Raumanzüge

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Offline dksk

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Re: Raumanzüge
« Antwort #50 am: 27. November 2013, 11:00:33 »
Am Beispiel des Apollo-A7L Raumanzugs hier mal ein Dokument mit Bezügen zum "waste management system" unter besonderer Berücksichtigung des "urine transfer connector".
In der pdf ist auf Seite 28 eine Übersichtsdarstellung des Anzuges mit dem urina transfer connector und auf Seite 30 eine Detaildarstellung.
Die zugehörige Hose mit Schnittstelle ist dann auf Seite 72 beschrieben.

http://next.nasa.gov/alsj/A14EMU-v1.pdf

dksk

Re: Raumanzüge
« Antwort #51 am: 27. November 2013, 13:18:23 »
Jaja, die gute alte Zeit.
Statt Behälter gibt's heutzutage ja das MAG (Maximum Absorption Garment), die Superwindel für Erwachsene. Ich frag mich stets wie man die vollgesogenen Dinger in Schwerelosigkeit ohne große Sauerei nicht nur vom Körper bekommt, sondern sich selbst auch wieder sauber kriegt.... :-[. Da dürfte nach einem achtstündigen EVA etwas Zeit für die Körperhygiene draufgehen. ;D
Ein eher unappetitliches Detail des Astronautenlebens, fürchte ich.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

Offline dksk

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Re: Raumanzüge
« Antwort #52 am: 27. November 2013, 13:36:27 »
Dafür gibt es doch patentierte Lösungen!

http://www.faqs.org/patents/app/20120226256

dksk

*

Offline HausD

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Re: Raumanzüge
« Antwort #53 am: 27. November 2013, 14:10:23 »
...die ... windel für Erwachsene.
Da dürfte nach einem achtstündigen EVA etwas Zeit für die Körperhygiene draufgehen. ;D
Ein eher unappetitliches Detail des Astronautenlebens, fürchte ich.
Hey Doc, is was?
Dann solltest du nicht Astro- oder was für ein -naut auch immer werden.

Nun etwas ernsthafter:
Urin in der menschlichen Blase ist steril!
Darminhalte sind es dagegen nicht, da dort eine Unzahl von Bakterien mit dem Menschen gemeinsam an der Verdauung der Nahrung arbeitet.

Daher lernen die Raumfahrer auch, dass sie max. dem nicht unterdrückbaren Harndrang nachgen, jedoch den Darm unter Kontrolle behalten.

Warum gibt es nicht unterdrückbaren Harndrang überhaupt?
Das liegt an der Durchblutungssituation der Nieren:
  • -beim Start liegen die Raumfahrer in ihren Sitzen und die Nieren werden ungewöhnlich stark mit Blut belastet, was sie zum vermehrten Blut"waschen" anregt, ohne dass der Mensch darauf Einfluss nehmen könnte. Er kann sich ja nicht drehen, wire zB. nachts im Schlaf. Mancher hält es aus, mancher muss eben...
  • -bei EVAs können ähnliche Situationen eintreten, die durch den an die Schwerelosigkeit nicht vollständig angepassten Kreislauf ein Blut"überangebot" an den Nieren zu einer ebenfalls vermehrten Harnproduktion verursachen. Da macht aber auch die relativ lange Zeit etwas aus, einer muss nach 5 h unbedingt, der andere nicht.

Die Vorbereitung ist auch ganz wichtig:
Vorher nicht übermäßig essen und trinken!
Sigmund Jähn hat einmal über den Rat von Waleri Bykowski gesprochen, den Tee, den man (nach Plan) vor dem Start trinken sollte, lieber nicht zu trinken, er wüsste warum!
Vorher auch noch einmal einen stillen Ort besuchen!
Das sind eigentlich alles Dinge, die man von Kind auf gehört hat...

Also Doc, nicht gleich in die Hosen machen, rät HausD

Re: Raumanzüge
« Antwort #54 am: 27. November 2013, 14:30:38 »
Dafür gibt es doch patentierte Lösungen!

dksk

Da schau her.....ob die sowas da oben haben???
 8)
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

Re: Raumanzüge
« Antwort #55 am: 27. November 2013, 14:34:02 »

Sigmund Jähn hat einmal über den Rat von Waleri Bykowski gesprochen, den Tee, den man (nach Plan) vor dem Start trinken sollte, lieber nicht zu trinken, er wüsste warum!

Also Doc, nicht gleich in die Hosen machen, rät HausD

Sehr schöne Anekdote.... :) :)
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ilbus

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Re: Raumanzüge
« Antwort #56 am: 27. November 2013, 14:54:22 »
Doc Hoschi, ich habe die Frage mit dem Druck des EVA-Anzuges etwas besser verdaut. Und zwar habe ich mich etwas besser daran errinert, was man in der Flugausbildung bei "menschlichen Leistungsvermögen" uns da erzählt hat.

 Und zwar, dass man den sinkenden Druck und damit sinkenden Sauerstoffgehalt vor allem ab ca 10oooft MSL (3000 über Normal Null) durch das Beimischen zusätzlichen Sauerstoffs ausgleicht. Das funktioniert aber nur bis zu einer Bestimmten Höhe. Ich habe da eine Zahl von 40oooft MSL (12km NN) ab der der Sauerstoffanteil schon 100% des Atemlufts beträgt. Der Aussendruck beträgt dabei ca 200mbar oder eben 200hPa. Ab diesen Werten braucht man langsam den Druckanszug, sonst hat es der Körper nicht mehr so gesund mit den Druckunterschieden. Das geht soweit, dass in den Höhen über 25km der Siedepunkt des Wassers soweit absinkt, dass alles Wasserhaltiges auf der Haut an den Schleimhäuten in den Lüngen anfängt zu kochen. Dass das ein Mensch nicht überlebt ist klar, denke ich. Dort ist ein komplettes druckbeaufschlagtes Druckanzug erforderlich.

Jetzt zurück zu den Raumanzügen. Bei guten 250mbar Druck ist man immer noch weit von dem Wert der in 12km Höhe Herschen würde. D.h der Körper "arbeitet" weniger, um den Druck auszugleichen (nicht gegen die Aussenwelt, sondern gegen den im Anzug herschenden Druck). Also ist man auf der sicherern Seite und es scheint einen geringeren Sauerstoffverbrauch zu begünstigen. Die Möglichkeit der Arbeit unter der reinen Sauerstoffatmosphäre ersparrt die Notwendigkeit einer Gasgemsichaufbereitung.
« Letzte Änderung: 27. November 2013, 22:48:53 von Ilbus »

Re: Raumanzüge
« Antwort #57 am: 27. November 2013, 16:00:08 »
D.h der Körper "arbeitet" weniger, um den Druck auszugleichen (nicht gegen die Aussenwelt, sondern gegen den im Anzug herschenden Druck).

Aber wenn dem so ist, weshalb sind dann die EMUS und Orlans bei 300 bzw. 400mbar druckbeaufschlagt und nicht ebenfalls tiefer?
Außerdem beantwortet das leider mein eigentliches Problem nicht:
Beim EMU atmet der Astronaut 4h vor dem EVA reinen Sauerstoff, beim Orlan nur 30min Voratmung (einleuchtend, Innendruck ist ja auch höher). Beides nur, damit der Stickstoff aus dem Blut raus ist. Genau deswegen atmen wir Taucher gerne Nitrox (weniger Stickstoff, und mehr Sauerstoff), um den ollen Stickstoffanteil im Blut zu vermindern.
Und die Shuttle-Crew????? Die hatten vor dem Start nichts vorgeatmet, ordentlich Stickstoff im Blut und sitzen dann plötzlich im Notfall mit nur noch 241 mbar (dabei ist es total egal, ob reiner Sauerstoff oder nicht) in ihrem Sitz. Das bisher gelöste Stickstoff gast aus dem Blut aus und...... na jedenfalls ein klassischer Fall von Ebullismus. Da scheint irgendein Puzzlestück zu fehlen.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

ilbus

  • Gast
Re: Raumanzüge
« Antwort #58 am: 27. November 2013, 17:20:21 »
Vielleicht das:

bei verschidenen Risokominimierungs- und Abfangmassnahmen macht man irgenwann mal ein Schnitt und findet sich mit dem Restrisiko ab. Bei dem Shuttle sind es sehr viele solche Schnitte gewesen. Nach dem Motto: ein Bisschen Dekoprobleme sind das gerigere Problem als kochende Körperflüssigkeiten. Was bei der anderen Partie einfach anderes entschieden wurde?
« Letzte Änderung: 27. November 2013, 22:49:48 von Ilbus »

Offline dksk

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Re: Raumanzüge
« Antwort #59 am: 27. November 2013, 18:54:56 »
Da stellen sich mir zwei Fragen:

1: Kann das beim Shuttle-Anzug mit optionalen Evakuierungsmaßnahmen vor/beim Start zu tun haben? Ergeben sich damit Vorteile, wenn die Besatzung plötzlich in Umgebungsatmosphäre sein muss?

2. Wie sind die entsprechenden Werte und Optionen beim Strizh (Buran-Anzug)?

dksk

Re: Raumanzüge
« Antwort #60 am: 27. November 2013, 19:54:51 »
Der Strizh hatte einen Innendruck von 400 mbar (ziemlich identisch zum Sokol), da ist die Sache meines Erachtens nach nicht so schlimm.

Vielleicht liegt's schlicht auch daran, dass der ACES (sicherlich auch der Strizh) nur für 10 min Maximaldauer verwendet werden konnte. Dann hätte Ilbus wohl Recht mit der Annahme, dass man einfach kurzzeitig das Risiko eingeht, weil die Alternative durchaus schlimmer wäre.

Hab mir heute Abend jetzt mal den Spaß gegönnt kurzerhand die Herstellerfirma David Clark Company nett anzuschreiben. Mehr als Nichtantworten können sie eh nicht.... 8)
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Re: Raumanzüge
« Antwort #61 am: 28. November 2013, 14:55:41 »
Vielleicht liegt's schlicht auch daran, dass der ACES (sicherlich auch der Strizh) nur für 10 min Maximaldauer verwendet werden konnte.

Verstehe ich das richtig: Beim ACES soll die maximale Betriebszeit bei einem Druckabfall in der Kabine nur 10 Minuten betragen?
Das ergibt für mich keinen Sinn, weil es meiner Meinung viel zu kurz gewesen wäre: Wenn bei einem Start oder einem Wiedereintritt ein Druckabfall in grossen Höhen stattgefunden hätte, hätte es bestimmt viel länger als 10 Minuten gedauert, bis das Shuttle wieder in einer Höhe gewesen wäre, wo der Umgebungsluftdruck hoch genug gewesen wäre, dass man den ACES ausser Betrieb nehmen konnte. Worst case in diesem Zusammenhang wäre doch ein Druckabfall kurz vor MECO gewesen, der einen AOA Abort notwendig gemacht hätte. Dieser hätte bis zur Landung mind. 90 Minuten gedauert. Da hätte der Anzug also schon für ca. 2 Stunden Betriebsdauer ausgelegt sein müssen.
Ich kenne mich mit den ACES nicht gut aus, deshalb auch meine Frage, aber vielleicht gibt's das irgendwo nachzulesen?

Der Strizh war übrigens für eine Betriebsdauer von 12 Stunden in der drucklosen Kabine ausgelegt.
Pojechali!

Re: Raumanzüge
« Antwort #62 am: 28. November 2013, 18:27:35 »

Verstehe ich das richtig: Beim ACES soll die maximale Betriebszeit bei einem Druckabfall in der Kabine nur 10 Minuten betragen?
Ich kenne mich mit den ACES nicht gut aus, deshalb auch meine Frage, aber vielleicht gibt's das irgendwo nachzulesen?

Der Strizh war übrigens für eine Betriebsdauer von 12 Stunden in der drucklosen Kabine ausgelegt.

Hallo Sternfahrer,

ACES:
Primary Life Support: Vehicle Provided
Backup Life Support: 10 minutes

Quelle: http://books.google.de/books?id=cdO2-4szcdgC&pg=PA379&hl=de&source=gbs_toc_r&cad=4#v=onepage&q&f=false (Seite 374)

Zum Strizh finde ich nur das:

"The suit provided the cosmonaut with suited mode duration in an emergency with the PLSS (personal on-board life support system) operating in the closed loop mode for up to 12h"

Quelle: http://books.google.de/books?id=f7pZosHqkbEC&pg=PA352&dq=strizh&hl=de&sa=X&ei=5XiXUpqeE4e2hQeo5oDQCA&ved=0CDgQ6AEwAA#v=onepage&q=strizh&f=false (Seite 352)

Aber holla, auf der gleichen Seite steht zum Strizh:
Main modus: 400mbar
Backup modus: 270mbar <-- ja wann greift der denn?

Wie auch immer, die 12h gelten also daher auch nur für den Notfallbetrieb über den Buran (bei druckloser Kabine) und nicht generell für den autonomen Betrieb. Ich fürchte beide Anzüge sind (im autonomen Modus) einfach nur primär für den Notfallausstieg über die Teleskopstange und damit letztlich zum Fallschirmsprung gedacht und das dürfte innerhalb von 10 Minuten erledigt sein. Sonst hätte man ohnehin andere Probleme.

Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

Re: Raumanzüge
« Antwort #63 am: 28. November 2013, 18:37:53 »
Wenn bei einem Start oder einem Wiedereintritt ein Druckabfall in grossen Höhen stattgefunden hätte, hätte es bestimmt viel länger als 10 Minuten gedauert, bis das Shuttle wieder in einer Höhe gewesen wäre, wo der Umgebungsluftdruck hoch genug gewesen wäre, dass man den ACES ausser Betrieb nehmen konnte.

Wie gesagt, beide Anzüge hatten 30km als Höhenlimit. Immer noch besser als gar keinen Anzug anzuhaben.
Der Sokol kann ja auch nur 2h bei druckloser Kabine (nicht im autonomen Modus) über die Sojus-Kapsel betrieben werden. Kann leider nix zum Thema finden, wie lange der Anzug autonom betrieben werden kann und vor allen Dingen bis in welche Höhen (auf jeden Fall bis mindestens 40km).....:(
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Re: Raumanzüge
« Antwort #64 am: 28. November 2013, 19:04:48 »
Also das beschäftigt mich jetzt immer mehr...... ;)
Denn je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr komme ich zum Schluss, dass sowohl mit ACES als auch mit Strizh, aufgrund der Spezifikationen (30km Maximalhöhe) schwerlich ein Überleben in sehr großen Höhen ermöglicht worden wäre. So ein Fall wie bei Sojus 11 (Kapseldruckausgleich in 168 km Höhe) wäre wohl auch mit ACES oder Strizh nicht sehr gut ausgegangen. Komisch, dass die NASA ihren Astronauten stets nur so einen "besseren Druckanzug" mitgegeben hat.
Würde mich echt interessieren, gegen welchen Minimaldruck ein Sokol schützen kann.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

Offline dksk

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Re: Raumanzüge
« Antwort #65 am: 28. November 2013, 22:06:48 »
Ich mach hier mal kurz eine Gedankensammlung:
So wie es aussieht, gibt es „den Raumanzug“ nicht.
Es bilden sich in der Thematik immer wieder mindestens 3 Hauptvarianten mit entsprechenden Untervarianten heraus. (kann ergänzt werden)
1.   Raumanzug zum Schutz des Menschen innerhalb einer stabilen Struktureinheit
mit Versorgungsintegration in dieser
2.   Raumanzug zum Schutz des Menschen außerhalb einer stabilen Struktureinheit
mit Versorgungsintegration autonom als auch in dieser (Auftanken)
2.1.   im Sinne 2. zur Arbeit im freien Raum auf einer Bahn
2.2.   im Sinne 2. zur Arbeit auf einem Himmelskörper (extraterr.)
3.   Raumanzug zum Schutz des Menschen innerhalb und außerhalb einer stabilen  Struktureinheit mit integrierter und autonomer Versorgung, wobei eine schnellstmögliche situationsabhängige Betriebsregimeänderung möglich ist.
3.1.   im Sinne 3 mit im Ablauf geplanter Betriebsregimeänderung (SK1 Wostok)
3.2.   im Sinne 3 mit im Ablauf ungeplanter Betriebsregimeänderung (Katapultieren/Verlassen der stabilen Struktureinheit)

Diese unterscheiden sich dann logisch in ihren Betriebsparametern und Arbeitspunkten.

Bei Vergleichen der Parameter macht eine Referenzierung daher viel Sinn. Das zeigt aber gleichzeitig, daß auch das Umfeld aus Raumfahrzeug und Missionsparametern ebenfalls zur Differenzierung führt.


So, zum Strizh hab ich mal in dem Buch „Buran sowjeticher Raumgleiter“ – Autorenkollektiv, nachgelesen.

S. 256 f
„Bei der Enthermetisierung der Kabine wird in den Rettungsschutzanzügen automatisch ein Druck von nicht weniger als 0,041 MPa aufrecht erhalten, wobei es kurzfristig möglich ist, manuell auf einen Druck von 0.026 MPa in Abhängigkeit von den physiologischen Parametern überzugehen.
Bei der Havarieenthermetisierung der Kabine beträgt die Zeit zur schnellen Rückkehr der Raumfähre bis zu 12 Stunden.“

Hier noch ein Link, bei dem die Bilder und die Angaben bezüglich Einsatzbereich des Anzuges mit dem Schleudersitz  auch in den Grafiken einige vorgenannte Werte bestätigen/verdeutlichen.

http://www.buran.ru/htm/katapu.htm


Zum Sokol habe ich noch eine schöne Erkläreinheit von Chris Hadfield gefunden.

ws

Zur allgemeinen Entwicklung hier noch was.

ws

dksk

Re: Raumanzüge
« Antwort #66 am: 28. November 2013, 23:29:50 »
@ dsk:

Danke für die netten Links.
Bin immer noch etwas am Schlucken, dass sogar (!!) Chris Hadfield von kochendem Blut spricht. Das ist....sorry, Schwachsinn und mittlerweile an x Stellen im Internet nachzulesen, sogar direkt bei der NASA! Genauso die Wissenschaftler (??)  beim Projekt Red Bull Stratos. Die haben in's gleiche Horn gestoßen. Schlimm, wenn sogar die Experten derlei Halbwahrheiten verkünden.

Tatsache ist:
a) ab einer Höhe der Armstronglinie (ca. 19km Höhe und 63mbar Außendruck) kocht offenes (!!) Wasser bei Körpertemperatur
b) ab einem Druck von ca. 30mbar kocht Wasser auch bei Raumtemperatur
c) der Körper ist ein eigener Druckanzug, d.h. die Gefäße und die Haut umhüllen alle Flüssigkeiten und bilden einen Gegendruck, der zu jeder Zeit 63mbar erzeugen kann, d.h. Blut kocht im Vakuum nicht bei Körpertemperatur, Speichel im Mund und Hautschweiß schon....weil offen und ohne Gegendruck.

Das steht auch so bei Wiki:
http://en.wikipedia.org/wiki/Effect_of_spaceflight_on_the_human_body#The_vacuum_of_space
Und da gibt es viele andere Quellen, die das gleiche besagen, was wenig verwundert, da es eben physikalisch erklärbar ist.
Da kocht niemand und da platzt niemand......tödlich und extrem unschön ist es trotzdem. Aber egal.

Ich denke, dass du die Unterscheidungen der Anzugstypen zu sehr differenzierst.

Ich persönlich reduziere die Raumanzugstypen in zwei bzw. drei Kategorien:
1. EVA (Extravehicular Activity) Anzüge für Arbeit im richtig tiefen Vakuum (EMU (baldiger Nachfolger: Z2), Orlan-Klasse, Feitian und eventuell bald auch der Biosuit vom MIT (schon nah dran, aber eben nicht ganz). Zur gleichen Klasse zaählen auch die Apollo-Anzüge auf dem Mond, auch wenn diese viele Extras aufwiesen. EVA-Anzüge funktionieren bis zu 8h autonom, können aber auch von einer Station, Shuttle, Kapsel versorgt werden.
2. LES (Launch Entry Suit) zum primären Schutz während des Starts und des Wiedereintritts . Beispiele: ACES und Strizh (hier allerdings nur bedingt (30km) bzw. nur bei bei langsam abfallendem Druck in größerer Höhe) und Sokol, IS3 von Orbital Outfitters, der Anzug von Final Frontiers und der Anzug, den eben Spacex gerade entwickelt. Von keinem der letzteren kenne ich die maximale Einsatzhöhe.
3. Anzüge auf anderen Himmelskörpern mit Grobvakuum (300-1mbar und sorry, dazu zählt mit 6mbar trotz seiner Atmosphäre und Stürme übrigens auch der Mars!) wurden noch nie eingesetzt und ich kenne auch nur einen Typen, der dafür in der Entwicklung ist: Der Biosuit.

Ich verstehe einfach nicht, weshalb die LES-Typen ACES und Strizh nur bis 30km Höhe wirksam gewesen sein sollen. Da müsste man die wirklichen Experten fragen.

Der Sokol ist auch ein LES und ich kann damit keine EVAs machen. Ohne Quelle für den minimalsten Druck, den er aushalten kann, kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie dieser laut Chris Hadfield eine Katastrophe wie bei Sojus 11 hätte vermeiden können. Sicher hat der Sokol eine größere maximale Höhennutzbarkeit als ein ACES oder Strizh und sicher ist es besser bei einem Leck in einem Anzug während des Abstiegs geschützt zu sein, in der Hoffnung schnell die großen Höhen hinter sich zu lassen und die max. Einsatzhöhe des Anzugs zu erreichen. Vielleicht reicht die Zeit ja wirklich.....abr bei schlagartiger Dekompression....

Fragen über Fragen.... ;) ;)
Aber jetzt erst einmal den Start von Spacex genießen... ;D
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Re: Raumanzüge
« Antwort #67 am: 29. November 2013, 00:53:25 »
@Doc Hoschi
Wieso schreibst Du immer von "30km Maximalhöhe"? Ich denke, Du hast da was missverstanden.
Wie gesagt, wurde der Strizh und das dazugehörige, im Buran installierte PLSS* mit der Bezeichnung BRS-1M, dafür ausgelegt, während mind. 12 Stunden in einer drucklosen Buran-Kabine einen Anzuginnendruck von 400mbar aufrechtzuerhalten. Dies, um eine Wartezeit im Orbit zu ermöglichen, damit der Abstieg erst begonnen werden muss, wenn entweder die Landebahn in Bajkonur oder eine der Notlandebahnen erreicht werden kann.
Die 30 km Maximalhöhe beziehen sich nur auf einen Ausschuss mit dem Schleudersitz, der nur bis zu dieser Höhe und maximal Mach 3 möglich ist.
Wenn die Crew sich aber nicht katapultiert oder nicht katapultieren kann und in der enthermetisierten, also drucklosen Kabine bleibt und der Anzug so vom PLSS* versorgt werden kann, gibt es keine Limite für die Maximalhöhe, bzw. für den minmalen Aussendruck.
Letzteres gilt auch für den Sokol.

*PLSS = Personal Life Support System: Im Fall von Strizh ist dies ein an Bord des Buran fest installiertes aber separates Lebenserhaltungssystem, mit dem im Notfall jeweils 2 Strizh-Anzüge versorgt werden können.
« Letzte Änderung: 29. November 2013, 10:38:08 von Sternfahrer »
Pojechali!

Re: Raumanzüge
« Antwort #68 am: 29. November 2013, 01:13:25 »
@Doc Hoschi
Wieso schreibst Du immer von "30km Maximalhöhe"? Ich denke, Du hast da was missverstanden.

Weil's hier leider schwarz auf weiß geschrieben steht... :-[..(zumindest für den ACES) und das russische Pendant ist nunmal der Strizh:

http://www.nasa.gov/centers/johnson/pdf/383443main_crew_escape_workbook.pdf (Seite 15)
100 000 Fuß sind 30km!

In dem Video von Chris Hadfield im Falle von Rauch auf der ISS ,bzw. in der Sojuskapsel, sagt er ja auch nicht, oh, dann öffnen wir mal schnell das Ventil in der Sojuskapsel zum Weltraum und saugen den Rauch raus. Nein, er sagt, in dem Anzug kann man im Rauch überleben.
Sorry, spricht irgendwie alles für meine Vermutung, auch wenn ich dir glauben will.

Bitte versteht mich nicht falsch, ich verweigere mich einem Rettungsanker nicht.....ich suche ihn ja selbst. :'(
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Re: Raumanzüge
« Antwort #69 am: 29. November 2013, 02:57:46 »
@Doc Hoschi,
Okay, dann gilt diese Maximalhöhe wohl für den ACES, aber nicht für den Strizh. Strizh ist zwar ein Pendant zum ACES, das bedeutet aber nicht, dass er die gleichen Fähigkeiten und Einschränkungen haben muss. (Wie kommst Du denn darauf? Das von Dir verlinkte NASA Dokument bezieht sich nirgendwo auf den Strizh.)
Wie gesagt: Strizh wurde darauf ausgelegt in einer enthermetisierten Kabine im Orbit während 12 Stunden zu funktionieren. Die ursprüngliche Anforderung war übrigens 6 Std. wurde dann aber erst auf 8 und später auf 12 Std. erhöht, um Buran zu ermöglichen auch in einem nicht dringenden Havariefall auf einer der mit den nötigen Bodensystemen ausgerüsteten Landebahnen auf sowjetischem Boden zu landen. Eine solche Anforderung würde ja auch keinen Sinn machen, wenn der Anzug nur bis 30 km tauglich wäre, da die Zeit von 30 km runter auf eine Höhe mit "erträglichem" Luftdruck ja höchstens ein paar Minuten betragen würde.

Umgekehrt leuchtet mir jetzt auch ein, wieso der ACES im Notfall nur 10 Minuten halten musste: Für einen Abstieg aus 30 km Höhe reicht dies aus und für grössere Höhen war er ja nicht ausgelegt.

Zum Vergleich wäre noch interessant, wie die max. Betriebshöhe (nicht max. Ausschusshöhe!) und max. Betriebszeit beim EES waren, den die Astronauten der ersten vier Shuttle-Missionen trugen.
« Letzte Änderung: 29. November 2013, 10:54:11 von Sternfahrer »
Pojechali!

Offline dksk

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Re: Raumanzüge
« Antwort #70 am: 29. November 2013, 11:03:59 »
Zum Thema Sokol KB in druckloser Kabine habe ich folgende Infos gefunden:

…Technische Merkmale Sokol KB…
Zeit zum  Aufenthalt im Anzug in einer druckbeaufschlagten Kabine für bis zu 30 Stunden;
Zeit zum Aufenthalt im Anzug in einem drucklosen Kabine für bis zu 2 Std.;
Raumanzug Betriebsüberdruck von 400 hPa (Hauptmodus) und 270 hPa (Reservemodus);
Lüftungsluftstrom von der On-Board-Versorgung von ≥ 150 l pro Minute (da steht im engl. Text „≥150 standard 1 min−1“ , --- ich habe die „1“ als Liter (l) interpretiert. Zusätzlich komme ich hier bei Wiki auf folgende Info: Das Atemzeitvolumen ist das Luftvolumen, das in einer bestimmten Zeitspanne eingeatmet und ausgeatmet wird. Es wird in l/min gemessen und definiert sich als Atmungsfrequenz multipliziert mit dem Atemzugvolumen. In Ruhe liegt es bei ungefähr 7,5 l/min. [1] Der Atemgrenzwert (auch Minutengrenzwert) ist das bei maximalem Atemzugvolumen und maximaler Frequenz pro Minute ventilierbare Atemluftvolumen. Der Atemgrenzwert beträgt in der Regel 120 bis 170 Liter pro Minute. --- daher nehme ich an, es macht mit 150 l/min Sinn.
Sauerstoffflussrate Standard,  von 20 l pro Minute (analgo 1 durch l ersetzt;

Weiter untern noch differenzierter nach Dekomprimierung und Folgehandlungsvarianten…….zur Info – das verstehe ich aber nicht ganz von den Begrifflichkeiten:

Life support time in case of CA depressurization:  125 min.

Life support time in case of CA depressurization using ПхО O2 stowage tanks (pre-separation): 90 min

Life support time in case of CA depressurization using CA O2 stowage tank (post-separation): 35 min

Quelle – Seite in engl. Sprache
http://suzymchale.com/ruspace/sokol.html

Zum allgemeinen Raumanzugs-Vergleichsthema:

Hier mal noch ein paar Grund- und Vergleichsinfos zu unterschiedlichen Raumanzügen und Angaben zu den Umweltbedingungen im erdnahen Orbit, auf dem Mond und auf dem Mars.

Apollo
Shuttle EMU
AX - 5
MK - III
I -Suit
Orlan - M
EVA-2000 mock-up
http://spacecraft.ssl.umd.edu/design_lib/ICES01-2168.suit_enclosure.pdf
dksk

Re: Raumanzüge
« Antwort #71 am: 29. November 2013, 11:19:40 »
Der ACES konnte (über das Shuttle versorgt) auch sehr viel länger als die 10min betrieben werden. Eben nur nicht im autonomen Modus, nachdem alles ausgefallen ist.
Was wäre denn beim Strizh gewesen, wenn alles (auch das PLSS) ausgefallen wäre.......das PLSS hätte man sich ja nicht unter den Arm krallen können.

Nochmals:
http://books.google.de/books?id=f7pZosHqkbEC&pg=PA352&dq=strizh&hl=de&sa=X&ei=5XiXUpqeE4e2hQeo5oDQCA&ved=0CDgQ6AEwAA#v=onepage&q=strizh&f=false (Seite 219).

Auch für den Strizh galt diese maximale Höhe. Nur bis zu dieser, konnte er zur Evakuierung überhaupt autonom betrieben werden.
LES-Anzüge sind bessere Druckanzüge und sehen auch auf allen Abbildungen genauso aus:

Hier mal der alte U2-Pilotenanzug:


Da kann man nicht einfach mal einen Druck von <1mbar anlegen und ich glaube einfach, dass das unabhängig von der Tatsache ist, ob die Anzüge nun an einer Versorgung hingen oder autonom betrieben wurden.

Quelle – Seite in engl. Sprache
http://suzymchale.com/ruspace/sokol.html

Fies, diesen Link wollte ich auch gerade in dieser Minute posten.. ;D ;D

Was den Sokol-KV2 betrifft, so bin ich zwischenzeitlich tatsächlich davon überzeugt, dass dieser eine Zwischenstufe zwischen klassischem LES und EVA-Anzug darstellt, wobei die technische Verwandtschaft näher beim LES liegt.....wenn man sich die Komplexität eines EVA-Anzugs anschaut.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

Re: Raumanzüge
« Antwort #72 am: 29. November 2013, 11:21:11 »
Zum Sokol habe ich auch noch was: Dass dieser für einen Betrieb mit 400mbar in einer drucklosen Kabine ausgelegt ist, steht so auch im "Soyuz Crew Operation Manual (SoyCOM)" auf Seite 95 oben:
Zitat
The “Sokol-KB-2” Space Suit is designed for maintaining life and operation support of the Soyuz crew in cooperation with spacecraft systems in case of the CA Module depressurization in critical flight phases (launch/orbit injection, docking / undocking / redocking and descent).
(CA ist das russische Akronym für das Landemodul.)

Hier war ja auch noch die Frage nach Sinn und Zweck des sog. Backup-Modus aufgetaucht, wo der Anzugdruck manuell auf 270mbar gesenkt werden kann. Dazu steht im SoyCOM auf Seite 97 unten auch noch was:
Zitat
This mode is used when it is desirable to enhance the suit mobility for a short time period of no more than 5 minutes in the depressurized CA.

(Wegen Copyright weiss ich nicht ob ich das SoyCOM hier verlinken darf. Es ist aber im L2-Bereich von NSF verfügbar.)
Pojechali!

Re: Raumanzüge
« Antwort #73 am: 29. November 2013, 11:53:03 »
Weiter untern noch differenzierter nach Dekomprimierung und Folgehandlungsvarianten…….zur Info – das verstehe ich aber nicht ganz von den Begrifflichkeiten:

Life support time in case of CA depressurization:  125 min.

Life support time in case of CA depressurization using ПхО O2 stowage tanks (pre-separation): 90 min

Life support time in case of CA depressurization using CA O2 stowage tank (post-separation): 35 min

Zur Erklärung:
CA ist das Landemodul, oder "Landekapsel". Dieses hat Sauerstofftanks, die erst in der Zeit kurz vor der Landung zum Einsatz kommen, nachdem das CA von Orbitalmodul (БО) und Servicemodul (ПАО) getrennt wurde.
ПхО ist die Fachwerkstruktur, die das CA mit dem ПАО verbindet. In ihr sind 4 Sauerstofftanks untergebracht, die im Notfall für max. 90 Minuten O2 liefern können, bevor die Module getrennt werden. Die Fachwerkstruktur wird ja mit abgetrennt und mit ihr auch die 4 O2-Tanks. Das ist dann der Moment wo auf die Versorgung durch die internen Tanks des CA umgeschaltet wird, die dann für max. 35 weitere Minuten O2 liefern können. Zusammen ergibt das dann  max. 125 Minuten Sauerstoffversorgung im Notfall.
Pojechali!

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Offline HausD

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Re: Raumanzüge
« Antwort #74 am: 29. November 2013, 12:35:21 »
Hallo dksk und Sternfahrer,
hallo Freunde!
Life support time in case of CA depressurization:  125 min.
 CA O2 stowage tank (post-separation): 35 min
Zur Erklärung:
CA ist das Landemodul, oder "Landekapsel". ...
Erklärung zu CA , das ist Russisch
 -auf Deutsch dann SA und  engl. DM.

Zu den Zeiten:
Hautnah ist (mir) gesagt worden, dass...
Foto: R.R.
...man bei einer Dekompression während der Landung 120 min Zeit bis zum Aufsetzen auf der Erde hat. Falls der Raumanzug dabei noch eine Undichtigkeit bekommen haben sollte, keine totale Dekompression(!), schließt eine Manschtte am Helm und man hat für ca. 1/2 Stunde eine autonome Not-Versorgung des Landenden in den oberen Luftschichten, die in dieser Zeit durchquert werden. Dann wird bei genügend Aussendruck die Belüftung der Rückkehrkapsel (CA, SA, DM) gewährleistet.

Gruß, HausD