Russische Raumfahrt

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Offline Lumpi

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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3800 am: 29. Juni 2016, 12:58:15 »
Gerhard Kowalski schreibt, dass Russland nun ernsthaft das Unterfangen Wiederverwertung einer Raketen-Erststufe angehen will. Er bezieht sich dabei auf einen Bericht der Moskauer Zeitung "Iswestja". Anders als bei SpaceX soll die wiederverwendbare Erststufe über Flügel verfügen und so auf einen Flugplatz landen können.
http://www.gerhardkowalski.com/?p=12717
Das Bekannte ist endlich, das Unbekannte unendlich.

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Offline HausD

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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3801 am: 28. Juli 2016, 08:30:30 »
"Energia" beginnt mit der Produktion von Beschleunigungs-Blocks DM

RKK "Energia" beginnt mit der Produktion von statischen Modellen vom Beschleunigungs-Block DM, die zukünftig bei der "Angara"-Familie eingesetzt wird. Die Leitung der RKK genehmigte den dazu von den Experten vorgestellten detaillierten Projektumsetzungsplan.
Es wurde auch ein verantwortlicher Chefingenieur des Projekts nominiert.

Daran beteiligt sind neben "Energia" desweiteren "Chrunitschew", "KrasMasch" und "ZNIImasch".
                                                           Quelle: Roskosmos
Gruß, HausD

Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3802 am: 04. August 2016, 13:30:01 »
Die optischen Aufklärungssatelliten PERSONA werden ab 2019 durch RASDAN ersetzt.
Rasdan bekommt ein Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von mehr als 2 m.

Persona hat bei der Zielzuweisung für Marschflugkörper im Syrien-Konflikt wichtige Hilfe geleistet.
Das ist auch in indirekter Hinweis, daß mindestens ein Persona funktionstüchtig ist.

Quelle:
https://de.southfront.org/neue-aufklarungssatelliten-fur-russland-raketentreffer-mit-zentimeter-prazision/

McPhönix

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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3803 am: 15. August 2016, 09:35:23 »
Ist das Ernst oder ein Fake? Russland erwägt, nur noch zwei Kosmonauten hochzuschicken?

http://www.swp.de/ulm/nachrichten/vermischtes/Russland-denkt-ueber-weniger-Personal-auf-der-Raumstation-ISS-nach;art1222890,3964646

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Offline MpunktApunkt

  • Raumcontref­f 2023
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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3804 am: 15. August 2016, 09:48:18 »
Ist das Ernst oder ein Fake? Russland erwägt, nur noch zwei Kosmonauten hochzuschicken?

http://www.swp.de/ulm/nachrichten/vermischtes/Russland-denkt-ueber-weniger-Personal-auf-der-Raumstation-ISS-nach;art1222890,3964646

Die Südwestpresse ist normalerweise nicht satirisch. ;) Mit dem ganzen Mist den Putin baut müssen die Russen natürlich an allen Ecken und Enden sparen. Und wenn es wirklich 25% weniger im Jahr kostet nur 2 Astronauten auf der ISS zu unterhalten, scheint mir die Idee plausibel.

Als Raumfahrt- und SpaceX-Optimist sollte man allerdings ehr hoffen, dass die Crew Dragon schnell ein Erfolg wird und von amerikanischem Boden dann einfach mehr internationale Astronauten zur ISS können.

Viele Grüße

Mario

PS: Selbst Machete aus Mexio wartet noch auf seinen Flug ;)


Wenn Du heute morgen schon sechs unmögliche Dinge getan hast, warum dann nicht als siebentes zum Frühstück ins Milliways, das Restaurant am Ende des Universums?

Wilga35

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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3805 am: 16. August 2016, 16:46:40 »
Ist das Ernst oder ein Fake? Russland erwägt, nur noch zwei Kosmonauten hochzuschicken?

http://www.swp.de/ulm/nachrichten/vermischtes/Russland-denkt-ueber-weniger-Personal-auf-der-Raumstation-ISS-nach;art1222890,3964646

Die Südwestpresse ist normalerweise nicht satirisch. ;) Mit dem ganzen Mist den Putin baut müssen die Russen natürlich an allen Ecken und Enden sparen. Und wenn es wirklich 25% weniger im Jahr kostet nur 2 Astronauten auf der ISS zu unterhalten, scheint mir die Idee plausibel.
Im Kern würde das aber darauf hinauslaufen, dass auf der ISS nur noch fünfköpfige Expeditionscrews ihren Dienst versehen würden. Allerdings ergäbe sich dann auch wieder die Möglichkeit, Kosmonauten für kurze Trips zur ISS zu schicken (analog Andreas Mogensen), oder es könnten wieder Touristen zur ISS fliegen.

Gruß, Wilga35

Ldf

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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3806 am: 16. August 2016, 20:59:31 »
Der Schluß auf eine Crew von 5 erschließt sich nicht, da die spezifischen Startkosten um ein Drittel steigen. Eher bietet sich an, den USA oder der ESA einen Platz zu verkaufen, ehe das Geschäft mit Dragon 2 oder Starliner von der Konkurrenz übernommen wird.

Mit dem Downsizing auf eine Crew von 2 paßt Rußland seine Mannschaft an die vorhandenen Forschungskapazitäten an. Lt. Spaceflight101 betragen die 25% des US-Sektors. Da sind zwei Mann wohl schon zu viel.  Touristenflüge und Kurztrips von Profis erfordern zusätzliche Starts. Das käme für Rußland nur in Frage, wenn diese Kostendeckend vermarktet werden könnten. Dann müßten die Preise schon den Taxifahrer von Roskosmos mit einschließen, denn das wäre dann sein einziger Job. Forschungsaufgaben gäbe es für ihn dann nicht.

Es läuft wohl darauf hinaus, den dritten freien Platz zu verkaufen, das bringt den größten finanziellen Effekt

Berliner

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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3807 am: 16. August 2016, 22:14:59 »
Das wird aber schon eng mit der Verfügbarkeit von Sojus-Piloten, wenn die Station außerplanmäßig ganz oder teilweise geräumt werden muss. 2 Kosmonauten sind nur noch das absolute Minimum, um die an der ISS angedockten, beiden Sous-Kapseln sicher auf der Erde zu landen.

Da kann man nur hoffen, dass nicht einer von den beiden erkrankt, oder sonstwie dienstunfähig wird. Dann braucht man ggf. einen Kosmonauten, um den erkrankten zweiten Kollegen zur Erde zurück zu bringen. Und an Bord der Station bleiben drei Nichtrussen zurück, von denen keiner die zweite Sojus richtig bedienen kann.

Ldf

  • Gast
Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3808 am: 16. August 2016, 22:24:38 »
Ich kenne die aktuellen Trainingsprogramme für Nicht-Russen nicht. Aber das dürfte kein prinzipielles Problem sein. Zu Zeiten der sogenannten Interkosmonauten war jeder in der Lage die Sojus zur Erde zu bringen.

Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3809 am: 16. August 2016, 22:30:31 »
Naja, prinzipiell können alle Astronauten die Sojus soweit bedienen, dass sie den mehr oder weniger automatischen Landevorgang starten. Die Leute werden ja nicht umsonst Jahre lang ausgebildet.

Ich glaube es war Samantha Cristoforetti, die sowas in die Richtung mal zum Film Gravity geschrieben hat, als sich Sandra Bullock am Ende mit 3 Tastendrücken Richtung Erde befördert hat. Dazu hat sie sinngemäß sowas gesagt, dass sie beim drüber nachdenken am meisten überrascht hat, dass das wirklich mehr oder weniger so funktioniert. Von daher sollte das adann auch die restliche Besatzung hinkriegen  ;)

Allerdings frag ich mich, was die ISS bei 5 Mann Besatzung bringt. Aktuell sind 5 von 6 Astronauten mit Training und Instandhaltung beschäftigt und für einen bleibt Zeit, die Experimente durchzuführen. Fällt ein Astro-/Kosmonaut weg, dann bleibt der Instandhaltungsaufwand mehr oder weniger gleich, es gibt also keine Zeit mehr für die Experimente. Und die ISS wird auch nicht jünger und somit wird der Wartungsaufwand tendenziell eher größer...
"Dragon 2 is designed to be able to land anywhere in the solar system. Red Dragon Mars mission is the first test flight." - Elon Musk

McPhönix

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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3810 am: 16. August 2016, 22:47:40 »
Ja irgendwie macht mich das auch besorgt - es ist ja ein Gesamtszenario, nicht einfach die Zahl 5 ....

Offline Flandry

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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3811 am: 17. August 2016, 01:31:40 »

Wilga35

  • Gast
Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3812 am: 17. August 2016, 08:09:55 »
Allerdings frag ich mich, was die ISS bei 5 Mann Besatzung bringt. Aktuell sind 5 von 6 Astronauten mit Training und Instandhaltung beschäftigt und für einen bleibt Zeit, die Experimente durchzuführen.

Woher hast Du diese Zahlen?
Nach der Landung der einen Sojus-Crew befindet sich schließlich meist über mehrere Wochen auch nur eine dreiköpfige Rumpfcrew an Bord der ISS, bevor dann mit dem folgenden Sojus-Schiff weitere drei Raumfahrer eintreffen, und die Crew wieder auf sechs Personen aufgestockt wird. Auch während des Zeitraumes mit drei Raumfahrern werden an Bord die nötigen Wartungsaufgaben erfüllt, und selbst Experimente sind in dieser Zeit möglich.

Russland mit seinen derzeit drei Kosmonauten auf der ISS verfügt aber nichtmal über ein eigenes spezielles Forschungsmodul, sondern nur über Experimentiereinrichtungen verteilt auf mehrere Module des russischen Bereiches. Im Gegensatz dazu verfügen die USA für ihre zwei Astronauten über das große Forschungsmodul Destiny, und selbst Europa und Japan haben große Forschungsmodule an der ISS, obwohl sich von ihnen nicht ständig eigene Astronauten an Bord aufhalten.

Sicher können die Raumfahrer der teilnehmenden Nationen auch die Forschungseinrichtungen der anderen Teilnehmerstaaten nutzen, dennoch sehe ich speziell bei Russland ein Missverhältnis zwischen der Anzahl der anwesenden Kosmonauten und der eigenen verfügbaren Forschungskapazität.

Offenbar erfüllen aber die russischen Kosmonauten vermehrt "Hausmeisteraufgaben" an Bord, während ihre westlichen Kollegen mehr in die Forschungsarbeit eingebunden sind. Und das wird Putin sicher nicht gefallen, deshalb vielleicht auch sein Ansinnen, nur noch jeweils zwei Kosmonauten auf der ISS einzusetzen. Den eigenen Stationsbereich betreiben kann man damit allemal, und die Kosten kann man dabei auch noch reduzieren. Aus seiner Sicht also durchaus nachvollziehbar, diese Entwicklung. Noch ist aber nichts entschieden, das sind ja erstmal nur bloße Gedankenspiele.

Gruß, Wilga35

Ldf

  • Gast
Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3813 am: 17. August 2016, 10:35:48 »
Perfekte Analyse von Wilga35.

Man könnte sogar noch weiter gehen: Das MLM-Modul, an dessen Basisstruktur man seit 1998 (bzw. 2004 als MLM) "arbeitet", kommt nun noch später als Februar 2017, oder gar nicht mehr. Was nützt ein "leeres" Modul, wenn das Geld für die durchzuführenden Experimente fehlt.

Ich glaube sogar, daß die Russen sich nicht einmal auf ein nachhaltiges Forschungsprogramm zum Betrieb des Moduls Nauka/MLM einigen können. Konkurrenzgerangel um finanzielle Ressourcen (und um die üblichen Kick-Back-Zahlungen) verhindert das.

Wäre wirklich Bedarf zur Forschung vorhanden, gäbe es ein Program und es gäbe auch ein MLM auf der ISS. So muß man vermuten, dass das Interesse fehlt. Für militärische Forschung ist die ISS auch nur sehr eingeschränkt zu nutzen, so daß auch dieses Motiv wegfällt.

Es scheint also nicht um klassische Ergebnisse mit den Bestandteilen Investition und Gewinn zu gehen, sondern es geht alleine um den Prozeß der Herstellung. Dieser möge möglichst lange anhalten, um auch allen Personen im Hintergrund die erwarteten "Gewinne" abzusichern.

In diesem Forum gab es eine sehr eindrucksvolle Zusammenstellung der Bauzeiten der ersten Startplattform in Tjuratam und in Swobodny. Interessant wäre es, mal zu vergleichen, wieviel Geld geflossen ist. (Hat jemand solche Zahlen?) Selbst Putins Mann fürs Grobe, Ragosin, hat von unsäglicher Korruption und so enanntem "Schlendrian" gesprochen, wo das nun ganz offensichtlich wurde und zwar nicht nur einmal. Dies deutet darauf hin, daß man diese Probleme nicht in den Griff kriegen möchte, sondern daß sehr-sehr einflußreiche Personen genau davon profitieren.

Ich bin gepannt, ob MLM jemals an die ISS angekoppelt wird. Mein Tipp lautet: Nein, das haben die sehr einflußreichen Leute gar nicht vor und die angekündigte Reduzierung der russischen Mannschaft deutet darauf hin.
« Letzte Änderung: 17. August 2016, 11:40:13 von Ldf »

Ldf

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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3814 am: 17. August 2016, 13:38:06 »
Interessante Information über Beweggründe des Reduzierens der russischen ISS-Crew gibt es hier:

http://spaceflight101.com/russia-evaluates-space-station-crew-reduction/

McPhönix

  • Gast
Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3815 am: 17. August 2016, 13:52:33 »
Ich denke mal, wenn die USA einen stabilen Personentransport zur ISS von eigenem Boden haben, wird keiner mehr mit der Sojus mitfliegen. Sei es aus PR-Gründen, sei es, weil alle neuen Kapseln "schicker" und komfortabler sind. Und die neue russische Kapsel seh ich noch nicht. Und wenn die 2-Kosmonauten Variante durchkommt, warum sollte man damit weitermachen? Für 2 Personen kann man sogar eine Sojus bequemer herrichten.
Auf Touristen können die Russen später wohl auch nicht mehr hoffen. Bzw. mit Interesse in so geringer Anzahl, daß selbst Dumpungpreise den ja doch erforderlichen Mindestaufwand nicht wettmachen.
Und da mit einem USA Personentransport auch die letzte Notwendigkeit entfällt, die Russen politisch zu schonen, wird die ISS vermutlich "auseinanderbrechen".

Online Hugo

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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3816 am: 17. August 2016, 19:56:31 »
Es gibt in Russland viele reiche Leute. Wenn die gegen viel Geld zur ISS fliegen dürften, warum sollten die unbedingt mit US-Technik hin wollen? Die nehmen dann natürlich die russische Technik.

McPhönix

  • Gast
Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3817 am: 17. August 2016, 20:35:37 »
Dein Wort in Gottes Ohr ;)

Aber gerade diese reichen Knöppe haben soviel Patriotismus bislang noch nicht bewiesen. Z. B. mit der Gründung von Rußland dienlichen Projekten. Muß ja nichtmal Raketenbau sein. Nun ja, ich schätze mal, wenn da nicht ein Nostalgie-Fan dabei ist, fliegen die garantiert mit SpaceX oder so.
Jedenfalls - ein Elon Musk gibts da wohl nicht. Aber ich will mich da nicht festlegen...

jakda

  • Gast
Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3818 am: 18. August 2016, 08:02:46 »
Ich verfolge die Diskussion in Russland über die "Reduzierung" seit ungefähr März diesen Jahres, aber auch davor gab es immer mal wieder Gesprächsstoff.
Z.Z. verhandel die ISS-Partner - eine Entscheidung gibt es noch nicht.
Es ist "interessant", was man alles in diesem Thread daraus macht...
Zu MLM: Schon immer meine Rede - Basisblock für ISS-Nachfolger. deshalb will man es auch so spät wie möglich oben haben.
Bin zwar nicht der unbedingte Fan von A.Zack, aber er hat's nochmal ganz neu reingesetzt:
http://www.russianspaceweb.com/vshos.html#2016

Berliner

  • Gast
Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3819 am: 18. August 2016, 08:13:32 »
Die russische Raumfahrt hatte doch immer betont, dass die Umlaufbahn der ISS aufgrund ihrer Bahnneigung für Russland ungünstig ist, da russisches Gebiet nur begrenzt überflogen wird.

Wenn jetzt der neue Orbitalkomplex durch Abtrennung des RS von der ISS entsteht, würde man den "ungeliebten" Orbit weiter nutzen müssen. Wäre es da nicht angebracht, die eigene Station komplett neu in einem für Russland günstigeren Zielorbit zu bauen ?

Ich denke, die russischen Pläne sind da noch nicht wirklich durchgedacht.

Hermes

  • Gast
Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3820 am: 18. August 2016, 13:59:27 »
Alle Salyut-Stationen und MIR flogen mit einer Inklination von 51,6°. Niedriger geht für Rußland schlecht. und mit höherer Inklination werden die Umweltbedingungen ungemütlicher.
Kann der Grund auch sein, daß Vostochny nördlicher liegt als Baikonur, und die 51,6° nur so grade geschafft werden können?
hg
Hermes

Ldf

  • Gast
Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3821 am: 19. August 2016, 10:58:43 »
Hinter den seit 2004 immer wieder währenden Veränderungen und gestreuten Informationnen zum MLM steht natürlich keine Unfähigkeit der russischen Ingenieure. Es gibt eine einfache Erklärung.

In allen Bereichen der staatlichen Vergabe und Beschaffung ist die Korruption zu Hause. Der Staat, oder in unserem Falle Roskosmos, schreibt aus und vergibt Aufträge. Während der Vergabe wird veerinbart, wie der Transfer öffentlicher Gelder in private  Taschen ablaufen soll. Das ist das "Neben"geschäft des Toplevelmanagements. In Osteuropa werden i.d.R. 20-30 % des Vertragswertes an die Entscheidungsträger des Kunden (Staat) zurücktransferiert. In Rußland redet man teilweise von noch sehr viel höheren Beträgen. 

Das Ganze funktioniert natürlich nur so lange, wie der Beschaffungsprozeß läuft. Ist ein Objekt, wie das MLM erst einmal auf seiner Bahn, ist der Geldsegen im Prinzip vorbei.

Um den Fluß am Laufen zu halten, ist Kreativität gefragt. Das MLM wird also seit Anfang des Jahrhunderts immer wieder umgewidmet. Die Kontamination durch das Leck und die Notwendigkeit der Reparatur bei Chrunitschew war also ein Segen, oder einfach gut ausgedacht.

Ein wenig Nebelkerzenwerfen und Blendgranaten helfen. Eine der letzten ist daß das MLM zum MLM-U umgebaut werden soll. Die mittlere Leitungsebene ist da auftragsgemäß kreativ Aufgaben zu kreieren.

Nur ein sehr kleiner Teil der Öffentlichkeit, wie Teile dieses Forums hier, fragt sich, wie man denn das MLM von der ISS an die neue russische Station ankoppeln will, wo doch eine andere Bahnneigung sinnvoll wäre.

Die Öffentlichkeit kann das Gesamtbild kaum bewerten und die Politiker sind so sicher in ihrem Tun, daß fadenscheinige Hemdchen zum Bedecken reichen. Findet sich doch ein kritischer Geist, muß er "eingeweiht" werden.

Um gute Ideen mit variierendem Tiefgang zu skizzieren gibt es in Rußland genügend gute Leute. Die russischen Experten sind erfahren, gut ausgebildet und ehrgeizig genug selbst in ihrer Freizeit Ideen zu entwerfen; und, was wichtig ist, sie verstehen, was man von ihnen erwartet. Die eine oder andere Idee wird dann auch mal mit kleineren Beträgen honoriert.

Geld für wissenschaftliche Erdsatelliten oder gar ein Mondprogram oder auch intensivere Tests von Fobos-Grunt  bleibt dann nicht mehr.

Merke:
Staatliche Korruption ist, wenn Brücken entlang von Flüssen gebaut werden. Oder MLMs für die ISS.

jakda

  • Gast
Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3822 am: 19. August 2016, 12:06:42 »
Man darf bei der "Bauverzögerung" auch das staatlich-verordnete Doping nicht vergessen.
Nur ein sehr kleiner Teil der Öffentlichkeit, wie Teile dieses Forums hier, fragt sich, wie man denn das MLM in kurzer Zeit bauen kann,
wenn jeder Russe 14 Tage nach der Einnahme seiner monatlichen Dopingration im Delirium liegt.
Erst 1 Woche vor seiner nächsten "Pille" ist man zum "normalen" Arbeiten wieder fähig.
Unter diesen Voraussetzungen ist es doch erstaunlich, dass man in der Raumfahrt überhaupt noch etwas fertig bringt...

Offline Steffen

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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3823 am: 19. August 2016, 13:55:11 »
Hallo

Was ihr da beschreibt, ist kein typisch russisches Phänomen. Es ist auch in anderen Ländern nicht unbekannt, das bei staatlichen Großprojekten anstatt der pünktlichen Fertigstellung immer wieder neue Verzögerungen gemeldet werden, wobei immer wieder neue Kosten entstehen. Das Grundprinzip dabei ist: je größer, bedeutender, prestigeträchtiger das Vorhaben, desto unverschämter wird der Steuerzahler abgemolken.
Aber das hat jetzt höchstens noch indirekt mit Raumfahrt zu tun.

viele Grüße
Steffen

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Offline -eumel-

  • Raumcon Moderator
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Re: Russische Raumfahrt
« Antwort #3824 am: 20. August 2016, 04:44:37 »
@jakda: Vielen Dank für die tiefgreifenden Erläuterungen zur russischen Raumfahrt!
Jetzt kann sogar ich mir das fast vorstellen. ;)

Aber wie Steffen schon schrieb, ist das mit der staatlich finanzierten Raumfahrt auch in anderen Ländern so.
Auch beim SLS verdienen sich Firmen dumm und dämlich - Produktionsstätten, Institute und Arbeitsplätze sollen erhalten werden.
Bis zu einem gewissen Maß geht das auch in Ordnung.
Aber während sich Prozesse endlos in die Länge ziehen, kommt am Ende nicht wirklich etwas Neues heraus und das Geld ist weg.
 
Oder wie Doc Hoschi im Staliner Tread schrieb:
... man nicht wie Boeing das Gefühl hat, dass man dort eher daran interessiert ist, staatliche Entwicklungssubventionen zu bekommen und in der Raumfahrt aus Prestigegründen unterwegs ist.

Wenn das Geld dann aber nicht mehr für sinnvolle Raumfahrt reicht, sind Privatfirmen und Konkurrenz gefragt.
Ob das auch in Russland möglich sein wird?