Die scheinbare Überschreitung der Lichtgeschwindigkeit bezieht sich auf ein an der Kölner Universität durchgeführtes Experiment. Dabei wurden Mikrowellen auf einen zu engen Hohlleiter gerichtet und am anderen Ende des Körpers gemessen. Die Mikrowellen trugen dabei auch ein moduliertes Signal (Musik). Bei der Messung kam heraus, dass ein winziger Teil der Wellen den Körper nicht durchquerten sondern „übersprangen“. Die Mikrowellen traten zum gleichen Zeitpunkt am Ende des Körpers aus, an dem sie auf den Anfang des Körpers trafen. Diesen Effekt nennt man Tunneleffekt. 1999 konnte man an der Universität Berkeley denselben Effekt auch an Licht nachweisen. Dabei ist die Geschwindigkeit praktisch unendlich, da das Licht den Körper ja gar nicht durchquert. Das ist keine Science Fiction sondern mittlerweile an Dutzenden Unis nachgeprüfte Realität.
Auch Elektronen können extrem dünne Schichten durchtunneln. Dies liegt an der so genannten Wellenfunktion. Sie gibt eine Wahrscheinlichkeit für den Aufenthaltsort eines Teilchens in dem ihm zugeordneten, größeren Wellenstück an. Demnach ist es zwar unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, dass sich ein Elektron in seiner deBrogli-Welle an den Anfang schiebt und damit einen massiven Körper (sehr geringer Dicke) praktisch durchtunnelt. Diese Eigenschaft beruht auf dem Welle-Teilchen-Dualismus. Jedes Teilchen reagiert auch als Welle und jede Welle auch als Teilchen. So können Elektronen miteinander interferieren oder eben Materie durchtunneln und Licht kann einen „Druck“ auf eine Fläche ausüben. (Lustigerweise kann sowohl ein Elektron als auch ein Lichtquant mit sich selbst interferieren, aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.)
Nimmt man nun eine Messtrecke, bei der die Tunnelstrecke genauso lang ist, wie die Strecke vor und hinter dem Körper durch die Luft, so erhält man die doppelte Lichtgeschwindigkeit, da ja scheinbar der doppelte Weg in der einfachen Zeit zurückgelegt wurde.
Der Tunneleffekt ist übrigens eine Barriere für die weitergehende Miniaturisierung elektronischer Bauelemente in Computerschaltkreisen. Ist die Wahrscheinlichkeit für das Durchtunneln eines Transistors zu groß, kann man diesen nicht mehr als Schalter verwenden, da es die Stellung „Aus“ dann nicht mehr gibt.
Auch ganze Atome können sehr geringe Distanzen durchtunneln. Ganzen Körpern gelingt dies nur mit einer seeeeeeehr geringen Wahrscheinlichkeit. Auch deshalb können wir nicht durch Wände gehen.
Quellen: Deutschlandfunk (DLF) Forschung aktuell vom 4. Juni 1993, DLF-Wissenschaft im Brennpunkt vom 7. März 1999
Weitergehende Infos zum Tunneleffekt und gegenwärtigen bzw. zukünftigen Anwendungen bei Rastertunnelmikroskopen, Quantencomputern oder Supraleitern: bild der wissenschaft (bdw) Online vom 28.8.2001, bdw-online vom 22.2.2002, 3sat-nano vom 29.1.2003 und bdw-online vom 11.2.2004.
GG
Übrigens kannst Du diese Infos auch an Deinen Physiklehrer weiterleiten. Das Rastertunnelmikroskop wird er wahrscheinlich kennen. Alles andere kann er sich anlesen. Immerhin sind die Erkenntnisse mittlerweile 13 Jahre alt!