Magnetischer Hitzeschild

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tobi453

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Magnetischer Hitzeschild
« am: 26. November 2009, 13:21:53 »
EADS entwickelt zusammen mit der ESA und dem DLR einen magnetischen Hitzeschild, der innerhalb der nächsten Dekade bzw. drei Jahre nach Projektstart bei einem Flug getestet werden soll. Dabei soll ein Magnetfeld die heiße ionisierte Luft von der Oberfläche der Kapsel fernhalten, sodass die Erhitzung der Kapseloberfläche deutlich geringer ausfallen soll. Das Magnetfeld soll durch einen supraleitenden Magneten erzeugt werden. Gestartet werden soll auf einer Volna und der Wiedereintritt soll mit Mach 21 erfolgen.

Mehr dazu hier:
http://www.flightglobal.com/articles/2009/11/24/335327/magnetic-heat-shield-test-could-use-russian-launcher.html

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Offline Olli

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #1 am: 26. November 2009, 13:35:37 »
Das Konzept hört sich durchaus interessant an.
Doch macht das meineserachtens nach nur Sinn, wenn dadurch Gewicht eingespart werden kann.

Mir fällt es schwer das Abzuschätzen, aber mein ihr, dass ein Hitzschild aus supraleitenden Magneten, die auch entsprechende Peripherie benötigen (aktive Kühlung, Spannungsversorgung), massenärmer ist als ein heute übliches System (Keramiken oder Kunstharze)? Ich kann es mir gerade schwer vorstellen, lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen.

Vielleicht hängt das ja auch der Größe des Schildes ab. Soll ein großes System geschützt werden, wird mir da bezüglich der Massenbilanz etwas schwindelig - wenn ich an die Spulengröße meinem aktuellen Arbeitsbereich denke. Die Dinger sind nämlich recht schwer.

Grüße, Olli
Einmal mitfliegen - was gäb' es Schöneres? Nichts!

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Offline James

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #2 am: 26. November 2009, 14:55:38 »
Na hoppla

Da bin ich auch erstaunt. So einen magnetischen Hitzeschild umweht ja so ein wenig SciFi.
Aber nachdem auch der DLR beteiligt ist, rechnen sie sich auf alle Fälle aus, das es Wert ist, das Ganze zu überprüfen.
Vielleicht wäre das Feld auch im Raum brauchbar.
An so einem System muß sicherlich gefeilt werden - der erste Transistor hatte auch eine Größe, die man recht beachtlich nennen kann.
Hoffentlich hört man mal was von Ergebnissen.

Gruß, Jamie

Crest

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #3 am: 26. November 2009, 16:28:20 »
So ein System kann andere Vorteile haben, die ein höheres Gewicht aufwiegen.
- Die Sicherheit könnte erhöht werden.
- Die Wiederverwendbarkeit von Komponenten könnte erhöht werden.
- Die Produktionskosten anderer Teile (Hitzeschild) werden so weit gesenkt, dass die Gesamtkosten für das System sinken.

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Offline MX87

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #4 am: 26. November 2009, 18:23:32 »
Ich muss zugeben das Projekt gefällt mir sehr. Allerdings gibt es für mich auch einen Schwachpunkt:

Was ist wenn die Energie für das Betreiben des Magneten nicht vorhanden ist, zB. durch Unfall mit der Batterie?
"Whoopie! Man, that may have been a small one for Neil, but that's a long one for me."

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Offline noidea

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #5 am: 26. November 2009, 18:38:53 »
Was ist wenn die Energie für das Betreiben des Magneten nicht vorhanden ist, zB. durch Unfall mit der Batterie?

Man kann ja dann immer noch eine Rettungsmission startten, das wäre eigendlich nicht das große Problem. Aber allein die Idee ist ja sehr interresannt. Das würde ja die Kosten für die bemannte Raumfahrt senken, wenn es denn mal funktioniert.
MfG
sf4ever

Kommt doch auch mal in den Chat

Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #6 am: 26. November 2009, 18:58:27 »
Energie müßte doch im Überfluß vorhanden sein ... in dem anderen
Thread, wo es um die Verlangsamung beim Wiedereintritt in die
Erdatmosphäre ging, sprach doch jemand von ballistischer Energie,
o.s.ä? Diese oder die entstehende Wärmeenergie wäre doch quasi
wie ne sprudelnde Quelle.

... ich weiß, der SciFi Verrückte in mir brennt gerade wieder durch  :D

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Offline Schillrich

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #7 am: 26. November 2009, 19:11:52 »
Wärme an sich ist erstmal nicht pauschal nutzbar (immerhin wird bei einer Bremsung ja generell Energie in nutzlose Wärme umgesetzt). Sie wird erst im Rahmen einer Temperaturdifferenz nutzbar.
Wie soll denn die Wärme genutzt werden, um elektrische Leistung zu erzeugen?
\\   //    Grüße
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Offline T.D.K.

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #8 am: 26. November 2009, 19:27:03 »
Na mann könnte ja noch nen kleinen "Flüssigkeitstank" dabeihaben! Ich weiß Gewicht! :(
Die heizt man mit der Reibungshitze auf und jagt das Gas dann durch eine kleine Turbiene
an die ein Generator angeschlossen ist. Außen müssten allderdings Wäremetauscher sein die
auch diese hohe Temperatur problemlos verkraften. Obs dann noch was bringt??? :)
Eben so als Notenergiesystem.
Ist denn der Mond auch da wenn niemand hinsieht?

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Offline Schillrich

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #9 am: 26. November 2009, 19:33:28 »
Na man versucht doch die Wärme fern zu halten von der Struktur ...
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Offline T.D.K.

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #10 am: 27. November 2009, 09:33:24 »
Aber denke mal das sie ja nich komplett abschirmen die Temeratur ist dann zwar niedriger aber trotzdem noch recht hoch. Oder?
Kann mir nich vorstellen das das Feld jetz stark genug ist sodas man auf das eigentliche Hitzeschild komplett verzichten könnte. (auch wenns genial wär) :)
Ist denn der Mond auch da wenn niemand hinsieht?

runner02

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #11 am: 27. November 2009, 18:06:56 »
Naja, irgendwas muss ja bremsen... Oder wird die ionisierte Luft nur auf Distanz gehalten und somit das Schiff nach oben 'beschleunigt' also gebremst?

Zitat
Wärme an sich ist erstmal nicht pauschal nutzbar (immerhin wird bei einer Bremsung ja generell Energie in nutzlose Wärme umgesetzt). Sie wird erst im Rahmen einer Temperaturdifferenz nutzbar.
Wie soll denn die Wärme genutzt werden, um elektrische Leistung zu erzeugen?

Es gibt Peltier-Elemente, die erzeugen Strom direkt aus dem Temperaturunterschied. Logischerweise sollte es in der Kapsel nicht über 30° haben, da sonst die Astronauten gegrillt würden.

Bei Conrad sind die zwar ertwas teuer für mich, aber bei einem Multi-Millionen Dollar Projekt evt eine gute Wahl.

Zitat
Energie müßte doch im Überfluß vorhanden sein ...
Um das Magnetfeld zu erhalten? Nein, soweit ich weis sollte ein Supraleiter im Betrieb fast keine Energie zur haltung des Feldes benötigen...

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Offline Schillrich

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #12 am: 27. November 2009, 19:09:11 »
Peltier-Elemente haben einen grausigen Wirkungsgrad ... außerdem benötigt man halt, wie schon gesagt, eine Temperaturdifferenz, direkt am Element.
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Offline T.D.K.

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #13 am: 29. November 2009, 23:00:53 »
soweit ich weis sollte ein Supraleiter im Betrieb fast keine Energie zur haltung des Feldes benötigen...
Dafür mußt Du ihn kühlen, was auch Enegie benötigt.
Oder wird er nur davor auf Betriebstemperatur abgekühlt und das hält sich dann ne Weile?
Ist denn der Mond auch da wenn niemand hinsieht?

runner02

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #14 am: 30. November 2009, 18:28:05 »
Im Vakkum bleibt die Temperatur erhalten, sofern die Sonne nicht darauf scheint...

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Offline James

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #15 am: 30. November 2009, 18:34:52 »
Wirklich?
Das ist sehr unangenehm für die ISS, denn dann kann sie keine Wärme über die Radiatoren abstrahlen.
Nein, im Ernst. Auch im All nimmt man Temperatur über Strahlung auf, und gibt sie ab (auch wenn es gegenüber Wärmeleitung und Konvektion ineffizient ist).

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Offline Schillrich

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #16 am: 30. November 2009, 18:57:03 »
@Runner

So leicht ist Thermalhaushalt im All leider nicht. Wenn man ein Raumschiff oder Satelliten mit seinen vielen Oberflächen in allerhand Anordnungen zueinander hat, kommt es zu einem komplexen Spiel von Absorption, Emission, erneuter Absorption und nochmal Emission ... unendlich oft (wenn man es genau nimmt). Wirklich genau berechnen kann man das nur mit Ray-Tracing, was sehr rechenaufwändig ist.

Um es kurz zu machen: Einfach ein Objekt im Schatten zu halten, hilft pauschal noch nicht, da die Wand ja auch warm wird und Wärme abstrahlt, auch auf das was im Schatten hinter ihr ist.
\\   //    Grüße
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Offline Meagan

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #17 am: 01. Dezember 2009, 11:22:04 »
Diese Diskusion hier hat mich auf eine Idee zur Verbesserung des Hitzeschildes gebracht. Im Grunde geht es mit dem Prinzip der magnetischen Abstoßung von Ionen darum Gewicht beim Schild einzusparen. Damit aber Gas ionisiert muß es erst erhitzt werden oder einem großen elektrischen Feld ausgesetzt werden. Damit wird die Ableitung aber komplizierter.

Wie wäre es, wenn man man normale Hitzeschutzkacheln, wie beim Shuttle verwendet. http://de.wikipedia.org/wiki/Hitzeschutzkachel Zwischen den Kacheln führt man kleine Röhrchen nach außen, durch die beim Wiedereintritt eine Flüssigkeit austritt die die Oberfläche benetzt und anschließend verdampft. Dadurch entsteht Verdunstungskälte und eine Art "Schmierschicht", die einen direkten Kontakt der Kachel mit der anströmenden Luft verhindert.

Das Problem mit den Supraleitern ist ja schon, daß sie bei Normaltemperatur nicht supraleitend sind. Ob man wirklich Gewicht einspart, wenn man den gesamten Kühlapparat mitnehmen muß bezweifel ich. Ein aktiver elektrischer Schutzschild ist eine schöne, wünschenswerte Fiktion.

Offline trallala

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #18 am: 01. Dezember 2009, 12:55:45 »
Damit aber Gas ionisiert muß es erst erhitzt werden oder einem großen elektrischen Feld ausgesetzt werden. Damit wird die Ableitung aber komplizierter.

Das Gas wird beim Wiedereintritt durch Kompression vor dem Raumschiff erhitzt.

Zitat
Wie wäre es, wenn man man normale Hitzeschutzkacheln, wie beim Shuttle verwendet. http://de.wikipedia.org/wiki/Hitzeschutzkachel Zwischen den Kacheln führt man kleine Röhrchen nach außen, durch die beim Wiedereintritt eine Flüssigkeit austritt die die Oberfläche benetzt und anschließend verdampft. Dadurch entsteht Verdunstungskälte und eine Art "Schmierschicht", die einen direkten Kontakt der Kachel mit der anströmenden Luft verhindert.

Hast du eine grobe Vorstellung davon, wie viel "Schmiermittel" man dafür bräuchte und vor allem wie schwer das wäre? Viel zu schwer.
Außerdem: Wenn man die Hitzeschutzkacheln vom SpaceShuttle nimmt (die man bestimmt nicht wieder mit all ihren Schwächen in einem neuen Raumschiff verbaut) wozu braucht man dann noch Verdunstungskälte? Das Shuttle braucht es ja offensichtlich auch nicht.

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Offline James

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #19 am: 01. Dezember 2009, 13:15:06 »
Zwischen den Kacheln führt man kleine Röhrchen nach außen, durch die beim Wiedereintritt eine Flüssigkeit austritt die die Oberfläche benetzt und anschließend verdampft.

Tja, da muß ich dir die Illusion nehmen. Die Idee ist prinzipiell nicht neu.
Eine Schwitzkühlung hatte schon Eugen Sänger im vergangenen Jahrtausend angedacht.
dazu aus dem Skylon-Thread:
Eine Schwitzkühlung mit RCC- oder ähnlichen Kanten dürfte aber nach bisherigen Kenntnissen zu heiß werden.

Gruß


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Offline Schillrich

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #20 am: 02. Dezember 2009, 09:15:00 »
Hallo runner

Um das Magnetfeld zu erhalten? Nein, soweit ich weis sollte ein Supraleiter im Betrieb fast keine Energie zur haltung des Feldes benötigen...

Hier unterliegst du einem Denkfehler. Ein Supraleiter hat praktisch keinen elektrischen Widerstand für einen Strom und dieser Strom erzeugt ein Magnetfeld um den Leiter. Aber beim Wiedereintritt ist das Magnetfeld nicht "unbelastet", vielmehr wird es durch die Wechselwirkung mit den Ionen des umgebenden Plasmas gestaucht. Diese Feldänderung wirkt auf den Strom zurück und erzeugte praktisch einen induktiven Widerstand. Damit muss man den Strom aktiv aufrechterhalten, um das Magnetfeld stabil zu halten, trotz Supraleiter.
\\   //    Grüße
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hesaenger

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Re:EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #21 am: 02. Dezember 2009, 11:12:22 »
Hallo,

von der Theorie her sollte es eine Art Wechselwirkung geben, so dass die Aufrechterhaltung des Feldes tatsächlich kaum Energie benötigt. Aber dazu sollten wirklich die ersten Reentryversuche abgewartet werden. Hoffentlich bringt die ESA das Geld dafür zusammen.

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Offline Schillrich

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #22 am: 02. Dezember 2009, 12:37:37 »
Ich muss mich auch korrigieren. Ich lese gerade (wie es der Zufall so will) einen Artikel über Supraleitung. Supraleiter sind diamagnetisch und hindern externe Magnetfelder in sie einzudringen, wobei das von der Stärke des Felds abhängt. Damit entfällt dann auch die induktive Beeinflussung des Stroms im Supraleiter, wenn das Feld nicht zu stark wird, wenn ich nicht irre.
\\   //    Grüße
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runner02

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #23 am: 29. Januar 2010, 17:16:48 »
Hört man wieder mal was davon?
Zitat
Aber dazu sollten wirklich die ersten Reentryversuche abgewartet werden.

Gibt es dazu eigentlich einen Zeitplan?

hesaenger

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Re: EADS forscht an magnetischem Hitzeschild
« Antwort #24 am: 30. Januar 2010, 14:56:55 »
Wie so vieles, ist auch das vom Geld abhängig bzw ob es anderen Projekten gelingt vorhandene Budgets vorher abzuräumen. ::)