Frage zu Energieaufwand und Strahlungsdosis beim interplanetaren Transfer

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Glypton

  • Gast
Hallo,

ich habe den Energieaufwand berechnet, den man erbringen muss um eine Nutzlast von 100 Tonnen auf den Mars zu bringen. Die beträgt 6.2445*10^12 J. Wir sollen davon ausgehen, dass Wasserstoff und Sauerstoff als Treibstoff verwendet wird. Das bedeutet, um eine 100 Tonen Rakete auf den Mars zu bringen braucht man ca 470 Tonnen Treibstoff, nach der Aussage meines Lehrers ist das richtig. Dann habe ich den Treibstoff berechnet, den man benötigt für Hin und Rückflug, wenn man direkt mit dem Treibstoff für den Rückflug fliegen würde. Also Jetzt haben wir 570 Tonnen, die wir auf den Mars bringen wollen. Dafür benötigt man  ca. 2800 Tonnen Treibstoff also für Hin und Rückflug insgesamt um die 3300 Tonnen Treibstoff. Nun habe ich gelesen, dass die Rakete, die für die Mondmission verwendet wurde ca 2.5 Tonnen wog.  700 Tonnen unterschied. Sollte es nicht machbar sein einmal zum Mars zu fliegen und wieder zurück? Oder können meine Werte überhaupt nicht stimmen?

Danke im Voraus

tobi

  • Gast
Schreib mal was zu deinem Rechenweg. ;)

Offline websquid

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Ich vermute, du hast die Überlegung außer Acht gelassen, die zur Ziolkowski-Gleichung führt:

Da man den Treibstoff mitnimmt, braucht man auch weitere Energie um den in der Rakete befindlichen Treibstoff ebenfalls zu beschleunigen. Das führt dann zur logarithmischen Gleichung und leider zu einem sehr viel höheren Energiebedarf für einen Raketenflug.

Offline tnt

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Hi,
ich würde erstmal wieder mit delta-v rechnen ;-) dafür gibt es nämlich bereits hilfreiche Grafiken

Die Reise zum Mond und zurück braucht also so 19 km/s (mit areobraking). Beim mars brauchst du wohl so 21 km/s (mit viel areobraking). Ist also gar nicht so viel unterschied. (Alle Angaben ohne gewähr)

Wenn du die delta-v weißt kannst du jetzt entscheiden wieviel Nutzlast du mitschleppen möchtest und mit den Leistungsdaten deiner Triebwerke kannst du dann die benötigte spritmenge berechnen ;-)

Glypton

  • Gast
Vielen Dank für eure Antworten! Das wird mir aber etwas zu kompmiziert. Die Nutzlast beträgt 100 Tonnen und die Saturn V Trägerraketen kommen zum Einsatz, die Wasserstoff und Sauerstoff als Treibstoff benutzen. Kann mir jemand pi mal Daumen sagen wie viel Tonnen Treibstoff man bräuchte für Hin- und Rückflieg. Falls sie extrem von meinen Werten abweichen, dann lass ich es einfach :D. Nur ein grober Richtwert, nicht unbedingt Rechnungen.
Danke!

Offline tnt

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  • 361
Das Problem beim Vergleich mit der Saturn V ist, dass die verwendeten "Tricks" und Lebensumstände eine maßgebliche Rolle dabei spielen wie groß deine Raketen sein müssen.
Bei der Mondlandung wurden ein Mondlander, Servicemodul und Erdlandekapsel in den Mondorbit gebracht. Tatsächlich ist aber nur der Mondlander auf dem Mond gelandet (für 1,6km/s). Beim Aufstieg vom Mond zum Mondorbit wurde auch die Hälfte zurückgelassen, d.h. die nächsten 1,6km/s waren wieder leichter (vom Treibstoff mal abgesehen). Beim Rückflug wurde afair auch der Mondlander wieder zurückgelassen und das Servicemodul hat das restliche Raumschiff für 0,7km/s Richtung Wiedereintritt beschleunigt.

Beim Marsflug wirst du andere Tricks brauchen und zusätzlich eventuell ein größeres Servicemodul da die Reise länger ist. Und schon da macht es einen ziemlich großen Unterschied ob du alles für den Rückflug auf dem Mars landest oder nicht. Die nächste Frage ist wie du deinen Marslander konstruierst, versuchst du möglichst viel Aerobraking zu machen (siehe diverse Roverlandungen) oder machst du einen "Powered Descent" (siehe SpaceX)? Dann brauchst du 4.1km/s zum Aufstieg vom Mars zum Marsorbit. Nimmst du die mit bei der Landung? Landest du Treibstoff vorher (oder betankte Startraketen wie bei "Der Marsianer")? Oder noch besser erzeugst du den Treibstoff auf dem Mars (siehe SpaceX)? Hast du im Orbit ein Transferraumschiff ("Der Marsianer")? Fliegst du mit dem Marsaufstiegsmodul wieder komplett zurück (SpaceX)?

Also du siehst dass es nicht so einfach ist sondern davon abhängt wie du die Sache angehst. Ich gehe davon aus, dass bevor ein Mensch auf dem Mars landet da schon vorher Treibstoff für die Rückkehr verfügbar ist (egal wie es da hingekommen ist). Es wird also nicht nur ein Flug sein wie bei den Apollo-Missionen sondern mehrere Flüge geben.

Achso noch die Antwort auf deine Frage: Nein es sind nicht 700t Unterschied. Warum? Weil der Mondlander nicht auf dem Mars landen kann wegen der Atmosphäre (kein Hitzeschild) und weil der Mondlander nicht vom Mars in den Orbit kommt wegen der höheren Gravitation.

Glypton

  • Gast
Vielen Dank! Habe jetzt das, was ich brauche. Eine Frage noch: Wie berechnen Wissenschaftler die Dosisleistung der Strahlung, welche der Mars ausgesetzt ist? Im Internet sind Werte zu finden, aber ohne eine Erklärung, wie man sie berechnet. Ich würde gerne selbst die Dosisleistung ausrechnen, um zu sehen, wie gefährlich die Strahlung auf dem Mars tatsächlich ist. Die Formeln für Aktivität, Dosisleistung und Dosis kenne ich bereits. Falls ihr Seiten kennt, die das erklären, dann bitte einfach Copy Paste unter diesem Beitrag!

Offline tnt

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Glypton

  • Gast
:o. Wird wirklich gar nichts berechnet? Also zum Beispiel um einen groben Richtwert zu bekommen? Wie wurde die Strahlenbelastung auf der ISS herausgefunden? Auch gemessen? Die Werte sollen sich ja, so einige Seiten, ähneln.


Aus Quelle
Hier sind die Messungen vom MSL grafisch verabeitet worden und man kann sich für andere Verweildauern/Reisezeiten leicht die Dosis zusammenrechnen....auch ISS-Messwerte sind enthalten.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

Glypton

  • Gast
Wie kann man denn so leicht die Dosis ausrechnen. Dosis=Dosisleistung+Zeit
Dosisleistung= Dosisleistungskonstante*Aktivität/r^2. Ich weiß nicht genau, welche Werte ich in die Dosisleistung eingeben muss. Kosmische Strahlung besteht ja aus verschiedenen Bestandteilen und was soll ich dann für den Abstant eingeben? 

Offline tnt

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  • 361
Ich weiß nicht ganz genau was du meinst aber die Dosis wird meist gemessen ;-) mit einem dosimeter :-D

Spaß beiseite. Um die Strahlenbelastung auf dem Mars theoretisch zu betrachten sind mal wieder ein Haufen Faktoren zu berücksichtigen über die wir wahrscheinlich nicht so viel Wissen wie alle meinen.
Ablenkung durch Magnetfelder und Abschirmung durch die Atmosphäre spielen eine Rolle. Dazu kommt die Sekundärstrahlung durch Wechselwirkungen mit der Atmosphäre. Da das meiste von der sonne kommt spielt der Sonnenstand eine Rolle genau so wie die Sonnenaktivitäten an sich.
Mehr Infos zur kosmischen Strahlung findest du auf Wikipedia. Deine recht einfachen Formeln sind bestimmt für andere Spezialfälle gedacht oder?

Glypton

  • Gast
Angeblich soll man das berechnen können mit diesen einfachen Formeln.. ach was solls :D

Die Formeln können noch so einfach sein, wenn man aber die Variablen nicht kennt, nützen sie wenig.
Es gibt kein (einfaches) globales Modell, mit der die kosmische Strahlung berechnet werden kann. Da diese sich ja aus mehreren Quellen zusammensetzt, die sich teilweise auch noch dynamisch verhalten, kann sie nur abgeschätzt werden und daher ist ein gemittelter Messwert das genaueste was man bekommen kann. Ich weiß auch nicht was an einer Messung schlecht sein soll. Theoretische Werte scheitern ohnehin oftmals an den praktisch ermittelten.

Was ich weiter oben mit ausrechnen meinte, bezog sich eher auf Dreisatzbetrachtungen mit den Werten aus der Grafik auf Basis der Langzeitmessungen der Mars Science Laboratory Mission.
So nach dem Schema: "Wenn ein 180-Tage-Trip mit ca. 300 Millisievert zu Buche schlägt, dann führt ein x-Tage-Trip zu einer Dosis y" Der Hohmanntransfer zum Mars ist in 180 Tagen ja nicht zu schaffen, sondert dauert ja eher so um die 260 Tage. Wenn du also weißt wie lange du hin und zurück fliegen wirst und wie lange der Aufenthalt auf dem Mars sein wird, kann man anhand der Daten somit sehr gut abschätzen wie hoch die Strahlenbelastung sein wird.

Selbst dann: Der Wert hat ohnehin nur bedingte Aussagekraft, da eine ausreichend statistische Wissensbasis, wie hoch genau (!) dadurch das Risiko für gesundheitliche Beschwerden oder Spätfolgen bei den Astronauten ist.....trotz so vieler betroffenenen Personen bei Tschernobyl und Fukushima und x Studien. Die phänotypische Variation, sozusagen die Unterschiede von Mensch zu Mensch, und erbliche Vorbelastungen erschweren solche Statistiken (gerade über längere Zeiträume) unweigerlich. Man benötigt also eine ungemein breite Datenbasis, die durch die paar Raumfahrer kaum geliefert werden können.
Man kann gerade bei Langzeitaufenthalten im All nur das erhöhte Gefahrenpotential für die Rückkehrer abschätzen.
Stichwort: Hätte betreffende Person nicht so oder so xx Jahre nach dem Raumflug Krebs bekommen? Warum bekommt das eine Teammitglied 10 Jahre später Krebs, die anderen aber nicht?

Besser daher bei einem Marsflug: Lieber gleich Vorkehrungen gegen diese Gefahr treffen (woran ja auch alle Akteure arbeiten), d.h. möglichst kurzer Flug, möglichst viel Abschirmung.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

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Offline tomtom

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Falls ihr Seiten kennt, die das erklären, dann bitte einfach Copy Paste unter diesem Beitrag!

Keine Ahnung, ob dir das bzgl. Stahlungsbelastung weiterhilft, aber ich würde auf folgenden Link verweisen:
http://www.marsjournal.org/contents/2006/0004/files/rapp_mars_2006_0004.pdf
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

GG

  • Gast
Wie kann man denn so leicht die Dosis ausrechnen. Dosis=Dosisleistung+Zeit

Das ist unzutreffend, da passen schon die Einheiten nicht. Auf der Seite, die Du zu dem Thema vielleicht gelesen hast (http://www.quantenwelt.de/einheiten/radioaktivitaet.html), steht, dass die Dosisleistung über die Zeit aufaddiert wird. Das wäre dann das Integral.

In dem Diagramm oben ist die Äquivalentdosis angegeben. Diese ergibt sich aus dem Produkt aus Dosis und Qualitätsfaktor. Alphateilchen richten in den Organen mehr Schaden an als beispielsweise Elektronen. Es gibt dafür keine einfach Berechnung. Daher trägt medizinisches Personal in der Radiologie auch stets Dosimeter. Und genauso ist es im All.

Nicht nur die Sonne ist Quelle hochenergetischer Strahlung, diese kommt auch aus den Tiefen des Universums. Treffen hochenergetische Teilchen auf normale Materie, so können dadurch weitere Partikel auf Energien beschleunigt werden, dass sie im menschlichen Körper vergleichbare Schäden anrichten. Zudem treten Bremsstrahlung und Gammastrahung auf.

Das KANN man nicht einfach berechnen. Aber Mittelwerte aus langfristigen Messungen geben eine gute Orientierung.

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Offline Sensei

  • Raumcon Moderator
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Das MUSS man ja auch nicht exakt berechnen können.

natürliche schwankungen der Strahlungsintensität gleichen sich ziemlich gut aus.
Und es reicht wenn man aus Erfahrungswerten/Messungen hochrechnet und extrapoliert. So lange man bisher keine unbekannten Einflüsse übersehen hat sollten dann einen recht guten Äquivalentdosiswert über die Missionszeit 'berechnen' können.

Die andere Frage ist was diese Strahlung wiederum für Schäden anrichten kann oder Risiken erhöht. Da ist die Forschung sich teilweise Tatsächlich noch alles andere als einig.
Aber die Größenordnung der zusätzlichen Gefährdung der Marsbesucher kann man schon gut vorhersagen.

GG

  • Gast
Ich hatte dies nur so geschrieben, weil der Themenstarter offenbar mit den bis dahin gegebenen Antworten nicht zufrieden war und an einer einfachen Berechnung fest hielt.

Moin zusammen,

vielleicht kann ich etwa zu der Diskussion beitragen. Erst einmal sollte man sich über die Begriffe klar werden:

Dosis: deponierte Energie pro Masse [J/kg], [Gray], [rad] diese ist relevant für elektronische Bauteile und Materialien.

Demgegenüber gibt es noch die Äquivalentdosis, d.h. eine gewichte Dosis entsprechend der Schädigungswirkung biologischer Organismen [Sv].

Die Dosis lässt sich für einen gegebenen Orbit mittels bestimmter Modelle recht genau berechnen. Diese sind für die Raumfahrt standardisiert (für interessierte: ECSS-E-ST-10-04C). Für ein gegebenes Shielding kann man die Dosis aus einer sog. Dose-Depth-Table ablesen (oder für komplexere Geometrieen mit Ray-tracing bzw. mit MC-Methoden simmulieren.)

Siehe: http://www.trad.fr/OMERE-Software.html?lang=en,
https://www.spenvis.oma.be

Für eine Mission zum Mars ist allerdings die Dosis nicht das einzige Problem. In ihrer Wirkung  auf biologische Organismen wenig erforscht sind hochenergetische Galactic Cosmic Rays sowie solare Protonen und Ionen aus Solar Particle Events. Durch ihre hohen Energieen sind sie praktisch nicht abzuschirmen.