http://de.rian.ru/analysis/20090326/120753658.html
Ein sehr polemischer Artikel des russischen Autors Andrej Kisljakow.
Das arme Russland! Erst von den unzuverlässigen Amerikanern versetzt und nun plötzlich auch von den eigensinnigen Europäern verraten und im Stich gelassen.
Die Zukunft der russischen Raumfahrt durch verweigerte internationale Zusammenarbeit am Boden zerstört...!
Das sehe ich doch etwas anders.
Ich glaube nicht, daß die Russen sich über Unzuverlässigkeit der Amerikaner beschweren müssen - im Gegenteil: Die Zusammenarbeit zwischen Russen und Amerikanern auf der ISS ist sehr gut - war niemals zuvor so gut gewesen.
Die Amerikaner hatten große Probleme mit dem Shuttle, was zu erheblichen Verzögerungen führte und einige Improvikationen erforderte.
Aber kann man das den Amerikanern wirklich als Unzuverlässigkeit vorwerfen?
Russland ist durch diesen Verzögerungen nicht wirklich zu Schaden gekommen. Im Gegenteil - die Amerikaner haben wegen des Shuttle-Ausfalls zusätzliche Dienstleistungen, wie z.B. Versorgungsflüge und Crew-Transporte bei den Russen gekauft und gut dafür bezahlt.
Und die bösen Europäer, die Russland plötzlich die Zusammenarbeit verweigern und somit in die Isolation treiben?
Was haben sie denn erwartet?
Erst sehr spät, als die wesentliche Konstruktion schon fertig war, bot man den Europäern die Zusammenarbeit bei Klipper an.
Welche Rolle hatte man den Europäern denn zugedacht, die des "Zahlemanns"?
Auf der entscheidenden europäischen Ministerratstagung sah man das so. Ein Abgeortneter sagte damals: "Ich glaube nicht, daß wir ein russisches Raumschiff finanzieren".
Über ein plötzliches 'im Stich lassen' können sich die Russen eigentlich auch nicht beschweren.
Es gab keine festen Zusagen oder Verträge. Die europäischen Ministerräte hatten das russische Angebot bezüglich der Klipper-Kooperation gleich auf ihrer nächsten Tagung (vor ca 1 1/2 Jahren) abgelehnt.
Und daß die ESA mehr Selbstständigkeit anstrebt, war lange offensichtlich.
Russland bekam einen lukrativen Auftrag zur Lieferung und Aufbau der Sojus-Startanlage in Korou.
Die langfristige Strategie des EAS ist offensichtlich: Eigene Träger für alle Gewichstklassen.
Wenn Europa Gelder für den Einstieg in die bemannte Raumfahrt zur Verfügung hätte, wäre es nach dem Erfolg des ATV doch sinnvoller, es zu einer bemannten Version auszubauen, als ein russischen Raumschiff zu finanzieren.
Die russische Raumfahrt braucht einen Plan für die Zukunft - wie alle andern auch.
An Ideen und Konzepten wird es weniger mangeln als an der Finanzierung - wie in anderen Ländern auch.
Die Russen haben eigentlich keinen Grund, sich zu beschweren.