Interstellare Objekte

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Offline DF2MZ

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #250 am: 19. Mai 2020, 23:07:03 »
Ich vermisse in dem Artikel eine wenigstens überschlägige Abschätzung zur Machbarkeit. Darum habe ich das mal selber gemacht. In der Erdbahn haben wir eine Gravitationsbeschleunigung der Sonne von 5.9 e-3 m/s2. Der Strahlungsdruck beträgt dort maximal 9.2 µPa. Um dort eine Masse von 1kg zu halten braucht man eine Fläche von 640 m2. Eine 1 µm dünne Kevlar Folie (noch ohne Metallbeschichtung) dieser Fläche hat schon eine Masse von etwa 1 kg, kann sich also gerade mal selber halten, aber keine zusätzliche Tragstruktur oder sonst irgendwas.
Die für das Segel nötige reflektierende Beschichtung dürfte die Masse noch mindestens verdoppeln.

aasgeir

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #251 am: 20. Mai 2020, 08:15:06 »
Auch auf dem Sektor "Materialien für Solar Sails" tut sich was:
ebenfalls aus dem laufenden NIAC-Programm:

https://www.nasa.gov/directorates/spacetech/niac/2020_Phase_I_Phase_II/Extreme_Metamaterial_Solar_Sails/

Mehr als 1000 m2 pro kg, mit Beschichtung, klingt schon mal nicht schlecht.

Innerhalb von 2,5 Jahren Voyager-I einholen ist doch schon eine Hausnummer ...

Offline DF2MZ

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #252 am: 20. Mai 2020, 08:34:43 »
Innerhalb von 2,5 Jahren Voyager-I einholen ist doch schon eine Hausnummer ...

Ja, Du sagst es, eine Hausnummer, und mehr Bedeutung hat es auch nicht.

aasgeir

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #253 am: 20. Mai 2020, 21:49:15 »
Ich werde immer etwas skeptisch, wenn in solchen Anpreisungen Begriffe unsauber verwendet werden: hier ist von "erreichbaren Beschleunigungen von mehr als 60 AU/Jahr" die Rede ("Such sails could gain accelerations > 60 AU/yr") - nun hat diese Angabe die Dimension einer Geschwindigkeit (Weg / Zeit), nicht einer Beschleunigung (Weg / Zeit2). Was ist also gemeint ?
Nicht so vertrauenerweckend .

Re: Interstellare Objekte
« Antwort #254 am: 20. Mai 2020, 22:23:34 »
Ich werde immer etwas skeptisch, wenn in solchen Anpreisungen Begriffe unsauber verwendet werden: hier ist von "erreichbaren Beschleunigungen von mehr als 60 AU/Jahr" die Rede ("Such sails could gain accelerations > 60 AU/yr") - nun hat diese Angabe die Dimension einer Geschwindigkeit (Weg / Zeit), nicht einer Beschleunigung (Weg / Zeit2). Was ist also gemeint ?
Nicht so vertrauenerweckend .
Im folgenden Satz des Textes werden die 60 AU/yr correct als velocity, 20x größer als die von Voyager 1 beschrieben. Im zitierten Satz fehlen halt ein paar Worte.
Seit Apollo und Star Trek Classic Astronomie, Raumfahrt und SciFi-Fan.

TWR genügt als Anrede

Offline DF2MZ

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #255 am: 20. Mai 2020, 22:45:50 »
Ja aber was wird denn auf diese Geschwindigkeit gebracht? Ein Stück Folie? Bestimmt nicht irgend etwas das auch nur ansatzweise die Funktion der Voyager-Sonden erbringen könnte.

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Offline Gertrud

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #256 am: 30. Mai 2020, 16:18:04 »
Hallo Zusammen,

das PDF befasst sich mit dem `Oumuamua (I1 2017.

Der Nachweis, dass 1I / 2017 U1 (`Oumuamua) aus molekularem Wasserstoff bestand.

Obwohl Oumuamua auf dem besten Weg ist, aus dem Sonnensystem herauszukommen, bleiben grundlegende Fragen bezüglich seiner Natur offen. In einem neuen # arXiv-Beitrag argumentieren Seligman & Laughlin etwas erstaunliches: dass es sich um einen Wasserstoff-Eisberg handelt. Bemerkenswerterweise scheint diese Erklärung gut zu den Daten zu passen.
Quelle:
https://arxiv.org/pdf/2005.12932.pdf

Edit: Schreibfehler verbessert ::). Gruß Gertrud
Beste Grüße
Gertrud
« Letzte Änderung: 30. Mai 2020, 22:06:09 von Gertrud »
die Erklärung zu meinem Avatar:
http://de.wikipedia.org/wiki/NGC_2442
http://antwrp.gsfc.nasa.gov/apod/ap070315.html
***
Die Gabe des Staunens lässt uns die Welt aufgeschlossener sehen und ihre Wunder würdigen. (Richard Henry Lee)

aasgeir

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #257 am: 30. Mai 2020, 21:24:48 »
Wenn 'Oumuamua aus H2 in festem Zustand besteht, muss es am Ort der Entstehung (und des Aufenthalts) sehr kalt gewesen sein - die Schmelztemperatur ist 14 K. Die Sonneneinstrahlung bei der nächsten Annäherung betrug dann mehr als 20 kW/m2; da dürften die äusseren Schichten heftig gegast haben: die nicht-gravitativen Kräfte hierbei werden auf 0,1 % der gravitativen geschätzt. Das abströmende H2-Gas dürfte im Sonnenlicht schnell dissoziiert und vom UV-Anteil ionisiert worden sein - die "nackten" Protonen fallen dann im interplanetaren Medium nicht weiter auf; deshalb hatte man auch keine Aktivität in Sonnenähe identifiziert. So kann man sich auf den ersten Blick täuschen !

aasgeir

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #258 am: 26. August 2020, 11:39:00 »
Die Hypothese, dass 'Oumuamua aus Wasserstoffeis besteht, wird nun angezweifelt: unter den Entsehungsbedingungen in Giant Molecular Clouds könnten kleine Partikel nicht auf km-Größe anwachsen (Erosion der Wasserstoffeis-Hülle durch Stöße mit dem umgebenden Gas).
'Oumuamua bleibt also rätselhaft.

"Scientists Determine 'Oumuamua Isn't Made From Molecular Hydrogen Ice After All"
https://www.cfa.harvard.edu/news/2020-18

honk

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #259 am: 18. März 2021, 12:45:21 »
Neue Hypothesen zu 'Oumuamua:
Alan Jackson und Steven Desch von der Arizona State University haben zwei Artikel veröffentlicht, in denen sie die These aufstellen, dass 'Oumuamua im wesentlichen aus gefrorenem Stickstoff besteht (ähnlich zB Pluto in unserem Sonnensystem), und berechnen damit Größe und Form (und deren Änderung bei der Passage durch unser Sonnensystem). Demnach ähnelt die Form eher einer flachen Scheibe als einer "Zigarre" und die Abmessungen sind auch geringer als bisher angenommen: typisch 50 m Durchmesser und 8 m Dicke beim Verlassen des Sonnensystems

https://news.agu.org/press-release/interstellar-object-oumuamua-is-likely-a-piece-of-a-pluto-like-planet/

https://www.theguardian.com/science/2021/mar/18/space-oddity-oumuamua-probably-shard-of-pluto-like-world-scientists-say

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Offline Lumpi

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #260 am: 18. März 2021, 15:58:39 »
Demnach ähnelt die Form eher einer flachen Scheibe als einer "Zigarre" und die Abmessungen sind auch geringer als bisher angenommen: typisch 50 m Durchmesser und 8 m Dicke beim Verlassen des Sonnensystems

Interessant, das wäre also in etwa so flach wie Arrokoth, nur halt viel kleiner.
Das Bekannte ist endlich, das Unbekannte unendlich.

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Offline alepu

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #261 am: 22. März 2021, 13:11:53 »
Noch ein Artikel dazu:

https://space.com/interstellar-object-oumuamua-pancake-shape-pluto-like-planet

Danach hat Oumuamua beim Durchgang durch unser Sonnensystem bis zu 95% an Maße verloren.

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Offline Terminus

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #262 am: 13. April 2022, 09:46:02 »
Bei einem kleinen Meteor, der 2014 in der Erdatmosphäre verglühte, dürfte es sich sehr wahrscheinlich um ein interstellares Objekt gehandelt haben. Die Beobachtung konnte lange nicht bestätigt werden, da die dazu erforderlichen Daten noch als geheim eingestuft waren.

https://www.livescience.com/first-interstellar-object-detected

Der Hauptautor der Studie würde sehr gerne jede noch so kleine Chance nutzen, Stücke des Meteors zu bergen, da es sich um eine außerordentliche Gelegenheit handele, interstellares Material zu untersuchen.

topos

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #263 am: 15. April 2022, 21:03:46 »
Meteore interstellaren Ursprungs sind bereits in den 1990er Jahren beobachtet worden (Radarmessungen der Ionisationsspur beim Eintritt in die Erdatmosphäre),zB hier
https://adsabs.harvard.edu/full/2007ESASP.643...27B.
Ungefähr um die gleiche Zeit hat der ULYSSES Dust Detector etwa 900 einzelne Einschläge von interstellaren Staubpartikeln registriert und analysiert:
https://www.mpg.de/9712812/interstellar-dust-ulysses

Re: Interstellare Objekte
« Antwort #264 am: 16. April 2022, 09:49:57 »
Das wird noch ausgesprochen spannend!
Wenn wir bis auf weiteres nicht dorthin können, muss das "Zeug" eben aus der Tiefe der Galaxie zu uns fliegen.
Man sollte wirklich ein standby-Projekt starten!

Offline failsafe

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #265 am: 24. März 2023, 09:34:49 »
Ein Meteorit, der 2014 vor Port Moresby (Papua New Guinea) ins Meer gefallen ist, soll nun von einer Unterwasserexpedition gesucht und möglichst auch geborgen werden. Er ist von besonderem Interesse, da die nachträgliche Auswertung der Bahndaten ergab, dass er interstellaren Ursprungs ist (siehe post #262  in diesem Thread). Die Wassertiefe in diesem Gebiet beträgt etwa 1.700 m; das Suchgebiet  ist etwa 10 km x 10 km groß. Für die Suche wurden 1,5 Mio US$ bereitgestellt :

https://www.theguardian.com/world/2023/mar/24/harvard-physicist-pacific-expedition-first-interstellar-meteor

Offline failsafe

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #266 am: 02. Juli 2023, 21:05:40 »
Die beiden Harvard-Forscher  Avi Loeb und Amir Siraj, die im Meer vor Port Moresby nach Resten des mutmasslichen interstellaren Meteoriten suchen, der 2014 dort niederging, sind angeblich fündig geworden und haben etwa 40 kleine hoch eisenhaltige Kügelchen bergen können:


  Bild: Avi Loeb

Ob es sich tatsächlich um Material von ausserhalb des Sonnensystems handelt, soll nun anhand der Isotopenzusammensetzung ermittelt werden.
Andere Forscher bezweifeln, dass sich die gefundenen Kügelchen wirklich dem Meteorfall von 2014 zuordnen lassen.

https://www.newscientist.com/article/2380057-interstellar-meteor-fragments-may-have-been-found-in-the-pacific-ocean/

Re: Interstellare Objekte
« Antwort #267 am: 02. Juli 2023, 23:20:06 »
Es ist bemerkenswert, dass in diesen Kügelchen kein Nickel ist.
LPIndie hat dazu ein Video veröffentlicht.
Seit Apollo und Star Trek Classic Astronomie, Raumfahrt und SciFi-Fan.

TWR genügt als Anrede

Offline failsafe

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #268 am: 03. Juli 2023, 09:05:34 »
Das ursprünglich aufgrund der optischen Beobachtungen abgeschätze Suchgebiet von 10 km x 10 km konnte mit der Auswertung von seismischen Aufzeichnungen des Meteorfalls (Stationen AU MANU und AU COEN) auf ein Gebiet von 1 km x 1 km eingeschränkt werden, also eine Reduzierung um den Faktor 100. Nur so wurde eine Suche eingermassen realisierbar.
Veröffentlichung dazu:
https://arxiv.org/pdf/2303.07357.pdf

Offline rok

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #269 am: 03. Juli 2023, 09:17:10 »
Hallo TWR, du hast bereits mehrfach "LPIndie" als Quelle genannt. Gibt es dafür auch eine Internet-Adresse?

Offline Tuner

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #270 am: 03. Juli 2023, 16:32:05 »
Hallo Rok,

LPIndie ist ein Youtube-Kanal, hier der Link zu oben angesprochenem Video:

https://youtu.be/5saGu5RrDAo

Verschafft Euch bitte selber einen Eindruck, ich persönlich habe den Kanal nicht aboniert.

LG Sven

Offline rok

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #271 am: 03. Juli 2023, 17:43:02 »
Danke Sven, dann schau ich mir die Beiträge mal in Ruhe an.

Re: Interstellare Objekte
« Antwort #272 am: 03. Juli 2023, 17:50:10 »
Ich habe es mir aufgrund des links angeschaut. Ist nicht ganz meins, aber es gibt weitaus schrägeres auf yt und m. E.wurde das Ganze recht korrekt dargestellt.
Eine Isotopenuntersuchung sollte ja klären können, was man da gefunden hat.

Offline failsafe

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #273 am: 03. Juli 2023, 20:46:45 »
Es ist bemerkenswert, dass in diesen Kügelchen kein Nickel ist.
Für Eisenmeteorite im Sonnensystem gilt: Nickelgehalt zwischen 5% und 20% (Gewichtsprozent)
https://de.wikipedia.org/wiki/Eisenmeteorit.
Nickel ist ebenfalls ferromagnetisch und hätte also die Anziehungskraft des magnetischen Suchschlittens nicht verschlechtert; dies ist also kein Auswahleffekt.

Offline failsafe

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Re: Interstellare Objekte
« Antwort #274 am: 04. Juli 2023, 16:22:47 »
Es gibt einen Blog von Avi Loeb über den Verlauf der Suchexpedition, mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse Stand gestern:
https://avi-loeb.medium.com/summary-of-the-successful-interstellar-expedition-61ff4467070d

Interessant: erste Analysenergebnisse der Röntgenfluoreszenzmessungen an den Kügelchen
84% Eisen,
  8% Silizium,
  4% Magnesium 
  2% Titan,
  plus Spurenelemente.

Erste Massenspektrometermessungen zeigten u.a. Uran- und Blei-Isotope; eine Auswertung nach der Uran-Blei-Methode der Altersbestimmung ergab ein Alter grösser als das des Sonnensystems (Kontrollmessungen an Kügelchen, die ausserhalb der Fallzone gewonnen wurden, ergaben ein Alter kompatibel mit dem des Sonnensystems)
https://de.wikipedia.org/wiki/Uran-Blei-Datierung

Es ist geplant, im Frühjahr 2024 eine weitere Expedition durchzuführen mit dem Ziel, nicht nur aufgeschmolzene Kügelchen, sondern möglichst auch grössere Reste des Meteoriten zu finden.