Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion

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tonthomas

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Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« am: 15. Oktober 2017, 16:10:18 »
Hallo Zusammen!

Hier soll es um Fakten und Legenden zu sowjetischen Überlegungen gehen, auf dem Mond eine Atomexplosion auszulösen. Eine solche Mission hätte wohl vor allem der Demonstration von Stärke gedient.

Lasst uns Informationen und Gerüchte dazu hier sammeln.

Gruß   Pirx

Ariane 42L

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Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #1 am: 15. Oktober 2017, 16:48:10 »
Auf die gleiche Idee ist auch die amerikanische Luftwaffe gekommen. Dazu erhielt die Armour Research Foundation in Chicago im Mai 1958 den Auftrag, die Sichtbarkeitsverhältnisse und die Auswirkungen einer solchen Detonation auf den Mond zu untersuchen. Das Geheimprojekt A119 erhielt den Titel »A Study of Lunar Research Flights«. Als Berater wurde der Astronom Gerard P. Kuiper verpflichtet. Einer der Studenten die die Berechnungen durchführten war Carl Sagan. Dieser hatte das streng geheime Projekt im März 1969 in einer Bewerbung um ein Stipendium unter dem Stichwort „Mögliche Kerndetonationen auf dem Mond“ erwähnt.

Quellen
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. Mai 2000

Weiter gehende Informationen siehe auch
https://de.wikipedia.org/wiki/Projekt_A119

tonthomas

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Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #2 am: 15. Oktober 2017, 18:43:49 »
Schon verrückt ... . Laut "http://www.presseportal.de/pm/7880/3756265" bzw. "Geschichtsmagazin "MDR Zeitreise" (Dienstag, 10. Oktober, 21.15 Uhr, MDR-Fernsehen)" "... gab es am 6. September 1958 von der Kreml-Führung den Geheimbefehl, eine Atombombe auf dem Mond zu zünden. Bereits im Sommer 1959 sollte die Kernladung auf dem Erdtrabanten explodieren."

Aus technischen und strategischen Gründen kam es aber nicht zur Umsetzung, heisst es an der genannten Quelle weiter.

Gruß   Pirx

tonthomas

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Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #3 am: 15. Oktober 2017, 19:08:40 »
Laut Historiker Matthias Uhl vom Deutschen Historischen Institut Moskau (https://www.dhi-moskau.org/home.html) sollten im Rahmen eines E-3 genannten Projekts eine Atombombe und eine Wasserstoffbombe entwickelt werden, die man auf dem Mond explodieren lassen wollte. Eine der Bomben sollte bei einer Masse von rund 400 kg die maximal mögliche Sprengkraft liefern, die andere bei einer Masse von rund 200 kg eine Sprengkraft zwischen 10 und 20 Kilotonnen.

Bei einem Testflug wollte man zunächst den nichtnuklearen Teil der Bombenkonstruktion am Mond testen. Die Nuklearexplosionen waren für ein Zeitfenster von April bis August 1959 geplant und an die Bedingung geknüpft, dass sich das ganze auch photographisch festhalten lässt. Die Frage, ob man wirklich eindrucksvolle Bilder bekommen würde, ließ sich nicht positiv beantworten. Da man ausserdem Sorge hatte, ein bei einem Raketenversagen auf fremden Staatsgebiet auftreffender Nuklearsprengsatz könne Ärger bedeuten, hat man die ganze Angelegenheit schließlich zu den Akten gelegt. An Anpassungen der R-7 war da bereits gearbeitet worden.

Gruß   Pirx

tonthomas

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Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #4 am: 15. Oktober 2017, 19:30:26 »
Mir war doch so:

In Harro Zimmers "Der rote Orbit" von 1996 ist auf Seite 59 von einem Projekt namens E-4 die Rede, das eine 400 kg schwere Sonde einen Nuklearsprengsatz auf der Mondoberfläche detonieren lassen sollte.

Harro Zimmer: Der rote Orbit, Franckh-Kosmos, ISBN: 3-440-07226-6

Gruß   Pirx

tonthomas

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Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #5 am: 15. Oktober 2017, 19:52:21 »
In Tschertoks "Rockets and People Vol. 2" kommt das ganz auf Seite 440 so vor:

"The third mission, Ye-3, was the most exotic; proposed by Academician Zeldovich, its goal was to deliver an atomic bomb to the Moon and detonate it on its surface." ..... "Zeldovich had rejected his own proposal. After calculating the duration and intensity of the flash in the vacuum of space, he doubted the reliability of photographing it from the Earth. As a result, this project, hazardous both intrinsically and in terms of its political consequences, was laid to rest; the designation Ye-3 was instead assigned to the program following Ye-2 that involved a lunar flyby while performing high-resolution photography."

Quelle: Boris Chertok: Rockets and People, Volume II: Creating a Rocket Industry. The NASA History Series June 2006 NASA SP-2006-4110, Download dort: https://www.nasa.gov/connect/ebooks/rockets_people_vol2_detail.html

Gruß   Pirx

tonthomas

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Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #6 am: 15. Oktober 2017, 21:22:09 »
Wesley T. Huntress Jr. und Mikhail Ya Marov listen für die ersten Reihen unbemannter sowjetischer Mondsonden in "Soviet Robots in the Solar System: Mission Technologies and Discoveries"
Springer Praxis, 2011, ISBN 978-1-4419-7897-4:

"
Ye-1 Lunar impact spacecraft, 170 kg
Ye-2 Lunar far-side photographic flyby, 280 kg
Ye-3 Same as Ye-2 with improved photographic equipment
Ye-4 Lunar impact ... possibly nuclear, 400 kg
Ye-5 Lunar orbiter
"

Gruß   Pirx

Offline bluemchen

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Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #7 am: 16. Oktober 2017, 00:26:13 »
Der gute alte Mond -
 ich glaube er hat gar nicht gewußt, daß er zwei Ohrfeigen bekommen sollte - eine von links und die andere von rechts.
Ob  dann die eine vor der anderen gekommen wäre oder beide auch gleichzeitig, sei dahin gestellt.
Am Ende hat es keine gegeben, vielleicht hat die Weisheit gesiegt.

Damit will ich sagen, wenn wir am Ende zu einem Schluß kommen wollen, der da lautet: "Laßt diesen Wahnsinn ein für alle mal sein und haltet bestehende Abkommen diesbezüglich ein (Trump), dann ist zumindest der Thread-Titel falsch gewählt, wenn es schon um das Thema geht.
---> Verweis auf HausD: Antwort #4006 am: 10. Oktober 2017, 20:19:18 » in Russische Raumfahrt

Es sei denn, es gibt noch andere Gründe, dieses Kalte- Kriegs- Thema in den Aufwärmtiegel ´17  zu geben, wo so viel unter den Nägeln brennt.
Bei allem Mondschein
Rainer

tonthomas

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Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #8 am: 16. Oktober 2017, 08:44:40 »
Der gute alte Mond -
 ich glaube er hat gar nicht gewußt, daß er zwei Ohrfeigen bekommen sollte - eine von links und die andere von rechts.
Ob  dann die eine vor der anderen gekommen wäre oder beide auch gleichzeitig, sei dahin gestellt.
Am Ende hat es keine gegeben, vielleicht hat die Weisheit gesiegt.

Damit will ich sagen, wenn wir am Ende zu einem Schluß kommen wollen, der da lautet: "Laßt diesen Wahnsinn ein für alle mal sein und haltet bestehende Abkommen diesbezüglich ein (Trump), dann ist zumindest der Thread-Titel falsch gewählt, wenn es schon um das Thema geht.
---> Verweis auf HausD: Antwort #4006 am: 10. Oktober 2017, 20:19:18 » in Russische Raumfahrt
....
Guten Morgen!

Das Thema ist Ergebnis einer Frage aus einer Stammtischrunde. Jemand hatte irgendwo mitbekommen, dass es das fragliche sowjetische Programm gegeben haben könnte und wollte wissen,
- ob da was dran ist;
- ob und wie man das ganze mit einer R-7 hätte bewerkstelligen hätte können;
- ob der gewünschte propagandistische Zweck - sprich ein photographischer "Beweis" einer Explosion auf dem Mond - überhaupt erfüllbar gewesen wäre.

Das Thema ist sicher nicht auf den Tisch gekommen, weil "irgendwer irgendwelche tendenziösen Absichten verfolgt", aber möglicherweise schlicht deshalb, weil unlängst in den Medien offenbar mehrfach von Arbeitsergebnissen eines Mitarbeiters des Deutschen Historischen Instituts Moskau berichtet wurde.

Mich persönlich interessiert die Geschichte selbst auch. An Trump und andere aktuelle Erscheinungen hatte ich hier nicht gedacht.

Mit dem Ausdenken, Optimieren und Demonstrieren von Tötungsgerät habe ich persönlich nichts zu tun und bin damit sehr zufrieden. Ich halte Waffen und insbesondere ihren Einsatz gegen andere  Menschen für unmenschlich und unzivilisiert - wie wohl ich natürlich sehe, wie es in der real existierenden Welt zugeht.

Ein wenig traurig bin ich schon, dass es möglicherweise nicht möglich ist, ein Thema der Raumfahrgeschichte zu besprechen, ohne umgehend einer gewissen Einseitigkeit bezichtigt zu werden. Letzteres Bezichtigen wäre mindestens so unsinnig wie das historische "Schau-mal-meine-Massenvernichtungswaffe-ist-größer-als-Deine" und das aktuelle "Ich-brenne-Dein-Land-nieder".

Gruß   Pirx

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Online Rücksturz

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Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #9 am: 01. November 2017, 09:17:11 »
Hallo bluemchen,

da ich bei dem besagten Stammtisch auch dabei war, kann ich mich Pirx Aussagen vollständig anschließen.
Uns geht es nur um die historische Aufarbeitung, nicht um einen aktuellen Bezug (den ich mir auch beim besten Willen nicht zusammenreimen kann).

Auslöser war eigentlich ein Beitrag im Fernsehen (öffentlich-rechtlich), bei dem ein Experte über dieses sowjetische Programm berichtet hat.
Da ich davon bis dahin noch nie etwas gehört hatte, habe ich beim Stammtisch nachgefragt.

Faszinierend finde ich, dass auch die Amerikaner zumindest über ähnliches nachgedacht haben.
Und wenn die Zeitangaben stimmen sogar vor den Sowjets.
Jetzt könnte man natürlich spekulieren, wessen Spionageabteilung von wem was mitbekommen hat.
Oder hatten beide die Idee unabhängig voneinander?

Irgendwie ist das ganze "gruselig" verrückt...  :P

Viele Grüße
Rücksturz
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Offline Setec

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Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #10 am: 25. Dezember 2017, 18:57:23 »
Hallo zusammen,
eine andere Frage, hätte der Mond das überlebt?
Ich denke diesen riesigen "Rumms" hätte man von der Erde sehen können. Wäre bestimmt eine gigantische Staubwolke geworden, die die Mare und Krater verdeckt hätten. Jedenfalls zeitweise.

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Offline Terminus

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Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #11 am: 25. Dezember 2017, 19:02:21 »
eine andere Frage, hätte der Mond das überlebt?

Na klar, für den wäre das gewesen wie ein Mückenstich für ein Mammut, höchstens.

Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #12 am: 27. Dezember 2017, 00:01:35 »
Beide Seiten haben schlussendlich bisher auf die Stationierung, Erprobung und Anwendung von Offesivwaffen im Weltraum verzichtet. Eine der wenigen Regeln, die immer eingehalten wurde.
"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen."
Immanuel Kant

Stefan307

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Re: Die R-7, der Mond und eine Atomexplosion
« Antwort #13 am: 06. Januar 2018, 14:21:19 »
Beide Seiten haben schlussendlich bisher auf die Stationierung, Erprobung und Anwendung von Offesivwaffen im Weltraum verzichtet. Eine der wenigen Regeln, die immer eingehalten wurde.
Zumindest soweit wir wissen... Aber der Grund dürfte eher in den nicht vorhanden Vorteil gegen über der Stationierung auf der Erde liegen und nicht in Vernunft oder ähnlichen...

Zurück zum Thema Lunar 1 wog knapp 400 kg. Hätte man einen Entsprechend großen Sprengsatz überhaupt so leicht bauen könne? Leistungssteigerung der R7 Oberstufe  wie später bei Wostok?

MFG S