Chinas Planung zur Monderforschung

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Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #300 am: 15. Februar 2025, 15:26:18 »
... Wenn ich das richtig verstehe, ist es also garnicht geplant, daß diese druckbeaufschlagten Rover bemannt unterwegs sind.  ???
Kann mir aber vorstellen, daß die Astronauten ("Lunarnauten"?) mit so einem Rover  zumindest vom Lander zum Schleusenmodul/Station fahren werden.

Theoretisch wäre es denkbar, dass Raumfahrer zumindest das CAST-Modell auch manuell durch schwieriges Gelände steuern. Das hat größere Räder und 居住舱体 bedeutet "Wohnkabine":


Bild: CAST

Zunächst ist das aber nicht vorgesehen, und die Mobilen Mondlabors haben auch keine Schleuse, wo man angestaubte Raumanzüge zurücklassen könnte. Der Einsatz als "Shuttlebus" ist aber tatsächlich geplant. Die Beschriftung 加压车 hier links bedeutet "druckbeaufschlagtes Fahrzeug":



Hier kannst Du das in der Draufsicht besser erkennen:



Damit erübrigen sich wieder die Raumanzüge. Bei den ersten Missionen sind die Raumanzüge alle maßgeschneidert, jeder Raumfahrer hat seinen eigenen. Im stationären Mondlabor gibt es dann zwei dort eigelagerte Anzüge zur allgemeinen Benutzung, so ähnlich wie jetzt auf der Raumstation. Das im oberen Bild (Erdgeschoß des Wohnmoduls) oben links ist die Luftschleuse (气闸舱). Die klobigen "Männchen" in dem linken grauen Tortenstück sind die dort aufbewahrten Raumanzüge, die dünneren Männchen sind zwei von oben gesehene Raumfahrer, die sich auf einen Ausstieg vorbereiten. Die dritte Person im 1. Stock ist nur zum Größenvergleich; ein derartiges Wohnmodul (生活舱) ist nur für zwei Raumfahrer gedacht, die jeweils eine eigene Kabine mit Fenster (睡眠区) im 1. Stock haben:



Hier kannst Du die Schleusentüre von außen sehen:


Bilder: SAST

Prinzipiell ist es möglich, dass sich Raumfahrer auf den Mond hinausbegeben, es ist aber nicht die Regel. Relevant wird das erst, wenn auf der unbemannten ILRS der CNSA etwas kaputtgeht. Neben der Entwicklung von Lebenserhaltungssystemen für Tiefraummissionen ist eine der Hauptaufgaben der auf dem Mond stationierten Raumfahrer die Wartung und Reparatur der dortigen Einrichtungen. Insbesondere seit der Reparatur des zerschossenen Solarzellenflügels während der Mission Shenzhou 17, wo Tang Hongbo und seine Kollegen improvisieren mussten, weil das Werkzeug nicht so funktionierte, wie es sollte, wird von der CMSA immer wieder betont, dass es auch bei fortschrittlichster Robotik nie ganz ohne menschliche Raumfahrer gehen wird. Der Schlüssel zur Nachhaltigkeit besteht darin, die Zahl der Raumfahrer auf das unbedingt nötige Maß zu beschränken und sie so wenig wie möglich aus ihren sicheren Wohnmodulen hinauszuschicken und der kosmischen Strahlung auszusetzen.

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Offline alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #301 am: 15. Februar 2025, 19:18:58 »
Interessanterweise sind wohl auch zahlreiche amerikanische Wissenschaftler der Meinung, dass der Südpol für eine permanent bemannte Station ausgesprochen ungeeignet ist!
Aber da gibt es halt noch die unvernünftigen Politiker!

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #302 am: 19. Februar 2025, 16:08:33 »
Was es an den ständig beschatteten Stellen des Nord- und Südpols gibt, ist Helium-3, das vor allem in der Kryotechnik benötigt wird, unter anderem zum Kühlen von Quantencomputern. Der dortige Regolith enthält 4 µg ³He pro Gramm, also 0,0004 %. Interessanter ist da schon der vom Sonnenwind trotz Schattigkeit eingetragene Wasserstoff mit 50 µg pro Gramm, also 0,005 %. Wasserstoff dient bei der Nutzung örtlicher Ressourcen als Reduktionsmittel für das Eisenoxid und Titandioxid im Ilmenit sowie ab etwa 2100 als Treibstoff für Raketentriebwerke und den nuklear-thermischen Antrieb von Tiefraumschiffen.

Wasserstoff ist ein äußerst nützliches Gas, auf dem Mond ist das aber eine für praktische Zwecke nicht erneuerbare Ressource - es dauert zehntausende von Jahren, bis er sich auf den Maximalwert angereichert hat. Da dieser Maximalwert mit 0,005 % aber sehr niedrig ist und die Lagerstätten außerdem schwer zu erreichen sind, kann  man sehr viel Wasserstoff von der Erde hochbringen, bis sich eine Gewinnung auf dem Mond rechnen würde. Das Gleiche gilt für die Gewinnung von Sauerstoff aus Regolith:
https://arstechnica.com/science/2025/02/turning-the-moon-into-a-fuel-depot-will-take-a-lot-of-power/

Dabei bekommt man allerdings Eisen und Titan als Abfallprodukt, was die Rentabilität wieder etwas steigert. Nach einer emotionslosen Kosten-Nutzen-Analyse kommt das Institut für Geochemie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften zu dem Schluss, dass die allerwichtigste Ressource zunächst Regolith (月壤) ist, den man zum Temperatur- und Strahlenschutz der ständig besetzten Station benötigt:


Bild: HIT

Dabei sucht man vor allem nach Regolith mit einem hohen Anteil von nanometergroßen Eisenkörnern, weil der nach Sinterung (烧结月壤, die dunkelgraue Außenschicht auf dem Querschnitt rechts) eine besonders hohe Zug- und Druckfestigkeit besitzt:
http://www.chinaminingmagazine.com/article/doi/10.12075/j.issn.1004-4051.20250126

Wie bereits im Faden zu den amerikanischen Mondplänen erwähnt, kommt die ESA aus ähnlichen Gründen zu ähnlichen Standorten:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=19266.msg572017#msg572017

Prinzipiell gibt es bei der Definierung von begehrenswerten Ressourcen (关键资源) vier Aspekte:


Bild: GYIG

1. Bedarf (需求, braun)

2.Technologie-Reifegrad (技术, violett), insbesondere was Prospektion (勘查), Abbau (开采), Verhüttung (冶炼) und Produktion (制造) von Splitterschutzplatten oder was auch immer betrifft

3. Wirtschaftlichkeit (经济可行, blau), also das Verhältnis von Wert (价值) zu Kosten (成本)

4. Umweltschutz (环保, grün), also Entsorgung von Abfallprodukten (废物处理) bzw. Weiter- und Wiederverwendung in einem Kreislaufprozess (循环利用), wobei auch die Kosten hierfür (治理成本) zu beachten sind

Für Wasserstoff besteht ein hoher Bedarf, ihn zu gewinnen ist aber sehr teuer und die Technologie, um ihn zu transportieren und über längere Zeit zu speichern ist noch nicht ausgereift.
« Letzte Änderung: 20. Februar 2025, 06:59:04 von Regnart »