Bemannte Wartungsmissionen

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Offline Ruhri

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Bemannte Wartungsmissionen
« am: 25. Mai 2011, 13:53:29 »
Da wir gerade in einem anderen Thread darauf gekommen waren, hier noch einmal die Frage: Wie könnten zukünftige bemannte Wartungsmissionen aussehen?

Grundlage muss natürlich sein, dass die Wartung überhaupt Sinn macht. Im konkreten Fall ging es um die Raumkapsel Orion, die etwa zu einem Lagrange-Punkt fliegen könnte, um dort eine astronomische Sonde zu warten. Meine spontane Idee war, dass diese Sonde in den Erdorbit zurückkehren könne. Vom Lagrange-Punkt kommt man bekanntlich ziemlich leicht weg, und vermutlich auch in Richtung Erdorbit. Dort hatte ich allerdings das notwendige Bremsnaöver übersehen:

Jup,es dürfte am Bremsmanöver gelegen haben. Man kann ja tatsächlich mit wenig Aufwand in einen Orbit von sagen wir mal 300*1,5 Mio km einschwenken. Nur müsste man für eine Servicemission halt auf 300*300km kommen. Und dafür braucht man sehr viel Delta-V

Dieser Erdorbit, an den websquid gerade gedacht hat, muss es allerdings nicht sein, wenn man sowieso eine Kapsel zur Verfügung hat, die über den LEO hinaus vorstoßen kann. Die Annahme war, dass es besser wäre, wenn die Orion zum Lagrange-Punkt fliegt, dort die Wartungsarbeiten erledigt und den "Rücksturz" zur Erde durchführt. Ist das aber tatsächlich die beste Lösung? Man könnte sich ja irgendwo "in der Mitte" treffen. Die Sonde könnte durchaus einen stark exzentrischen Erdorbit einschlagen. Man braucht natürlich auch um so mehr Treibstoff, je weiter Kapsel samt Crew, Vorräten und Ersatzteilen hinaus fliegen muss. Dafür ist bei der Kapsel das Bremsen quasi "umsonst", weil man das beim Wiedereintritt machen kann. Die Berechnung ist mit Sicherheit nicht trivial, oder?

Eine ganz andere Frage: Wie könnte so eine Wartungsmission aussehen? Eine Orion hat keine Luftschleuse für EVAs, und der Platz für Fracht ist auch nicht so groß wie bei den Space Shuttles. Würde man also noch zusätzliche Hardware benötigen, eine Schleuse und Frachtraum?

websquid

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #1 am: 25. Mai 2011, 14:08:38 »
Stimmt schon, mein Beispielorbit muss man nicht nehmen, um sich zu treffen. Gerade wenn man eine BEO-Kapsel wie die Orion hat nicht. Ein Treffpunkt in der Mitte hätte allerdings einen großen Nachteil: der zu wartende Satellit müsste wieder aufgetankt werden. Dafür hat die Orion aber gar keine Ausstattung.

Für EVAs würde Orion das ganze Crew-Modul als "Luftschleuse" verwenden. Da brauchen die kein Extra-System für.

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Online Terminus

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #2 am: 25. Mai 2011, 14:59:52 »
Stimmt schon, mein Beispielorbit muss man nicht nehmen, um sich zu treffen. Gerade wenn man eine BEO-Kapsel wie die Orion hat nicht. Ein Treffpunkt in der Mitte hätte allerdings einen großen Nachteil: der zu wartende Satellit müsste wieder aufgetankt werden. Dafür hat die Orion aber gar keine Ausstattung.

Zumindest das Webb-Teleskop ist ja auch eigentlich ganz ohne Servicemissionen geplant und ich frage mich, ob es allein schon für die Rückreise überhaupt genug Treibstoff hätte. Während man da beim MPCV naturgemäß flexibler wäre.

Das MPCV dürfte ja auch leichter sein als so ein Teleskop?

Wenn es irgendwie Sinn macht, dass das Teleskop (allgemein: der Satellit) zu den Astronauten kommt statt umgekehrt, hätte man ja schon Hubble und andere Geräte entsprechend konstruieren können.

Nebenbei beinhalten jegliche Flugmanöver teurer Satelliten auch immer ein gewisses Risiko. Man soll schon erlebt haben, dass Triebwerke versagen. Sowas vermeidet man bestimmt gerne.

Ein niedrigerer Orbit hätte allerdings auch einen großen Vorteil für die Weltraumklempner: Geringere Strahlungsexposition, falls die Sonne in der Zeit einen Rappel kriegt.  :-\

Terminus

runner02

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #3 am: 25. Mai 2011, 15:01:35 »
Für EVAs würde Orion das ganze Crew-Modul als "Luftschleuse" verwenden. Da brauchen die kein Extra-System für.

Hat Orion dazu eine Luftpumpe, oder würde die Luft einfach abgelassen?

Offline Ruhri

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #4 am: 25. Mai 2011, 23:37:45 »
Hat Orion dazu eine Luftpumpe, oder würde die Luft einfach abgelassen?

Sagen wir einmal so: Die Orion wird alles bekommen, was sie dafür benötigt. Die Vorgehensweise ist schließlich nicht neu - Gemini und Apollo konnten da schon in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Aber gehen wir doch einmal in die Details: Eine Orion soll bis zu sechs Astronauten transportieren können. EVAs werden aber traditionell durch Zwei-Mann-Teams durchgeführt (mit gerade einmal einer Ausnahme nach oben). Wieviele Astronauten würden denn auf eine solche Wartungsmission gehen? Die nicht direkt an den Außenarbeiten beteiligten Astronauten müssten die 6-8 Stunden in der Kapsel, aber im Raumanzug, verbringen. Das hört sich nicht gerade wahnsinnig praktisch an. Und wo werden Ersatzteile und Werkzeuge verstaut? Auch in der Kapsel selbst?

websquid

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #5 am: 25. Mai 2011, 23:40:39 »
Wenn man nur eine Wartungsmission fliegt, dann ist es auch gut möglich, nur die 2 Astronauten mitzunehmen, die die EVA durchführen. Mittlerweile soll das MPCV (aka Orion) wohl auch nur noch 4 Plätze haben

Basileios

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #6 am: 26. Mai 2011, 10:51:56 »
Sind Wartungsmissionen finanziell sinnvoll? Diese Frage muss von Fall zu Fall entschieden werden.

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Online Schillrich

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #7 am: 26. Mai 2011, 10:55:09 »
Rein finanziell zweifel ich das auch an. Man sagt ja immer an Stelle der HST-Wartung hätte man auch ein Neues bauen können ...
Aber: hätte man das auch getan? Was einmal da ist, betreibt man und verlängert man. Etwas Neues wird schnell mal zusammengestrichen ...
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

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Offline Ruhri

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #8 am: 26. Mai 2011, 12:34:13 »
Wie hatte ich oben geschrieben?

Grundlage muss natürlich sein, dass die Wartung überhaupt Sinn macht.

Und sicherlich wäre es am besten, wenn es sich tatsächlich finanziell rechnen würde. Die zweitbeste Lösung wäre, dass eine Wartung zwar teurer als ein Neubau wäre, dieser sich aber politisch nicht durchsetzen ließe.

Mir ging es aber nicht um Sinn oder Unsinn solcher Missionen, sondern um die technischen Details der Durchführbarkeit. In die Rubrik "Konzepte und Perspektiven: Raumfahrt" hatte ich es aber mit Bedacht eingestellt. Es ist natürlich eine reine "Was wäre, wenn..."-Diskussion.

Basileios

  • Gast
Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #9 am: 26. Mai 2011, 12:38:32 »
Ich weiss jetzt zwar nicht wie teuer der Bau (nicht die Entwicklung) des HST war und ob man so ohne weiteres ein Duplikat hätte bauen können, aber eine Shuttle-Mission verschlingt $500 Million bis $1 Milliarde, je nachdem, welche Schätzungen man heranzieht. Bei einem Start von Orion auf einer Schwerlastrakete zu einem Lagrangepunkt kommt man wohl auf ähnliche Summen ...

... da könnte es sich ggf. glatt lohnen, eine zweite Version des Teleskops oder Satelliten zu bauen der defekt ist.

Ich denke außer in sehr speziellen Fällen machen Wartungsmissionen bei den heutigen Kosten bemannter Raumflüge keinen Sinn.

Rein techisch sollte eine solche Mission natürlich möglich sein, wenn man Orion zusammen mit einem speziell für solche Einsätze konzipiertem Modul hochschickt, welches über einen Greifer verfügt und Ersatzteile sowie zusätzliche Lageregeltreibstoffe lagern kann (wenn man die "Lebenszeit" des zu wartenden Objekts erhöhen will).

runner02

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #10 am: 26. Mai 2011, 12:59:15 »
Zitat
Und sicherlich wäre es am besten, wenn es sich tatsächlich finanziell rechnen würde. Die zweitbeste Lösung wäre, dass eine Wartung zwar teurer als ein Neubau wäre, dieser sich aber politisch nicht durchsetzen ließe.

Es mag ja sein, dass eine Wartungs-Mission ähnlich teuer ist. Trotzdem hat man somit einen Flug der Orion mehr, der die Stückkosten etwas drücken kann...  (In der Summe aller 'unnötigen' Missionen)

Offline Ruhri

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #11 am: 26. Mai 2011, 13:00:20 »
Ich denke außer in sehr speziellen Fällen machen Wartungsmissionen bei den heutigen Kosten bemannter Raumflüge keinen Sinn.

Wie gesagt: Darüber müssen wir hier an dieser Stelle nicht diskutieren.

Zitat
Rein techisch sollte eine solche Mission natürlich möglich sein, wenn man Orion zusammen mit einem speziell für solche Einsätze konzipiertem Modul hochschickt, welches über einen Greifer verfügt und Ersatzteile sowie zusätzliche Lageregeltreibstoffe lagern kann (wenn man die "Lebenszeit" des zu wartenden Objekts erhöhen will).

Genau - man müsste ein Zusatzmodul haben, dass die Fähigkeiten einer Orion erweitern könnte. Auf welcher Basis könnte man dieses Modul am besten entwickeln? Auch wenn es schade um den Greifarm wäre, muss dieses Modul keine Rückkehrmöglichkeit haben, könnte also eine Weiterentwicklung von HTV/ATV sein.

Die Russen haben natürlich ihr Parom-Konzept in der Entwicklung. Ließe sich damit vielleicht etwas anstellen, vielleicht unter der Voraussetzung, dass es immer noch eine ständig bemannte Raumstation gibt?

knt

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #12 am: 26. Mai 2011, 13:24:42 »
Es gibt doch das Konzept "Space Exploration Vehicle". Ein kleines Raumschiff, mit große Fenstern und Manipulatoren:


websquid

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #13 am: 26. Mai 2011, 14:32:06 »
Die Russen haben natürlich ihr Parom-Konzept in der Entwicklung. Ließe sich damit vielleicht etwas anstellen, vielleicht unter der Voraussetzung, dass es immer noch eine ständig bemannte Raumstation gibt?
Mit etwas Phantasie kein Problem ;) Ich glaube zwar nicht, dass eine solche Entwicklung sinnvoll wäre, aber denkbar wäre so ein System theoretisch:

Parom ist ja unbemannt, man braucht also ein Modul mit Lebenserhaltungssystemen und für Ausstiege mit einer Luftschleuse. Dazu kann man noch Geräte wie einen Roboterarm installieren, die bei einer Wartungsmission helfen. Dieses Modul wäre im Normalfall an einer Raumstation angedockt und wird auch von da bemannt. Das wäre also wiederverwendbar, weil man nach jeder Mission zur Station zurückkehrt.

Eine Wartungsmission würde dann so aussehen, dass Parom mit diesem "Servicemodul" von der Station abdockt und einen missionsspezifischen Frachtcontainer einsammelt, der zu Missionsbeginn von der Erde gestartet wird. Der enthält dann Treibstoff, Ersatzteile und Werkzeug für die Mission. Ich geh mal davon aus, dass man soviel braucht, dass sich das lohnt.

Dieser Zug würde dann zum Zielsatelliten fliegen, der dann von der Crew gewartet wird. Anschließend fliegt der Zug zurück zur Station und liefert die Besatzung und das Servicemodul an der Station ab. Danach würde Parom noch den Frachtcontainer entsorgen und dann zum Abschluss der Mission wieder zur Station zurückkehren (das am ehesten dann, wenn der nächste Container zur Versorgung abgeholt wird)

Damit würde man aber auch nicht zum L2 oder so kommen, die Reserven reichen nicht. Aber für LEO/MEO Satelliten mit halbwegs passender Inklination wäre das denkbar, wenn auch hochspekulativ ;)

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Offline noidea

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #14 am: 27. Mai 2011, 15:44:41 »
Hi allesamt!

Ich denke, dass es auch möglich wäre, mit dem neuen PPTS-Raumschiff solch eine Mission durchzuführen. Es soll nämlich möglich sein, ein Orbitalmodul mit zu starten, welches dann sowohl als Schleuse verwendet kann als auch als Transportcontainer für Ersatzteile benutzt werden bzw. kann man an das Orbitalmodul ein Transportcontainer andocken und einen Roboterarm anbringen. Das würde etwa dem gleichen, was man auch für die Orion geplant hat (man hätte damit vllt. eine Mission zu Hubble durchgeführt).
MfG
sf4ever

Kommt doch auch mal in den Chat

ziolkowski

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Re: Bemannte Wartungsmissionen
« Antwort #15 am: 27. Mai 2011, 17:26:20 »
Wie würde das aussehen:

1) Ein Wartungsmodule verfügt über elektrischen Antrieb und bewegt sich zwischen verschieden Orbits oder Langrange Punkten (zum Beispiel alle zwei Jahre eine andere Position)
2) Er sammelt zu wartende Satteliten ein
3) Zum Teil können Wartungen oder Betankungen ferngesteuert durchgeführt werden Diese Satelliten werden wieder ausgesetzt
4) Das Wartungsmodule erhält einen Materialtransport (könnte ebenfalls mit elektrischen Antrieb erfolgen)
5) Eine bemannte Mission bricht zu diesem Wartungsmodul auf (da würden Luftschleusen und möglicherweise ein 'Trockendock' etc. vorhanden sein)
6) Wartungen an Satelliten und Wartungsmodul werden durchgeführt
7) bemannte Mission kehrt zurück
8) Leerer Materialtransporter entsorgt defekte Satteliten
9) Wartungsmodul setzt die gewarteten Satteliten wieder aus (elektrischer Antrieb)
10) Wartungsmodul bezieht eine neue Position