Rita war mit ihrer Großmutter etwas vorausgelaufen. Plötzlich gab es in der Luft einen Knall. Rita und die Großmutter erschraken nicht sehr. Sicherlich hatte ein Düsenjäger die Schallmauer durchbrochen. Das Dörfchen Smoleweka befindet sich ja nicht weit von der Stadt Saratow, und auch im Fliegerclub gab es zu dieser Zeit schon Düsenjäger. Auf einmal schwebte an einem riesengroßen Fallschirm ein Mensch vom Himmel. Im gleichen Augenblick erschien am Horizont ein gewaltiger Flugkörper von ungewöhnlicher Gestalt. Auch eine Brigade Feldarbeiter erblickte ihn. Er sauste über ihre Köpfe, und alle hörten deutlich, daß er auf der Erde niederging. Dann sahen auch die Feldarbeiter den Menschen am Fallschirm. Er hatte einen hellblauen Anzug an und einen grell orangefarbenen Helm auf.
Die kleine Rita ließ das weidende Pferd, mit dem sie gerade gespielt hatte, stehen und lief auf den Kosmonauten zu.
Das waren die ersten Menschen, die Juri nach seinem Flug um die Erde sah: Eine Kolchosbäuerin, in ihrer Nähe ein kleines Mädchen. Die Frau war fassungslos. Juri dachte an den amerikanischen Flieger, der vor gar nicht allzu langer Zeit bei einem Spionageflug über der Sowjetunion von einer Raketenbatterie abgeschossen und von Kolchosbauern gefangen genommen wurde. Diesen Umstand hatte niemand bei der Vorbereitung des ersten Weltraumfluges bedacht. Juri Gagarin wies mit beiden Händen auf sich und seinen Helm und sagte: "Ja russki, sowjetski!" Die Frau rannte auf ihn zu und reichte ihm beide Hände. Sie sagte ihm ihren Namen, aber Juri behielt nur, daß sie Anna hieß. Sie selber erzählte später über ihr Erlebnis: "Ich befand mich mit meiner Enkelin Rita auf dem Feld. Plötzlich sahen wir, wie ein Mann am Fallschirm, nur wenige Schritte von uns entfernt, zu Boden sank. Ich war ganz verwirrt, doch der Unbekannte winkte mir herzlich zu, lachte so freundlich, daß ich es immer im Gedächtnis behalten werde, und begrüßte mich auf russisch. Da bot ich ihm einen Schluck Milch an."
So erhielt Juri Alexejewitsch Gagarin, der erste Kosmonaut, nach Umkreisung der gesamten Erde von einer russischen Bäuerin einen Becher Milch - sozusagen als zweites Frühstück.
(...) Jetzt geschah etwas sehr komisches. Als Juri nach dem nächsten Telefon fragte, um so schnell wie möglich den Stab des Raketenstartplatzes von der geglückten Landung zu benachrichtigen, da sagte die Bäuerin: "Mein Mann ist hier in der Nähe mit Pferd und Leiterwagen", und sie bot Juri an, daß er sozusagen von seinem Weltraumschiff auf einen Leiterwagenumsteigen sollte.
Dazu kam es aber nicht, (...) denn nur einige Minuten später erschien ein Sonderwagen, der Stab hatte schon Juris Funkspruch aufgenommen. Außerdem landete kurz darauf ein vom Flugstab dirigierter Hubschrauber. "Wo ist der Weltraumflieger?" fragten die Ankommenden erregt.
"Mit einem Wagen weggefahren."
"Ist der gesund?"
"Und wie! Er strotzt vor Gesundheit", schrien die Brigademitglieder. Der Hubschrauber flog zur nächsten Ortschaft. Als er landete, telefonierte Juri bereits mit dem Stab.
[size=10]Aus dem Buch "Juri, der erste Kosmonaut"
Der Kinderbuchverlag Berlin[/size]
Am 27. März 1968 verunglückten Juri Alexejewitsch Gagarin und sein Genosse, Ingenieur - Oberst Serjogin, bei einem Übungsflug tödlich. Beide sind an der Kremlmauer beigesetzt worden.
Ewiger Ruhm dem ersten Kosmoshelden!