phasing orbit

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delta

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phasing orbit
« am: 02. Februar 2018, 12:28:13 »
Hallo

Beim Flug zur ISS fliegt man zunächst auf einen phasing orbit

Weiß jemand seit wann man dieses Flugmanöver anwendet?

Viele Grüße

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Offline roger50

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Re: phasing orbit
« Antwort #1 am: 02. Februar 2018, 13:48:27 »
Beim Flug zur ISS fliegt man zunächst auf einen phasing orbit
Weiß jemand seit wann man dieses Flugmanöver anwendet?

Seit 1965, also schon immer. Erstmals verwendet beim Rendezvous zwischen Gemini-6 und -7 im Dez.65.

"Phasing Orbit" heißt eigentlich nichts anderes, als daß man ein Raumschiff auf einen Orbit bringt, auf der es das Zielobjekt in einer gewissen Zeit erreichen kann. Also normalerweise auf einen etwas tieferen Orbit mit derselben Bahnebene (Inklination). Tiefer heißt schneller, also holt man das Zielobjekt langsam ein. Man hat Zeit, die Bahnebene exakt anzugleichen und die Bahnhöhe schrittweise anzupassen, bis: "Sie haben ihr Ziel erreicht!"

Die Dauer des phasing ist sehr unterschiedlich, die Zeitspanne reichte bisher von 90 min bis zu 3 Wochen. Je nachdem, was man sonst noch so während dieser Zeit plant.

Gruß
roger50

P.S.: Ich glaube, diese allgemeine Frage wäre im "Fragen und Antworten"-Bereich besser aufgehoben. Mods ?

delta

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Re: phasing orbit
« Antwort #2 am: 02. Februar 2018, 19:42:24 »
Seit 1965, also schon immer. Erstmals verwendet beim Rendezvous zwischen Gemini-6 und -7 im Dez.65.

Das ist interessant. Ich hatte gehört, dass ein Rendezvous ohne phasing orbit zu ungenau ist
Darum frage ich mich warum man das im Mondorbit bei Apollo nicht so gemacht hat

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Offline Schillrich

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Re: phasing orbit
« Antwort #3 am: 02. Februar 2018, 21:34:25 »
Ich denke nicht "zu ungebau", denn welcher Parameter soll hier zu ungenau sein?

Mit einem "phasing" wird man aber flexibler. Man nähert sich langsam dem Rendezvous und hat viel Zeit für den Anflug. Man kommt langsam in die einzelnen Phasen von Anflug, Nahnavigation und Kopplung. Man kann bei Problemen reagieren, hat Zeit die Siutation zu prüfen und zu korrigieren. Man hat ein "breites Rendezvous-Fenster" ...
\\   //    Grüße
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Offline roger50

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Re: phasing orbit
« Antwort #4 am: 03. Februar 2018, 01:00:32 »
Darum frage ich mich warum man das im Mondorbit bei Apollo nicht so gemacht hat

Ich nehme an, daß du das RvD bei Rückkehr des LEM zum Mutterschiff meinst.

Hier hat man es aus betrieblichen Gründen nicht gemacht. Die Orbithöhe der Apollo-Kapsel betrug rund 110 km, war also niedrig. Der Aufstieg dauerte also nur wenige Minuten. Zum anderen hatte die Oberstufe des LEM nur begrenzte Treibstoff- und Sauerstoffvorräte. Vom Erdboden aus konnte man auch nicht viel vermessen, und die Astronauten waren auf sich allein gestellt. Sie hatten während des gesamten Aufstiegs des LEM Funk- und Datenkontakt (u.a. Radar) untereinander. Alle Sollwerte des Aufstiegs waren vorher auf der Erde berechnet und in dem aus heutiger Sicht primitiven Bordrechner des LEM abgespeichert worden.

Hätte es Fehler während des Aufstiegs gegeben, also wenn das LEM das Mutterschiff nicht direkt erreicht hätte, so hätte das Apollo-CSM das aktive RvD übernehmen können. Das können große Weltraum Stationen natürlich nicht.

Eine solche Schnellkopplung wie zwischen dem LEM und dem Apollo-CSM hatte man 1966 erstmals mit Gemini-11 erprobt, als die Kapsel bereits nach 85 min, also nach weniger als einer Erdumfliegung an eine Agena-Stufe koppelte.

Gruß
roger50

delta

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Re: phasing orbit
« Antwort #5 am: 03. Februar 2018, 08:43:16 »
Ich denke nicht "zu ungebau", denn welcher Parameter soll hier zu ungenau sein?
Hier wird dazu etwas gesagt
youtube.com/watch?v=25hliOqpOB8


Eine solche Schnellkopplung wie zwischen dem LEM und dem Apollo-CSM hatte man 1966 erstmals mit Gemini-11 erprobt, als die Kapsel bereits nach 85 min, also nach weniger als einer Erdumfliegung an eine Agena-Stufe koppelte.
Man ist mit einer Trägerrakete in die Erdumlaufbahn und von dort gleich weitergeflogen?

Offline tnt

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Re: phasing orbit
« Antwort #6 am: 03. Februar 2018, 12:07:53 »
Also als KSP-Spieler kann ich dir folgendes zum "Phasing" Orbit sagen:
Wenn du ein Rendezvous mit einem Objekt auf einer bestimmten Umlaufbahn machen möchtest musst du dich einerseits in der selben Umlaufbahn befinden. D.h. deine Umlaufbahn braucht die selbe Inklination, Apogäum, Perigäum (und wenn Apogäum und Perigäum nicht übereinstimmen auch noch die gleiche Lage der Exzentrizität)... Darüber hinaus musst du dich dann auch noch an der gleichen Stelle der Umlaufbahn befinden. Und hier kommt der "Phasing"-Orbit ins Spiel. Es geht darum die Phasen deiner beiden Objekte anzugleichen.
Gehen wir mal von einem kreisrunden Orbit aus: Wir wählen für den Phasing Orbit einen Orbit aus der die gleiche Inklination aufweist, aber höher oder tiefer als der Zielorbit ist. Jetzt kannst du in diesem Orbit bleiben bis sich die Phasen so angeglichen haben dass der Wechsel in den Zielorbit dich mehr oder weniger an die gleiche Stelle des Zielobjektes bringt.
D.h. wenn du dich in einem tieferen Orbit befindest musst du genau dann dein Apogäum auf den Zielorbit erhöhen, dass dein eigenes Apogäum dann dein Ziel kreuzt. Wenn du dann dich im Apogäum befindest (also nahe deinem Zielobjekt) brauchst du nur noch einmal die Triebwerke zünden und dein Perigäum anheben. Schon befindest du dich beim Zielobjekt.
Hinweis: Du solltest natürlich nicht direkt neben dem Zielobjekt auftauchen da du es nicht crashen willst und ja noch dein Perigäum erhöhen musst.

Übrigens: Theoretisch ist das Warten auf dem Boden auch eine Art "Phasing" Orbit. Das LEM musste ja genau zum richtigen Zeitpunkt starten um sich mit dem CSM zu treffen.

delta

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Re: phasing orbit
« Antwort #7 am: 04. Februar 2018, 10:18:28 »
Übrigens: Theoretisch ist das Warten auf dem Boden auch eine Art "Phasing" Orbit. Das LEM musste ja genau zum richtigen Zeitpunkt starten um sich mit dem CSM zu treffen.

Ich weiß nicht,ob man das vergleichen kann
Vom phasing orbit zum Zielorbit hat man ja ein einfaches Manöver

Aber vom Start zum Zielporbit ist es sehr kompliziert
und deshalb ist es doch komisch,dass es trotzdem funktioniert hat

Re: phasing orbit
« Antwort #8 am: 04. Februar 2018, 11:03:06 »
Ich würde mal ins Blaue hinein raten, dass man es am Mond besser machen kann, da man keine Atmosphäreneffekte hat. Daher kann man den geplanten Orbit sehr genau erreichen und so auf einen phasing orbit verzichten.
"Dragon 2 is designed to be able to land anywhere in the solar system. Red Dragon Mars mission is the first test flight." - Elon Musk

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Offline Olli

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Re: phasing orbit
« Antwort #9 am: 05. Februar 2018, 11:25:01 »
So ganz ohne phasing orbit ging es auch damals nicht.
Im Apollo Flight Journal ist es ganz schön beschrieben.

Das LM ist nach dem Start von der Mondoberfläche zunächst in einen niedrigeren Orbit als das CSM, um sowohl leichte Zeitungenauigkeiten und auch die Inklination zu korrigieren.
Ein direkter Aufstieg zum Rendezvous und Docking war nicht möglich.

Grüße
Olli
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Offline Hugo

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Re: phasing orbit
« Antwort #10 am: 05. Februar 2018, 12:01:05 »
Ich denke man sollte sich hier nicht an einem Wort "Phasing" festhalten. Denn das Prinzip dahinter ist einfache Logik und wird zu 100%, also immer, angewendet. Egal, ob man es nennt oder ob man es nicht nennt. Einzig die "Dauer" ist unterschiedlich. Und irgendwann hat mal jemand dem ganzen einen Namen gegeben.

Denn das Prinzip ist immer das gleiche: Man fliegt mit der Rakete in den Zielorbit. Aber man trifft sein Zielobjekt ja nie zu 100% ganz genau. Wenn da so wäre dann würde ein Flug zur ISS ja nur wenige Minuten brauchen. Der Zielorbit der Rakete ist i.d.R. etwas niedriger als der Orbit des Zielobjektes und man fliegt Zeitlich etwas versetzt, also etwas später. Und jetzt kommt einfachste Physik: Da man etwas tiefer fliegt, fliegt man etwas schneller. Man holt sein Zielobjekt also ganz langsam ein. Und jetzt erhöht man seinen Orbit, wenn man an der richtigen Position ist. Oder man korrigiert seinen Orbit, wenn man in einem etwas falschen Orbit gelandet ist.

Man kann es mit dem Einparken bei einem Auto vergleichen. Ich fahre von der Autobahn auf die Landstraße und reduziere meine Geschwindigkeit und lenke ein wenig. Dann fahre ich in die Stadt und reduziere meine Geschwindigkeit und lenke ein wenig. Dann sehe ich den Parkplatz und fahre langsamer auf Schrittgeschwindigkeit und lenke ein wenig. Ich passe immer meine Fahrtrichtung und Geschwindigkeit an. Jetzt rolle ich ganz langsam in den Parkplatz. Alles einzelne "Phasen". Niemand würde mit 200 km/h von der Autobahn die Handbremse anreißen, das Lenkradschloss einrasten, den Schlüssel abziehen und hoffen, daß das Auto am Ende perfekt genau in der Parklücke steht. Kleiner Unterschied im All ist, daß man nur die Geschwindigkeit anpassen kann, dafür das aber 3-Dimensional, aber auf die Position und die Flugrichtung habe ich keinen direkten Einfluss.

delta

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Re: phasing orbit
« Antwort #11 am: 06. Februar 2018, 16:38:16 »
Ein direkter Aufstieg zum Rendezvous und Docking war nicht möglich.

Ab Apollo 14 war das schon ganz schön direkt



Man kann es mit dem Einparken bei einem Auto vergleichen. Ich fahre von der Autobahn auf die Landstraße und reduziere meine Geschwindigkeit und lenke ein wenig

Beim Auto sind Geschwindigkeit und Richtung weitgehend unabhängig
Aber in einer Umlaufbahn bedeutet eine Geschwindigkeiständerung auch eine Richtungsänderung und umgekehrt

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Offline Schillrich

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Re: phasing orbit
« Antwort #12 am: 06. Februar 2018, 16:42:34 »
Phasing führt aber gerade dazu, dass man langsam in die Nähe des Ziels driftet und dort dann für die praktische Manöverphase in sehr guter Näherung linear und entkoppelt relativ zum Ziel manövrieren kann ... ohne sich Gedanken über die Orbitmechanik machen zu müssen.

Aber oben wurde das schon gesagt: es gibt immer ein Phasing, manchmal halt nur in einem kurzen Zeitfenster, wenn man kann aber ausgedehnt. Ziel ist es, einfach und direkt relativ zum Ziel manövrieren/navigieren zu können.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

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delta

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Re: phasing orbit
« Antwort #13 am: 06. Februar 2018, 21:55:37 »
Aber oben wurde das schon gesagt: es gibt immer ein Phasing

Ein phasing orbit im Zusammenhang mit dem Rendevous macht für mich nur Sinn,wenn darauf eine Hohmann-Bahn folgt und nicht irgendwelche Manöver