Kosten unbemannter Transportsysteme

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knt

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Kosten unbemannter Transportsysteme
« am: 28. Juli 2009, 12:46:35 »
Hi,

Im Rahmen der SpaceX Diskusion habe ich mich mal wieder näher mit den Missionspreisen verschiedener unbemannter Transportsysteme beschäftigt. Dabei ist mir aufgefallen (besser: mal wieder ins Bewustsein gekommen) wie unverschämt günstig die russische Progress ist und ich habe Gründe dafür gesucht.

Als einer der Haubtgründe gilt ja in der Regel die Massenproduktion des Progress-Raumschiffes und der Sojus-Trägerrakete. Es starten derzeit 5 Progress und 4 Sojus-TMA auf 9 Sojus Raketen pro Jahr.

Wichtiger Aspekt hierbei ist das die Progress von dem Sojus Raumschiff abgeleitet ist und beide sich in vielen Produktionsschritten gleichen. Auch das die Sojus von bemanntem und unbemanntem Transporter zusammen genutzt wird ist ein wichtiger Aspekt um eine Massenproduktion der Trägerrakete zu ermöglichen.

Dann ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen: Ursache der hohen Startfrequenz der Progress ist die niedrige Nutzlast von nur 2.3t! Aber denoch liefert die Progress durch die hohe Startfrequenz pro Jahr mit 11,5t eine ganze Menge Versorgungsmaterial an.

Kleinere Transporter haben noch einen weiteren Vorteil: Sie verbrauchen nicht soviel Lagerplatz im Orbit, da sie regelmäßig ebend kleinere Mengen Verbrauchsmaterial anliefern, und regelmäßig Abfall abholen verringert sich der bedarf an Zwischenlagerung vor dem Verbrauch. Auch die Flexibilität ist mit höherer Startfrequenz größer - den man kann schneller einen kurzfristig entstandenen Bedarf (etwa ein benötigtes Ersatzteil) decken.

Ist es also - wenn ein möglichst günstiges Transportsystem haben will - besser einen kleinen Transporter häufiger zu starten als einen großen nur ab und an? Ist also die Entwicklung hin zu größeren, "Schwerlast" Transportern in Hinsicht auf die Wirtschaftlichkeit eine Fehlentwicklung?

Sollten man sich also eher darauf konzentrieren mittelschwere Transporter mit vielleicht 4t Nutzlast und eine dazupassende mittelschwere Trägerrakete zu konstruieren, wobei Transporter und Träger sich sehr gut für eine Massenfertigung eignen um den Erfolg der Progress auf die europäische Raumfahrt zu übertragen?
« Letzte Änderung: 28. Juli 2009, 13:38:15 von knt »

Crest

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Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #1 am: 28. Juli 2009, 13:30:07 »
Mir fällt zu der Frage noch ein anderer Punkt ein: Wenn ein Progress-Transporter einen Fehlstart hat, dann hat das bei weitem nicht so dramatische Auswirkungen wie der Fehlstart eines ATV. Auch das würde für nicht ganz so große Transporter sprechen, die dafür häufiger fliegen.

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Offline Schillrich

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Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #2 am: 28. Juli 2009, 13:34:59 »
Hallo knt,

beides hat etwas für sich. Sinnvoll wäre in einer Wunschwelt wieder mal, dass man zwei Systeme hätte: ein kleines flexibles und ein großes für dezidierte Missionen.

Bei kleinen Transportsystemen muss man auch (mögliche) Nachteile bedenken:
  • Vielleicht wären die Stückkosten geringer durch die hohe Startrate, aber wie sieht es mit den Gesamtkosten aus, um im Jahr 20 Tonnen ins All zu bringen? Welches System hat da dann Vorteile?
  • Wo schneidet ein "zu kleines" System in die Konzepte dessen, was man da oben macht? Wo werden also durch die zu geringe Kapazität die Missionen im All stranguliert?

Letztendlich glaube ich nicht, dass die Serienfertigung (also sinkende Stückkosten) hier viel bewirken würde. Viele Kosten der Raumfahrt sind Fixkosten (Maschinen, Investitionen, Personal). Ob ich dann ein Mal oder 5 Mal starte, ist für das Gesamtbudget unerheblich.
Die Russen haben halt (noch) deutlich andere Kostenstrukturen.
\\   //    Grüße
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knt

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Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #3 am: 28. Juli 2009, 13:52:37 »
Zitat
Vielleicht wären die Stückkosten geringer durch die hohe Startrate, aber wie sieht es mit den Gesamtkosten aus, um im Jahr 20 Tonnen ins All zu bringen? Welches System hat da dann Vorteile?
20t per Progress kosten $348mio. 20t per ATV kosten $1.336mio.

Natürlich muss man den jährlichen Bedarf mit den Kosten pro Start und den Fixkosten auf einander abstimmen. Es ist nicht einfach damit getan das ATV 5 mal im Monat starten zu lassen. Das würde sicher keine große Kostenreduktion mit sich bringen - so ein System muss gleich von Anfang an darauf hin entwickelt werden.

Zitat
Wo schneidet ein "zu kleines" System in die Konzepte dessen, was man da oben macht? Wo werden also durch die zu geringe Kapazität die Missionen im All stranguliert?
Ein System darf natürlich nicht so klein sein, das eine Nutzlast kleiner ist als "ein Stück" zu transportierendes Equipment. Ganz deiner Meinung! Das ist aber schon bei der Progress sehr selten der Fall - um so weniger bei einem "etwas größerem" System.

Zitat
Letztendlich glaube ich nicht, dass die Serienfertigung (also sinkende Stückkosten) hier viel bewirken würde. Viele Kosten der Raumfahrt sind Fixkosten (Maschinen, Investitionen, Personal).
Gerade die Fixkosten verteilen sich bei höherer Startfrequenz ja besser auf die einzlenen Missionen. Bei höherer Startfrequenz armortisiert sich die Investition schneller, und der Fixkostenanteil pro Mission sinkt.

Zitat
beides hat etwas für sich. Sinnvoll wäre in einer Wunschwelt wieder mal, dass man zwei Systeme hätte: ein kleines flexibles und ein großes für dezidierte Missionen.
Besser wäre noch ein modulares System. Mit einem Träger dessen Nutzlast von 10t bis 20t skaliert (vergleichbar mit der Angara) wäre das möglich.

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Offline Schillrich

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  • 19601
Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #4 am: 28. Juli 2009, 13:59:23 »
Modulares Startsystem: dito!

Bzgl. Kosten: Ja, pro Start wird ein System bei hoher Rate "günstiger". Aber dadurch sinken eben nicht die Gesamtkosten, also auch nicht die Fixkosten "am Stück". Natürlich erkauft man sich so, bei unveränderten Gesamtkosten, eine höhere Flexibilität.

Noch ein Kosten-/Investitionsaspekt:
Wenn ich meine monetäre und technische Kapazitätsgrenze (also das Budget ausschöpfe) erreiche, und dann doch mehr starten muss, dann ist so ein Sprung wieder mit dem nächsten Batzen Fixkosten verbunden: neue Anlagen, neue Investitionen, neues Personal. Dieses Problem haben beide Arten (großes System und kleines System), daran ändert auch eine hohe Startrate wenig.
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knt

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Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #5 am: 28. Juli 2009, 14:05:24 »
Bzgl. Kosten: Ja, pro Start wird ein System bei hoher Rate "günstiger". Aber dadurch sinken eben nicht die Gesamtkosten, also auch nicht die Fixkosten "am Stück". Natürlich erkauft man sich so, bei unveränderten Gesamtkosten, eine höhere Flexibilität.
Aber Daniel - das sagt doch schon das Wort. "Fixkosten" sind per Definition nicht von der Produktionsmenge (aka Startrate) abhänig. Aber man schaft mit den gleichen Fixkosten ebend mehr wenn man eine höhere Startrate hat. :) 5 Progress schaffen mehr Tonnen in den Orbit als 1 ATV.



Zitat
Wenn ich meine monetäre und technische Kapazitätsgrenze (also das Budget ausschöpfe) erreiche, und dann doch mehr starten muss, dann ist so ein Sprung wieder mit dem nächsten Batzen Fixkosten verbunden: neue Anlagen, neue Investitionen, neues Personal. Dieses Problem haben beide Arten (großes System und kleines System), daran ändert auch eine hohe Startrate wenig.
Richtig, da dieses Problem aber beide Arten haben - kann man das weder zum Vor- noch zum Nachteil auslegen.

Speedator

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Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #6 am: 28. Juli 2009, 14:34:10 »
Ich glaube Daniel meint da etwas anderes bezüglich der Fixkosten.
Man nehme stark vereinfacht an, dass mit der gleichen Maschine, die Fixkosten der Höhe x hat, entweder eine Düse für einen 20 t-Träger oder 8 Düsen für 2,5 t-Träger im Jahr produziert werden kann. Die Kosten pro Tonne bzgl. dieser Fixkosten sinken somit nicht. So einfach ist es in der Praxis natürlich nicht. Das kann in der Praxis zu Gunsten der einen wie der anderen Herangehenweise variieren.

Der Vorteil von kleinen Trägern liegt evtl. in der Möglichkeit einer besseren Automatisierung.

Modulare Systeme vereinen sicherlich Vorteile von großen und kleinen Trägern. Einzelne Komponenten können evtl. in größeren Varianten mehrmals genutzt werden(große Stückzahl -> Automatisierung). Man kann eine breites Marktseqment abdecken und vermeidet trotzdem Überkapazitäten bei einzelnen Starts.

Die Vorteile bei den Russen liegt wie schon erwähntan den anderen (Lohn-)Kostenstrukturen. Außerdem handelt es sich bei Sojus und Progress z.B. um bewährte Hardware. Da wurden dann vielleicht nicht die letzten Leistungsprozente mit neuster Technologie herausgekitzelt. Dafür macht gerade das die Qualitätssicherung deutlich günstiger. Und das ist ernomer Kostenpunkt. Wir hatten hier mal vor ein paar Monaten Zahlen. Ich meine die lagen bei >40%(hat da jemand die Quellen parat?) der Gesamtkosten. Und gerade auch komplexe Technologien machen eine Automatisierung schwer.

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Offline Schillrich

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Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #7 am: 28. Juli 2009, 14:44:37 »
Hallo knt und Julian,

ja, das meinte ich. Wir sprechen ja ursprünglich von unterschiedlich dimensionierten Transportsystemen. Wenn ich 20t mit 5 Starts oder 20t mit einem Start ins All bringe und die gesamten Kosten (v.a. Fixkosten) XX betragen, dann werden die vielen Starts natürlich "billiger", aber die Transportleistung (die 20t) wird doch nicht billiger, da ich für dasselbe Geld dasselbe ins All bekomme.

Natürlich ist da Einiges vereinfacht ...
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knt

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Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #8 am: 28. Juli 2009, 14:51:57 »
Man nehme stark vereinfacht an, dass mit der gleichen Maschine, die Fixkosten der Höhe x hat, entweder eine Düse für einen 20 t-Träger oder 8 Düsen für 2,5 t-Träger im Jahr produziert werden kann. Die Kosten pro Tonne bzgl. dieser Fixkosten sinken somit nicht. So einfach ist es in der Praxis natürlich nicht. Das kann in der Praxis zu Gunsten der einen wie der anderen Herangehenweise variieren.
Achso - ja diesen Punkt in dem ein schwerer Transporter mit niedriger Startrate und ein leichter Transporter mit hoher Startrate "das selbe kosten und leisten" gibt es wohl. Das muss man natürlich abstimmen, so das man auf der günstigen Seite landet. Wobei ich der Meinung bin das ein leichter Transporter mit hoher Startrate, leichter mit einer einfach zu beherrschenden Technologie umsetzbar ist.

Zitat
Außerdem handelt es sich bei Sojus und Progress z.B. um bewährte Hardware. Da wurden dann vielleicht nicht die letzten Leistungsprozente mit neuster Technologie herausgekitzelt. Dafür macht gerade das die Qualitätssicherung deutlich günstiger.
Das ist ein sehr guter Punkt! Ich sehe aber keinen Grund warum nicht auch die ESA irgendwann einmal diesen Grad von "bewährter Hardware" haben sollte.

Man muss sich natürlich entscheiden: Will man immer das technologisch Neuste fliegen? Oder einen wirklich günstigen Zugang zum All haben? Ein wirklich günstiges Transportsystem auf Basis "bewährter Hardware" schließt ja einen schnelle Inovationszyklus in anderen Projekten nicht aus.

Ein solches Transportsystem ermöglicht auf der anderen Seite aber viele - sehr gerne auch inovationsfreudige Projekte! Es bildet sozusagen das kosten günstige Rückrad.
« Letzte Änderung: 28. Juli 2009, 15:28:37 von knt »

Speedator

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Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #9 am: 28. Juli 2009, 22:34:20 »
Bernd Leitenberger liefert heute passend zum Thema "Kleine vs. Große Träger" einen entsprechenden eintrag. Dabei geht es um eine bemannte Mondmission und relativ "kleine" Träger(Ariane 5, Atlas V...) und wirklich große(Saturn V, Ares V...).

http://bernd-leitenberger.de/blog/2009/07/28/schwerlastraketen/

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Offline Spock

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Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #10 am: 28. Juli 2009, 23:52:20 »
Hallo,

ich vermute ein großer Kostenfaktor sind die Entwicklungskosten. Eine Sojus wurde in Zeiten des Kalten Krieges entwickelt und die Entwicklungskosten wurden vom Staat getragen und sozusagen als militärische Ausgabe abgeschrieben. Heute existiert diese Hardware bis auf wenige Weiterentwicklungen unverändert, es muss nur noch der Zusammenbau bezahlt werden.
Eine Ariane (oder auch ein ATV) sind natürlich auch von der ESA gesponsort worden, aber viele Firmen haben eigene Vorleistungen in die Entwicklung gesteckt die natürlich bei jeder Order bezahlt werden müssen. Hierbei hat eine geringe Startrate den Nachteil, dass es ewig dauert bis diese Vorleistungen abbezahlt sind.

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Offline Schillrich

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  • 19601
Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #11 am: 29. Juli 2009, 07:52:50 »
Bernd Leitenberger fasst die Grundkonzepte einigermaßen gut zusammen, hat aus meiner Sicht aber auch ein paar Sachen ausgelassen.

"Sein" Kleinkonzept scheint das ESA-Konzepte zu sein, mit welchen Trägern (Ariane 5), Nutzlastaufteilungen (Stufen, Servicemodule, Lander) und Missionprofilen man einen Lander zum Mond bringen kann. Er hat diese Zahlen dann einfach auf eine Constellation-Mission (Ares I + V) extrapoliert und kommt auf 11 Starts der Ariane 5, um dieselbe Masse zum Mond zu bringen.
So einfach Extrapolieren geht zwar rechnerisch, trotzdem steht man nicht mit dem selben Endergebnis da.

Technisch wäre so ein Massenstart bestimmt machbar und da greift dann das Ergebnis der Massenproduktion: economies of scale.
Aber das gilt dann auch nur in der Produktion, nicht in der Missionsdurchführung selbst. Die 11 Starts müssen innerhalb kürzester Zeit stattfinden, bspw. ein Monat. Wie soll das funktionieren? Der Aufwand für so viele Starts ist ebenso enorm, viele "Zahnräder" müssen ineinander greifen, Zeitpläne müssen eng koordiniert werden, ein erheblich größere Personalaufwand muss betrieben werden. Das wäre auch eine Mammutaufgabe.
Durch so ein komplexes Startprogramm geht auch gleichzeitig ein Vorteil der kleinen Träger verloren: Flexibilität. Wenn da eine Mission ausfällt, verschoben wird oder es irgendwo in der langen Kette hakt, dann bleibt auch gleich alles stehen. Damit ist man genau so unflexible wie beim dezidierten Start einer Großrakete, vielleicht ist das Ganze sogar anfälliger, weil viel komplexer.
Bei solchen Startprogrammen gelten dann eben keine economies of scale.
11 Starts auf internationale Schulter verteilen: Wäre das der Goldweg, oder käme man vom Regen in die Traufe? ;)

Der sinnvollste Weg erscheint mir durch ein skalierbares Transportsystem, aus dem man modular kleine Träger einsetzen kann (wo möglich) und das man zu einem Großträger zusammensetzen/skalieren kann (wo nötig).
Viele Kleinstarts sind eben nie dasselbe wie ein Großstart, und vis-versa.
\\   //    Grüße
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knt

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Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #12 am: 29. Juli 2009, 12:52:25 »
Durch so ein komplexes Startprogramm geht auch gleichzeitig ein Vorteil der kleinen Träger verloren: Flexibilität. Wenn da eine Mission ausfällt, verschoben wird oder es irgendwo in der langen Kette hakt, dann bleibt auch gleich alles stehen.
Ganz meiner Meinung. Bernd diskutiert aber auch ein etwas unterschiedliches Scenario. Er bricht _eine_ Mission in mehrere Starts auseinander die hoch koordiniert sein müssen. Hier ging es mir mehr mehr um die Nachschubfrage "des Alltäglichen Bedarfs" - Nahrung, Wasser, Treibstoff übers Jahr - das muss weit weniger koordiniert sein.

Zitat
Der sinnvollste Weg erscheint mir durch ein skalierbares Transportsystem, aus dem man modular kleine Träger einsetzen kann (wo möglich) und das man zu einem Großträger zusammensetzen/skalieren kann (wo nötig).
Ja eindeutig.

Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #13 am: 29. Juli 2009, 13:10:36 »
M. E. ging die Diskussion etwas durcheinander. Zum Einen (nachfolgend A) ging es um Massengüter und kleine Stückgüter, wie Bekleidung, (Nachschub) und zum Anderen um größere Konstruktionen (B), wie ein Teil einer Mond- oder Raumstation.

Bei beiden gilt, bei jeder Serienproduktion, die Russen starten ja nicht nur die Sojus und den Progress mit dieser Trägerrakete, sinken die Fixtkosten. Es gibt aber begrenzende Elemente für die "wirtschaftliche Kleinheit" der Raumfahrzeuge.

A) Hier begrenzt vorrangig die Prozessdauer die Kleinheit. Es sollte sich immer nur ein Raumfahrzeug zwischen Vorbereitung und Docking bzw. in der "Landephase" sein. Sonst steigt der personelle Aufwand.

B) Beim Transport von Teilen ist deren Größe und Gewicht das begrenzende Element. Die Proton mit 20 t ist, wenn man es genau nimmt, schon zu klein. Bei einer größeren Rakete hätte man die Schutzschilde an den Modulen (Sarja und Swesda) befestigen können.
"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen."
Immanuel Kant

Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #14 am: 29. Juli 2009, 14:51:24 »
Ich würde gerne die Phrase
"sinnvollster Weg ist ein skalierbares System" umtaufen in

"wünschenswertester Weg ist ein skalierbares System"

Auch die Skalierbarkeit hat ihre Kosten. Alle Menschen denken gerne in angreifbaren Dingen (Modulen) wie Zusatzbooster, oder auswechselbare zweite Stufen, etc.

Ich auch: bin aus der LEGO-Generation  ;D

Aber gerade diese Modularität/Skalierbarkeit kostet - und zwar nicht wenig. Strukturelemente müssen für die Maximallasten ausgelegt sein - dafür wird in der Minimalvariante Ballast mitgeschleppt. Flugsoftware muss mit verschiedensten Versionen zu Rande kommen. Die Startinfrastruktur muss variabel gehalten sein (verschiedene Tankbefüllungen oder Boostersegmente ändern das Groundprocessing oder die Countdownsequenz). Die Schnittstellen (HW & SW) zwischen den Elementen müssen besser überlegt sein, es sind wesentlich mehr Prüfungen nötig.

Wenn mir erlaubt ist würde ich einen Vergleich heranziehen (im Wissen dass jeder Vergleich hinkt):  ???
Autos werden seit ca. einem Jarhundert gebaut. Von den verschiedenen Marken abgesehen, gibt es nicht so viele skalierbare Varianten: meistens in ca. 3 Motorausstattungen und dann jede Menge Extra-schnickschnak. Aber es hat einen Grund warum es immer nur wenig Skalierbarkeit gibt. Würde man für ein Modell der Serie X auch einen 500 PS Motor bekommen so könnte man den nicht nutzen weil Fahrwerk, Reifen, Federung, Bremsen, etc. EINFACH NICHT dafür ausgelegt sind. Würde man das tun dann wäre das Auto X für eine 100 PS Motor Variante viel zu kräftig dimensioniert und daher zu teuer. OK - dann sagt man, dann muss man eben alle Komponenten tauschen und dementsprechend anpassen. Wo wir bei den Schnittstellen sind, die für alle Eventualitäten ausgelegt sein müssen. Das wiederum ist teuer, etc. so dreht sich die Spirale. (Genau deswegen gibts Rennautos, PKW´s, Personenbusse, etc.)

Ich meine ganz einfach nur, Skalierbarkeit hat ihre Grenzen. Dort wo sie innerhalb der Grenzen des sie umfassenden Gesamtsystems nicht mehr funktioniert, gibts einen Sprung -> einen anders konzipierten Träger z.B.

cebu, der auch Äpfel mit Birnen vergleicht: die einen schmecken anders als die anderen.

knt

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Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #15 am: 29. Juli 2009, 15:37:45 »
In der Tat - sowohl ein dezidiertes System, als auch ein modulares System haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile.

Ein modulares System muss und kann nicht von 0 zu unendlich skalieren. Die Angara soll z.b. von 2 bis 40t skalieren. Eine Skalierung in 3 Schritten: Leicht (10-15t), Mittel (15-20t) und Schwer (20-25t) wäre aber vielleicht schon aussreichend. "sehr leicht" (5-10t) und "sehr schwer" (25-30t) könnten immernoch von dezidierten Systemen abgedeckt werden. Natürlich müsten die Zahlen auf die Masse der Nutzlasten und den technischen Anforderungen abgestimmt werden - meine sind jetzt ziemlich aus der Luft gegriffen.

Die Skalierung zwischen den Gewichtsklassen könnte durch Bündlung von Booster-Modulen erreicht werden. Die Skalierung innerhalb einer Gewichtsklasse (also ob 10t oder 15t, ob 20t oder 25t) könnte durch verschiedene Versionen der Zweit/Oberstufe erreicht werden. Man würde also ein System mit einem Booster-Modul und zwei oder drei verschiedenen Zweit/Oberstufen konstruieren. Dadurch könnte man den Träger relativ genau auf die Nutzlast "einstellen" und denoch die einzelnen Module in Massen fertigen.

Die Wahl zwischen dezidierten und modularem System hängt auch von der Anzahl der Missionen ab. Reicht die Arbeit die man für jedes der dezidierten Systeme hat, aus um für alle genug zu tun zu haben und eine günstige Massenfertigung zu erreichen?

Wenn man jeden dezidierte Träger mit einer genügend hohen Frequenz starten könnte - wären dieser wohl vorzuziehen. Nur sehe ich nicht, das die ESA in irgendeiner einzelnen Gewichtsklasse soviel zu tun hätte. In allen Gewichtsklassen zusammen, dagegen schon.
« Letzte Änderung: 29. Juli 2009, 17:18:35 von knt »

Offline LC1

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  • 25
Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #16 am: 31. Juli 2009, 19:49:34 »
Habe mir die vorhergehenden Seiten genau angeschaut, und ich denke mal wir sind uns alle einig, dass sowohl modulare alsauch dezidierte Systeme ihre Vor- und Nachteile mit sich bringen.
Da es den nationalen (ESA betrachte ich auch mal als national) Raumfahrtagenturen leichter fallen würde große Trägersysteme zu entwickeln jenseits der 50t Grenze, bliebe für einen comerziellen Anbieter durchaus die Möglichkeit einen neuen Markt zu erschließen. Mit COTS ist die NASA ja nun auf diesen Weg eingeschwenkt.
Um Stationsmodule oder Mondstationen in den Orbit und zum Ziel zu senden sollten sich die großen bemühen. Die dauerhafte Versorgung könnten dann comerzielle Unternehmen sicherstellen, was zum einen einen neuen Arbeitsmarkt schaffen würde und zweitens das Budget der Raumfahrtagenturen entlasten würde. Getreu nach dem Motto, jeder macht das, was er kann. Und der Staat sollte immer dort seine Aufgaben sehen, wo es der einzelne oder eine Gruppe von Bürgern es nicht mehr kann.
Ich denke wir werden uns in eben diese Richtung bewegen und einen privaten Markt der orbitalen Versorgung generieren.

Gruß an alle!

knt

  • Gast
Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #17 am: 31. Juli 2009, 22:02:48 »
Her noch mal eine Übersicht über die Startpreise verschiedener Transportsysteme:

http://www.futron.com/pdf/resource_center/white_papers/FutronLaunchCostWP.pdf

Zitat
Die dauerhafte Versorgung könnten dann comerzielle Unternehmen sicherstellen, was zum einen einen neuen Arbeitsmarkt schaffen würde und zweitens das Budget der Raumfahrtagenturen entlasten würde.
WIllkommen im Forum LC1. Hier bringst du zwei oft gehörte Argumente für die private Raumfahrt - beide sind falsch. A) Wieviele Arbeiter man braucht hängt nicht von dem Eigentumsverhältnissen ab: Die ESA braucht für jeden x-beliebige Projekt min. genausoviel Leute wie ein privates Unternehmen. B) Das outsourcen an profitorientierte Privatunternhemen kann schon aus logischen Gründen nicht das Budget einer Agentur schonen. Dem Privatunternehmen muss man nämlich immer noch einen Profit bezahlen - bei vergleichbarer Effizienz zahlt man also immer mehr.

Unabhänig davon ist Kritik an ebend dieser Effizienz der Agentur sehr wohl angebracht. Es ist häufig so, das staatliche Agenturen ebend nicht mit vergleichbarer Effizienz arbeiten. Aber hier sollte man doch aber ebend diese Effizienz optimieren! DAS würde das Budget nachhaltig, und dauerhaft schonen.

Bitte breche hier nun aber keine Diskusion zum Thema Private Raumfahrt vom Zaun. Wenn du magst können wir das am Beispiel von SpaceX in dem SpaceX Thread unter Aktuelles weiter diskutieren.

Darion X

  • Gast
Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #18 am: 13. Dezember 2009, 18:42:18 »
Hallo,

das ist mein erster Beitrag und ich hoffe mal, das ich da nicht zuviel falsch mache.

Ausserdem ist mir schon bewußt, dass dies hier seit ca. 6 Monaten nicht mehr besprochen wird.

In meinen Augen wurde bei der ganzen Diskussion der massgebliche Punkt übersehen. Die Logistik.

Wieviele Starts kann man im Jahr vornehmen, wieviele Raumschiffe können gleichzeitig an der ISS andocken. Das sind die Punkte, welche in dieser Diskussion von Wert sind,  sowie was sollte das Transportschiff tun.

Zwischen dem europeaischen ATV und dem japanischen HTV sind himmelweite Unterschiede, welche sich schon alleine durch die verschiedenen Docking-Plätze ergeben und den darausfolgenden Aufgaben für die ISS Versorgung. Großstücke per HTV und Bahnanhebung per ATV.

Dazu kommt der Punkt, wieviele Raketen können von den entsprechenden Startplätzen gestart werden. Das ist viel wichtiger als die Frage, welches Transportsystem is das beste oder das kostengünstigste.

Vom logistischen Standpunkt aus ist dies eine Frage der vorhandenen Ressourcen und die bestehen nicht in den Kosten oder der Verfügbarkait von Raketen oder unbemannten Supply-Schiffen sondern in Startfenstern sowie in Landebuchten auf der ISS.

Wenn das europeaische System kleiner wäre, bräuchte man keine Ariane V aber man bräuchte eine entsprechend kleinere Rakete mit der kompletten Infrastructure drumherum.

Man bräuchte dann auch wohl mehr Dockingstations auf der ISS.
Bereits jetzt ist es schwierig die verschiedenen Missions von und zur ISS unter einen Hut zu bekommen.

Viel Spass noch
Darion X

GG

  • Gast
Re: Kosten unbemannter Transportsysteme
« Antwort #19 am: 14. Dezember 2009, 12:34:07 »
Die Anzahl der Kopplungsports dürfte mittlerweile ausreichend sein. 4 für Sojus/Progress/ATV und zukünftige russische Kapseln, 2 für Shuttle/Orion (wobei aber nicht 2 Shuttles gleichzeitig ankoppeln können) und mind. 1 für HTV/Dragon/Cygnus (eingefangen per Manipulator). Russland und die USA verfügen über eine ausreichende Infrastruktur, um monatlich einen Start durchführen zu können, die ESA und Japan machen dies jährlich. Mit etwas Anstrengungen und mehr Personal würde man sicher auch zwei pro Jahr schaffen.