ZWEI MANN IM MOND
Wie aus Rivalen im Weltall Freunde fürs Leben wurden
David Scott und Alexej Leonow
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Ich habe das Buch vor ein paar Wochen bekommen und im schneearmen Urlaub nun fertig durchgelesen.
Alexej Leonov und David Scott geben über ihr Leben, ihre Raumfahrerkarriere und ihr Kennenlernen und daraus entstandener Freundschaft viele interessante Informationen. Das Ganze in einem sehr flüssig lesbaren Stil und bis zur letzten Seite abwechslungsreich dargestellt.
Wer sich für die Gesamtheit aus Personen, deren Geschichte in die Zeit in der sie lebten und wirkten interessiert, dem wird das Buch sicher gefallen.
Es geht nicht nur um jeweils eine Person oder ein Programm. Es geht um Raumfahrt, Menschen die sie betreiben, deren Umgebung, Anstrengungen, Entbehrungen und auch Hoffnungen (die sich nicht immer erfüllten).
Die Frühzeit der Raumfahrt mit den ersten Missionen der beiden Protagonisten wird ebenso beschrieben, wie die nach-Mondlande-Apollo- Ära. Über das erste gemeinsame bemannte US/SU Projekt bis hin zum Shuttle und der gemeinsamen Raumstationsnutzung und einem Rück- und Ausblick auf die Raumfahrt schließt das Buch.
Man erfährt auch sehr viel über die Familien/Familienleben und die Kinder. Deren Unbedarftheit und teilweise lustigen Einschätzung zur Tätigkeit ihrer Väter.
Die Nachkriegszeit und Ära Chruschtschovs und Kennedys einschließlich ihrer „Ablösung“ und die harte Struktur des Militärs mit Versetzungbefehlen und dem Versuch eine Familie in diese Rahmenbedingungen zu integrieren, sowie der Dienst als Militärpiloten leitet die Beschreibungen ein.
Beide schildern auch kritische Situationen und ihre jeweilige „Rettungsreaktionen“.
Das beginnt mit Flugunfällen und geht bis zu hochkritischen Raumflugphasen ihrer jeweiligen Missionen.
Dabei werden viele Details, die in den „offiziellen Beschreibungen“ ihrer Missionen fehlen oder zumindest nicht im Vordergrund der Berichterstattung standen, ergänzt. Und das ist das Salz in der Suppe diese Buches.
Zur Erinnerung – die Missionen beider Raumfahrer:
Alexej Leonov: Woschod 2 und Sojus 19
David. Scott: Gemini 8, Apollo 9 und 15
Alexej Leonov erklärt nachvollziehbar den Ausdruck „weißer Neid“ nach der erfolgreichen Landung von Apollo 11.
David Scott erklärt im Gegenzug was eine stehende EVA ist.
Viele wichtige Personen der Raumfahrtgeschichte werden aus persönlichem Erleben und teilweise sehr detailliert beschrieben. Um nur einige zu nennen: Sergej Koroljov, Juri Gagarin, auch Günter Wendt bleibt nicht unerwähnt.
Es wird in den Schilderungen auch allen großen Tragödien und Opfer der Raumfahrt gedacht und teilweise ergeben sich überraschend nahe Schilderungen und persönliche Verbindungen zu den diesbezüglichen Ereignissen.
Der ungeheure zeitliche und finanzielle Druck, der teilweise für die Katastrophen mitverantwortlich war und risikoreiche Entscheidungen werden mit Hintergrundinfos kombiniert.
Oft ist auch eine gute Mischung aus Humor, Bauernschläue und Ironie zu erlesen.
Dazu gehört auch eine Schilderung bezüglich Gagarins dialektischer Gottessicht gegenüber geistlicher und weltlicher Autorität mit alternierender Aussage.
Ein deutscher Dialog zum Erwachen auf dem Mond ist auch beschrieben. Der menschliche Forschergeist, der zum kreativen Auslegen von Vorschriften bei der Tätigkeit auf dem Mond, vom Landeanflug bis hin zu grünem Gestein reicht wird auch dargestellt.
Nach der erfolgreichen amerikanischen Mondlandung begann eine Zeit des Tauwetters und langsam wachsender Zusammenarbeit US/SU, die in der SU „razryadka“ genannt wurde.
Nach dem Staatsbesuch des amerikanischen Präsidenten Nixon bei Breschnew in Moskau wurde ein Abkommen über die weitere Zusammenarbeit und ein gemeinsames bemanntes Raumfahrtprogramm zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion unterzeichnet.
Damit beginnt der Abschnitt, der dem Buch den Hauptbezug für die beiden Helden gibt.
Die ersten Treffen, das Herantasten, Bestaunen, Verwundern und erstes Vertrauen zwischen beiden Seiten werden beschrieben, ebenso Missverständnisse und Ängste. Trinksprüche und Wünsche für eine „sexful future“ führten zu Verwunderung und Gelächter. Journalisten mit reißerischer Berichterstattung über Polizisten ohne jedes Sprachverständnis in der Ukraine und der Bierkauf in Amerika außerhalb der Öffnungszeiten zeigen alle Facetten des Lebens auf.
Auch die weiße Sonne der Wüste wurde in Baikonur gesehen, was ein gutes Omen war und mit half bei der Überwindung von Problemen bei der darauffolgenden Mission.
Alexej Lenonov schildert auch sehr klar seine Enttäuschung über die Entwicklung der Raumfahrt in seinem Umfeld Ende der 80er Jahre. Speziell zum Shuttle – Buran Thema geht er auf die „von oben“ gestellte Frage ein „wieso haben wir so ein System nicht?“. (hat mich an „Bischoff, da scheppert nix, warum kanns der…“ erinnert.
Beide Helden beschreiben das Ende ihrer jeweiligen Raumfahrtkarriere und ihren teilweise erzwungenen Ruhestand mit einem nochmaligen Rückblick und Wünschen für die Zukunft.
Auch wird erklärt, warum in „2010: Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen“ das Raumschiff nach einem der Helden benannt ist.
Insgesamt, ca. 460 Seiten, die sich aus meiner Sicht absolut lohnen durchgelesen zu werden.
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Zusatz:
Besonders gefallen haben mir die Abschnitte, die beide teils unmittelbar und gemeinsam erlebten, die aber durchaus unterschiedlich beschrieben werden.
Dies betrifft vor allem die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Apollo-Sojus Projekts (ASTP oder EPAS).
Zu den Abschnitten über die Vorbereitung des ASTP passt u.a. auch ein kleiner Film, der die Stimmung beim Besuch der amerikanischen Delegation in der Sowjetunion ganz gut widerspiegelt.
Mit der ensprechenden zeitgenössischen Musik untermalt, kommt der Style der 70er auch gut zur Geltung. Ich denke die Bilder erklären viel selbst. Interessant ist bei 2 min. 50 sec. die Sprachbemühung von beiden Seiten zu hören.
http://d1a.net-film.ru/web-tc-mp4/fs32062.mp4http://d1.net-film.ru/web-tc-mp4/fs32063.mp4dksk