Frage zu den Notebooks auf der ISS

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Frage zu den Notebooks auf der ISS
« am: 15. Juni 2020, 23:34:05 »
Guten Abend, geschätzte Raumfahrer.net Freunde !

Habe vor ein paar Tagen den beindruckenden Bildband "Alexander Gerst-166 Tage im All" als Geschenk erhalten.
Der Band bietet einen ganz tollen Einblick mit aufschlussreichen Texten und super Fotos von dieser Mission, welche ja Teil 1 von 2 ISS-Aufenthalten von Hr. Gerst war.

Ich schaffe es leider nicht, hier Bilder einzufügen. Man sieht auf sehr vielen Fotos den Notebook Typ Lenovo Thinkpad P Serie. Offenbar ist /war diese Notebook Serie das Standardmodell. Da ich seit 2 Monaten selbst das P50 Notebook habe, weiß ich, dass es mit 2,60 kg ein Schwergewicht ist. Mein 4 Jahre altes Lenovo Yoga 900 mit 13,3" dagegen hat nicht mal das halbe Gewicht eines P50.

Im Wissen, dass Gewicht in der Raumfahrt generell ein riesengroßer Kostenfaktor ist, ist es sehr verwunderlich, dass die Verantwortlichen in diesem Bereich sicher eines der schwersten NB-Modelle ausgesucht haben.

Der Umstand, dass diese Serie viele Militärstandards erfüllt, kann ein Auswahlkriterium sein. Muss aber nicht das Einzige sein.

Wisst ihr Insider, weshalb gerade Lenovo und die Thinkpad Serie ausgewählt worden sind ?  Welches Betriebssystem läuft da drauf ? Denke, dass auf Grund der Kontinuität und Datensicherheit keine häufigen Wechsel von Hard-/Software stattfinden.
Die maximal sichere Datenverfügbarkeit muss in der ISS ja einen enorm hohen Stellenwert haben.

Würde mich freuen, wenn jemand von euch aus dem "Nähkästchen" plaudern kann.

Danke im Voraus für evtl. Informationen !

Gruß vom Rudolf
"Früher brachte der Lärm die Menschen aus der Ruhe. Heutzutage ist es die Stille."
Ernst Ferstl

Offline Hugo

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Re: Notebooks in der ISS
« Antwort #1 am: 16. Juni 2020, 01:12:14 »
Weißt Du, was an Deinem Notebook so schwer ist? Das Gewicht von zwei Notebooks sollte sich ja weniger unterscheiden bei gleicher Hardware.

Meistens hat das eine Notebook einen viel größeren Akku, oder das andere hat kein CD-Laufwerk. Rechnet man das zurück, werden die Unterschiede im Gewicht schnell kleiner. Oder ein Notebook hat einen verstärken  Alurahmen, der schwer ist. Den würde man im All weg lassen.

Natürlich ist das Gewicht entscheidend, aber wenn man überschlägt, daß so ein Notebook mit kleinstem Akku so viel  wiegt wie  das Essen+Trinken für einen Astronauten für ein Tag, es selber aber sicher 2000 Tage oder mehr auf der ISS bleiben kann, dann wird schnell klar, es nicht ganz so wichtig ist, wie schwer das Notebook ist.

Invicta

  • Gast
Re: Notebooks in der ISS
« Antwort #2 am: 16. Juni 2020, 07:28:04 »
Ich glaube kaum dass es ein Standardnotebook ist. Ich kann mir eher vorstellen das Lenovo evtl ein Notebook für die Verwendung auf der ISS "angepasst" hat. Platinen müssen mit einem speziellen Coating überzogen sein, die Elektronik muss ISS Standards erfüllen, Materialien wie sie in handelsüblicher Form zu kaufen sind dürfen auf der ISS nicht benutzt werden (Ausgasung, fast alles muss einem Thermocycling-Ausgastest unterzogen werden bevor es aif der ISS zum Einsatz kommen darf), und auch die Akkus werden nicht von der Stange sein. Der Lüfter darf nur eine bestimmte Lautstärke an dB(A) haben, um die Belastung durch die Akustik für die Astronauten so gering wie möglich zu halten weil da 24/7 alle Gerätschaften laufen.

Also einfach gekauft und geflogen wird es nicht sein...

Re: Notebooks in der ISS
« Antwort #3 am: 16. Juni 2020, 08:46:31 »
Die P Serie von Lenovo sind mobile Workstations, können also deutlich mehr leisten als Ultrabooks oder Convertables wie dein Yoga. Dazu kommt eine große Anschlussvielfalt und die Komponenten sind gut wechselbar.
Vor ein paar Jahren wurden auf der ISS noch Laptops verwendet, bei denen man die Festplatte direkt von außen wechseln konnte, ohne das Cover zu öffnen.  Es gab dann einen Stapel mit Ersatzfestplatten, auf denen alles installiert war und wann immer die aktuell eingesetzte Platte Probleme gemacht hat, wurde sie ausgetauscht. Auf den Laptops selbst werden keine wichtigen Daten gespeichert, sie dienen eher als tragbare Terminals zu den Servern, daher kann man mit einer neuen Festplatte nahtlos weiterarbeiten.
Ich habe gerade mal geschaut, und die aktuelle P Serie hat diese wechselbaren Platten nicht mehr. Allerdings haben die mehrere getrennte Festplatten, sodass man darauf ein RAID 1 Verbund verwenden kann. Man schreibt also alle Daten doppelt und kann dann Fehler korrigieren.
Das Gewicht ist auf der Skala relativ egal. Ob man jetzt einmal 10 Laptops hochschießt, die 2.5 oder 1.3 kg wiegen, fällt (wortwörtlich) nicht ins Gewicht im Vergleich zu den Verbrauchsmaterialien, die man sonst immer hochschickt. Zumal z.B. die Dragon Kapsel Platz- und nicht Gewichtlimitiert ist.

Zu den Problemen mit den Materialien: Gut möglich, dass Lenovo die Modelle für die ISS anpasst. Das machen sie ja auch fürs Militär und damit verdienen die viel Geld. Die Grundlage für die Laptops ist aber das Consumer-Design, insbesondere was die elektronischen Komponenten betrifft.
"Dragon 2 is designed to be able to land anywhere in the solar system. Red Dragon Mars mission is the first test flight." - Elon Musk

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Offline max-q

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Re: Notebooks in der ISS
« Antwort #4 am: 16. Juni 2020, 12:19:46 »
2012 hatte Lenovo mal einen Blog-Eintrag veröffentlicht (archiviert hier http://blog.lenovo.com/en/blog/thinkpad-laptop-nasa-youtube-spacelab), in dem einige der maßgeblichen Punkte aufgeführt wurden:
  • Thinkpad als einzige Baureihe zum Einsatz auf der ISS zertifiziert und seit 1998 dort im Einsatz (ThinkPad 760XD und 760ED mit Windows 95)
  • im Shuttle Programm seit 1995 bei jeder Mission dabei (ThinkPad 755C)
  • auch bei allen ISS Partnern die Modellreihe der Wahl
  • Geräte werden u.a. auf Strahlungsfestigkeit, Ausgasung (entnehmbare Batterien!), thermische Stabilität und Brandschutzeigenschaften getestet
  • Stand 2012 etwa 60(!) Exemplare auf der ISS
Aus anderen NASA Dokumenten geht hervor, dass man jedenfalls in den 1990ern Standardgeräte von IBM genutzt hat. Selbst die Akkus waren die Standardmodelle, natürlich aber für den Einsatz zertifiziert. Was die Strahlungsfestigkeit betrifft, hat man bei den Kurzzeit-Shtulle-Flügen die Ausfallrate als akzeptabel angesehen (notgedrungen) und Ersatzgeräte eingeplant. Wie es mit den Geräten auf der Mir und ISS aussah/aussieht, weiß ich nicht. Aber man hat wohl gewisse Abschirmungen verbaut. Was bei einem Ultra-Super-Hyper-Slim Modell eher nicht geht. Und wer schon mal bei einem Yoga 900 den Akku gewechselt hat, möchte das sicher nicht im All ausprobieren. Also, auch wenn das Argument made in USA nicht mehr zieht, spricht doch einiges dafür, bei den stabilen, schweren und fast klobigen ThinkPad zu bleiben. Sie erfüllen einfach von der Stange schon mehr oder weniger viele Vorgaben der NASA. Und die MIL-STD Zertifizierung fürs US Militär verkürzt wahrscheinlich auch den Zulassungsprozess.
Geschichte und Geschichten aus sechseinhalb Jahrzehnten Raumfahrt:
http://www.raumfahrtkalender.de

Re: Notebooks in der ISS
« Antwort #5 am: 16. Juni 2020, 20:18:44 »
Guten Abend, liebe Raumfahrer.net Gemeinde !

Herzlichen Dank an alle Antwortenden > Hugo, Invicta, stillesWasser und max-q !

Ihr habt mir eine Fülle an Hinweisen, Fakten, Gedanken und Wissen dargelegt, welche mein Thema vielfältig ergänzen und mir dadurch neue Sichtweisen in diesen Ausstattungsbereich der ISS bringen.

@ Hugo > Bei "NotebookCheck" habe ich zum Gehäusematerial dies gefunden: "Aluminium-/Magnesium-Verbundwerkstoff, der eine immense Festigkeit ermöglicht". Dass in einer 100m langen ISS das Gewicht nicht sooo eine Rolle spielt wie z.B. in einer extrem dünnwandigen "Eagle" Landeeinheit von Apollo 11, leuchtet mir jetzt auch ein.

@ Invicta > du hast natürlich recht mit deiner Annahme, dass die ISS-Modelle erst nach gründlicher Adaptierung ihren Weg in die Raumstaion finden werden. Da wird kein MB missionsfremder Software auf dem Rechner sein.

@ stillesWasser > ist mir nach dem Kauf des P50 auch gleich aufgefallen, dass die Konzeption und die Anschlussmöglichkeiten sich sehr stark von meinem Yoga900 unterscheiden, das diesbezüglich schon stark minimiert ist. Speziell wenn das Gehäuse geöffnet wird, ergeben sich einfachere Zugriffe auf Bauteile, die z.B. beim Yoga nur mit Spezialwerkzeugen von Fachpersonal getauscht werden können.

@ max-q > dass die P Baureihe offenbar als einziges Modell mit den beschriebenen Anpassungen für den ganz besonderen Einsatz in der ISS ausgesucht worden ist, sehe ich schon als Kompliment für dieses Thinkpad an die Verantwortlichen von IBM und danach von Lenovo.

Als ganz einfacher Verwender von Notebooks fühlt man sich dshalb gut aufgehoben und erfreue ich mich täglich an der soliden Qualität dieses Gerätes.

Schöne Grüße vom Rudolf
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Ernst Ferstl

Offline Jörch

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Re: Notebooks in der ISS
« Antwort #6 am: 16. Juni 2020, 21:30:32 »
Wer es nicht wissen sollte: "Das Unternehmen ist an der Hongkonger Börse notiert. Größter Aktionär von Lenovo ist die Legend Holdings (34-%-Anteil), die wiederum zu 65 % der staatlichen Chinesischen Akademie der Wissenschaften gehört." - aus der deutschen Wikipedia zur Firma Lenovo...

Offline wulf 21

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Re: Notebooks in der ISS
« Antwort #7 am: 17. Juni 2020, 18:24:42 »
Hmm, gehört der Thread nicht eher in "bemannte Raumfahrt" oder "Fragen und Antworten: Raumfahrt"? Im Astronomie-Bereich ist er definitiv falsch...

Re: Notebooks in der ISS
« Antwort #8 am: 17. Juni 2020, 18:31:33 »
@ wulf 21 >

..diese Rubrik "Technik und Wissenschaft ...  " finde ich schon passend für die Ausstattung der ISS mit Notebooks.

Gruß vom Rudolf
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Ernst Ferstl

Re: Notebooks in der ISS
« Antwort #9 am: 17. Juni 2020, 20:16:47 »
Hmm, gehört der Thread nicht eher in "bemannte Raumfahrt" oder "Fragen und Antworten: Raumfahrt"? Im Astronomie-Bereich ist er definitiv falsch...
"Fragen und Antworten: Raumfahrt" halte ich für den besseren Ort in diesem Forum.

Edit: Danke für das Verschieben. :)
« Letzte Änderung: 18. Juni 2020, 20:08:03 von Philip Lynx »
Flinx