Klasse könnte in wenigen Jahren in Kanada in Betrieb gehen wo man sehr an derartigen Reaktoren für die Versorgung abgelegener Siedlungen im Norden interessiert ist.

Zitat
Naja, dann muss man halt ins kalte Wasser springen und gleich eine Flaggschiffmission á la "Europa Subsurface Drilling" ver-KRUST-en. :)

Ja... eine New-Frontiers-Mission könnte man vielleicht auch noch mit einem Kilopower-Reaktor ausstatten aber eine Discovery-Mission mit einem Budget von wenigen hundert Millionen Euro...? Ich weiß nicht... einfach wird es wohl nicht in so einem Budget Startkosten, Reaktor und eine Sonde die angemessen von der zur Verfügung stehenden elektrischen Leistung profitieren kann unterbringen kann...

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #688 am: 26. August 2018, 03:21:35 »
Einen Nuklearreaktor mit gerade mal 1kW elektrischer Leistung ist immer noch ziemlich wenig um damit SEP machen zu können. Aber hier nochmal meine Frage, wie lange ist dessen Verwendungszeit und geht das nur bis 1kW oder wie sieht die spezifische Leistung bei der 10-fachen Leistung aus?
Sowas wäre dann schon interessant falls man damit z.B. einen neue Sonde beim Pluto stoppen könnte.
Mit 10kW sollte die Sendeleistung auch ein großes Stück besser sein.

Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #689 am: 26. August 2018, 08:22:46 »
Einen Nuklearreaktor mit gerade mal 1kW elektrischer Leistung ist immer noch ziemlich wenig um damit SEP machen zu können.

Wieso sollte man Kilopower und SEP (Solar Electric Propulsion) kombinieren?  ???
Ich befürchte du meinst eher die Kombination aus Nuklearreaktor und Ionenantrieb. Wenn ja wäre es recht typisch, wenn Du dann unabhängig von der Vielzahl möglicher Einsatzprofile (Nutzlast, Ziel, Missionsdauer, etc.) hier mal wieder einen Wert (1kWe) pauschal für alle Missionen auf den Prüfstand stellst.

Auch wenn 1kWe (insbesondere hinsichtlich der spezifischen Leistung) nicht optimal sind, so könnten theoretisch auch damit in Komibination mit elektrischem Antrieb interessante Missionen durchgeführt werden, es entspricht dann gegebenenfalls nur nicht DEINER Vorstellung einer zeitlich effizienten Mission.

Zu Deinen Fragen:
Verwendungszeit Kilopower bzw. operating time: 12 (Mars 10kWe Kilopower) - 15 Jahre (Space 1kWe Kilopower)
Quelle: https://permalink.lanl.gov/object/tr?what=info:lanl-repo/lareport/LA-UR-16-28377 (Folie 10)

Abschätzung spezifische Leistung 10kWe Kilopower (Annahme LEU-Variante (low enriched uranium)): 10.000 We/ca. 1800 kg = ca. 5,6 W/kg
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #690 am: 26. August 2018, 13:15:13 »
Ne da liegst du falsch,  mit 10kW kann man schon einiges anfangen, z.B. größere Kurskorrekturen vornehmen, aber das beist sich dann wohl doch mit der zu kurzen Einsatzzeit im äuseren Sonnensystem, aber zumindest kann man damit mit die Sendleistung der Antennen erhöhen, das hilft auch.

Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #691 am: 27. August 2018, 22:28:51 »
Zitat
Einen Nuklearreaktor mit gerade mal 1kW elektrischer Leistung ist immer noch ziemlich wenig um damit SEP machen zu können. Aber hier nochmal meine Frage, wie lange ist dessen Verwendungszeit und geht das nur bis 1kW oder wie sieht die spezifische Leistung bei der 10-fachen Leistung aus?
Sowas wäre dann schon interessant falls man damit z.B. einen neue Sonde beim Pluto stoppen könnte.
Mit 10kW sollte die Sendeleistung auch ein großes Stück besser sein.

Prinzipiell sollten Reaktoren des "Kilopower"-Typs zwischen 500W und 10kW Leistung skalierbar sein. Eine höhere Leistung ist dabei mit einer höheren Leistungsdichte verbunden.

Einer etwas älteren Schätzung zufolge soll ein Modell mit 800W (elektrisch) auf eine Masse von 400kg (2W/kg) kommen, ein 3kW Modell bereits auf 750kg (4W/kg). Eine andere Schätzung nennt ebenfalls 751kg (~4W/kg) für die 3kW Variante und abgesehen davon noch 1246kg für eine 7kW Variante (5,6W/kg) und 1544kg für eine 10kW Variante (6,5W/kg).

Die Angaben von 5W/kg oder (neuer) 5,6W/kg für ein 10kW Modell scheinen sich auf Modelle für die Versorgung bemannter Bodenstationen zu beziehen. Diese Derivate haben eine schwerere, allseitige Abschirmung und kommen so auf eine höhere Masse und eine entsprechend geringere spezifische Leistung als Modelle für Raumsonden welche nur eine Abschirmung in Richtung Sonde benötigen.

Die maximale Einsatzeit der Reaktoren sollte kaum von der Reaktorleistung abhängen da sie in allen Leistungsklassen nicht vom Abbrand des Kernbrennstoffs limitiert wird sondern eher durch die Lebensdauer von Stirling-Generatoren und Elektronik.

Leistungsstärkere Varianten sind allerdings nicht nur schwerer sondern auch teurer. Man braucht für mehr Leistung etwa mehr und/oder größere Stirling-Generatoren. Wobei die spezifischen Kosten bei zunehmender Leistung auch sinken dürften.

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #692 am: 28. August 2018, 06:42:58 »
Sö ähnlich habe ich mir das gedacht, ich vermute aber das die spezifische Leistung zu klein ist um z.B. eine Sonde beim Pluto schnell genug zu bremsen, für Kurskorrekturen z.B. im Uranussystem sollte es aber reichen.

Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #693 am: 28. August 2018, 08:58:48 »
Ne da liegst du falsch, mit10kW kann man schon einiges anfangen....
Wann und wo habe ich denn das Gegenteil behauptet?
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Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #694 am: 28. August 2018, 10:54:45 »
Sö ähnlich habe ich mir das gedacht, ich vermute aber das die spezifische Leistung zu klein ist um z.B. eine Sonde beim Pluto schnell genug zu bremsen, für Kurskorrekturen z.B. im Uranussystem sollte es aber reichen.

Na ja wenn man früh genug zu bremsen anfängt...

Dawn hat es auch mit SEP bis Ceres geschafft wobei am Ziel nicht mehr viel mehr als 1kW für den Antrieb zur Verfügung stand/steht.

Beim Uranus kommt auch (zusätzlich?) Aerobraking in Frage auch wenn das nicht einfach sein düfte  :D

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #695 am: 29. August 2018, 00:16:27 »
Bei den Gasplaneten, gerade auch beim Uranus und Neptun würde ich Aerobraking und SEP für sehr sinnvoll halten, am besten Natürlich 10kW oder mehr, damit könnte man dann sehr viele die Monde untersuchen und wenn man die Leistung nicht für SEP Braucht, kann man die Energie nutzen um mehr Daten zu Erde zu schicken und das für lange Zeit.

Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #696 am: 29. August 2018, 07:27:45 »
Sorry, aber ich schreibe das eigentlich Offensichtliche jetzt nochmals:

Nukleartechnik (dieser Thread): Energieerzeugung über Kernenergie z.B. für einen Außenposten ODER für einen elektrischen Antrieb (z.B. VASIMR, NEXT, NSTAR etc.))
SEP: Kombination aus Energieerzeugung ausschließlich über Solarzellen (!) und elektrischem Antrieb....was aus der Abkürzung heraus eigentlich klar sein sollte.

Keine Ahnung also, weshalb in diesem Thread weiterhin Überlegungen über SEP-Missionen angestellt werden, es sei denn zum Vergleich. Das sieht mir hier aber nicht so aus.

...wenn man die Leistung [10kW] nicht für SEP braucht...

Einen Nuklearreaktor mit gerade mal 1kW elektrischer Leistung ist immer noch ziemlich wenig um damit SEP machen zu können.
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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #697 am: 29. August 2018, 12:50:14 »
Stimmt, das muss in dem Fall wohl NEP heißen?

Ich habe SEP nur als Kürzel für irgendeinen Ionen, oder Plasmaantrieb im Kopf gehabt, sorry.

Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #698 am: 29. August 2018, 13:37:55 »
Ja, NEP.

Wobei es aber auch Hybridvarianten geben kann... es ist etwa möglich und in manchen Szenarien vielleicht sinnvoll beispielsweise einen 3kW Reaktor mit 10kW Solarzellen zu kombinieren und die Solarzellen nur oder primär in Sonnennahen Teilen der Flugbahn zu nutzen. Wenn sie nicht mehr gebraucht werden könnte man sie sogar analog zu einer klassischen Raketenstufung absprengen oder als Bestandteil einer Tochtersonde abkoppeln.

Hybridvarianten gibt es abgesehen davon noch einige andere, etwa nuclear thermal propulsion (NTP) in Kombination mit NEP oder NTP in Kombination mit einer solaren Energieversorgung elektrischer Systeme. Letzteres kann insbesondere auf einem Flug zum Mond oder Mars sinnvoll sein.

Zitat
Bei den Gasplaneten, gerade auch beim Uranus und Neptun würde ich Aerobraking und SEP für sehr sinnvoll halten,

Zu Aerobreaking bei den Gasplaneten ist noch zu sagen das es nicht einfach ist. Eine Raumsonde mit Kernreaktor eignet sich prinzipiell relativ gut dafür, etwa weil der Radiator als Fläche zum Bremsen genutzt werden könnte.

Der Bereich der Atmosphäre der dicht genug für Aerobreaking ist aber auch nicht zu dicht ist allerdings sehr dünn. Man müsste die Flugbahn der Raumsonde sehr genau steuern können und man muss auch die Atmosphäre dieser Planeten sehr genau kennen, eventuell genauer als das insbesondere bei Uranus und Neptun derzeit vermutlich der Fall ist. Insbesondere wäre ein Aerobreaking-Maneuver damit sehr riskant und würde eventuell den Einsatz neuer Technologien erfordern (etwa autonome Kuskorrektur in Abhängigkeit von Messungen,...).

Etwas viel unerprobte Technologie für eine teure Sonde die viele Jahre unterwegs und nicht leicht zu ersetzen ist. Aber fallweise immer noch besser als ein reiner Vorbeiflug falls man sich ein konventionelles Bremsmaneuver nicht leisten will...

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #699 am: 29. August 2018, 21:42:19 »
Möglicherweise wäre da eine kleine Voraussonde nützlich um die Atmosphäre zu prüfen.
Allzu weit müsset die ja nicht gerade voraus Fliegen, nur soweit das man über deren Abbremsung Rückschlüsse ziehen kann und die Bahn dann noch um vielleicht 500km korrigieren zu können.