Solarthermische Generatoren und Antriebe

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Drakath

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Solarthermische Generatoren und Antriebe
« am: 19. Juli 2008, 19:48:49 »
Hallo,
eine Frage hat mich in letzter Zeit beschäftigt:

Die frühen Entwürfe der ISS, sowie die der Vorgängerin Freedom besaßen neben den großen Solarzellenflächen Parabolspiegel zur Energieversorgung.

Warum hat man das nie umgesetzt? Einfach zu teuer, oder gab es noch andere Gründe? Eigentlich sollten Solardynamische Generatoren doch effektiver sein als Solarzellen, oder?

Durch ihre, verglichen mit Solarpanels, geringe Größe hätten sie noch zusätzliche Vorzüge, wie geringere Abbremsung durch die Restatmosphäre oder eine geringere Wahrscheinlichkeit von "Space Debris" getroffen zu werden. Auch der Verschleiß müsste geringer sein, während Solarzellen über die Jahre an Kraft verlieren.

Gibt es eigentlich Pläne, die Technik vielleicht in zukünftigen Missionen einzusetzten?
« Letzte Änderung: 19. Juli 2008, 19:49:20 von Drakath »

MartinM

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Re: Solarthermische Generatoren und Antriebe
« Antwort #1 am: 20. Juli 2008, 12:24:08 »
Zuerst zur Definition, damit wir nicht aneinander vorbeireden:
Ich verstehe unter einem "solardynamische Generator" ein solarthermisches System, in dem ein Gas oder eine niedrig siedende Flüssigkeit mittels Sonnenenergie erhitzt wird (z. B. durch Parabolspiegel). Das expandierende Gas treibt nicht, wie beim konventionellen solarthermischen Kraftwerk, eine Turbine mit Generator an, sondern direkt einen magnetohydrodynamischen (MHD) Generator.
Diese Technik ist meines Wissens immer noch sehr experimentell, optimistische Einschätzungen aus den 80er-Jahren haben sich leider nicht bewahrheitet. Für einen MHD-Generator sind magnetische Feldstärken von über 1 Tesla nötig - was gerade unter den Bedingungen einer Raumstation (jedes Gramm Masse zählt!) nur schwer machbar wäre (vielleicht mit Supraleitern?).
Außerdem ist der Wirkungsgrad eines MHD-Generators auch nicht gerade berauschend (10 - 20 %).

Aber vielleicht ist auch eine "konventionelle" solarthermische Anlage zu Stromerzeugung gemeint.
Ich kenne einige ältere Entwürfe von Raumstationen, die mit solarthermischen Kraftwerken ausgestattet werden sollten. Allerdings ist mir keiner aus den letzten 25 Jahren bekannt.
Der Grund liegt wohl darin, dass der Wirkungsgrad für photovoltaische Systemen gegenüber dem Stand der frühen 80er Jahre deutlich gesteigert werden konnte, ebenso die Lebensdauer, und zwar bei rückläufigen Preisen. Damit verloren die Vorteile der solarthermischen Systeme an Gewicht, während die Nachteile (aufwendige Bauweise, Verschleiß an den mechanischen Teilen) bestehen bleiben.

Es ist wie bei der Sonnenenergienutzung "hier unten auf der Erde" - solarthermische Kraftwerke sind für Großanlagen vorteilhaft, für kleine, dezentrale Anlagen haben sich photovoltaische Systeme durchgesetzt. (Wobei ich hier von Stromerzeugung schreibe, denn auch Solarkollektoren für Warmwasser / Heizung werden manchmal "solarthermische Systeme" genannt.) Es kann sein, dass sich für eine <i>richtig große</i> Raumstation solarthermische Kraftwerke lohnen könnten, zumal sie außer Strom auch Prozesswärme liefern könnten, aber bei Stationen von der Größe der ISS sind Solarzellen wohl die bessere Wahl.

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Online Nitro

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Re: Solarthermische Generatoren und Antriebe
« Antwort #2 am: 20. Juli 2008, 13:39:26 »
Soweit ich das weiß wäre die Energieausbeute aus einem solardynamischen Kraftwerk höher gewesen als durch Solarzellen, außerdem wäre der atmosphärische Druck bei kleinerer Fläche wesentlich geringer gewesen. Es traten jedoch vor allem zur damaligen Zeit mehrere technische Probleme auf, was die Verwendung von Solarzellen begünstigte.

Vor allem der Transport und die Montage im All sollten auch heute noch Probleme darstellen. Es wurde ja damal ein parabolischer Reflektor für die Anlage erdacht, welcher ein Leitmedium erhitzen sollte. Durch dieses thermische Medium wäre dann ein konventioneller thermischer Prozess in Gang gebracht worden. Diese vier standen zur Auswahl:

[ch8226]      Brayton-(Joule) Prozeß (Gasturbine mit einphasigem Arbeitsmedium)
[ch8226]      Stirling-Prozeß (hermetisch gekapselter thermisch-mechanischer Energiewandler mit äußerer Wärmezufuhr)
[ch8226]      Hochtemperatur-Rankine-Prozeß (Dampfturbine mit zweiphasigem Arbeitsmedium)
[ch8226]      Organischer Rankine.Prozeß (ORC) für den Mitteltemperaturbereich


Ein weiterer Nachteil wären Kleinstmeteoriten gewesen. Bei einer Solarfläche wäre ein Einschlag durchaus zu verkraften, da nur die getroffenen Zellen ausfallen. Wird ein Parabolspiegel durchschlagen hätte das wesentlich größere Auswirkungen auf den Leistungsverlust.

Mit einer der wohl gravierensten Punkte war jedoch die Ausrichtung des Parabolspiegels. Dies wäre ein hochkomplizierter Vorgang gewesen. Er müsste immer genau auf die Sonne ausgerichtet sein, um eine maximale Ausbeute zu erziehlen. Bei Solarzellen reicht eine einfachere Drehung um zwei Achsen und die Ausrichtung muss auch nicht unbedingt immer sehr genau sein. Durch die hohe Dynamik der Lagerung hätten zusätzliche kompliziertere Beschleunigungskräfte auf die Station gewirkt, was µ-G Experimente in der Station stark erschwert hätte.

Zum Abschluß hier nochmal ein paar Konzeptzeichnungen zur damals geplanten solardynamischen Anlage:

Dieses Diagramm zeigt das Konzept umgesetzt mit einem Brayton Prozess.



Hier ein Blockdiagramm der verschiedenen untersuchten Prozesse.



Und zum Abschluss ein Schnittbild durch den "Solarreceiver".

« Letzte Änderung: 20. Juli 2008, 13:40:29 von Nitro »
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

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Offline Klakow

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Re: Solarthermische Generatoren und Antriebe
« Antwort #3 am: 01. Januar 2013, 16:51:47 »
Ich habe da mal eine Frage:

Anstatt große und schwere nukleare Reaktoren in den Orbit zu bringen, könnte man doch sicher auch sehr leichte Spiegelsysteme nutzen.
Zwar macht das für weiter draußen liegende Ziele nur bedingt Sinn, aber ca. 1,4kW/qm in Höhe der Erdumlaufbahn ist ja wohl kein Pappenstiel.
Da man für elektrische Antriebe eh nur kleine Beschleunigungen von vielleicht 1cm/s^2 erreichen wird, sollte doch keine schweren Konstruktionen
zur Spiegelhalterung benötigt werden. Selbst wenn man die Fokussierung etwas schlampig auslegt um leichte Halterungen zu ermöglichen,
sollten Leistungsdichtenten von 1kW/kg realisierbar sein?
Vielleicht könnte man dies ja als Zylinder auslegen, der innen z.B. mit Helium von sehr geringem Druck (<1mBar?) gefüllt ist.
Die der Sonne zugedrehte Seite durchsichtig und die andere eben als Spiegelschale.
Wenn man sowas z.B. mit 200m Durchmesser und 200m Länge macht, kommt man immerhin auf gut 50MW Thermisch.

Gibt es irgendwo Untersuchungen für die Realisierbarkeit für so was?

Andu

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Re: Solarthermische Generatoren und Antriebe
« Antwort #4 am: 01. Januar 2013, 22:53:36 »
Eigentlich eine interessante Vorstellung.

Ein Problem könnte in der Bündelung der Solarstrahlung und damit in der komplexen (?) Lageregelung des spacecraft liegen. Im Gegensatz zu photoelektrischen Kollektoren braucht man hier ja eine Fokussierung. Ob eine Röhrenform sich technisch effektiv umsetzen lässt bliebe abzuwarten. ;)

Ich habe nach kurzer Suche folgendes gefunden:
http://www.psicorp.com/pdf/library/VG05-189.pdf
Scheinbar soll in diesem Konzept die Solareinstrahlung über Glasfaser weitgeleitet und gebündelt werden. Das Ganze mit relativ geringem Übertragungsverlust. Hätte den Vorteil eines kompakteren/flexibleren Aufbaus.

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Offline Schillrich

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Re: Solarthermische Generatoren und Antriebe
« Antwort #5 am: 03. Januar 2013, 08:37:30 »
Hallo Andu,

danke für den Link. Die vergleichende Analyse war sehr interessant.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

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Offline Schillrich

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Re: Solarthermische Generatoren und Antriebe
« Antwort #6 am: 03. Januar 2013, 08:42:25 »
Ich habe den Thread jetzt umbenannt und mit anderen Threads zum Thema "Solarthermie im Orbit" zusammengeführt.
\\   //    Grüße
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Offline Klakow

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Re: Solarthermische Generatoren und Antriebe
« Antwort #7 am: 13. Januar 2013, 14:18:46 »
Eigentlich eine interessante Vorstellung.

Ein Problem könnte in der Bündelung der Solarstrahlung und damit in der komplexen (?) Lageregelung des spacecraft liegen. Im Gegensatz zu photoelektrischen Kollektoren braucht man hier ja eine Fokussierung. Ob eine Röhrenform sich technisch effektiv umsetzen lässt bliebe abzuwarten. ;)

Das Gute an der Röhrenform ist das sie weitgehend nur mit der Nachführung einer Achse auskommt.
Bringt man um die Achse einen Ringsystem von zwei Ringen an, welche magnetisch wie bei einer Magnetbahn gekoppelt sind, braucht man keinen Treibstoff um die Röhre in die richtige Richtung zu drehen.
Die andere Achse sollte zwar zur Optimierung auch halbwegs senkrecht zur Sonne ausgerichtet sein, aber das muss sicher nur Pi mal Daumen sein.

Bringt man dann auf der Rückseite noch ein Kühlsystem an das über Strahlung die nötige Abwärme  abstrahlen kann, bekommt man ein System mit hohem Leistungsgewicht.
Wie bei Röhrensystemen wird ein Medium im Fokus aufgeheizt, fließt dann zu einem Generator, z.B. eine Turbine und was dazu gehört und die Abwärme wird dann über eine Röhre die hinter der Reflektorfolie verläuft wie bei einem Heizkörper von einem zum anderen Röhrenende gepumpt und auf der gegenüber liegenden Seite durch eine zweite Röhre zurückgeleitet. Das sieht dann etwa so aus:
Das linke "O" z.B. die heiße Abwärmeleitung, recht die kalt Leitung, in der Mitte die Kollektorleitung.
Die Wanne ist dann vielleicht zweischalig und ist nur durch Striche angedeutet. Die Sonne wäre dann "oben" senkrecht zur gepunkteten Line.
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heiß-->  O\..........O.........../O   <--kalt
                |                       |
                   \                 /
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Ein gutes hat es noch, zumindest durch Konvektion verliert die Kollektorleitung keine Energie.
Wie schon erwähnt, wenn man die Röhre gasdicht, von mir aus in mehreren Segmenten macht, bekommt man vielleicht eine sehr leichte Konstruktion. Aber vielleicht macht das mit einem Kollektor auf der Rückseite auch keinen Sinn, weil der eh Stabil genug werden muss.
Falls man in der Lage ist den Kollektor aus Kohlenstoff Nanoröhren herzustellen, braucht man außer den drei Röhren, keine weiteren Röhren um die Abwärme in den Kollektor rein zu bringen.