Navigation außerhalb der Erde

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Navigation außerhalb der Erde
« am: 27. April 2021, 15:13:40 »
Es sind ja viele Rover unterwegs und jetzt wird auch in fernen Welten geflogen.
Wie finden diese Fahrzeuge den Weg? GPS gibt es ja derzeit nur auf der Erde.

OK, der Rover landet, macht einen Systemcheck und Fotos von der Umgebung.
Die Forscher schauen die Fotos an und entscheiden sich, zu einem bestimmten Felsen zu fahren.
Was dann? Wie findet man den Weg?

- Kompass fällt aus. Selbt wenn der Himmelskörper ein globales Magnetfeld hätte wie die Erde könnten schon manche Gesteine ihn durcheinander bringen.
- Eigene Position als Bezugspunkt. Also ein Befehl: "Ausgehend von der jetzigen Position der Räder ist das Ziel 400m voraus und 75m links." Allerdings muss sich das Fahrzeug nicht zwangsläufig so schnell bewegen wie die Räder (durchdrehen oder rutschen) und die Bewegungsrichtung des Fahrzeugs könnte von der Ausrichtung der Räder abweichen.
- Intelligente Software. Die Forscher markieren den Felsen als Ziel und das Fahrzeug fährt selbsständig darauf zu. Allerdings kann das schnell schief gehen. Das selbe Objekt kann von verschiedenen Richtungen oder bei verschiedenen Lichtverhältnissen ganz anders aussehen.
- Wenn ich an Dragonfly auf Titan denke wird es noch komplizierter. Beim Fliegen kann man mit dem Wind wegdriften und es dürfte schwer sein bei Start/Flug/Landung die ganze Zeit das Ziel im Auge (ähm, ich meine in der kamera) zu behalten.

Für Sachen die im Weltraum fliegen hat man doch nur die internen Beschleunigungssensoren um zu bestimmen ob der Kurs stimmt und wie man ihn ändern muss, oder? Zum beispiel wenn man den befehl gibt: "Zünde zum Zeitpunkt x die Triebwerke mit Leistung y um in den Orbit um den Planeten einzutreten."

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Offline Sensei

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Re: Navigation außerhalb der Erde
« Antwort #1 am: 27. April 2021, 15:31:36 »
Das ist ganz von den jeweiligen Bedingungen abhängig und man kombiniert eigentlich immer mehrere Methoden:

Grob Unterscheiden muss man die Fälle:
1. Navigation von Sonden im freien Weltraum
2. Navigation während des Abstiegs zu einem Planeten/Mond
3. Navigation auf einem Himmelskörper

Und so manches hast du aufgezählt. Dazu kommt aber noch einiges mehr:
(und die Methoden werden mit einander Verknüpft um die Probleme der einen Methode mit der anderen Auszugleichen)

Zu aller erst: bekannte letzte Position
- Startracker
- Gyroskope
- Laufzeitberechnung (Radiowellen, Laser, ... auf kurze und lange Strecke)
- Radar
- Lidar
- Bilderfassung und Abgleich
- Ausrichtung nach Funkwellen (z.b. um eine high-grain Antenne feiner zu justieren)
- ...

Online Hugo

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Re: Navigation außerhalb der Erde
« Antwort #2 am: 27. April 2021, 17:59:31 »
Nehmen wir mal das Beispiel "Perseverance auf dem Mars". Der Rover hat Kameras. Man kann somit einen Weg vorgeben, die Steuerbefehle für die Raddrehzahl vorgeben und dann ein Vorher-Nachher-Foto machen und dieses auf der Erde vergleichen. Grund: Die Kameras können weiter schauen, als der Rover pro Befehl an Strecke fährt.


Zusätzlich könnte man auch dem Rover Befehle geben, er soll Steine und Hindernisse am Wegrand erkennen und Tracken. Wenn Du 1 Stein am Rad hast den Du Trackst, hast Du in Kombination mit der Raddrehzahl schon sehr gute Möglichkeiten zu erkennen, ob etwas nicht stimmt. Wenn Du 2 Steine Trackst, kannst Du einen 2-D-Pfad perfekt überprüfen.

Zusätzlich könnte man den Rover auch Nothalte erlauben, wenn Hindernisse unerwartet auftauchen.



>> Allerdings muss sich das Fahrzeug nicht zwangsläufig so schnell bewegen wie die Räder
>> (durchdrehen oder rutschen) und die Bewegungsrichtung des Fahrzeugs könnte von der
>> Ausrichtung der Räder abweichen.
Software kann das erkennen. Alleinig wird es nicht perfekt sein, aber es liefert einen Datensatz zur Berechnung.


>> Intelligente Software. Die Forscher markieren den Felsen als Ziel und das Fahrzeug fährt selbsständig
>> darauf zu. Allerdings kann das schnell schief gehen. Das selbe Objekt kann von verschiedenen Richtungen
>>  oder bei verschiedenen Lichtverhältnissen ganz anders aussehen.
Softwar kann das erkennen. Selbst wenn es alleinig nicht perfekt wäre, liefert es immer einen Datensatz zu Berechnung. Man kann ja 100 Felsen tracken. Wenn dann den Median auswerten.


>> Für Sachen die im Weltraum fliegen hat man doch nur die internen Beschleunigungssensoren
Man hat auch Startracker. Ein Satellit kann sich an den Sternen orientieren. Alles liefert einem einen Datensatz für die Berechnung.

Somit hat Du am Ende viele Datensätze für Deine Berechnung. Sterne, Beschleunigungssensoren, Schubberechnungen. Und aus allen Datensätzen rechnest Du Die Position aus. Es können immer Datensätze Fehlerhaft sein, somit rechnet man auch immer mit Wahrscheinlichkeiten.

Re: Navigation außerhalb der Erde
« Antwort #3 am: 28. April 2021, 14:47:05 »
Danke erst einmal.

Hat die NASA (oder andere Rover betreiber, Russen und Chinesen sind ja schon auf dem Mond gefahren) immer ein Baugleiches Fahrzeug im "Sandkasten" um schwierige Manöver erst einmal zu testen?
Ich glaube, ich las bei Spirit/Opportunety wie sie erst auf der Erde testeten wie man aus losem Sand raus kommt oder wie man steuert wenn ein Rad blockiert ist.
Wenn die Mission vorbei ist kann das Ersatzfahrzeug ja im Museum gezeigt werden.

Zur navigation:
Nach etwas Nachdenken kam ich zu dem Schluss, am einfachsten wäre eine Kamera die senkrecht nach unten schaut und auf der man die Räder und die Umgebung sieht. Wenn man den Abstand zum Boden und die Linse kennt weiß man wie groß Dinge am Boden sind und die Größe der Räder kennt man auch.
- Räder drehen sich und Stein ändert Position im Bild = alles OK
- Räder drehen sich und Stein bleibt an der selben Stelle = Räder drehen durch
- Räder stehen still und Stein bewegt sich = entweder ein Sandsturm weht Stein und/oder Rover durch die Gegend oder der Stein war eine Schildkröte (auf Mars eher unwahrscheinlich)
Natürlich braucht man noch eine Kamera nach vorne damit man nicht mit Hindernissen zusammen stößt.

Online Hugo

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Re: Navigation außerhalb der Erde
« Antwort #4 am: 28. April 2021, 16:44:09 »
Hat die NASA (oder andere ...) immer ein Baugleiches Fahrzeug im "Sandkasten" ...
Ob das wirklich immer zu 100% alle machen weiß ich natürlich nicht, aber ich denke, das wird fast immer gemacht. Nehmen wir mal das Spiel Persy: Hier hat die NASA >= drei Fahrgestelle und 2 Energiezellen bauen lassen. Ein Fahrgestell ist das Modell für die Tests auf der Erde. Eins ging mit Energiezelle als Curiosity zum Mars und ein Fahrgestell und eine Energiezelle bleiben als Reserve. Aus denen hat man jetzt Persy gebaut, natürlich hatte man hier jetzt keine Reserve mehr. Hätte man vor dem Start z.B. einen Produktionsfehler im Plutoniumpallet festgestellt hätte man die Energiezelle nicht mehr tauschen können.

Ich glaube, ich las bei Spirit/Opportunety wie sie erst auf der Erde testeten wie man aus losem Sand raus kommt oder wie man steuert wenn ein Rad blockiert ist. Wenn die Mission vorbei ist kann das Ersatzfahrzeug ja im Museum gezeigt werden.
Korrekt. Mit dem Testmodell auf der Erde testest man komplizierte Bedingungen auf dem Mars. Man macht auch Softwareupdates erst hier. Und am Ende freut sich jedes Museum über Technologie.

(...) am einfachsten wäre eine Kamera die senkrecht nach unten schaut (...) Natürlich braucht man noch eine Kamera nach vorne damit man nicht mit Hindernissen zusammen stößt.
Der Rover hat viele Kameras. Man hat Kameras z.B. als Navigationskamera ausgelegt und man hat Kameras als Medienkamera ausgelegt. Die Navigationskamera hat als Prioritätsanforderung z.B. ein verzerrungsfreies Bild, die Medienkamera hat als Prioritätsanforderung z.B. eine gute Farbwiedergabe. Wenn man fährt, nutzt man die Navigationskamera und wenn man PR-Fotos macht, nutzt man die Medienkamera. Im Ergebnis hat man alles abgedeckt, was man braucht. Und wenn eine Kamera kaputt geht, hat man noch diverse andere Kameras.