Evakuierung der ISS

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Stirling

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Evakuierung der ISS
« am: 16. Februar 2014, 16:27:34 »
Hallo zusammen,

wie würde eine mögliche Evakuierung der ISS aussehen, wenn die Station zum Beispiel auf Kollisionskurs mit Weltraumschrott wäre? Gibt es Rettungskapseln an Bord, oder bleiben die Transportschiffe (momentan also die Sojus-Schiffe) solange angedockt, bis die Astronauten wieder zur Erde zurückkehren? Oder hat man den Erdorbit so genau unter Beobachtung, dass man genug Zeit hat, die Position der ISS im Zweifelsfall zu verändern?

Gruß,
Stirling

Fabi485

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #1 am: 16. Februar 2014, 16:35:21 »
Die Sojus-Kapseln bleiben die ganze Zeit (bis zum Rückflug einer Crew) angedockt und dienen für diesen Fall als Rettungsmöglichkeit.

Der Orbit wird mit der Hilfe von Radar sehr genau überwacht, so kann man die meisten Schrottteile schon einige Zeit vorher ausmachen und wenn nötig mit der Station ein Ausweichmanöver zu fliegen.
Die Module sind auch so ausgelegt das sie den Einschlag von Teilen bis zu einem Durchmesser von ca. 1cm  ohne Durchschlag und Druckverlust aushalten können. Und bei allem was größer ist weicht man aus....

Das die ISS von kleineren Teilen getroffen wird kommt durchaus mal vor, schaue dir mal aktuelle Bilder der Solarzellen an, da sieht man nach all den Jahren diverse Löcher von kleineren Einschlägen.

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Offline muzker

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #2 am: 16. Februar 2014, 17:17:32 »
Der Weltraum - unendliche Weiten
Grüße vom Muzker

Offline Tuner

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #3 am: 16. Februar 2014, 17:38:01 »
Hallo Stirling,

ganz so dramatisch ist die Kollision mit Weltraumschrott für die ISS nun doch nicht, ein 10 mm Loch in der Außenhülle bedeutet zwar einen Verlust an Atmosphäre, aber keiner der Astronauten ist sofort gefährdet (es sei denn, er hat das Projektil direkt abbekommen).

Eine Analogie: Nimm eine Coladose, schüttel sie kräftig und pieks ein kleines Loch hinein, es dauert etwas bis keine Cola mehr aus dem Löchlein austritt.
Genauso kannst Du Dir den Druckverlust auf der ISS vorstellen, es dauert etwas... genügend Zeit um die Raumanzüge anzulegen, die Soyus Kapseln zu aktivieren und nach Hause zu fliegen...

Die zwei ständig angedockten Soyus Raumschiffe dienen tatsächlich als "Rettungsboote", deshalb ist die Mannschaft der ISS auch auf 6 Menschen begrenzt.

Ach so, erster Beitrag?
Schön das Du fragst, Wilkommen im Forum!

LG Sven

Tester

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #4 am: 16. Februar 2014, 18:08:42 »
Mal interessehalber gefragt, müssten sie in dem von dir beschriebenen Szenario sofort evakuieren?

Bei Schiffen oder U-Booten gibt's ja auch Lecksicherungsmaßnahmen.

Gibt es so etwas auch auf der ISS, oder ist das durch den Aufbau der Außenhaut (Isolierung etc.) nicht möglich.

Generell stelle ich mir eine Leckdichtung gegen Vakuum leichter vor als gegen Überdruck.

Stirling

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #5 am: 16. Februar 2014, 18:26:38 »
Vielen Dank für die Antworten!

Mir war halt nicht klar, dass die Sojus-Kapseln tatsächlich die ganze Zeit an der Station angedockt bleiben. Auf diese Weise besteht natürlich immer die Möglichkeit, schnell "abzuhauen". Da kommt mir auch gleich die nächste Frage: Ich vermute mal, das die Kapseln für die Zeit deaktiviert werden o.ä. Wie lange dauert es, bis die Kapseln wieder voll einsatzfähig sind?

@GZ-A1: Ich vermute mal, es kommt darauf an, wo das Leck ensteht. Im Bereich der Lebenserhaltung ist es wahrscheinlich gefährlicher als in einem Labormodul. Wobei es mir jetzt auch weniger um die Gefahr eines Einschlages ging, sondern allgemein um die Möglichkeit der Evakuierung.

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Offline muzker

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #6 am: 16. Februar 2014, 20:08:28 »
Mal interessehalber gefragt, müssten sie in dem von dir beschriebenen Szenario sofort evakuieren?

Bei Schiffen oder U-Booten gibt's ja auch Lecksicherungsmaßnahmen.

Gibt es so etwas auch auf der ISS, oder ist das durch den Aufbau der Außenhaut (Isolierung etc.) nicht möglich.

Generell stelle ich mir eine Leckdichtung gegen Vakuum leichter vor als gegen Überdruck.

Bei der MIR gab es mal den Fall eines Druckverlustes nach einem Crash mit einem Progress Frachter. Das Abdichten blieb erfolglos.
http://de.wikipedia.org/wiki/Spektr#Unfall
Falls es wen intressiert ... Ein Viedeo vom Crash gibts hier:

(Einschlag bei 4:00 Minuten).
Der Weltraum - unendliche Weiten
Grüße vom Muzker

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Offline KSC

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #7 am: 17. Februar 2014, 10:56:02 »
Nicht immer kann eine drohende Kollision rechtzeitig erkannt werden.
Vor ziemlich genau 5 Jahren hat man eine mögliche Kollision mit einem kleinen Trümmerteil nicht rechtzeitig erkannt. Die Crew hat sich in die Sojus begeben und sich für ein notfallmäßiges Abdocken bereit gemacht. Zum Glück ist damals nichts passiert, aber eine solche Kollision kann verehrende Folgen haben. Das Teil damals war nur rund einen Zentimeter groß, aber aufgrund der potentiell extrem hohen Relativgeschwindigkeiten ist das sehr gefährlich.
Die Diskussion von damals im Forum:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3793.msg89551#msg89551

Gruß,
KSC

Offline kfelske

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #8 am: 23. Februar 2014, 19:24:43 »
Hallo miteinander.

Wie sieht das denn bei einem Brand im Innern der Station aus?
Die meisten Menschen sterben in so einem Fall an einer Rauchgasvergiftung, nicht am Sauerstoffmangel.
So etwas ist, denke ich, in der MIR schon aufgetreten.

Bei einem U-Boot hat jeder eine Maske, die er in kurzen Abständen mit der Sauerstoffleitung verbinden kann.
Gibt es so etwas auf der ISS?

Offline Liftboy

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #9 am: 23. Februar 2014, 20:38:36 »
Auf der MIR selbst gab es Sauerstoffmasken, und da sie in dem von dir schon angesprochenen Vorfall auch notwendig waren und eingesetzt wurden, geh ich davon aus, dass es auf der ISS für Notfälle auch welche gibt.

Offline Ruhri

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #10 am: 23. Februar 2014, 23:51:14 »
Daran wird es wohl kaum scheitern. Beim ersten Andocken eines ATVs wurde hier berichtet, dass die Crew beim ersten Öffnen des Zugangs Schutzmasken getragen haben, um einen Scrubber im Inneren zum Einsatz zu bringen. Diese Masken sollten einen gewissen Schutz gegen giftige Gase bieten, und vermutlich gibt es eben auch schwerere Ausrüstung. Schiffe der Kriegsmarine und ordnungsgemäß ausgestattete der Handelsmarine haben ja auch Feuerbekämpfungsausrüstung an Bord. Für eine hermetisch versiegelte Anlage wie die ISS gehört dies mit Sicherheit zur Grundausstattung.

McFire

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #11 am: 24. Februar 2014, 01:56:45 »
Es gibt hier irgendwo ein Video vom ISS Feuerschutztraining ...

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Offline KSC

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #12 am: 24. Februar 2014, 08:33:24 »
Auf der MIR selbst gab es Sauerstoffmasken, und da sie in dem von dir schon angesprochenen Vorfall auch notwendig waren ..
Nicht nur das, auf der MIR gab es sogar einen veritablen Brand mit starker Rauchentwicklung, der durch einen überhitzten Suaerstoffgenerator ausgelöst wurde. Das hatte allerdings mit der Progress Kollision nichts zu tun.

Gruß,
KSC

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Offline roger50

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Re: Evakuierung der ISS
« Antwort #13 am: 24. Februar 2014, 13:23:46 »
Moin,

Auf der MIR selbst gab es Sauerstoffmasken, und da sie in dem von dir schon angesprochenen Vorfall auch notwendig waren und eingesetzt wurden, geh ich davon aus, dass es auf der ISS für Notfälle auch welche gibt.

Ja, solche Gasmasken mit Sauerstoffvorrat gibt es zahlreiche an Bord, es werden in allen größeren Modulen welche vorgehalten, sodaß die Besatzung jederzeit und an jeder Stelle Zugriff auf sie hat. In größeren Versorgungsraumschiffen wie ATV und HTV werden Gasmasken und Feuerlöscher kurz nach dem ersten Öffnen des Zugangs angebracht. Dafür gibt es spezielle Halterungen. Ob dies bei kleineren Versorgern (Dragon, Cygnus, Progress) auch der Fall ist, kann ich nicht sagen.

Daran wird es wohl kaum scheitern. Beim ersten Andocken eines ATVs wurde hier berichtet, dass die Crew beim ersten Öffnen des Zugangs Schutzmasken getragen haben, um einen Scrubber im Inneren zum Einsatz zu bringen. Diese Masken sollten einen gewissen Schutz gegen giftige Gase bieten, und vermutlich gibt es eben auch schwerere Ausrüstung. Schiffe der Kriegsmarine und ordnungsgemäß ausgestattete der Handelsmarine haben ja auch Feuerbekämpfungsausrüstung an Bord. Für eine hermetisch versiegelte Anlage wie die ISS gehört dies mit Sicherheit zur Grundausstattung.

Der Scrubber beseitigt weniger Gase, als vielmehr Mikropartikel in der Luft, die sich während des Fluges von den Installationen im Nutzlastraum und von den textilen Cargo Bags gelöst haben. Also Metall-, Farb- und Plastikpartikel, sowie kleinste Stofffasern.

Beim ersten Öffnen eines Versorgungsraumschiffs tragen die Astronauten immer leichte Staubschutzmasken, damit sie keine der noch vorhandenen Partikel einatmen. Kann man sich auf diversen YT-Videos ansehen (Stichwort: Hatch Opening). Gegen giftige Gase helfen diese Masken kaum bis gar nicht.

Gruß
roger50