Elektrische Antriebe

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Offline HausD

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #125 am: 04. Oktober 2016, 20:05:49 »
Wurde LIPS-300 schon erwähnt?       Gruß, HausD

Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #126 am: 05. Oktober 2016, 08:39:31 »
Eine hübsche Übersicht aller bisher geflogener (und in absehbarer Zeit startender) elektrischer Antriebe (zu gefühlten 95% Ionenantriebe) findet sich übrigens hier: https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_spacecraft_with_electric_propulsion
Darunter finden sich unter anderem auch die geplanten chinesischen Ionenantriebe LIPS-200 und LIPS-300

Edit: Da ist schon ganz schön was geflogen.... :D

Edit 2: Leider fehlen bei den geplanten Starts zukünftige geplante Satelliten von Boeing (u.a. SES-15) oder Airbus Defense and Space (SES-12) mit Ionenantrieben
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

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Offline Klakow

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #127 am: 05. Oktober 2016, 10:11:48 »
Das ist schon war nur kommen erst in letzter Zeit Antriebe zum Einsatz die mehr können als Bahnen auf GEO zu ändern.
Mir scheind es schon so zu sein als kommen immer leistungsfähigere Antriebe zum Einsatz und im selben Maß gibt es weniger Treibstoff für ein chemisches Triebwerk.
Für Sat Betreiber bedeutet dies das dem Satelliten auf seiner Bahn nicht nur viel längere Treibstoffreserven zur Verfügung stehen, zusätzlich stehen den Transpondern auch viel mehr Energie zur Verfügung.
Ich hoffe diese Entwicklung geht zügig voran bis die auch als Antriebe für bemannte Missionen BEO sinnvoll zu gebrauchen sind.

Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #128 am: 05. Oktober 2016, 21:27:29 »
Die 1/8 elektrische Leistung waren auf folgenden Satz auf der Firmenseite bezogen.

Zitat
That means you need about the same amount of fuel to get somewhere as if you’d used a Hall Effect Thruster system, though the HET will need about one-eighth of the mass of solar panels to keep it moving.
http://neumannspace.com/blog/fuel-of-the-week-aluminium/

Der Neumann-antrieb spart sich halt die ganze Xenon-Struktur, vielleicht kommt es daher zur besseren Effizienz.

Ich denke bei den elektrischen Antrieben wird uns noch großes Erwarten.
Auf zu neuen Ufern.

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Offline Klakow

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #129 am: 05. Oktober 2016, 22:52:05 »
Xenon ist ziemlich einfach zu lagern, es braucht nicht viel druck bei moderaten Temperaturen und hat keine Tendenz durch die Tankwand zu diffundieren. Noch dazu ist es sehr dicht, braucht also wenig Raum. Bei höherem ISP mittels Xenon spielt die Ionisationsenergie keine große Rolle mehr.
Die beste Stellschraube ist derzeit die Masse der Solarzellen, da ist mit kein System bekannt mit weniger als 4,5kg/kW.
Gut wird es mit unter 2kg/kW und unterhalb von 1kg/kW wird es richtig klasse, weil man damit in wenigen Tagen in der Lage ist ein Raumschiff direkt vom LEO heraus zu beschleunigen ohne dass das Solarsystem einen hohen Anteil wieder auffrist.

Offline FlyRider

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #130 am: 11. August 2017, 09:39:08 »
Ich hab einen - wie ich finde - recht interessanten Artikel (PDF) zur Entwicklung von "Solar Electric Propulsion" gefunden. Ist nicht ganz neu, aber vielleicht interessiert es ja trotzdem jemanden ....   

https://ntrs.nasa.gov/archive/nasa/casi.ntrs.nasa.gov/20150023082.pdf

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Offline Klakow

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #131 am: 11. August 2017, 16:45:33 »
Leider geht der Fortschritt bei SEP schnarch langsam. Man spendiert lieber 10G$ in SLS anstatt mit dem Geld wirklich mit SEP vorran zu kommen.
Klar das man damit nicht in ein Orbit kommt, aber nachdem klar ist dass das einzige echte Problem die spezifische Leistung der Solarmodule ist, sollte es für so viel Geld locker möglich sein das zu knacken. Derzeit ist man bei ca. 4,5kg/kW, aber schaut man sich an wie dünn die Folien sein können, ich klar das hier sehr viel mehr machbar ist.
Sobald man mal bei 1kg/kw ist, kann man damit auch relativ fix vom LEO aus hochspiralen.

Offline Matjes

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #132 am: 12. August 2017, 22:58:24 »
Hallo

Ich fand den Artikel toll. Es ist nur eine Studie. Papier. In Amerika wurde
die Entwicklung eines 40 KW Hall-Triebwerk beschrieben. Solide Pläne.
Man könnte es so bauen. Die ISS Raumstation hat 100 KW Leistung installiert.
 
Also ein Space-Tug mit 40 KW Power und Schub von 500 mN durch Xenon.
500 mN sind 0,5 N oder 50 g. 50 g Schub. Nicht 50 t. Nein.
Spez. Impuls bei 2000-2500 Sekunden je nach Betriebsspannung.

Das Problem: Klakow will 1000 V und 1000 A. Ich auch. Mindestens. Und die bieten 700 V und 25 A.
Ein wenig zu klein. Wo bekomme ich im Weltall die Leistung her. Photovoltaik ist nicht die Lösung.

Das Problem sind nicht mehr die Antriebe. Die Hall Triebwerke (natürlich von Russland entwickelt
russische Raumfahrt ist toll) laufen ganz prima. Der spez. Impuls wird dadurch verzehnfach.
Statt 300 für chemische Triebwerke jetzt 3000 bei elektrischen. Immerhin Faktor 10.
Das Problem ist heute nicht das Triebwerk sondern die Energiequelle.



Matjes
 
« Letzte Änderung: 13. August 2017, 11:00:45 von Matjes »

Offline FlyRider

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #133 am: 13. August 2017, 14:18:19 »
Also ein Space-Tug mit 40 KW Power und Schub von 500 mN durch Xenon.
500 mN sind 0,5 N oder 50 g. 50 g Schub. Nicht 50 t. Nein.
Spez. Impuls bei 2000-2500 Sekunden je nach Betriebsspannung.

Das Problem: Klakow will 1000 V und 1000 A. Ich auch. Mindestens. Und die bieten 700 V und 25 A.
Ein wenig zu klein. Wo bekomme ich im Weltall die Leistung her. Photovoltaik ist nicht die Lösung.

Ich denke nicht, dass es mit Photovoltaik unmöglich ist. Auch nicht die geplanten 250 - 400 kW, warum sollte man auf 700 v * 25 A = 17,5 kW beschränkt bleiben? Auch die 50 g Schub sind doch kein Limit, wenn man 20 Hermes verbauen würde, wäre man bein 20 * 12,5 kW = 250 kW und hätte immerhin 20 * 0,7 N = 14 N Schub. Immerhin.

 Ich denke eher wie Klakow, dass die Masse der benötigten Solarpanelen noch ein Problem ist. Aber da geht sicher noch was ....

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Offline Klakow

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #134 am: 13. August 2017, 15:13:09 »
Die wirksame Photoschicht braucht eigendlich nur wenige Wellenlängen dick sein und passende Träger müssen vermutlich keine 0,2mm sein.

Die Masse kommt derzeit vermutlich vor allem vom Träger. Funktional sehe ich zwei Herausforderungen, die Ströme ableiten und die Tragstruktur zu konstruieren.
Derzeit muss die Tragstruktur in der Lage sein einen dicken Photoschichtträger automatisch aufzuspannen. Leider läst dies kaum leichtere Strukturen zu.
Das ginge aber auch anders indem man sehr dünne photowirksamme Folien erst im All in dickere Rahmen verbaut. Hierzu braucht man aber eine Raumstation in der man zumindest Rahmen mit den Folien verbaut und diese anschiessen zu großen Einheiten im All verbaut.
Als Spannung würde ich da eher 30kV DC verwenden, das führt zu kleinen Leitungsquerschnitten und kleinen Verlusten. Den Pluspole dann mittels linker Tragschiene und den Minuspols durch die rechte Schiene reallisieren.
Halltruster gibt es soweit ich weiß schon mit 250kW.

Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #135 am: 13. August 2017, 17:50:21 »
Ich habe nicht den Eindruck, dass hier alle über das gleiche sprechen.  :o
Es gibt nicht "das eine" SEP-System. Die Herausforderungen definieren sich doch aus der Gesamtmasse, die wie schnell wohin gebracht werden soll.

Leider geht der Fortschritt bei SEP schnarch langsam.

SEP hat in den letzten Jahren bei kommerziellen Satelliten (LEO/GEO) bereits signifikant an Bedeutung gewonnen. Stichwort: All Electric Satellites. Alles darüber hinaus (BEO) ist eher das Problem.

Das Problem ist heute nicht das Triebwerk sondern die Energiequelle.

Ja, bei BEO-Missionen, bei denen große Massen SCHNELL über große Distanzen transportiert werden sollten. Wenn eine robotische Tiefenraummission mit Ionenantrieb jedoch Zeit hat, wieso sollte man nicht mit einem schubarmen, aber hocheffizienten SEP-System arbeiten?

Das Problem bei SEP für derartige Missionen liegt weder im Antriebs- noch im PV-Bereich, sondern eher im Fehlen einer konkreten Mission mit hochanspruchsvollen Zielvorgaben (Gesamtmasse, Flugzeit, Missionsflexibilität etc.) und einer entsprechend gesicherten Finanzierung. Jeff Foust hat doch erst kürzlich einen schönen Artikel über das SEP-Missionsdilemma geschrieben: http://spacenews.com/the-uncertain-future-of-solar-electric-propulsion/

Was die etwas seltsam anmutende Diskussion über das Masseproblem bei PV-Modulen betrifft:
Eine spezifische Leistung von 1 kW/kg, die hier bereits in den Raum gestellt wurde, wird bei PV-Modulen für Raumfahrtmissionen sicherlich irgendwann kommen.....ist doch aber keine Grundvoraussetzung oder eine unbedingt benötigte Benchmark für ein SEP-System für eine große robotische BEO-Mission. 
Man kann bereits heute mit Low-Weight-Solarflächen spezifische Leistungen von 200 W/kg (MegaFlex von ATK) oder sogar von bis zu 500 W/kg erzielen (zumindest mal von Vanguard Space Technologies (gehören seit 2016 zu SolAero Technologies) für ihre THINS-Zellen als durchaus machbar in Aussicht gestellt).

Wenn man sich die von Flyrider verlinkte Präsentation aus Post #130 anschaut (speziell Folie 6), so wurde für eine dort beschriebene Block-1-SEP-Konfiguration (benötigte elektrische Leistung: 50 kW) ja bereits 10t Xenon als Treibstoff für den Ionenantrieb veranschlagt. Hinzu kämen das Gewicht des Ionentriebwerks, des PV-Systems UND der Nutzlast. Da wäre man doch recht schnell bei deutlich über 15t Gesamtmasse.
Was nun aber das PV-System betrifft: Solarflächen, die zumindest in Erdnähe 50 kW bereitstellen, würde man mit technischen Kniffen wie z.B. ROSA (Roll-Out Solar Array) ja vielleicht tatsächlich mit ca. 100 kg Masse umsetzen können. Das wäre dann wirklich ein PV-System mit 500 W/kg spezifischer Leistung. Etwas konventioneller ginge das auch mit ca. 250 kg Masse (Annahme: MegaFlex von ATK mit 200 W/kg spezifischer Leistung). Macht das im Vergleich zur Gesamtmasse eines solchen SEP-Systems für BEO-Missionen nun wirklich DEN großen Unterschied für die technische Umsetzbarkeit?  ;)
Mir persönlich ist übrigens stets etwas unklar, ob sich PV-Anbieter bei der angegebenen spezifischen Leistung ihrer PV-Produkte tatsächlich auf das gesamte spätere PV-System mit Ausleger und Mechanik oder "nur" auf die reine Solarzellenfläche beziehen. Ich befürchte ja letzteres. Aber selbst wenn die letztendliche PV-Masse 1-2t wäre, wo ist angesichts der verhältnismäßig viel höheren Gesamtmasse eines solchen SEP-Systems das Problem? Ich verstehe die Diskussion daher nicht so ganz.

Ich selbst würde ja nur zu gerne eine 300kW-SEP-Mission zu einem der äußeren Planeten sehen und bin der festen Überzeugung, dass diese mit heutiger Ionentriebwerkstechnik (NSTAR, NEXT, HERMeS, etc.) UND PV-Technik mit einer vernünftigen Gesamtmasse (in einem Rutsch startbar) umsetzbar wäre. Zur Not eben mit einer Falcon Heavy.

Leider fehlt hinsichtlich des SEP-Themas, was besagte BEO-Missionen betrifft, die Triebfeder der privaten Raumfahrtindustrie (es winkt ja kein großer Markt) und für staatliche Forschungsmissionen sind die Budgets leider bekanntlich stets knapp bzw. die Entwicklungszeiten eben lang.
Blöde Ausgangssituation! :'(  :( :(
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Offline Klakow

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #136 am: 13. August 2017, 22:22:29 »
Eine spezifische Leistung von 1 kW/kg ist etwa das ab dem SEP Systeme richtig extreme Vorteile haben.
Die Masse der Triebwerke von Hall oder dem Forschungsprojekt DS4G (von dem es leider nichts neues gibt) sind offensichtlich vernachlässigbar.
Hier ne ganz kleine Tabelle für 250kW für relativ kleinem Schub von ca. 5N bei ca. 200km/s oder 20N bei 50km/s (als Beispiel).
10kg/kW ->2500kg
  5kg/kW ->1250kg
  2kg/kW ->  500kg
  1kg/kW ->  250kg
Rechnet man mit hohem Schub von 50km/s und nur zusätzlichen 2500kg für Treibstoff und der eigentlichen Nutzlast, also 5000kg in Summe,
beschränkt dies die anfängliche Beschleunigung auf  4mm/s² oder 345,6m/s pro Tag (ca. 35kg Treibstoff/Tag).
Das entscheidende ist, dass man bei 10kg/kW eigentlich SEP nur dann sinnvoll nutzen kann wenn man,
a) viel Zeit hat.
b) nicht aus dem LEO beschleunigen muss.
c) eine relativ kleine Nutzlast hat.
d) relativ kleinem ISP arbeitet.
e) eine sinnvolle Nutzung bleibt nahezu auf das innere Sonnensystem beschränkt.
f) Das Verhältnis Nutzlast zur Abflugmasse muss relativ klein bleiben.
(Am besten natürlich alles zusammen.)

Bei 1kg/kW sieht dass aber ganz anders aus, man gewinnt extrem viele Freiheiten und gerade bemannt würde das auf einen Schlag gigantische Freiheiten ermöglichen.
Will man z.B. mit 50t Nutzlast vom LEO Abfliegen, würde am eben auch 50t Solarmodule oder eben nur 5t brauchen.
Die 55t bekommt man vermutlich irgendwann mit eine FH mit einem Start in den Orbit.

Derzeit gibt es eigentlich nur wenige Anwendungsfälle wo sich SEP mit 10kg/kW schon richtig lohnt, vor allem zu Bahnkorrektur weil man da viel Zeit hat.
Unterhalb von 2,5kg/kW (Erdbahn) wird es erst richtig interessant.
Meiner Meinung nach wird bei 1kg/kW keine Rakete mehr direkt eine Satelliten auf GTO bringen, weil man nur weniger Tage vom LEO zu GEO braucht und der Satellit danach im Vergleich eine gigantische Energieversorgung hat.

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Offline tomtom

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #137 am: 15. August 2017, 21:20:09 »
Das Harbin Institute of Technology in China will die Effizienz von HAL Triebwerken steigern und die Erosionseffekte verringern, in dem man die Einspritzung des Xenon Gases und die geometriesche Morphologie verändert.
https://phys.org/news/2017-08-thruster-efficiency-future-spaceflight.html

Die NASA fragt die Industrie nach einer Studie über den Antrieb ihre Deep Space Gateway-Pläne. Mit der bemannten EM-1 soll ein Demonstrator "Power and Propulsion Element (PPE)", seperat von Orion, in einem 100-tägigen Transport zum Mondorbit die Möglichkeiten der Technologie aufzeigen.
https://www.nasa.gov/feature/nasa-seeks-industry-studies-for-deep-space-power-propulsion
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

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Offline Rücksturz

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #138 am: 17. September 2017, 16:10:09 »
Die NASA fragt die Industrie nach einer Studie über den Antrieb ihre Deep Space Gateway-Pläne. Mit der bemannten EM-1 soll ein Demonstrator "Power and Propulsion Element (PPE)", seperat von Orion, in einem 100-tägigen Transport zum Mondorbit die Möglichkeiten der Technologie aufzeigen.
https://www.nasa.gov/feature/nasa-seeks-industry-studies-for-deep-space-power-propulsion

Da warst Du angesichts der rasanten Entwicklung bei SLS/Orion/DSG/DST vielleicht etwas übermotiviert, das PPE soll bei der ersten bemannten Orion-Mission, also EM-2, mit gestartet werden.
Hierzu soll die SLS-Version 1b verwendet werden, die diese zusätzliche Nutzlast erst ermöglicht.

EM-1 soll noch als unbemannter Test der Orion-Kapsel sein und mit SLS 1 starten.
Eile mit Weile!  :)

Viele Grüße
Rücksturz
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Offline Dominic

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #139 am: 21. September 2017, 21:31:28 »
Für den Transport (kommerzieller) Satelliten von einer einfach zu erreichenden LEO-Bahn in den GEO oder andere relativ schwierig zu erreichende Bahnen werden elektrische Triebwerke ja bereits immer beliebter und in dieser Anwendung sind sie ja auch sehr sinnvoll- etwas mehr Flugzeit dafür kann man mit einer kleineren, billigeren Trägerrakete auskommen.

Bei Flügen zum Mars, Mond oder Venus hat man ähnliche Vorteile aber auch Nachteile. Vorteile bei der Flugzeit gibt es dort gegenüber chemischen Antrieben kaum, eher im Gegenteil. Der Vorteil die selbe Nutzlast mit einer kleineren, billigeren Rakete transportieren zu können fällt weniger ins Gewicht. Mittelfristig wird man vielleicht mehr davon sehen, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen.

Besonders interessant wäre der Einsatz eines Solar-Elektrischen Antriebs in einem wiederverwendbaren Weltraumschlepper. Ein solcher könnte etwa zwischen LEO und GEO oder auch zwischen LEO und Mond, Mars oder Venusorbit pendeln und müsste nur hin und wieder im LEO aufgetankt werden, Antriebssystem und solares Energieversorgungssystem könnte wiederverwendbar ausgelegt werden. Durch den hohen spezifischen Impuls und die folglich gute Treibstoffausnutzung könnte ein solar-elektrischer Weltraumschlepper etliche Transportmissionen durchführen bis er aufgetankt werden muss, das Konzept würde sich weit eher lohnen als ein Weltraumschlepper mit chemischem Antrieb.

Bei interplanetaren Missionen stößt man aber auf einige Probleme, insbesondere wenn man über Venus und Mars hinaus will.

Bei Flügen zum Merkur hat man etwa das Problem das ein solares Energieversorgungssystem das im Erdorbit gut funktioniert die Bedingungen im Merkurorbit nicht aushält während ein für den Merkurorbit ausgelegtes System im Erdorbit in der Regel sehr ineffizient sein dürfte.

Bei Flügen zum Jupiter und darüber hinaus hat man das Problem das am Zielort weit weniger solare Leistung zur Verfügung steht als im Erdorbit. Das Solar-Elektrische Antriebssystem funktioniert also am Ziel nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt. Die Lösung für das Problem könnte ein zusätzlicher chemischer Antrieb sein der die Effektivität aber wiederum behindert. Auch ein Aerobreak-Manöver käme eventuell in Frage um am Zielort mit weniger Antriebsleistung auszukommen- hier sind große Solarpanele aber eher hinderlich. Kein Problem ist das natürlich bei reinen Vorbeiflugmissionen ala Voyager oder New Horizons.

Optimal für Raumflüge ins äußere Sonnensystem wären natürlich leistungsstarke nuklear-elektrische Antriebe wie etwa das Antriebssystem der JIMO-Sonde. Ein solches Antriebssystem könnte in jeder Flugphase, in jeder Entfernung zur Sonne uneingeschränkt funktionsfähig sein. Bei relativ niedrigen Leistungen im Kilowattbereich ist man im Erdorbit in Sachen Leistungsgewicht zwar im Nachteil gegenüber Solaren Systemen aber je größer die Leistung und je größer die Entfernung zur Sonne desto großer ist der Vorteil.
« Letzte Änderung: 22. September 2017, 13:31:08 von Dominic »

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Offline Klakow

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #140 am: 22. September 2017, 01:27:27 »
Raumschlepper mir SEP sind die einzige Möglichkeit so ein Transportsystem überhaupt einzusetzen, auch Nuklear thermisch macht kaum Sinn, der ISP ist zwar größer (Faktor 2) aber gegenüber SEP ist das immer noch klein, da gehts mit 20km/s erst los.
Das aussage das SEP lange zu langen Flugzeiten führt  sind zumindest zum Mars nicht unbedingt.

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Offline tomtom

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #141 am: 11. Oktober 2017, 13:37:23 »
Derzeit findet in Atlanta die IEPC-Konferenz statt. Man findet da den aktuellen Stand und die Trend zum Thema elektrische Antriebe.

https://iepc2017.org/program/technical-program

Einzelne Papers findet man evtl. über die jeweiligen Themen und Autoren
https://iepc2017.org/sites/default/files/iepc2017.program.export.v65_10072017.pdf

zb. Aktivitäten der ESA:
https://iepc2017.org/sites/default/files/speaker-papers/iepc17-esa_activities_in_ep.pdf

zb. das Ende von ARM:
https://iepc2017.org/sites/default/files/speaker-papers/asteroid_redirect_robotic_mission_final_20171007.pdf
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #142 am: 24. Oktober 2017, 22:29:21 »
Der Hall-Thruster X3 Nested-channel Hall Thruster (NHT), eine gemeinsame Entwicklung der University of Michigan und der NASA, wurde offensichtlich bereits zwischen Juli und August in einer Vakuumkammer am NASA Glenn Research Center 25 Tage lang getestet (allerdings nicht im Dauerbetrieb). Dabei wurden drei neue Rekorde aufgestellt:

https://newatlas.com/x3-hall-thruster-test-record-nasa/51869/

Zitat
In the recent tests, the X3 broke three different records previously set by other Hall thrusters, a very promising step towards manned Mars missions. Most importantly of course is thrust: the X3 blasted off with 5.4 newtons of force, smashing the previous record of 3.3 newtons. On top of that, the engine also managed an operating current of 250 amperes, which is more than double that of the previous record, and ran at 102 kilowatts of power, just edging out the previous record of 98 kW.

Ein 100h-Dauertest ist für 2018 geplant. Außerdem wird gegenwärtig noch an einem magnetischen Eindämmungssystem gearbeitet, der später überhaupt erst einen längeren Dauerbetrieb ermöglichen soll.
Ausgelegt ist der einen Meter breite Antrieb, der momentan bereits 227 kg auf die Waage bringt, momentan für bis zu 200 kW.


Quelle:Space.com
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #143 am: 07. März 2018, 00:22:44 »
Die ESA arbeitet wohl an einer bisher nicht dagewesenen Variante des Ionenantriebs, einer luftatmenden Version und hat diese auch erfolgreich in Bodentests betreiben können.

http://www.esa.int/Our_Activities/Space_Engineering_Technology/World-first_firing_of_air-breathing_electric_thruster

Auf den ersten Blick stutzt man etwas, wo im All die Luft herkommen soll, aber die verschwindend geringe Restatmosphäre in geringen Orbithöhen reicht wohl aus, um dort nicht mehr ausschließlich von der Stützmasse des an Bord befindlichen Edelgastreibstoffs abhängig zu sein. Als Anwendungsbeispiel wird ESA’s GOCE (Gravity field and steady-state ocean circulation explore) Satellit aufgeführt, welcher von 2009 bis 2013 in lediglich 255km Höhe flog und die Atmosphärenabbremsung mit Niedrigschub-Ionentriebwerken kompensierte.....eben bis der Sprit alle war.



Konkrete Pläne für einen Einsatz scheint es aktuell jedoch (zumindest offiziell) noch nicht zu geben.
« Letzte Änderung: 07. März 2018, 06:51:12 von Doc Hoschi »
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Offline Kryo

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #144 am: 07. März 2018, 09:49:23 »
  • Luftatmende Triebwerke?
  • Satellitenkonstellationen für alles mögliche?
  • Niedrige Orbits unterhalb von 500 km?

Klingt nach einer Lösung für Weltraumschrott :)

Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #145 am: 18. August 2018, 10:52:20 »
Da hier im Forum bisher meines Wissens nach noch nicht genauer beschrieben, möchte ich an dieser Stelle eine vollkommen andere Art des elektrischen Antriebs vorstellen: Den Ion Liquid Elektrospray Antrieb von Accion Systems, auch bekannt als Colloid Thruster.

https://www.researchgate.net/profile/David_Krejci/publication/280098850_Design_and_Characterization_of_a_Scalable_ion_Electrospray_Propulsion_System/links/55a9135808aea3d086802b63.pdf

Accion Systems wurde im Jahr 2014 von einer ehemaligen Doktorandin vom Space Propulsion Laboratory am MIT gegründet, Natalya Brikner, und hat ca. 30 Angestellte.

Der Ion Liquid Elektrospray Antrieb bedient sich ionischer Flüssigkeiten mit beinahe schon vernachlässigbar geringem Dampfdruck (verdampft scheinbar auch nicht im Vakuum). Über Kapillareffekte wird diese Flüssigkeit an mikroskopisch kleine Emitterspitzen geführt. Bei ausreichend großer elektrischer Spannung zwischen den Emitterspitzen und einer lochförmigen Gegenelektrode werden einzelne Ionen aus der Flüssigkeit an der Emitterspitze herausgelöst und über das elektrische Feld beschleunigt. Da dieser Vorgang in beide Richtungen funktioniert (also für Anionen und Kationen in der Flüssigkeit) kann mit alternierenden Spannungen gearbeitet werden. Letztlich können sehr vorteilhafte spezifische Impulswerte erzielt werden.



Accion bedient sich bei der Herstellung des Thrusters der Chiptechnologie bzw. der Mikrosystemtechnik, d.h. die einzelnen Thruster werden auf Waferebene hergestellt.



Die einzelnen Chips können zu sogenannten TILES (Tiled Ionic Liquid Electrospray) zusammengefasst werden, die mit Elektronik und Vorratstanks problemlos in einen Cubesat reinpassen (https://www.accion-systems.com/tile).



Vorteilhaft ist bei dieser Form des Antriebs insbesondere die sehr kompakte Bauweise, bzw. dass die ionische Flüssigkeit nicht im Drucktank mit Ventilen und Leitungssystemen aufbewahrt werden muss, sondern direkt an Ort und Stelle aus einem kleinen Tank kapillar zugeführt wird.

Vorgesehen ist das System zuerst einmal nur für kleinere Satelliten, wie beispielsweise dem SkyFire-Cubesat von Lockheed Martin, welcher nächstes Jahr zum Mond fliegen soll. Die Technologie soll aber enorme Skalierungsvorteile gegenüber tradionelleren elektrischen Antrieben haben.



Gegenwärtig werden auf 1 cm² scheinbar ca. 480 Spitzen untergebracht, was nach Adam Riese einem Array aus ca. 22 x 22 Spitzen entspricht und somit einem Abstand (Pitch) der Spitzen zueinander von ca. 450 µm (wird in der Grafik auch bestätigt). Würde man den Pitch weiter verringern und somit die Anzahl der Emitterspitzen pro Fläche vergrößern, würde sich auch der Schub erhöhen. Ein Array mit knapp 2000 Spitzen (225µm Pitch) hat man wohl auch schon demonstriert, mit vierfachem Schub (1,6 N/m²) im Vergleich zu einem 480 Emitterarray (0,4 N/m²). Ich persönlich denke, dass ein Pitch <50 µm erreichbar sein sollte.

Die Nörgler unter uns werden nun sicherlich sagen, dass dieser Antrieb uns auch nicht schneller zum Mars bringen kann. Richtig und der Antrieb wird das Technologiefeld um elektrische Antriebe vielleicht auch nicht revolutionieren, aber gewinnbringend erweitern und zeigt einmal mehr eine potentielle und sehr interessante Anwendung von Mikrotechnik im All.
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Offline Klakow

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #146 am: 18. August 2018, 17:32:28 »
Es geht hier ja offensichtlich um einen Antrieb für kleine Sateliten und dafür sind ganz andere Dinge wichtig und sowas ist auf jeden Fall interessant.
Was vielleicht ganz gut wäre ist es zu wissen um was für eine Medium es den geht und was dessen sonstige Eigenschaften die sind und natürlich woher man es bekommt und was es kostet?
Kleinsatelitten sind nicht nur für die Erdbeobachtung interessant somdern werden sicher auch bei einer Marsbesiedlung eine Rolle spielen können.
Das bringt uns zwar nicht hin, hilft aber Bodenoperationen effektiver zu gestallten.
Übrigens gibt es zumindest zwei Antriebe die wirklich helfen würden schneller und effektiver zum Mars zu kommen, das Problem ist hier eher die Energieversorgung, da wird meiner Meinung nach noch mehr Entwicklung und es werden vielleicht auch Forschungsergebnisse benötigt,  nur ist da nur relativ wenig zu sehen.

Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #147 am: 18. August 2018, 18:05:45 »
Waere das nicht was fuer Starlinksatelliten?

Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #148 am: 18. August 2018, 18:40:28 »
Was vielleicht ganz gut wäre ist es zu wissen um was für eine Medium es den geht und was dessen sonstige Eigenschaften die sind und natürlich woher man es bekommt und was es kostet?

Das Medium kann man im Internet bestellen. Es heißt EMIBF4 oder 1-Ethyl-3-Methylimidazoliumtetrafluoroborat....also wer sich da nicht die Zunge verknotet, muss Chemiker sein.
Was es kostet? Einfach mal selbst ein Angebot zukommen lassen.... ;)
https://www.sigmaaldrich.com/content/dam/sigma-aldrich/docs/Aldrich/Brochure/al_chemfile_v5_n6.pdf

Zwar arbeitet Accion Systems aktuell noch mit EMIBF4, man wird aber in Kürze ein eigenes Salz synthetisieren und dieses dabei auf die eigenen Bedürfnisse optimieren.
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Offline MarsMCT

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Re: Elektrische Antriebe
« Antwort #149 am: 18. August 2018, 18:41:58 »
Waere das nicht was fuer Starlinksatelliten?

Ich denke eher nicht, zumindest nicht bald. Noch zu experimentell für so eine hoch kommerzielle Anwendung. Sie verwenden Hall thruster. Für mich ist eher die Frage, verwenden sie das teure Standard-Xenon für ihre Hall thruster? Es gibt verschiedene Alternativen, aber das würde OT hier.