Geschwindigkeiten bei Raumschiffen

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Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« am: 28. Mai 2023, 20:59:04 »
Guten Tag zusammen,

ich schreibe aktuell an einem Roman, der sich stellenweise sehr deutlich mit der Raumfahrt auseinandersetzt. Obwohl es im Fantasygenre angesiedelt ist, sollen Fakten dennoch so originalgetreu und real sein wie möglich. Da ich selbst allerdings ein Weltraumplepp bin und ich nicht weiß inwieweit die Daten die ich zusammen google und rechne stimmen, dachte ich, ich frage hier mal nach und hole mir die Antworten von den Experten ab.

Zur Info, ich habe alle Zahlen auf max. zwei Nachkommastellen gerundet und gebe alle Werte in km/h an. Sonst wird es zu kompliziert und unübersichtlich.

Im Augenblick geht es mir besonders um Geschwindigkeiten, wie der Titel bereits verrät.

Soweit ich herausfinden konnte, hat das schnellste Shuttle bisher 27.000 km/h geschafft.
Die schnellste unbemannte Raumschiffschafft 586.836 km/h und das schnellste bemannte Raumschiff ist 28.080 km/h schnell.
Zur Voyager 1 habe ich auch noch Daten gefunden allerdings keine eindeutigen. Manchmal steht was von 60.000 km/h da und manchmal 278.280 km/h.

Nach aktuellem Stand ist damit die Parker Solar Probe mit 587.000 km/h die schnellste Rakete oder gibt es noch schnellere?

Als zweites habe ich mich mit Lichtjahren auseinandergesetzt und muss zugeben, dass ich hier vor allem mit umrechnern im Internet gearbeitet habe.
Meine Buchcrew fliegt von der Erde aus, zum äußeren Ende der Oortschen Wolke, das ungefähr zwischen 1,58 und 3,16 Lichtjahre von uns entfernt ist. Wobei ich mir hier nicht sicher bin, ob die Zahlen stimmen. Kann mir das einer bestätigen oder gar eine genauere Zahl nennen?

Und jetzt wird gerechnet, denn meine Crew soll diese Strecke in max. einem Jahr schaffen.
Wenn ich jetzt also von 1,58 - 3,16 Lichtjahre ausgehe, das in km umrechne (ich weiß sonst nicht wie ich von den Lichtjahren auf die benötigte Geschwindigkeit meines Shuttels kommen soll) und dabei nach dem Smartrechner gehe, der sagt, dass 1 Lichtjahr 9.460.730.472.580,80 km entspricht (wer hier validere Zahlen hat, bitte gerne schreiben oder bestätigen, wenn diese stimmt), bekäme ich folgende Zahlen raus:

  • 1,58 LJ wären ca. 14.947.954.146.677,66 km
  • 3,16 LJ wären ca. 29.895.908.293.355,33 km

Daraus habe ich mir dann berechnet wie schnell mein Shuttle sein müsste um die Strecke in einem Jahr (365 Tage) zu schaffen:

  • 1,58 LJ schafft es mit einer Geschwindigkeit von 1.706.387.459,67 km/h
  • 3,16 LJ schafft es mit einer Geschwindigkeit von 3.412.774.919,33 km/h

Nach aktuellem Stand, also ein Ding der Unmöglichkeit, da beide Werte doch etwas über der Lichtgeschwindigkeit liegen.
Hier kommt der Fantasy Aspekt mit rein, schließlich soll die Crew diese Reise nicht nur schaffen, sondern auch lebend ankommen  ;)
Dennoch wäre mir wichtig zu wissen, ob die Zahlen so stimmen und ich keinen Denkfehler drin habe.

Vielen Dank schon mal fürs lesen und für jede Antwort.

Liebe Grüße
Jeremy

Offline failsafe

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Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #1 am: 28. Mai 2023, 21:30:28 »
..Und jetzt wird gerechnet, denn meine Crew soll diese Strecke in max. einem Jahr schaffen.
Wenn ich jetzt also von 1,58 - 3,16 Lichtjahre ausgehe, das in km umrechne (ich weiß sonst nicht wie ich von den Lichtjahren auf die benötigte Geschwindigkeit meines Shuttels kommen soll)
Da braucht man gar nichts umzurechnen - 1,58 Lichtjahre in (max.) 1 Jahr zurücklegen würde eine Geschwindigkeit von (mind.) 1,58 c erfordern (c = Vakuumlichtgeschwindigkeit).
Geschwindigkeiten oberhalb der Vakuumlichtgeschwindigkeit sind aber unphysikalisch - siehe zB https://de.wikipedia.org/wiki/Lichtgeschwindigkeit

Offline Hugo

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Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #2 am: 29. Mai 2023, 08:20:36 »
Obwohl es im Fantasygenre angesiedelt ist, sollen Fakten dennoch so originalgetreu und real sein wie möglich.
Wenn Du originalgetreu und real schreiben möchtest, dann kannst Du nicht schneller fliegen als Lichtgeschwindigkeit. Niemals. Nicht mal bei Star Trek konnten sie das. Wenn Du also z.B. auch echte Trekkies bei Deinen Fans haben möchtest, darfst Du diesen Fehler nicht machen.

Zur Info, ich habe alle Zahlen auf max. zwei Nachkommastellen gerundet
Hiervon würde ich dringend abraten. Das zeigt, dass es eher weniger mit Physik zu tun hat. In der Physik schreibt man Zahlen gerne (nicht immer) in der Schreibweise 2,99792458 *10^x - Ob hier X -100 oder +100 ist ist egal, man hat dadurch dann keine Zahl mit 100 Ziffern geschrieben, und das ist das Ziel dieser Schreibweise. Schaue Dir z.B. auf Wikipedia mal die Gravitationskonstante an, die wird dort so geschrieben. Sie hat 5 Nachkommastellen dort.


und gebe alle Werte in km/h an.
km/h kann man bei Autos und Zügen angeben. Hier liegen die Zahlen dann im Bereich von 1 bis 3 Ziffern, da wenig Autos oder Züge > 999 km/h fahren.

In der Physik rechnet man jedoch eher in Meter und in Sekunden. Nicht immer, aber häufig. Somit werden Geschwindigkeiten hier in Meter pro Sekunde angegeben: m/s. Wenn Du z.B. Angeben möchtest, wie schnell ein Fahrwerk ausfährt oder wie schnell sich ein Roboterarm bewegt, würde ich m/s verwenden.
Sobald es quasi "die Erde verlässt", wird gerne auch die Lichtgeschwindigkeit verwendet, also man sagt dann z.B. 0,5-Fache Lichtgeschwindigkeit.


Soweit ich herausfinden konnte, hat das schnellste Shuttle bisher 27.000 km/h geschafft.
Die schnellste unbemannte Raumschiffschafft 586.836 km/h und das schnellste bemannte Raumschiff ist 28.080 km/h schnell.
Sobald man einen Erdorbit erreicht, sind die Geschwindigkeiten zweitrangig. Vor allem, wenn man bedenkt, dass man insgesamt langsamer wird, wenn man Beschleunigt. Wenn die ISS z.B. beschleunigt, um ihren Orbit zu erhöhen, dann laufen die Triebwerke in paar Minuten. Danach braucht die ISS länger für eine Umrundung um die Erde. Das ist zwar verwirrend, aber korrekt. Es ergeben sich für Runde Orbits im niedrigen Erdorbit oft die grob ca. 27.500 km/h. Man sieht es z.B. bei Raketen, sie haben oft eine Geschwindigkeit im Bereich 27.500 km/h oder 7640 m/s, wenn sie niedrige Erdorbits anfliegen. Google gibt für die ISS z.B. die eher selten genutzte Einheit 7,66 km/s an.
Ein TV-Satellit hat übrigens eine Geschwindigkeit von 0 km/h. Genau 0. Das ist der Grund, warum wir unsere Satellitenschüsseln nicht nachstellen müssen, die Satelliten bleiben von der Erde gesehen aus immer an der gleichen Position im All. Allerdings gilt das nur, für die Geschwindigkeit von der Erde aus betrachtet.

Wenn Du in einem Orbit bist, gibt man eher die Orbithöhe an. Apogäum und Perigäum. Die ISS z.B. hat aktuell (Stand 2023-05-27 16:48:53) ein Apogäum von 419,84 km und ein Perigäum 412,36 von km. Das Müllbündel, welches am 4. Mai von der ISS abgesetzt wurde hat ein Apogäum von 414,8 km und ein Perigäum von 405,52 km (Stand 2023-05-27 02:08:02). Das Müllbündel wird von der Atmosphäre gebremst. Es sinkt daher schneller als die ISS. Aber es wird dadurch in Summe schneller.  Während die ISS 15,50 Erdumrundungen pro Tag schafft, schafft der Müll 15,52 etwas mehr. Er wird somit einerseits von der Atmosphäre schneller gebremst als die ISS, andererseits entfernt er sich von der ISS aus gesehen in Flugrichtung nach vorne.

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Online alepu

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Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #3 am: 29. Mai 2023, 10:06:57 »
Wenn du da tatsächlich ein "orginalgetreues" Buch schreiben willst und die Raumfahrt nicht nur so am Rande vorkommen soll, wirst du wohl nicht umhin kommen dich etas  intensiver mit der Materie zu beschäftigen, um wenigstens die wesentlichsten Grundlagen verstanden zu haben. Wikipedia u. Co wird da wohl nicht do ganz reichen.
Unsere Experten hier helfen dir sicher gerne, aber das bleibt doch immer noch Stückwerk. Um wirklich zu einem tieferen Verständnis zu kommen wirst du wohl nicht umhin kommen zur Fachliteratur zu greifen. So ist z.B. "Handbuch der Raumfahrttechnik" von Wilfried Ley sehr gut. Ansonsten gibt es natürlich auch eine ganze Reihe von preiswerter etwas leichter verständlicher Literatur, wenn du nicht ganz so tief in die Materie eindringen willst.

Offline proton01

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Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #4 am: 29. Mai 2023, 13:38:20 »
Obwohl es im Fantasygenre angesiedelt ist, sollen Fakten dennoch so originalgetreu und real sein wie möglich.
Wenn Du originalgetreu und real schreiben möchtest, dann kannst Du nicht schneller fliegen als Lichtgeschwindigkeit. Niemals. Nicht mal bei Star Trek konnten sie das. Wenn Du also z.B. auch echte Trekkies bei Deinen Fans haben möchtest, darfst Du diesen Fehler nicht machen.
Natürlich wird bei Star Trek mit mehrfacher Lichtgeschwindigkeit geflogen. Dafür gibt es den Warp-Faktor, dessen Definition nicht so ganz einheitlich über alle Star Trek Folgen ist. Aber angeblich soll das dann entweder bis zu 1000-facher Lichtgeschwindigkeit gehen oder noch viel höher. (einfach mal googlen)

Zur Info, ich habe alle Zahlen auf max. zwei Nachkommastellen gerundet
Hiervon würde ich dringend abraten. Das zeigt, dass es eher weniger mit Physik zu tun hat. In der Physik schreibt man Zahlen gerne (nicht immer) in der Schreibweise 2,99792458 *10^x - Ob hier X -100 oder +100 ist ist egal, man hat dadurch dann keine Zahl mit 100 Ziffern geschrieben, und das ist das Ziel dieser Schreibweise. Schaue Dir z.B. auf Wikipedia mal die Gravitationskonstante an, die wird dort so geschrieben. Sie hat 5 Nachkommastellen dort.
Hauptsache, die Zahlen werden so geschrieben daß der Leser sich darunter etwas vorstellen kann. Also nicht zuviele Stellen, möglichst wenig führende Nullen, ...

In der Physik rechnet man jedoch eher in Meter und in Sekunden. Nicht immer, aber häufig. Somit werden Geschwindigkeiten hier in Meter pro Sekunde angegeben: m/s. Wenn Du z.B. Angeben möchtest, wie schnell ein Fahrwerk ausfährt oder wie schnell sich ein Roboterarm bewegt, würde ich m/s verwenden.
Sobald es quasi "die Erde verlässt", wird gerne auch die Lichtgeschwindigkeit verwendet, also man sagt dann z.B. 0,5-Fache Lichtgeschwindigkeit.
Ein Science-Fiction Roman ist ja kein Physik-Lehrbuch. Auch hier gilt, am besten so daß der Leser sich darunter etwas vorstellen kann. km/h ermöglicht immerhin den Vergleich mit Auto oder ICE. Bei extremen Geschwindigkeiten dann in Vielfachen der Lichtgeschwindigkeit.

Soweit ich herausfinden konnte, hat das schnellste Shuttle bisher 27.000 km/h geschafft.
Die schnellste unbemannte Raumschiffschafft 586.836 km/h und das schnellste bemannte Raumschiff ist 28.080 km/h schnell.
Sobald man einen Erdorbit erreicht, sind die Geschwindigkeiten zweitrangig. Vor allem, wenn man bedenkt, dass man insgesamt langsamer wird, wenn man Beschleunigt. Wenn die ISS z.B. beschleunigt, um ihren Orbit zu erhöhen, dann laufen die Triebwerke in paar Minuten. Danach braucht die ISS länger für eine Umrundung um die Erde. Das ist zwar verwirrend, aber korrekt. Es ergeben sich für Runde Orbits im niedrigen Erdorbit oft die grob ca. 27.500 km/h. Man sieht es z.B. bei Raketen, sie haben oft eine Geschwindigkeit im Bereich 27.500 km/h oder 7640 m/s, wenn sie niedrige Erdorbits anfliegen. Google gibt für die ISS z.B. die eher selten genutzte Einheit 7,66 km/s an.
Da musss man ein wenig differenzieren. Die ISS z.B. fliegt auf einer ca. 400 km  hohen Kreisbahn um die Erde. Bei einem Erdradius von 6771 km ergibt sich eine Orbitgeschwindigkeit von ca. 7660 m/s. Wenn die Triebwerke benutzt werden um die ISS zu beschleunigen, dann deshalb um sie über einen Orbittransfer auf eine höhere Bahn zu heben. Die Triebwerksleistung erhöht dabei die Energie ggü. der Schwerkraft der Erde, damit erreicht man einen höheren Orbit. Dort angekommen ist aber die Kreisbahngeschwindigkeit geringer als im tieferen Orbit, die ISS treibt ja dann auch antriebslos im Schwerefeld der Erde.
Die höchste Geschwindigkeit eines bemannten Raumschiffs war wohl Apollo 15. Bei Einschuss in die Transferbahn zum Mond war die Geschwindigkeit 10844 m/s = 39040 km/h. (NASA SP 4029)

Ein TV-Satellit hat übrigens eine Geschwindigkeit von 0 km/h. Genau 0. Das ist der Grund, warum wir unsere Satellitenschüsseln nicht nachstellen müssen, die Satelliten bleiben von der Erde gesehen aus immer an der gleichen Position im All. Allerdings gilt das nur, für die Geschwindigkeit von der Erde aus betrachtet.
Nein. das stimmt so nicht. Die Orbitgeschwindigkeit im GEO ist etwa 3075 m/s. Das ist die Geschwindigkeit ggü. einem Koordinatensystem welches mit der Erde fest verbunden ist. Dabei dauert eine Umkreisung 23 Stunden und 56 Minuten, und damit genau so lange wie eine Erdumkresung in diesem Koordinatensystem. Wenn man es in einem anderen Koordinatensystem betrachtet, welche sich mit der Erde mitdreht, dann steht der Satellit (wenn über dem Äquator) immer über dem selben Punkt auf der Erdoberfläche. Trotzdem hat er eine Orbitgeschwindigkeit von 3075 m/s.
Die ggü. 24 Stunden fehlenden 4 Minuten ergeben sich daraus daß die Erde sich in einem Tag auch um die Sonne bewegt, damit muss sie sich weiterdrehen damit die Sonne am nächsten Tag wieder (idealisiert) um 12 Uhr im Süden steht.

Wenn Du in einem Orbit bist, gibt man eher die Orbithöhe an. Apogäum und Perigäum. Die ISS z.B. hat aktuell (Stand 2023-05-27 16:48:53) ein Apogäum von 419,84 km und ein Perigäum 412,36 von km. Das Müllbündel, welches am 4. Mai von der ISS abgesetzt wurde hat ein Apogäum von 414,8 km und ein Perigäum von 405,52 km (Stand 2023-05-27 02:08:02). Das Müllbündel wird von der Atmosphäre gebremst. Es sinkt daher schneller als die ISS. Aber es wird dadurch in Summe schneller.  Während die ISS 15,50 Erdumrundungen pro Tag schafft, schafft der Müll 15,52 etwas mehr. Er wird somit einerseits von der Atmosphäre schneller gebremst als die ISS, andererseits entfernt er sich von der ISS aus gesehen in Flugrichtung nach vorne.
Die genauen Höhen über der Erdoberfläche hängen vom gewählten Erdmodell ab. Die Erde ist keine genaue Kugel. Der Radius am Äquator ist ca. 6378 km, an den Polen 6356 km, der mittlere Erdradius is 6371. Für die Höhe über der Erdoberfläche rechnet z.B. Orbitrak anscheinend mit dem Äquatorradius (abgeleitet aus großer Halbachse und Apo- und Perigäumshöhe), unabhängig von der tatsächlichen Position des Satelliten.
Bei Abbbremsung durch die Erdatmosphäre verringert sich der Bahnradius. Dadurch wird der Satellit (hier der Müll) aber schneller.

Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #5 am: 30. Mai 2023, 01:34:01 »
Obwohl es im Fantasygenre angesiedelt ist, sollen Fakten dennoch so originalgetreu und real sein wie möglich.
Wenn Du originalgetreu und real schreiben möchtest, dann kannst Du nicht schneller fliegen als Lichtgeschwindigkeit. Niemals. Nicht mal bei Star Trek konnten sie das. Wenn Du also z.B. auch echte Trekkies bei Deinen Fans haben möchtest, darfst Du diesen Fehler nicht machen.
Natürlich wird bei Star Trek mit mehrfacher Lichtgeschwindigkeit geflogen. Dafür gibt es den Warp-Faktor, dessen Definition nicht so ganz einheitlich über alle Star Trek Folgen ist. Aber angeblich soll das dann entweder bis zu 1000-facher Lichtgeschwindigkeit gehen oder noch viel höher. (einfach mal googlen)

Hallo,

nein proton01, Hugo hat hier Recht. Auch bei Star Trek wurde nicht mit Überlichtgeschwindigkeit geflogen, hier war man - wie in vielen anderen Bereichen auch - pyhsikalisch korrekt. Der Warpantrieb im Star Trek Universum erzeugt eine Blase, die das Raumschiff von der Raumzeit trennt. Innerhalb dieser Blase bleibt das Raumschiff unter Lichtgeschwindigkeit. Die Blase und damit der Raum selbst bewegt sich mit Überlicht und dagegen spricht, soweit mir bekannt, physikalisch nichts. In der inflationären Phase des Urknalls hat sich der Raum selbst auch mit Überlicht ausgebreitet. Anders gesagt: Der Raum selbst darf sich mit Überlicht bewegen, nur Objekte innerhalb des Raums dürfen/können das nicht.

Reale Forschung, die sich theoretisch mit Reisen oberhalb der Lichtgeschwindigkeit beschäftigt, nutzt ebenfalls diesen "Kniff". Als Leser, der sich ein bisschen mit Physik auskennt, wäre ich enttäuscht, würde das Raumschiff selbst (und nicht der das Raumschiff umgebende Raum) schneller als das Licht fliegen und würde mir daher auch eine Lösung wünschen, die eine ähnliche plausible Eleganz hat wie jene in Star Trek.

Was die Zahlen angeht Hangaia, bist Du schon ziemlich richtig und ich sehe keinen Denkfehler. Ich wäre übrigens auch für eine Rundung auf ein bis zwei Nachkommastellen und würde auch bei Km/h bleiben solange es um noch relativ niedrige Geschwindkeiten geht. Meter in der Sekunde bzw. Kilometer in der Sekunde ist zwar üblicher in der realen Raumfahrt, aber Schreibweisen in km/h werden dadurch ja nicht falsch, sondern sind für den Leser mit Raumfahrthintergrund nur ungewohnt fürs Auge. Aber gerade der "normale" Leser kann im unteren Geschwindigkeitsbereich mit km/h sicher mehr anfangen und direkter einordnen. Wobei auch km/s durchaus mal interessant sein kann. Denn gerade bei großen Geschwindigkeiten werden nach meinem Empfinden irgendwann die km/h zu "unvorstellbar" und km/s beeindruckender. Nach meinem persönlichen Empfinden liegt diese Grenze irgendwo bei fünfstelligen, spätestens jedoch bei sechsstelligen km/h. Beispiel: 6.000 km/h kann ich mir noch ganz gut vorstellen. Aber 300.000 km/h eher nicht. 7 km/s oder 30 km/s kann ich mir jedoch wieder ganz gut vorstellen und finde das auch sehr beeindruckend.

Was die Geschwindigkeiten von Raumschiffen bzw. Raumsonden in Orbits angeht, kann ich das, was Hugo und proton01 schreiben, auch nur unterstreichen. Das ist alles ziemlich kontraintuitiv und schwer in einem Roman zu vermitteln. So wie in dem Beispiel des "Beschleunigens" im Erdorbit, was zu einem höheren Orbit und damit zu einer geringeren Geschwindigkeit bezogen auf die Erdoberfläche führt. Es ist schwer, dies einem "normalen" Leser im Rahmen eines Romans zu vermitteln ohne zum Lehrbuch oder physikalisch unkorrekt zu werden. Nach meinem Empfinden sollte ein Buch, das physikalisch korrekt bleiben möchte aber auch normale Leser mitnehmen kann, Geschwindkeiten möglichst vermeiden.

Denn das, was für beispielsweise Erdorbits gilt, gilt auch für den "Streckenflug" zu anderen Himmelskörpern selbst. Auch hier gibt es, wenn man es genau nimmt, "Orbits". In einem Planetensystem bewegen sich alle Himmelskörper auf Bahnen um das Zentralgestirn. Ein Transfer von einem Himmelskörper zum anderen folgt in der Regel diesen Bahnen, führt Bahnanhebungen durch. So wie auch im Erdordbit wird hier beschleunigt um höhere Bahnen zu erreichen (zb weiter außen liegende Planeten) und man wird dabei in Bezug auf den Zentralkörper langsamer. Stichwort zb "Hohmanntransfer". Will man das dem Leser zumuten? Das wird alles genauso kontraintuitiv wie bei Erdordbits.

Hier stellt sich für mich einfach die Frage, ob es für mich als Leser wirklich wichtig ist, wie schnell das Raumschiff bezogen auf irgendeinen Punkt ist. Mir persönlich wäre es nicht so wichtig. Ich will lieber wissen, wie lange das Raumschiff braucht (Tage? Monate? Jahre?). Und wenn eine Reisezeit in Bezug zur Entfernung wirklich sehr kurz ist, so dass das Thema Überlichtgeschwindigkeit im Raum steht, dann will ich eine Idee, wie das physikalisch möglich ist, ohne jedoch jedes Detail jeder zugrundeliegenden Formel zu nennen (denn das würde mich überfordern).

Aber, es kann nicht schaden, Geschwindigkeiten mal als groben Referenzrahmen zu nennen. Also so etwas wie zb grob 27.000 km/h (bzw. 7 bis 8 km/s) im Erdorbit, oder xxx.xxx km/h bzw. xx oder gar xxx km/s in irgendwelchen Sonnenorbits im Transfer zu anderen Himmelskörpern. Dann hat man mal einen groben Rahmen, das sollte genügen. Wenn Du einen solchen groben Rahmen geben willst Hangaia, wird Dir aber vermutlich nichts anderes übrig bleiben, als Dich ein wenig mit dem Thema Orbits zu beschäftigen.

Die Parker Solar Probe ist übrigens keine Rakete, sondern eine Raumsonde. Begrifflichkeiten sind wichtig. Raketen sind die langen dünnen Dinger, die ein Objekt vom Erdboden bis in einen Orbit beschleunigen. Die Raketen werfen auf dem Weg dorthin nach und nach ihre Struktur ab und werden immer kürzer. Im Orbit landet dann das Raumschiff bzw. die Sonde. Ein Raumschiff ist nach meinem Empfinden bemannt (kann eine Kapsel sein oder ein Shuttle, usw.) eine Raumsonde ist unbemannt. Raketen sind nur das Transportmittel für das Schiff bzw. die Sonde. Kommt das Objekt im Weltraum an, ist von der Rakete nichts mehr übrig.

Nochmal zusammenfassend: Deine Zahlen sind grundsätzlich nicht falsch. Aber das Thema "Geschwindigkeit" ist extrem komplex und es ist ein absoluter Drahtseilakt, physikalisch korrekt zu bleiben und den Leser dabei nicht zu überfordern. Von daher würde ich Geschwindigkeiten nur nennen, wenn es für das Ziel der Geschichte wirklich wichtig ist und sonst eher bei Reisezeiten bleiben. Und für die Überlichtgeschwindigkeit möchte ich eine Idee, wie das umgesetzt wird, ohne Naturgesetze zu verletzen  ;)

Sofern Du diese Recherche nicht scheust, würde ich Dir raten, Dich mal grob mit dem Thema "Geschwindigkeiten und Orbits" auseinanderzusetzen, ohne ein Physikstudium daraus zu machen. Du musst zwar etwas Kopfarbeit und Zeit investieren, kannst dann aber besser einschätzen, an welchen Stellen im Buch Geschwindigkeiten mal sinnvoll eingearbeitet werden können. Gute Bücher leben meinem Empfinden nach von einer guten Recherche durch den Autor  :) Wenn Deine Recherche und Dein Buch Dich dann an einen Punkt führen, an dem Du Detailfragen hast, wirst Du hier sicher immer Antworten finden.

Und ganz wichtig: Begrifflichkeiten! Eine Rakete vom Erdboden bis in den Weltraum und dann ist das, was übrig bleibt, ein Raumschiff (bemannt) oder eine Raumsonde (unbemannt)... anderenfalls würde ich Ekelgänsehaut beim Lesen bekommen  ;P

Gruß und gutes Gelingen!
Excalibur
Wenn Du mit dem Finger auf jemand anderen zeigst, schaue Dir Deine Hand an. Du wirst feststellen, dass drei Finger auf Dich selbst gerichtet sind.

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Online alepu

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Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #6 am: 30. Mai 2023, 09:51:35 »
Im Grunde genommen ist es eine Frage was du schreiben willst und an wen du dich in deinem Buch wenden willst.
"Gute Science Fiction" oder "Science Fiction Fantasy" mit jeweils entsprechendem Publikum.
Im Übrigen stimme ich meinen Vorrednern zu. Machs nicht zu kompliziert und gehe nicht zu sehr ins Detail. Ein Roman soll unterhalten und kein Lehrbuch sein. (Wobei man natürlich auch aus einem guten Roman sehr viel lernen kann)

Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #7 am: 30. Mai 2023, 11:05:05 »
Raketen sind nur das Transportmittel für das Schiff bzw. die Sonde. Kommt das Objekt im Weltraum an, ist von der Rakete nichts mehr übrig. [...] Eine Rakete vom Erdboden bis in den Weltraum und dann ist das, was übrig bleibt, ein Raumschiff (bemannt) oder eine Raumsonde (unbemannt)
Bisher völlig korrekt.
Aber in unzähligen Science Fictions sind die halt immer SSTO-fähig, kommen also in einem Stück oben an und landen auch wieder in einem Stück. Dort ist dann Rakete und Raumschiff das selbe. Was im Grunde schon immer ein Traum bzw. Wunschvorstellung war, eine Rakete/Raumschiff soll wie ein Flugzeug sein.
Tatsächlich würde ein vom Mars gestartetes Starship auch beides in einem sein. Es würde dort in einem Stück das All erreichen, zur Erde zurückfliegen und hier wieder in einem Stück landen. In dem Falle wäre dann auch Starship Rakete und Raumschiff in einem.

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Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #8 am: 12. Juni 2023, 10:14:06 »
Wenn man schnell mit einem SciFi Raumschiff eine Strecke zurück legen will kann man sich den relativistischen Effekt zu nutze machen wenn man nah an die Lichtgeschwindigkeit ran kommt. Das nennt sich Zeitdilitation. Die Zeit vergeht im Raumschiff dann langsamer als auf der Erde. Das kann so dramatisch sein das man sogar zu anderen Galaxien reisen kann ohne die Lichtgeschwindikeit zu überschreiten.

So dauert eine Reise von einem Lichtjahr bei 90% der Lichtgeschwindigkeit zum Beispiel nur 160 Tage.

https://www.walter-fendt.de/zd/zd_app3.htm

Um diese Geschwindigkeit zu erreichen und dem Leser etwas zu geben woran er sich halten kann muss das Raumschiff eine konstante Beschleunigung von 1-2G haben. Ich würde da irgendetwas in Richtung Stauschaufelraumschiff (da sammelt man den interstellaren Wasserstoff als Treibstoff auf) oder Nullpunktenergie faseln.

Micha

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Online alepu

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Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #9 am: 12. Juni 2023, 11:46:42 »
Es geht aber eben darum, daß hier Nichts "gefaselt" wird!

Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #10 am: 12. Juni 2023, 12:33:45 »
Ich würde da irgendetwas in Richtung Stauschaufelraumschiff (da sammelt man den interstellaren Wasserstoff als Treibstoff auf)
Nennt sich Bussardkollektor bzw. Bussard Ramjet:

https://de.wikipedia.org/wiki/Bussardkollektor

Wie man mit einem solchen Antrieb und der von Dir genannten konstanten Beschleunigung am Ende nur so an den Galaxien vorbeirast wird eindrücklich im Roman "Universum ohne Ende" von Poul Andersons beschrieben, wo sich der Antrieb aufgrund eines Problems nicht mehr abschalten läßt.
Aber wenn man quasi wie bei einem solchen Antrieb auf unbegrenzt viel Energie zurückgreifen könnte, haben Reisen mit Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit trotzdem ein sehr grosses Problem: Das einem "entgegenkommende" Licht wandelt sich um in härteste Gammastrahlung.

Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #11 am: 12. Juni 2023, 13:48:11 »
Aber wenn man quasi wie bei einem solchen Antrieb auf unbegrenzt viel Energie zurückgreifen könnte, haben Reisen mit Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit trotzdem ein sehr grosses Problem: Das einem "entgegenkommende" Licht wandelt sich um in härteste Gammastrahlung.

Hallo,

deshalb haben laut Harald Lesch ja auch die Klingonen einen verdickten Schädel im Stirnbereich, siehe zb hier: https://youtu.be/HnIlunN7S24?t=303  ;P

Gruß
Excalibur
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Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #12 am: 12. Juni 2023, 15:42:37 »
Der Thread-Ersteller war zwar vorgestern da, hat sich aber nicht mehr an der Diskussion beteiligt.

Durch das buchstäbliche "Technobabbel" in Star Trek kann man sich im Star Trek Wiki "Memory Alpha" (Eine zentrale Föderations Bibliothek in der klassischen Serie) durchklicken.

In scifi-forum.de gibt es ein Unterforum für Autoren von SciFi und Fantasy zum diskutieren und verlinken der Texte und einen Bereich für Rollenspiele.
Seit Apollo und Star Trek Classic Astronomie, Raumfahrt und SciFi-Fan.

TWR genügt als Anrede

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Re: Geschwindigkeiten bei Raumschiffen
« Antwort #13 am: 13. Juni 2023, 10:43:44 »
Ich würde da irgendetwas in Richtung Stauschaufelraumschiff (da sammelt man den interstellaren Wasserstoff als Treibstoff auf)
Nennt sich Bussardkollektor bzw. Bussard Ramjet:

https://de.wikipedia.org/wiki/Bussardkollektor

Wie man mit einem solchen Antrieb und der von Dir genannten konstanten Beschleunigung am Ende nur so an den Galaxien vorbeirast wird eindrücklich im Roman "Universum ohne Ende" von Poul Andersons beschrieben, wo sich der Antrieb aufgrund eines Problems nicht mehr abschalten läßt.
Aber wenn man quasi wie bei einem solchen Antrieb auf unbegrenzt viel Energie zurückgreifen könnte, haben Reisen mit Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit trotzdem ein sehr grosses Problem: Das einem "entgegenkommende" Licht wandelt sich um in härteste Gammastrahlung.

Die Geschichte von Anderson kenne ich natürlich, ist eines meiner Lieblingsbücher. Phillip P. Peterson hat quasi ein Remake davon gemacht vor einigen Monaten.

Es ist doch so das die Antriebsmethode hier nur eine Eselsbrücke ist um eine Story erzählen zu können. Die Geschichte von Anderson würde mit Warp-Antrieb zum Beispiel nicht funktionieren oder man will von A nach B kommen weil man bei B etwas faszinierendes erzählen möchte. Der Roman Die Zeitmaschine braucht die Zeitmaschine nur damit der Autor über die zukünftige Entwicklung der Menschen spekulieren kann, wie sie funktioniert ist nicht so wichtig aber ein Zauberstab würde eine Menge Dramatik raus nehmen.

Selbst der Film Apollo 13 ist nicht 100% korrekt, ein HardSF Roman ist es vielleicht zu 80%, da kann ich darüber hinweg sehen das gewisse Methoden in der Realität nicht funktionieren würden, das tut ja nicht mal die komerzielle Kernfusion zur Zeit.

Micha