Raketenstart: Frühwarnung/Erfassung aus dem Weltraum

Hier mal ein allgemeiner Thread zum Thema Entdeckung von Raketenstarts aus dem Weltraum. Welche Techniken gibt es und wie funktioniert das eigentlich?

Ich kopiere hier meine Frage aus dem Stratolaunch-Thread rein:

Wie funktionieren Raketenstartfrühwarnsysteme eigentlich genau? Klar, man kann mit Infrarotsensoren Raketenstarts aus dem Weltraum entdecken. Aber wie geht das im Detail? Wertet ein Programm die Daten automatisch aus oder muss da permanent jemand vor dem Bildschirm sitzen? Wie hoch ist die Fehlerquote, d.h. welche anderen Ereignisse (Explosionen etc.) sehen für die Sensoren Raketenstarts sehr ähnlich?

Moin,

also das Prinzip ist recht einfach, es entspricht demjenigen, mit dem Astronomen schnellfliegende Asteroide und Kometen entdecken: immer zwischen zwei Bilder hin- und herschalten, dann ändert das Objekt als einziges seine Position.

Frühwarnsatelliten befinden sich in der geostationären Umlaufbahn und beobachten konstant die gesamte Erde in ihrem Blickfeld. Der Sensor ist ein Infrarot-Multi-Pixel-Array (Auflösung ist natürlich geheim), der alle paar Sekunden ein 'Bild' schießt.

Das ergibt eine enorm hohe Datenmenge, die natürlich nur durch S/W ausgewertet werden kann. Menschen wären bei den kurzen Flugzeiten von ICBMs viel zu langsam.

Raketen lassen sich dabei von lokalen Ereignissen (z.B. Vulkanausbruch) eben dadurch unterscheiden, daß sie sich bewegen, also in anderen Pixeln des Arrays auftauchen. Dann gibt es Alarm.

Amerikanische Frühwarnsatelliten führten den Namen DSP (Defense Support Program), siehe hier auch Wiki (auf englisch, mit Photos):
http://en.wikipedia.org/wiki/Defense_Support_Program

Gruß
roger50

Hallo,

ich bin gerade auf dem Sprung zur Arbeit, aber nur soviel: wie Roger schrieb, gibt es IR Satelliten auf GSO's, und im Falle von Russland auch auf HEO. Das ganze ist automatisiert, aber es gab da viele Probleme zu loesen, so Raketen vor dem warmen IR Hintergrund der Erde zu Orten, Reflektionen durch Wolken und dergleichen. Daneben gibt es natuerlich noch radarbasierte Systeme. Satelliten und Radar ergaenzen sich dabei.

Getrennt davon gibt es noch die Weltraumueberwachung, die also direkt nach Satelliten schauen. Dazu werden ebenfalls erdgebundene Radare eingesetzt, in Kombination mit leistungsstarken Teleskopen.

Hier mal die Auflistung der aktiven russischen Systeme: http://russianforces.org/sprn/

Cheers,

Martin

Frühwarnsatelliten befinden sich in der geostationären Umlaufbahn und beobachten konstant die gesamte Erde in ihrem Blickfeld. Der Sensor ist ein Infrarot-Multi-Pixel-Array (Auflösung ist natürlich geheim), der alle paar Sekunden ein 'Bild' schießt.

Das ergibt eine enorm hohe Datenmenge, die natürlich nur durch S/W ausgewertet werden kann. Menschen wären bei den kurzen Flugzeiten von ICBMs viel zu langsam.

Raketen lassen sich dabei von lokalen Ereignissen (z.B. Vulkanausbruch) eben dadurch unterscheiden, daß sie sich bewegen, also in anderen Pixeln des Arrays auftauchen. Dann gibt es Alarm.

Wobei das in der Vergangenheit mindestens einmal fast schief gegangen ist (auch wenn das schon etwas her ist): Petrow-Vorfall

Im November ist CHIRP auf der Ariane mitgeflogen. CHIRP (Commercially Hosted InfraRed Payload) fliegt als Instrument am kommerziellen Kommunikationssatelliten SES 2 mit. Das war das erste Mal, dass die Air Force eine solche Parnterschaft im Bereich der Raketenstartfrüherkennung eingangen ist.

CHIRP hat inklusive der Entwicklung 216 Mio. Dollar gekostet. Ein SBIRS (Space-Based Infrared System)-Satellit kostet (ohne Entwicklung) das sechsfache, so SPN: http://spaceflightnow.com/news/n1111/04chirp/

SBIRS hat sowohl GEO- als auch HEO-Komponenten. Das SBIRS-LEO Programm wurde dagegen 2001 aus SBIRS rausgelöst und wird nun durch die Missile Defence Agency unter dem Namen STSS (Space Tracking ans Surveillance System) geführt. STSS-Demo 1 und 2 wurden 2009 gestartet.

Was bringen die LEO- und HEO-Komponenten denn genau für Vorteile? Und wie heißen entsprechende Programme anderer Länder wie Russland, China, Frankreich? Frankreich hat doch kürzlich erst etwas in der Richtung gestartet, oder?

Die Sowjetunion bzw in Nachfolge Russland betreiben das Oko-System: http://de.wikipedia.org/wiki/Oko

In Kürze (im 1. Quartal laut NovKos, Ende März laut A. Zak) wird hier der Start des letzten Satelliten mit der letzten  Proton-K/DM-2 erwartet, anschließend soll das Nachfolgesystem EKS in Betrieb gehen.

Satelliten im GEO können das Problem haben, dass die Sonne genau hinter ihnen steht und es dadurch Reflexionen von der Erde gibt, die die Sensoren verwirren können. Bei höheren Beobachtungswinkeln (z.B. Molnija-HEO) kann dies nicht passieren.

Frankreich hat seine Plejades in den LEO gestartet.

N'abend,

Frankreich hat seine Plejades in den LEO gestartet.

Der im Dezember 2011 gestartete Pleiades-1 Satellit dient der Aufklärung, nicht der Frühwarnung. Meintest Du ev. die 4 beim selben Start an Bord gewesenen ELISA-Satelliten? Die sollen Positionen von Radarstationen bestimmen, sind also auch Aufklärungssatelliten

Soviel ich weiß, hat außer USA und RUS (ev. China ??) noch niemand einen Frühwarnsatelliten gestartet. 

Gruß
roger50

Stimmt, das auf Sojus war was anderes. Aber bei Frankreich gibt es auch etwas zur Raketenfrühwarnung. Ich such' noch mal.

Da: SPIRALE (Système Préparatoire Infra-Rouge pour l’ALErte)
http://de.wikipedia.org/wiki/Spirale_(Satellit)
http://www.astrium.eads.net/de/programme/spirale.html

SPIRALE sind zwei französische Demonstratoren eines Frühwarnsystems in hochelliptischen Orbits. Die sind 2009 auf einer Ariane 5 in den GTO mitgeflogen.

Okay, die Antwort laß ich gelten....

Gruß
roger50

Noch etwas zu den hoch inklinierten Orbits der "alten"Frühwarnsysteme:
Dieses Systeme haben primär die nördlichen Breiten beobachtet. Dort waren die Startbasen positioniert, und ein Flug ging über den Nordpol. Da bieten sich die Molnjia-Orbits mit ihren hohen Standzeiten über den nördlichen Breiten an.
Wobei, der Satellit muss ja auch noch live mit seinem Bodensegment kommunizieren, das dann genau auf der falschen Seite liegt. Data-Relay-Satellitensysteme können da helfen.

Da: SPIRALE (Système Préparatoire Infra-Rouge pour l’ALErte)
http://de.wikipedia.org/wiki/Spirale_(Satellit)
http://www.astrium.eads.net/de/programme/spirale.html

SPIRALE sind zwei französische Demonstratoren eines Frühwarnsystems in hochelliptischen Orbits. Die sind 2009 auf einer Ariane 5 in den GTO mitgeflogen.

Zu SPIRALE gibt es eine längere Meldung in Deutsch im Portal:

http://www.raumfahrer.net/news/raumfahrt/09022009193834.shtml

Gruß   Pirx

Russland will laut Medienberichten noch dieses Jahr seinen ersten EKS Fruehwarnsatelliten (14F142) auf einer Sojus 2.1b starten. Das EKS System soll die aelteren Oko Fruehwarnsatelliten abloesen, von denen derzeit nur noch zwei auf Molnija Orbits in Betrieb sind. Der erste EKS Satellit soll auf einen sogenannten "Tundra" Orbit gebracht werden, wie Molnija ein HEO, allerdings mit der doppelten Periode.

http://www.spacedaily.com/reports/Doomsday_sputnik_Russia_said_to_launch_new_missile_attack_warning_satellite_999.html

Der erste EKS Satellit soll auf einen sogenannten "Tundra" Orbit gebracht werden

Es handelt sich dabei um Tundra Satelliten der fünften Generation, es ist somit kein Tundra Orbit. Hier mein Schreiben vom 19 Juli in russische Raumfahrt:

TUNDRA der fünften Generation

Noch in diesem Jahr wird Russland einen Satelliten Tundra (14F142) für die weltweite Beobachtung und Warnung vor feindlichen Raketenstarts in eine  elliptische Umlaufbahn bringen. Der Start erfolgt mit einer Sojus-2.1b und RB Fregat zu Ende des Jahres. Die Entwicklung des Satelliten unterliegt dem zentralen Forschungsinstituts Kometa und die Platform kommt von der Energija.

Russland hat gegenwärtig keinen Satelliten auf einer GEO zur Raketenüberwachung, auf elliptischen Bahnen nur zwei die 2007-8 gestartet sind. Mit dem Start beginne auch der Aufbau eines einheitlichen kosmischen System (EKS=Единой космической системы) für die Überwachung der feindlichen Raketenstarts und die Ablösung des OKO-1 Systems. Das alte System hatte auch erhebliche Nachteile, informierte zwar einen Raketenstart aber ohne Daten der ballistischen Flugbahn. Danach erfolgte die weitere Überwachung von Erdgebundenen Radio Technischen Systemen. Der damliger Kommandant der Weltraumstreitkräfte war Generaloberst Wladimir Popowkin.

http://zhkhtv.ru/tundra-pyatogo-pokoleniya/

Da dies auch gerade im USAF  Thread Thema war:

Hier hat sich jemand intensiver mit den Faehigkeiten von SBIRS sowie anderen SIGINT / ELINT Systemen zur Detektion von Boden-Luft Raketen beschaeftigt:

http://sattrackcam.blogspot.com.au/2014/07/sbirs-sigint-and-mh17-tragedy.html