Notfallprozeduren beim Space Shuttle

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GG

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Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« am: 07. Januar 2010, 16:28:10 »
Welche Notfallprozeduren sind für den Fall gedacht, dass die Raumfähre gar nicht bis zur ISS kommt. Ist das undenkbar?


Beitrag angepasst von MSSpace
« Letzte Änderung: 08. Januar 2010, 07:32:15 von MSSpace »

Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #1 am: 07. Januar 2010, 16:30:47 »
Hallo Günther,

dafür gibt es ja auch heute keine Rettungsoption.
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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #2 am: 07. Januar 2010, 16:32:25 »
doch, denn die ISS kann in einem solchen Falle die Umlaufbahn absenken

Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #3 am: 07. Januar 2010, 16:36:51 »
Kann sie so nicht ;). Um die vielen hundert Tonnen weit abzusenken (und wieder anzuheben) wären Unmengen Treibstoff notwendig, v.a. wenn es zügig geschehen soll. Für so einen Dauerbetrieb sind evtl. die Triebwerke noch nicht mal ausgelegt.

Zur Rettung würde man nicht die ISS bewegen. Außerdem geht es ja explizit um Schäden am Hitzeschild, die eine Landung verhindern, nicht um einen Schaden, der Manöver des Shuttles einschränkt. Wenn man die ISS nicht erreichen kann (Abort to Orbit, Ausfall eines wichtigen Systems), würde man einfach sofort wieder landen. Die Kombination von zwei so fatalen Schäden, dass beides nicht mehr geht, ist unwahrscheinlich und nicht wirklich Bestandteil der ausgeplanten Szenarien.
« Letzte Änderung: 07. Januar 2010, 17:11:34 von Schillrich »
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Offline Felix

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #4 am: 07. Januar 2010, 17:11:45 »
Jetzt hab ich aber mal ne Frage. Wie soll die Rettung mit den Sojus Kapseln dann eigentlich erfolgen? Muss man dann eine extra Kapsel starten? Und dort passen doch nur 3 Personen rein? Kann mir das jemand erklären?

Gruß Felix
« Letzte Änderung: 08. Januar 2010, 07:32:43 von MSSpace »
Wenn ihr Fehler findet dürft ihr sie behalten! :)

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rm39

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #5 am: 07. Januar 2010, 17:42:01 »
Ich glaube Felix meinte nicht die Rettung mit einer LON-Mission, sondern mit der Sojus.
Ich kann es mir nur so vorstellen, das die vier gestrandeten Shuttle-Astronauten für eine ganze Weile auf der ISS bleiben. Gleichzeitig könnte man die laufende Langzeitmission abbrechen um Ressourcen zu sparen. Eine oder beide gedockte Sojus würden mit je drei Leuten vorzeitig zur Erde zurückkehren. Die Rettung würde dann mit den beiden nächsten regulären, evt. vorgezogenen Sojus erfolgen. Die neue digitale Steuerung ermöglicht eigentlich einen Flug mit nur einer Person zur ISS. Zurück kämen dann immer drei Personen, zwei gestrandete Astronauten und der Pilot der Sojus (der Retter :)).

Ich denke wir schweifen hier zu sehr vom Thema ab. Wir wissen ja noch gar nicht ob es überhaupt eine STS-135 geben wird.  ;)

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Offline STS-125

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #6 am: 07. Januar 2010, 17:55:46 »
nochmal zum Thema "Absenken der ISS":

Zitat
Für den Fall, dass das Shuttle die ISS nicht erreichen kann, könnte die ISS auf eine niedrigere Umlaufbahn gebracht werden (Joint Underspeed Recovery).

Diese Information habe ich aus der Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/STS-3xx

Da dieser Satz schon relativ lange dort steht, denke ich schon, dass das stimmt

rm39

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #7 am: 07. Januar 2010, 18:23:24 »
Das kann aber nur die letzte denkbare Rettungsmöglichkeit sein und Wiki ist auch nicht immer richtig  ???. Wie Schillrich schon sagte, das beide Fälle eintreten (Hitzeschild+Triebwerke defekt) ist ziemlich unwahrscheinlich.

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Offline STS-125

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #8 am: 07. Januar 2010, 18:25:37 »
okay, stimmt schon, aber auch wenn nur die Triebwerke ausfallen, kann das Shuttle nicht zurückkehren, Hitztschutzschild hin oder her.

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Offline noidea

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #9 am: 07. Januar 2010, 18:30:01 »
Meinst du damit die OMS-Triebwerke (Orbital Maneuvering System), also die zwei Triebwerken neben den SSMEs (Space Shuttle Main Engines)?
Wenn du die meinst, dann ist es egal, man kann immer noch ein Rettungsshuttle starten.
Wenn du aber die SSME meinst, dan kann das Shuttle nach  dem Booster-Abwurf sich vom Tank lösen und dann entweder noch zum Cape fliegen und dort landen oder es muss nach Europa (glaub, in der Nähe von Madrid) gleiten und dann dort notlanden.
MfG
sf4ever

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #10 am: 07. Januar 2010, 18:32:12 »
Die Triebwerke im Orbit fallen so leicht nicht aus ... das ist in der Geschichte der bemannten Raumfahrt bisher nie geschehen, höchstens gab es Fehlfunktionen, die man aber kompensieren konnte. Mit hypergolen Treibstoffen sind OMS und RCS des Shuttles sehr "robust" und einfach aufgebaut, Treibstoff und Oxidator zünden bei Kontakt von selbst und man kann sie mit Druckgas fördern (man braucht also keine komplexen Zündmechanismen in der Schwerelosigkeit und Pumpen zur Förderung). Außerdem sind die Systeme sehr redundant ausgelegt, dass selbst bei Ausfall eines Zweigs immer noch eine Rückkehr möglich ist.

Was da bei Wiki steht, verwundert mich und ich bezweifle es, dass man mit der ISS einem Raumschiff entgegen fliegen würde. Wikipedia ist nicht wirklich "die" Quelle. Kann jemand zu dem Sachverhalt noch mehr angeben/zitiere/belegen?
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klausd

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #11 am: 07. Januar 2010, 18:37:23 »
Das Shuttle kann einen DeOrbit Burn zur Not auch ohne OMS durchführen. Nur mit Hilfe der RCS Steuerungstriebwerke. Eventuell müsste man dann damit sogar im Notfall die Bahnanhebungen zur ISS durchführen können. Schließlich benötigt so ein DeOrbit-Burn mehr Delta-V als so manche Bahnanhebung... Aber das ist jetzt alles sehr theoretisch...

Gruß, Klaus

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Offline STS-125

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #12 am: 07. Januar 2010, 18:45:31 »
ich meinte die OMS- und RCS-Triebwerke. wenn die (im Orbit) ausfallen hat man ein Problem.

Wenn die OMS-Triebwerke nicht mehr gehen, kann das Shuttle nicht mehr die Umlaufbahn erhöhen oder absenken und kein Dockingmanöver mehr durchführen (TI-Burn).

Wenn die RCS-Triebwerke ausfallen, kann ebenfalls nicht mehr gedockt werden, denn die Feinmanövrierfähigkeit ist dahin. Es ist schon mal passiert, bei einer Mission mit der Discovery, glaube ich, ich weiß nicht welche, fielen die kleinen RCS-Triebwerke aus, die großen gingen aber noch. Einzige Folge: Ein höherer Treibstoffverbrauch. Aber wenn die RCS-Triebwerke komplett ausfallen, kann man das Andocken vergessen.

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Offline noidea

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #13 am: 07. Januar 2010, 18:51:10 »
Es ist aber SEHR unwahrscheinlich, da diese Systeme doppelt und dreifach redundat sind. Es ist eigendlich ein Ding der Unmöglichkeit, dass alle auf einmal ausfallen.
MfG
sf4ever

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Offline STS-125

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #14 am: 07. Januar 2010, 18:57:17 »
Das Shuttle kann einen DeOrbit Burn zur Not auch ohne OMS durchführen. Nur mit Hilfe der RCS Steuerungstriebwerke. Eventuell müsste man dann damit sogar im Notfall die Bahnanhebungen zur ISS durchführen können. Schließlich benötigt so ein DeOrbit-Burn mehr Delta-V als so manche Bahnanhebung... Aber das ist jetzt alles sehr theoretisch...

Gruß, Klaus

Wie lange müsste denn da ein DeOrbitBurn dauern? Wahrscheinlich so ne ~halbe Stunde ?

Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #15 am: 07. Januar 2010, 19:49:57 »
Ich schätze, man würde die hinteren RCS-Triebwerke dafür verwenden, dann kann man auch die OMS-aft-RCS-interconnect Verbindungen einsetzen, um Treibstoff vom OMS abzuzapfen.
Hinten hat man 4 RCS-Triebwerke die nach hinten zeigen (keine Verniers, hoff ich ich :D), so kommt man auf 4 * 3,9kN = 15,6 kN.
Mit den beiden OME hat man 2 * 26,7kN = 53,4kN.
Das OMS hat also ~3,4fachen Schub von den RCS-Triebwerken, die man für einen Deorbit-Burn verwenden könnte/würde.

=> Dauer des Deorbit-Burns 4 mal so lang, also ~12 min.
Stimmt das so?  ;D
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klausd

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #16 am: 07. Januar 2010, 20:09:16 »
Wenn die OMS-Triebwerke nicht mehr gehen, kann das Shuttle nicht mehr die Umlaufbahn erhöhen oder absenken

Falsch. Ich hatte doch grade geschrieben das man mit den RCS Triebwerken sehr wohl den DeOrbit Burn durchführen kann. (Und das ist nix anderes als eine Umlaufbahn absenken)

Gruß, Klaus

Offline Ruhri

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #17 am: 07. Januar 2010, 23:56:39 »
Tatsache ist aber, dass die allerletzte Shuttlemission ohne Rettungsmission auskommen muss oder ein Shuttle für eine solche kostenintensiv vorbereitet wird, ohne wirklich zu starten. Die NASA wird das schon genau durchplanen - immerhin würde der Start von STS-135 trotz der notwendigen Startvorbereitungen für STS-335 (für STS-133) weitere Kosten verursachen.
« Letzte Änderung: 08. Januar 2010, 07:33:47 von MSSpace »

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Offline vostei

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #18 am: 08. Januar 2010, 11:36:21 »
http://spaceflight.nasa.gov/shuttle/reference/shutref/events/deorbit/

Diesem Artikel zufolge gehe ich mal davon aus, dass auch genug Treibstoff für das RCS vorhanden ist, um als Ersatz für den Ausfall von beiden OMS herzuhalten - wenn alles normal läuft wird der überschüssige Treibstoff ja abgelassen bzw. nach der Landung sind ja auch noch Reste vorhanden. Und beim Ablauf des Deorbitings ist ja auch noch Zeit eingeplant, falls eines oder beide der Triebwerke des OMS zickt, das zu "beheben".

Deorbit Burn mit dem RCS? Dann etwa 10 bis 12 Minuten, statt 2,5 bis 3 mit dem OMS. (?)
Lieber fünf vor Zwölf, als keins nach Eins

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Offline KSC

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #19 am: 08. Januar 2010, 12:22:00 »
Den Deorbit Burn führt man normalerweise mit beiden OMS Triebwerken aus. Es geht auch mit einem OMS alleine. Auch mit den RCS Triebwerken alleine kann man die Deorbit Zündung durchführen. Das wäre dann so 10 bis 15 Minuten Brenndauer, je nachdem welche Triebwerkskombination man einsetzt.
Das sowohl die OMS als auch alle RCS Triebwerke ausfallen, das braucht man nun wirklich nicht zu befürchten. Sowohl Treibstofftanks, als auch Leitungen und Ventile sind mehrfach redundant.
Im Grunde können die hyperbolischen RCS Triebwerke eigentlich auch gar nicht ausfallen. Die angesprochen Fälle waren nämlich keine Ausfälle sondern die RCS Düsen sind aufgrund von Lecks delektiert worden. D.h. sie wurden vom Treibstoffsystem isoliert. Sie sind also nicht ausgefallen, sondern deaktiviert worden. Im Notfall hätte man sie benutzen können.

Gruß,
KSC


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Offline STS-125

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #20 am: 08. Januar 2010, 15:27:34 »
Gibt es eigentlich irgenwo eine Liste mit allen TAL-Landeplätzen?
Oder auch eine Seite, wo man lesen kann, welche Anforderungen so ein Notlandeplatz erfüllen muss?

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Offline vostei

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #21 am: 08. Januar 2010, 15:33:05 »
Emergency landing sites: im englischsprachigen Wiki undTAL-Landeplätze
Lieber fünf vor Zwölf, als keins nach Eins

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Offline KSC

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #22 am: 08. Januar 2010, 16:02:40 »
Diese Listen sind weder vollständig noch korrekt.
Weltweit gibt es 64 für das Shuttle Zertifizierte Landeplätze für die auch für die auch Navigationsinformationen, Anflugkarten und Flughafeninformationen an Bord sind. Dabei sind die Primärlandeplatze (KSC, White Sands und Edwards) mitgezählt.
Manche dieser 64 Plätze würde man im Notfall wohl aus politischen Gründen nicht anfliegen.
In Deutschland ist nur Köln/Bonn Landeplatz. Wo diese unausrottbare Info bezüglich Manching herkommt ist mir schleierhaft, Ingolstadt Manching ist jedenfalls heute kein zertifizierter Shuttle Landeplatz.

Gruß,
KSC


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Offline STS-125

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #23 am: 08. Januar 2010, 16:03:44 »
warum kann nicht in Frankfurt gelandet werden? Die haben doch auch 4km

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Offline KSC

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Re: Notfallprozeduren beim Space Shuttle
« Antwort #24 am: 08. Januar 2010, 16:16:12 »
Theoretisch könnte man das.
Allerdings wäre es alles andere als einfach ein solches internationales Drehkreuz mit sehr hohem Verkehrsaufkommen, gegebenenfalls sehr kurzfristig, für den Luftverkehr komplett zu sperren.
Der Orbiter hat eine Menge giftiger Treibstoffe an Bord und ist mit explosiven Ladungen ausgerüstet.
Bis Techniker vor Ort sind und der Orbiter gesichert wäre, würde es Tage dauern. Der Flughafen müsste so lange gesperrt bleiben.
Deswegen ist ein etwas kleinerer Airport mit weniger Verkehrsaufkommen und in der Nähe liegenden alternativ Flughäfen  günstiger.

Gruß,
KSC