Das ist Quatsch !
Wenn dem jetzt wirklich gute Argumente folgen würden, die auch Bezug zu meinem Text hätten, würde ich die Hacken zusammenschlagen, mich entschuldigen, und mich zu dem Thema nicht weiter äußern. Die Argumente kann ich aber nicht erkennen. Also:
Beim Nebenstromkreislauf müssen die Pumpen nur etwas mehr Druck erzeugen als der Brennkammerdruck vorgibt (Brennkammerdruck plus Druckverlust Kühlung plus Druckverlust Einspritzkopf.) Daraus ergibt sich gegen Umgebung bereits ein sehr hohes Druckverhältnis für die Turbine, eine weitere Erhöhung ergibt keine weitere Leistungssteigerung.
Es geht hier überhaupt nicht um "Leistungssteigerung", dazu habe ich kein Wort gesagt. Ich behaupte aber weiter, die daß eine weitgehend leckagefreie Abdichtung zur Atmosphäre hin bei diesen Betriebsbedingungen sehr schwierig ist. Und daß die leckagefreie Abdichtung bei einem Hauptstromtriebwerk eine deutlich geringere Bedeutung hat. Und dadurch besser, berührungslos lösbar ist. Ein Gegenargument wäre angenehm.
Beim Hauptstromkreislauf muss aber in etwa das 2-1/2 fache des Brennkammerdrucks erzeugt werden, damit sich für die Turbine ein Druckverhältnis ergibt mit dem man die Pumpen antreiben kann. Also wesentlich höhere Pumpendrücke. Daher laufen die Turbopumpen auch wesentlich schneller, und da ergeben sich dann die Probleme bei Lager und Dichtungen.
Höhere Drücke kann man auch durch Mehrstufigkeit und größere Durchmesser erreichen, nicht nur durch Drehzahl. Raptor hat, soweit ich sehen kann, eine zweistugige Methanpumpe. Die beste Dichtung ist immer die, die man nicht braucht, was ich für das Hauptstromtriebwerk annehme. Eine "Spaltdichtung" ist nur ein "Loch".
Zur Lagerung: Wenn es gelingt, den Rotor so zu lagern, daß reine Flüssigkeitsreibung herrscht, ist das kein großes Problem. Also eben "Spaltdichtung" und "hydrodynamische Gleitlager". Die Lager aus hoch verschleißfesten Werkstoffen (Siliziumkarbid z.B.) oder guten Notlaufeigenschaften, wegen des ungünstigen Anlaufverhaltens. (Noch kein Flüssigkeitspolster.) Irgendwo habe ich hier gestern auch den Vergleich der Drehzahl eines "Hubkolbenmotors" (Hallo Ringkolbenmotor!
) mit einem dynamisch ausgewuchtetem Rotor gesehen, das ist natürlich Nonsens.
Nicht umsonst waren die Turbopumpen das Bauteil beim Space Shuttle Triebwerk SSME, welches mit Abstand am häufigsten gewartet oder gleich ausgetauscht werden musste, da der Verschleiß so hoch war.
Ich zitiere mal aus einem Artikel der NASA / Marshall Space Flight Center zum Thema "Space Shuttle Main Engine Turbopump". Ich bitte um Entschuldigung, daß ich das für diesen Privatdisput nicht übersetze:
The second major modification was the Block I engine, first flown in 1995. The main upgrade was
a robust, low maintenance high-pressure oxygen turbopump....In addition, the new oxygen turbopump included new bearing elements made of silicon nitride, a ceramic material that is 30 percent harder and 40 percent lighter than steel. Incorporation of this new material greatly improved the wear performance and fatigue life of the turbopump bearings. und
The Block IIA engine—first flown in 1998 .... The latest modification, the Block II engine, adds a new high-pressure hydrogen turbopump and incorporates the changes made in the Block I and Block IIA engines. These new hydrogen turbopumps, also developed by Pratt & Whitney, incorporate several significant upgrades in pump technology, resulting in increased operational reliability.Die Hervorhebungen im Text sind von mir.
Also - die Probleme beim SSME wurden spätestens 1998 behoben und sie betrafen die
Lagerung. Nachdem Siliziumkarbid verwendet wurde und vielleicht noch andere Anpassungen gemacht wurden. Bei ausreichenden Drehzahlen bildet sich ein Flüssigkeitspolster und es gibt praktisch keine Reibung. Das Anlaufverhalten ist aber kritisch, es kann die notwendige Geometrie beschädigen. Siehe "Hydrodynamisches Gleitlager" in der Wikipedia.
Von Dichtungen lese ich hier nichts, daher ist für mich naheliegend, daß man eben berührungslose Spaltdichtungen verwendet hat, wie ich es oben für Raptor angenommen habe. "Richtige" Dichtungen (also mit aufeinander gleitenden Ringen) sind bei diesen Betriebsbedingungen in der Regel das wesentlich größere Problem, als die Lagerung. Und sie haben ein Gewicht.
Siliziumkarbid gab es übrigens schon lange vor 1995 bzw.1998, ich habe den Einsatz dieses Werkstoffes für Gleitringdichtungen bereits aus den siebziger Jahren im Gedächtnis. Die Entwickler des SSME hatten also vielleicht die Chance, den Werkstoff von Anfang an zu verwenden.
Wikipedia:
Das SSiC [gesintertes SiC] ist daher für Anwendungen mit extremen Ansprüchen prädestiniert, z. B. für Gleitringdichtungen in Chemiepumpen, Gleitlagern, Hochtemperaturbrennerdüsen oder auch Brennhilfsmittel für sehr hohe Anwendungstemperaturen. Die Verwendung von SSiC mit Grafiteinlagerungen steigert die Leistung von Tribosystemen. Und noch eine private Anmerkung, speziell zu denen, die begeistert klatschen: Ich versuche dort, wo ich mit meinen eigenen Erfahrungen dazu beitragen kann, die Zusammenhänge zu beleuchten. Wo ich mich nicht auskenne schweige ich und lese, was andere schreiben. Natürlich kann ich mich auch irren, wie jeder, hier scheint das aber bisher nicht der Fall zu sein. Ich habe außerdem den Eindruck, daß manche die Raumfahrttechnik als eine Art Religion sehen. Jeder, der deren extremen "Hochtechnologiestatus" in bestimmten Aspekten "erniedrigt", ist ein "Sünder" und muß verachtet werden. Zu viel kritiklose Begeisterung schadet, es ist eine durchaus "menschliche" Technik. (Danke McPhönix
)
EDIT 12:24: Jetzt sehe ich, daß das Klatschen vermutlich den Beitrag von McPhönix betraf, ich entschuldige mich für die falsche Annahme. Die Anmerkung zur "Religion" scheint aber dennoch aus meiner Sicht richtig, nur eben nicht auf RonB bezogen.