Sternpopulation

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Corsar

  • Gast
Sternpopulation
« am: 29. März 2009, 09:27:41 »
Bonjour, Wissenschaftler sagen, daß unsere Sonne ein >second-hand Stern< oder auch ein Stern der Population I ist. Könnte es eigentlich sein, daß unsere Sonne bereits zweimal gewendet wurde, also ein >third-hand-Stern< ist. Und wenn ja, zu welcher Sternpopulation wird er dann gehören, Sternpopulation 0? Jac

Caro

  • Gast
Re: Sternpopulation
« Antwort #1 am: 29. März 2009, 12:23:08 »
Hallo Jac,

für den Populationenbegriff in der Astrophysik ist es gar nicht so wichtig, ob die Sonne nun ein Stern zweiter, dritter oder gar noch späterer Generation ist. Die Zugehörigkeit zu einer Populationsgruppe wird zum einen durch den Metallgehalt bestimmt. Vor der Entstehung der ersten Sterne bestand das Universum ja nur was Wasserstoff, Helium und Spuren von Lithium und Berilium. Alles was wir heute an Eisen, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff etc. in Sternen nachweisen können, ist durch Fusionsprozesse im Inneren der Sterne oder bei Supernovaexplosionen am Ende eines Sternlebens entstanden. Je höher also der Gehalt an Metallen heute in einem Stern, desto mehr Fusionsreaktionen, desto mehr Supernovaexplosionen hat das Material mitgemacht, bevor der Stern daraus entstand. Die Sonne ist ein Stern mit recht hohem Metallgehalt, selbst verglichen mit anderen Population I Sternen. Die Wahrscheinlichkeit, daß sie also ein Stern der dritten, vierten oder vielleicht sogar fünften Generation ist, ist damit sehr groß. Genau weiß man das natürlich nicht.

Einfacher als über den Metallgehalt lassen sich die Sterne in der Milchstraße aber über ihren Bewegungszustand in die Populationen einordnen. Dadurch daß sich Sterne mal mehr mal weniger aus der Ebene der Spiralarme herausbewegen, lassen sie sich den Spiralarmen selber, der Scheibenebene, dem Bulge oder dem Halo zuordnen. Diese verschiedenen Bestandteile der Milchstraße haben ein unterschiedliches Alter und enthalten demnach vorzugsweise bestimmte Sternpopulationen.

Ein paar zusätzliche Infos bietet noch: http://de.wikipedia.org/wiki/Population_(Astronomie)

Gruß,
Caro

Corsar

  • Gast
Re: Sternpopulation
« Antwort #2 am: 29. März 2009, 12:36:10 »
Bonjour Caro, danke für die Beantwortung meiner Frage. Den oberen Teil habe ich verstanden. Daraus leite ich also ab, daß Sterne der Population III die Gründersterne sind, man kann sie aber nicht finden, da sie in ihrem Urzustand nicht mehr da sind. Sterne in der Population II sind die dann folgende Generation, aber davon gibr es scheinbar auch nicht mehr viele. Der Hauptanteil sind also Sterne der Population I, wozu unsere Sonne gehört. Diese Sterne können also mehrfsch gewendet sein. Das alles kann man prüfen wenn man die Metallizität kennt.
Den unteren Teil Deiner Antwort kann ich so nicht verstehen. Da will man aus der räumlichen Zuordnung der Sterne, im Jetztzustand, ableiten, zu welcher Population sie gehören. Soll das heissen, dass die Sterne weit aussen die ältesten sind oder die ganz innen?
Vielleicht könntest Du das noch einmal aufdröseln. Jac

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Sternpopulation
« Antwort #3 am: 30. März 2009, 02:47:40 »
Moin,

to Jac: Sterne in der Population II sind die dann folgende Generation, aber davon gibr es scheinbar auch nicht mehr viele.

Die Sterne eines Sternhaufens sind alle ungefähr gleich alt und zeigen keine Spektrallinien von schwereren Elementen in ihren Spektren, das sind Population-II-Sterne. Und solche Sternhaufen, Kugelsternhaufen und offene Sternhaufen, gibt es in unserer und um unsere Milchstrasse sehr viele. Also sind sie nicht selten.

Über Kugelsternhaufen (Ksh) haben wir hier schon mal was geschrieben >>>

Jerry

Corsar

  • Gast
Re: Sternpopulation
« Antwort #4 am: 30. März 2009, 19:01:28 »
Bonjour, ach ja, die Kugelsternhaufen und offene Sternhaufen.
An die harre ich nicht gedacht. Sind denn noch weitere Fundstellen lokalisiert oder nimmt man das nur an, daß da Sterne der Population II aufzufinden sein müssen. Jac

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Sternpopulation
« Antwort #5 am: 03. September 2010, 09:35:07 »
Moin,


Bild: soho.nascom

Warum an der Sonnenoberfläche viel weniger Lithium ist als zu erwarten war haben jetzt Wissenschaftler vom Garchinger Max-Planck-Institut für Astrophysik untersucht.
Sie haben 100 Sterne in der Population I (sonnenähnlich) unter die Lupe genommen und das hat folgendem Ergebnis gebracht.

Es zeigte sich, dass die Lithiumhäufigkeit mit dem Alter des Sternes stetig abnimmt. Ob Planeten vorhanden sind oder nicht, scheint keine Rolle zu spielen, das war ja bisher als Grund angenommen. In Sternen mit einem insgesamt hohen Gehalt schwerer Elemente ist der Lithiummangel allerdings besonders ausgeprägt – entsprechend einer besonders mächtigen Konvektionszone, in der Material aus tieferen Schichten an die Sternoberfläche und wieder zurück gelangt.
Unklar bleibt aber warum das Lithium in diesen Sternen, einschliesslich unserer Sonne, seltener ist als in Meteoriten, obwohl beide vor ~ 4,5 x 109 Jahren aus dem gleichen Material entstanden sind.

Den ganzen Bericht kann man hier nachlesen >>> Das Geheimnis der geringen solaren Lithiumhäufigkeit und ihre Beziehung zu Exoplaneten

Jerry
« Letzte Änderung: 03. September 2010, 10:06:43 von H.J.Kemm »

Martin

  • Gast
Re: Sternpopulation
« Antwort #6 am: 03. September 2010, 10:17:15 »
Warum schliesst man aus, dass das Lithium einfach fuer thermonukleare Reaktionen genutzt wird. Sowohl 6Li als auch 7Li koennen Neutronen einfangen und so zu Tritium umgesetzt werden, welchen leicht fusioniert.

Gibt es Gruende anzunehmen, das dies in Sternen nicht passiert?

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Sternpopulation
« Antwort #7 am: 03. September 2010, 13:57:45 »
Moin Martin,

Gibt es Gruende anzunehmen
Noch unwissend, frage mich aber durch.

das dies in Sternen nicht passiert?

In welchen Sternen?

Jerry

Kreuzberga

  • Gast
Re: Sternpopulation
« Antwort #8 am: 03. September 2010, 14:39:24 »
Warum schliesst man aus, dass das Lithium einfach fuer thermonukleare Reaktionen genutzt wird. Sowohl 6Li als auch 7Li koennen Neutronen einfangen und so zu Tritium umgesetzt werden, welchen leicht fusioniert.

Gibt es Gruende anzunehmen, das dies in Sternen nicht passiert?

Das passiert ja auch, allerdings erst im Sterninneren. "Sehen" können wir das Lithium ja nur an den Sternoberflächen und erklärungsbedürftig ist, warum die Sonne über so wenig Lithium an der ihrer Oberfläche verfügt.

Letztes Jahr hat ein ESO-Team um Garik Israelian vom Kanarischen Astrophysikalischen Institut die These aufgestellt, Lithium werde durch die Anwesenheit von massereichen Planeten ins Sterninnere transportiert, wo es schließlich zerstört wird. Siehe dazu hier: Enhanced lithium depletion in Sun-like stars with orbiting planets.

Die Wissenschaftler um Patrick Baumann vom MPI für Astrophysik bestreiten, diesen Zusammenhang nun, wie Jerry berichtet, und behaupten stattdessen einen Zusammenhang zwischen Lithiummangel und dem Alter der Sterne. Siehe dazu hier: Lithium depletion in solar-like stars: no planet connection

Basierend auf ihrer Untersuchung von etwa 100 sogenannten "Sonnenzwillingen" kommen sie zu dem Schluss:
"Eine der wichtigsten Erkenntnisse dieser Untersuchung ist, dass das Lithiumvorkommen in Sonnenzwillingen, Sternen mit ähnlicher Masse und Metallizität wie unsere Sonne, monoton mit dem Alter des Sterns abnimmt. Messdaten von Sonnenzwillingen in offenen Sternhaufen, deren Alter genau bekannt sind, folgen diesem Trend exakt." Und weiter: "Die Altersabhängigkeit des Lithiums zeigt keinerlei Unterschiede zwischen metallreichen, sonnenähnlichen Einzelsternen und solchen mit Planeten."

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Online Schillrich

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Re: Sternpopulation
« Antwort #9 am: 03. September 2010, 15:11:14 »
Hallo,

aber gerade dieser monotone Zusammenhang zwischen Li und dem Alter könnte doch für den "simplen Verbrauch als Brennstoff" im Inneren sprechen. Wenn innen die Fusion das nahe Li aufgebraucht hat, wandert auch das äußere Li langsam mit dem Alter nach innen und ergibt so die Beobachtung.

Nur die Beobachtung des monotonen Zusammenhangs würde doch aber auch mit der Wirkung von anwesenden Planeten vereinbar sein ... je länger sie wirken, desto weniger Li. Wie hat man aus den Ergebnissen dann die Wirkung der Planeten ausgeschlossen?

So wie ich das sehe (habe nur eure Worte gelesen), fehlt bei dieser Veröffentlichung überhaupt die Beschreibung eines Wirkungsmodells zur Erklärung der Beobachtung.

Ein wenig spekuliert ...
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

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Kreuzberga

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Re: Sternpopulation
« Antwort #10 am: 03. September 2010, 17:08:13 »
Hallo Daniel,

was das Planeten-Lithiumverlust-Modell angeht, zitiere ich mal aus dem Exoplaneten-Thread:

Doch wie könnte solch ein Zusammenhang zwischen der Anwesenheit von Planeten und der Abwesenheit von Lithium erklärt werden? Der Leiter des Experiments, Garik Israelian vom Institutos de Astrofisica de Canarias in Tenerifa, hält einen durch Migration des Planeten nach Innen stattfindende Drehimpulstransfer vom Planeten in die oberen Schichten des Sterns. Dies führe zu verstärkter Reibung zwischen den äußeren und inneren Regionen des Sterns, woraufhin das Lithium absinke und in tieferen, heißeren Regionen des Sterns zerstört werde.

Bei planetenlosen Sternen oder solchen, die nur über relativ kleine Begleiter von der Größe der Erde oder des Neptun verfügen, könne dieser Prozess nicht stattfinden.  

Die Leute um das MPA gehen hingegen nicht nur von einem Zusammenhang zwischen Alter und Lithiumhäufigkeit, sondern auch zwischen Metallizität und Lithiumhäufigkeit aus. Je höher die Metallizität, desto größer die Konvektionszonen, die das Lithium ins Sterninnere befördern, desto weniger Oberflächenlithium. Weiterhin geht man davon aus, dass planetenreiche Sterne metallhaltiger sind. So ließe sich auch erklären, wie die Wissenschaftler um Garik die Anwesenheit von Planeten mit Lithium in Zusammenhang brachten. Daher: "Die geringe Lithiumhäufigkeit eines Sterns kann also einfach als metallizitätsabhängiger Alterungseffekt erklärt werden und hat nichts mit den Vorhandensein eines Planeten zu tun." (Zitat aus dem von Jerry verlinkten Artikel).

Also, wir haben als Erklärungsansätze für fehlendes Lithium:

  • Drehimpulstransfer durch Planetenmigration (Garik et al.)
  • Austausch zwischen Sonneninnerem und -oberfläche unter Einbeziehung von internen Schwerewellen und Rotationen
  • Erhöhte Metallizität führt zu stärkerer Konvektion

Für die letzten beiden Prozesse braucht es keine Planeten, Planeten behindern den Prozess aber auch nicht. Die empirischen Ergebnisse von Baumann et al. scheineh zu bestätigen, dass unsere Sonne und andere Planetensysteme beherbergende Sterne nicht über weniger Oberflächenlithium verfügen als vergleichbare planetenlose Sterne.

Wenn Baumann et al. recht haben, spielt der Drehimpulstransfer für die Lithiumhäufigkeit keine signifikante Rolle. Schade eigentlich, es klingt doch recht überzeugend! Aber die Debatte ist sicher noch nicht zu Ende...

*

Online Schillrich

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Re: Sternpopulation
« Antwort #11 am: 03. September 2010, 17:21:23 »
Danke Timo ... so ein kurzes Überfliegen der Threads nach der Arbeit ist halt mit "Risiko" verbunden ;).
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

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