Ich bin das Paper jetzt mal durchgegangen, und da sind zwei Dinge:
- in dem Artikel muss meiner Meinung nach noch nachgearbeitet werden (dazu sage ich später noch was)
- die Ergebnisse (x% gespart ...) sind nicht allgemeingültig, sondern hängen von den Missionsszenarien ab ... man muss also in die Details der Ergebnisse schauen, um sie zu interpretieren ... und das geht bei den Zusammenfassungen unter.
Die sparsameren Routen gegenüber Hohmann gelten für hohe Zielorbits um den Mars, ab h> 22000km. Je höher, desto sparsamer sind diese "ballistic capture"-Transfers. Bei Zielorbits darunter sind die Hohmanntransfers effizienter. (Wenn man dann noch bedenkt, dass heutige Marsmission praktisch keine idealen Hohmanntransfers mehr zum Mars macht, relativiert das die Ergebnisse nochmal ...).
Der ballistische Transfer hätte den Vorteil, dass man Startfenster breiter und öfter gestalten kann. Aber auch das gilt nur gegenüber idealen Hohmanntransfers. Heutige Marsmissionen haben normalerweise auch mehr als nur einen Starttag für ihre Transferbahnen.
"Ballistic Capture" ist nie stabil. Im untersuchten Beispiel bleibt der Orbiter nur für 6 (lange, hohe) Orbits um den Mars gebunden ... danach verlässt er ihn wieder. Wenn man länger bleiben will, muss man auf jeden Fall manövrieren.
Ach ja, die 25% Ersparnis werden nirgendwo im Paper berechnet, sondern stehen nur im Abstract und in der Summary. Die dargestellten Beispielrechnungen haben andere Werte ... aber zur Kritik am Paper komme ich vielleicht noch.
Grundsätzlich ist das Gefundene nicht revolutionär, sie haben nur schon bekannten Techniken angewandt und gut kombiniert. Die Ergebnisse sind dabei sehr fallspezifisch und müssen genau interpretiert werden, um daraus einen Anwendungsfall abzuleiten ... oder auch auszuschließen.
Diese "ballistic captures" zu berechnen, ist an sich ein großes Absuchen des Lösungsraums. Man kommt nicht konstruktiv zum Ergebnis, sondern man probiert viel aus. Es gibt praktisch unzählige Anfangsbedingungen, und damit auch unzählige, mögliche Ergebnisse. Zum Glück ist der Lösungsraum (quasi Gravitationspotentiale) glatt, so dass in Nähe einer Lösung gleichartige Lösungen lauern (also keine unstetigen Überraschungen auftreten). Trotzdem hängen die konkreten Ergebnisse stark vom physikalischen Modell, dessen Parametrisierung und den Such-/Rechenalgorithmen mit ihren Ungenauigkeiten ab. Da der Lösungsraum so riesig ist, können hier Suchstrategien helfen, gute und noch bessere Lösungen zu finden.