Raumfahrt *gegen* Amerika!

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Offline pikarl

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Raumfahrt *gegen* Amerika!
« am: 04. Juli 2003, 10:16:32 »
Hallo,

ich möchte einmal eine ziemlich radikale These fomulieren. Denen, den diese zu weit geht mögen mir hier einmal verzeihen.  ;)

In welchem Zeitraum der Geschichte wurde am meisten Geld in die Raumfahrt investiert, während gleichzeitig auch eine große öffentliche Unterstützung zu spüren war? Richtig: Im Kalten Krieg. Das Apollo-Programm wurde insbesondere deshalb durchgezogen, weil man zeigen wollte, dass man dem Sozialismus überlegen ist. Andersherum wurden natürlich auch im Osten enorme wirtschaftliche Anstrengungen unternommen, den politischen Gegner im All zu übertrumpfen (was im ersten Raumfahrtjahrzehnt ja auch zu Haufe gelang).

Das Apollo-Programm wurde irgendwann doch wegen zu großen Kosten und zu wenig wissenschaftlichem Nutzen eingestellt. Aber zurück blieben tausende qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte. Viele meinen, dass die heutige technologische Überlegenheit der USA zum Teil auf das Apollo-Programm zurückzuführen ist.

Heute gibt es keine konkurierenden Systeme mehr. In der Welt des Einheits-Kapitalismus (sehen wir vielleicht einmal von China ab) interessieren sich immer weniger Menschen für die Raumfahrt. Das geht in Amerika noch gerade so, in Deutschland ist die Lage aber prekär wie wir wissen.

Jetzt zu meiner These: Die EU möchte ihrer eigenen Zielsetzung nach ein politischer Gegenpol zu den USA werden. Das zeigt sich im Strafgerichtshof, im Ringen um einen EU-Außenminister usw. Langläufig ist, wenn dieses Streben Erfolg trägt, wohl mit größeren Spannungen zwischen den USA und Europa zu rechnen.

Auch wenn es hier nicht um politische Systeme geht:
Was würde der Raumfahrt besser tun als ein Konkurenzkampf zwischen Europa und den Staaten!?

Die USA geben heute mit Abstand auf der Welt am meisten Geld für die Raumfahrt aus. Mit einer ESA&EU-Raumfahrt bekämen sie aber einen Konkurenten. Gepaart mit politischen Spannungen könnte in Europa durchaus die Zielsetzung entstehen, Raumfahrt in Konkurrenz zu den USA zu betreiben.

Was meint ihr?


PS: Erstes Beispiel ist Galileo.  ;D
« Letzte Änderung: 04. Juli 2003, 10:19:44 von PiKarl »

Sven_Knuth

  • Gast
Re: Raumfahrt *gegen* Amerika!
« Antwort #1 am: 04. Juli 2003, 14:01:57 »
Zitat
In welchem Zeitraum der Geschichte wurde am meisten Geld in die Raumfahrt investiert, während gleichzeitig auch eine große öffentliche Unterstützung zu spüren war? Richtig: Im Kalten Krieg. Das Apollo-Programm wurde insbesondere deshalb durchgezogen, weil man zeigen wollte, dass man dem Sozialismus überlegen ist. Andersherum wurden natürlich auch im Osten enorme wirtschaftliche Anstrengungen unternommen, den politischen Gegner im All zu übertrumpfen (was im ersten Raumfahrtjahrzehnt ja auch zu Haufe gelang).


Leider nicht richtig, Anfang der neunziger Jahre wurde in den USA soviel für Raumfahrt ausgegeben wie nie zuvor:
http://history.nasa.gov/presrep00/pdf_files/appndx_e1a.pdf

Auch ist das Interesse an Raumfahrt weltweit nicht abgeflaut in den letzten zehn Jahren, dafür gibt es keinen Beleg. Selbst in Deutschland ist es gewachsen.

Zitat

Jetzt zu meiner These: Die EU möchte ihrer eigenen Zielsetzung nach ein politischer Gegenpol zu den USA werden. Das zeigt sich im Strafgerichtshof, im Ringen um einen EU-Außenminister usw. Langläufig ist, wenn dieses Streben Erfolg trägt, wohl mit größeren Spannungen zwischen den USA und Europa zu rechnen.

Auch wenn es hier nicht um politische Systeme geht:
Was würde der Raumfahrt besser tun als ein Konkurenzkampf zwischen Europa und den Staaten!?

Die USA geben heute mit Abstand auf der Welt am meisten Geld für die Raumfahrt aus. Mit einer ESA&EU-Raumfahrt bekämen sie aber einen Konkurenten. Gepaart mit politischen Spannungen könnte in Europa durchaus die Zielsetzung entstehen, Raumfahrt in Konkurrenz zu den USA zu betreiben  



Ich hätte nichts gegen ein solche Konkurrenzverhältnis, ich denke auch das es generell kommen wird. Man muss die Diskussion um die EU Verfassung abwarten, aber sie tendiert eindeutig in Richtung eines förderalen Staates. Damit wäre die EU (auch den Namen Vereinigte Staaten von Europa diskutiert man) wesentlich gestärkt aus diesem Prozess hervorgegangen. Mit entsprechenden Folgen im militärischen und High-tech Bereich. Schon heute ist die EU der größte Wirtschaftsblock der Welt, während die USA auf ausländisches Geld angewiesen sind, exportiert die EU Geld.  Wenn man sich darauf einigen würde zum Mars zu fliegen, Europa könnte es.

Sven
« Letzte Änderung: 04. Juli 2003, 14:01:36 von Sven_Knuth »

Felix_Korsch

  • Gast
Re: Raumfahrt *gegen* Amerika!
« Antwort #2 am: 04. Juli 2003, 14:06:56 »
Mit dem reellen technologischen Konkurrzenzkampf zu Zeiten des Kalten Krieges ging eine Propagandaschlacht einher, die sich an der Indoktrination von Systemgegensätzen manifestierte, die in der Realität entweder gar nicht oder nur in weniger gravierendem Maße von Bedeutung waren. Den enormen Kostenaufwand etwa eines Apollo-Projekts konnte man nur durch das Aufrechterhalten eines klaren Feindbildes rechtfertigen, schließlich wussten die US-Amerikaner zu jener Zeit seit McCarthy, dass die blutrünstigen Kommunisten ihnen an den Kragen wollen.

Unter dem Eindruck dieses reell so nicht vorhandenen Bedrohungsszenarios lässt sich mit von vorn herein nationalistisch denkenden Menschen (ohne das jetzt wieder verallgemeinern zu wollen) viel anstellen. Vor allem aber kann die Politik mit prestigeträchtigen Projekten das Nicken der Bevölkerung ernten, die sonst eher den Kopf schütteln würden.

Die Situation heute ist kaum vergleichbar mit der damaligen. Es herrscht insofern kein Systemkonflikt, als das es die exakt identischen Systeme in Ost wie West sind, und da würde ich auch China nicht ausnehmen wollen (btw, was soll "Enheitskapitalismus" bedeuten? Gibt es einen "besseren" Kapitalismus?). Die EU soll, das sagt sie selbst, den USA in wirtschaftlichen Aspekten Paroli bieten, was durch Bündelung der Wirtschaftskräfte der europäischen Staaten geschehen soll. Wohin das letztendlich führen soll (einen Zweikampf führt man ja nicht ohne Ausblick auf einen Sieg) steht auf einem anderen Blatt.

Einersits glaube ich, dass ein Interesse an der Raumfahrt, welches auf plumpem Nationalismus und Patriotismus (jetzt nur nich mehr für Deutschland, sondern das Konstrukt Europa) beruht, keinen Pfifflering wert ist. Ganz davon abgesehen kann man durch Alleingänge im 21. Jahrhundert keinen Blumentopf mehr gewinnen. Ein Zweikampf wird zumindest der Wissenschaft nichts bringen, und ich zweifle an, ob Raumfahrt noch immer so prestigeträchtig sein kann, als dass sich die Menschen darüber mit irgendeinem Staat oder System verbunden fühlen könnten. Dabei wäre die Raumfahrt ja auch nur wieder ein Instrument.

Darüber hinaus haben USA und Europa völlig andere wissenschaftlich-technologische Voraussetzungen. Ich wüsste nicht, wie Europa die USA einholen sollte (ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, warum es das überhaupt anstreben soll). Gleichsam ändert ein Konkurrenzkampf nichts an der Tatsache, dass wir nunmal kein Geld haben. Das steckt hüben im Eurofighter und drüben im NMD oder was auch immer.

Unser Bestreben sollte eher sein, die Leute zu einer Zusammenarbeit zu bewegen. Langfristig ergeben sich dadurch mehr Chancen für die Raumfahrt, als es durch einen neuen Wettlauf (wohin? zum Mars?) möglich wäre. Den würde die ESA sowieso nicht gewinnen. Projekte wie Galileo sind das genaue Gegenteil von Marsmissionen: für die Öffentlichkeit absolut uninteressant und als Objekt eines Wettringens daher untauglich.

Mögen die Leute in den Regierungen uns auch noch so beschränkt erscheinen, sie wissen zumindest, dass sich ein billiardenschwerer Konkurrenzkampf nicht auszahlt. Zumindest nicht für sie selbst.

Myrdin

  • Gast
Re: Raumfahrt *gegen* Amerika!
« Antwort #3 am: 04. Juli 2003, 21:37:18 »
Das kann ich hier nicht ohne Komentar stehen lassen! Man kann wohl nicht von Alleingang sprechen, wenn die EU, und diese besteht nun mal aus mehreren Staaten, ein wenig Autonomie entwickelt. Natürlich könnte man hier anführen, dass auch die USA aus verschiedenen Staaten besteht. Aber im Gegensatz zur EU gehören all diese Staaten zu einem Kulturkreis und haben alle die selbe Sprache.
Wenn man schon nicht fähig ist einen Machtpolitischen Gegenpol zu schaffen, weil man sich wie so oft nicht einigen kann und nicht mit einer Stimme spricht, so sollte dies eben im technischen Bereich geschehen. Keine Form der Abhängigkeit ist gut und eine einzelne Supermacht ohne adäquaten Gegenpol halte ich prinzipiell für bedenklich, denn Macht korumpiert leider....

auch wenn ich Kooperation in gewissen Bereichen für  durchaus nützlich halte, so besteht doch die Gefahr, dass man nach folgendem Schema vorgeht: Weil wir ja jetzt mehrere Partner da sind, kann man das Budget ja kürzen, die anderen können es ja ergänzen.... Wenn alle so denken, dann werden die Mittel, statt zusammengelegt zu werden,einfach nur weniger.

Ausserdem ist die ESA viel zu oft von ihren Partnern enttäuscht worden. Das CRV Programm wurde nur zu Gunsten des X-38 Programmes eingestellt, das dann ebenfalls,einseitig, eingestellt wurde.....ob das wohl sinnvoll ist?

Dieser Text ist allgemein gemeint, bitte nicht beleidigt sein... ;)

Felix_Korsch

  • Gast
Re: Raumfahrt *gegen* Amerika!
« Antwort #4 am: 04. Juli 2003, 22:52:52 »
Keine Angst, ich kann mit Kritik umgehen, dein Name wurde trotzdem notiert 8)

Wenn ich von Alleingang spreche, meine ich die Abschottung aller Parteien - also Europa wie USA - gegeneinander. Dabei spielt es in meinen Augen keine Rolle, ob die EU nun ein föderaler Staat ist oder nicht, denn Europa soll ja als Wirtschaftseinheit betrachtet werden, ebenso, wie sich die USA als eine solche ansehen.

Aus welcher Zeit kommt eigentlich die Ideologie, das Weltpolitik nur unter Bedingungen der verhärteten Fronten funktionieren kann? Macht kann konzentriert und geteilt werden, aber es ist sicher alles andere als positiv zu betrachten, wenn sich die EU wirklich in so ein "heißes" Abenteuer mit bzw. gegen die USA begibt. Macht korrumpiert die USA dabei genauso wie die EU (und Deutschland selbst), egal, ob man sich ein neues Feindbild aufbaut oder es bei der jetzigen Situation (quasi "nichts Halbes und nichts Ganzes") belässt.

Natürlich hat jede Kooperation auch Nachteile und birgt die Gefahr einer Abhängigkeit. Ich weiß allerdings nicht, wie die Anforderungen und Visionen des 21. Jahrhunderts ohne internationale Kooperation bezwungen werden sollen. Es heißt bekanntlich "Raumfahrt für die Erde", und nicht "Raumfahrt für die EU". Vielleicht sollte man auch mal außerhalb der Raumfahrt bedenken, was ein solcher Wettlauf bedeutet und sich (auch als historische Lehre) vor Augen halten, dass so etwas schnell auch in militärischen Dimensionen münden kann. Das kann wohl niemand wollen.

(Interessant zu überlegen ist übrigens, aus welchen wirtschaftlich-politischen Voraussetzungen heraus diese Konkurrenz entsteht und welche Motivationen sie hat. Dabei geht es wohl kaum um die Raumfahrt.)

Myrdin

  • Gast
Re: Raumfahrt *gegen* Amerika!
« Antwort #5 am: 05. Juli 2003, 13:26:02 »
Freut mich dass, Du meinen Namen notiert hast.Es stört mich auch nicht weiter, denn ich stehe zu meiner Meinung... 8)

Wir sollten aber darauf achten, dass wir beim Thema bleiben und nicht zu politisieren beginnen... ;D

Was spricht eigentlich gegen die Autonomie der europäischen Raumfahrt? Wenn mich nicht alles täuscht, besitzt die ESA ein ca.30 Personen zählendes Astronautencorbs. Und zurzeit sind alle auf das Shuttle oder die Sojuz-Kapsel angewiesen.  Leider ist momentan die Sojuz-Kapsel die einzige Möglichkeit zur ISS zu gelangen. Mit der geringen Besatzung der ISS ist es derzeit kaum möglich, vernünftige Forschung zu betreiben....

Jetzt mal rein spekulativ: Könnte es sein, dass die ESA mit dem Bau einer Startrampe für eine Progress-Rakete, welche im Jahr 2006 fertig sein soll, genau jenen autonomen Zugang zur ISS erreichen will? Wenn mich nicht alles täuscht, soll im gleichen Jahr das Columbus-Modul an der ISS montiert werden....wäre natürlich günstiger, ein seit jahren funktionierendes System zu übernehmen und umzurüsten(siehe China).

Ich denke auch nicht, dass es sinnvoll wäre gegen die USA zu arbeiten, aber ein bischen Konkurrenz kann nicht schaden,oder? ;)

mfg
Myrrdin

Felix_Korsch

  • Gast
Re: Raumfahrt *gegen* Amerika!
« Antwort #6 am: 05. Juli 2003, 15:29:52 »
Das klingt ja schon ganz anders! (*Namenzweimalunterstreich*) ;D

Eine gesunde Konkurrenz kann durchaus Vorteile bringen, ich habe lediglich (und ziemlich energisch) angezweifelt, dass eine neue Form des Wettrennens sinnvoll ist. Im Übrigen ist die Raumfahrt selbst ja auch ein politisches Thema bzw. zu einem solchen geworden - daher auch meine "abweichenden" Denkansätze. Vielleicht ist diese Gesellschaft ja einfach noch nicht reif dafür, sich endlich die Hände zu reichen :-/

Myrdin

  • Gast
Re: Raumfahrt *gegen* Amerika!
« Antwort #7 am: 05. Juli 2003, 18:08:34 »
Naja, eigentlich war die Raumfahrt immer schon ein politisches Thema und vielleicht ist das auch gut so. Ich glaube nicht, dass die Raumfahrt ohne staatliche Subventionen überleben könnte. Vor allem die wissenschaftlihen Missionen wären gefährdet.

Hast recht, die Gesellschaft ist nicht bereit sich die Hände zu reichen und ich bezweifle, ob es je soweit kommen wird. Daran werden auch die besten Vorsätze nichts ändern können...leider :(

Ich hoffe nur, dass die ISS ein voller Erfolg wird,allen Sparplänen zum Trotz! 8)