Philae und die speziellen Probleme von Langzeit-MissionenBei Missionen, die erst jahrelang unterwegs sind, bevor sie aktiv werden können, wie zB ROSETTA (Start 2004 – Ankunft 2014 ),
DAWN (Start 2007, Ankunft Ceres 2015 ), CASSINI –Huygens (Start 1997, Ankunft 2005 ), NewHorizons (Start 2006, Ankunft 2015) stellen sich besondere technische Probleme
- einmal natürlich die reine Dauer der Flugzeit, die zu Verschleißeffekten führen kann (notorisch: Drallräder !), aber auch zu anderen Langzeiteffekten, zB Whisker-Bildung an Lötstellen
Technische Maßnahmen: regelmäßiges, aber sparsames Bewegen von Mechanismen
(ist aber zB bei Abstoßmechanismus und Landegestellentfaltung nicht möglich ;-) )
Whisker-Bildung: mechanische Dauerbeanspruchung von Lötzinn vermeiden durch Zugentlastung von Pigtails, Steckverbindern etc; mechanische Befestigungspunkte von Platinen zinnfrei halten, statt dessen galvanisch vergolden (mit Nickel-Chrom-Sperrschicht zum Kupfer).
Bestückte Platinen mit Schutzüberzug zB PARYLENE C.
Whisker können mehrere cm lang wachsen und Kurzschlüsse verursachen –
Letzter bekannt gewordener Fall: Teilchenexperiment auf CASSINI
http://www.sciencedaily.com/releases/2012/06/120606210618.htm- die Ansammlung von Strahlenschäden durch energiereicher Teilchen; betroffen sind in erster Linie elektronische Bauteile,
aber auch optische Gläser (Bildung von Farbzentren, „browning“)
Technische Maßnahmen: strahlungstolerante Bauteile verwenden; spot shielding empfindlicher Bauteile wie CCDs oder Speicherchips mit high-Z-Materialien (Tantal, Wolfram, Blei);
bei optischen Gläsern: strahlungsunempfindliche Varianten wählen (Cer-dotierte Gläser; Quarz)
- die Wirkung des dauernden Ultrahochvakuums des Raums, das zu ultrareinen Metalloberflächen führt, die dann zu sogenanntem Kaltverschweißen neigen (tödlich für Mechanismen) – die sich berührenden Metalloberflächen diffundieren ineinander.
Beispiel: High-Gain-Antenne von GALILEO 1991, ließ sich nicht mehr entfalten (siehe Wikipedia-Eintrag).
Technische Maßnahmen: Metall-Metall-Kontakte bei bewegten Teilen möglichst vermeiden,
Verwendung selbstschmierender Kunststoffe (VESPEL SP3; PEEK; DYNEEMA-Seilzüge);
Kugellager in Keramik-Hybridausführung (Kugeln aus Siliziumnitrid Si
3N
4) u.ä.
Ein etwas anders geartetes Problem bei solchen Langzeitmissionen ist die „Haltbarkeit“ der Teams am Boden : wenn man zB die Liste der ROSETTA-Pi’s 1996 und 2014 vergleicht, findet man kaum noch die ursprünglichen Namen: manche sind inzwischen verstorben, wie zB Angioletta Coradini , PI von VIRTIS (gest. Sept 2011), andere sind auf Grund von gesundheitlichen oder arbeitsrechtlichen Problemen (Altersgrenze) ausgeschieden und ersetzt worden – wobei die Probleme der Kontinuität und des „knowledge transfers“ oft ungelöst bleiben ...
Gruss HHg