Zum Budget: Ich denke mal nicht, daß die monetäre Höhe eines nationalen Raumfahrtbudget etwas über die Qualität der jeweiligen Raumfahrt aussagt.
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Die Russen sind da viel pragmatischer in ihrer Herangehensweise. Wenn sich etwas bewährt hat, egal wie "primitiv" das im ersten Augenblick auch erscheinen mag, dann wird das so gemacht und beibehalten. Während die Philosophie der NASA darin besteht, möglichst immer alles mit der neuesten Technik vollzustopfen. Wohin das führt, zeigt sich ja gerade wieder mit dem verschobenen Shuttlestart. Da nutzt ihnen ihre beste Technologie nichts.
Machen wir uns nichts vor, die Raumfahrt basiert im wesentlichen - jedenfalls was die Trägermittel anbelangt - immer noch auf den Technologiegrundlagen der fünfziger Jahre - und das wird sich wahrscheinlich auch die nächsten fünfzig Jahre nicht großartig ändern, wenn nicht vorher jemand den "Warp"-Antrieb erfindet ( )
Also vorsicht, die Qualität einer Raumfahrtnation von der Höhe des Budges auszumachen.
Und im besagten Artikel wird ja keinesfalls in Abrede gestellt, daß die Russen nicht über das nötige Know-How verfügen, Raumfahrt zu betreiben. Im Gegenteil. Die "Krise" der russischen Raumfahrt wird am fehlen moderner Aufklärungs-und Kommunikationssateliten festgemacht und an der Tatsache, keine große interplanetarische Mission in den letzten Jahren mehr gestartet zu haben, was ihren Abstand in diesem Bereich zu den USA hat sehr groß werden lassen.
NASA und ROSKOSMOS könnten sich prima ergänzen. Beide verfügen jeweils über das, was der andere zu wenig hat. Die Russen mit ihrer hervorragenden und äußerst zuverlässigen Infrastruktur (Trägermittel, Raumfahrtzeuge wie Sojus, Progress ect.) und die NASA mit ihrer Spitzentechnologie auf dem Bereich der Satteliten-und Raumsondentechnik.
Der Artikel, auf den wir uns beziehen, ist in der Sache richtig, aber die Schlußfolgerung halte ich für übertrieben: Rußland steht erst am Anfang seines Combacks. Die Russen waren schon immer für eine Überraschung (im positiven Sinne) gut. Der Himmel ist hoch und Moskau ist weit!
TITOW
Natürlich mag es Sinnvoll sein, bewährtes zu nutzen und zu verbessern, aber irgendwann ist es ausgereizt. Das hat die Russen damals schon ihr Mondflugprogramm gekostet. Wärend die NASA Hochleistungstriebwerke entwickelte und den Weg für den Einsatz von LH2/LO2 ebnete, um mit wenigen Triebwerken und 3 Stufen auszukommen, trieben die Russen das Prinzip der Triebwerksbündlung auf die Spitze. Im Vergleich zur Saturn 5 mit 11 Triebwerken verwendete die N1 43 Triebwerke. Allerdings beachteten man dabei nicht, das es mit der damaligen Technologie extrem schwer war, allein 30 Triebwerke in der Startstufe ordentlich zu kontrolieren und zu steuern. Hinzu kamen (offenbar aus Zeitdruck) Versäumnisse bei der Treibstofffilterung und der Tanksäuberung. Trotz 4 Stufen und gleicher Startmasse hatte die N1 lediglich 3/4 der Nutzlastkapazität einer Saturn 5.
Der Grund, warum ich die Russen nie als Weltraumnation Nr 1 gesehen habe, ist letztlich aber ein anderer. Nur in einer Raumstation jahrelang um die Erde zu gurken ist keine Leistung, vor der ich den Hut ziehe. Denn was bringt eine Raumstation? Schon bei den Spacehab Flügen der NASA in den 90ern musste die NASA Missionen streichen, weil es nicht genügend Experimente gab. Bei der ISS ist es ähnlich. Die Industrie hat kein Interesse, all die hochfliegenden Pläne von industrieller Fertigung und neuen revelutionären Werkstoffen und Medikamenten wurden zu Grabe getragen. Das einzige, was auf Raumstationen wirklich sinnvoll zu erforschen ist, sind Biomedizinische Experimente über die Auswirkung des Raumfluges und der Schwerelosigkeit auf den Organismus. Nur kommt das ausschließlich den Austronauten und Kosmonauten zu gute. Ein medizinisches Forschungsprogramm auf der Erde würde bei einem Bruchteil der Kosten zu weit mehr allgemein verwendbaren Ergebnissen führen. Bemannte Raumfahrt wird auf diese weise Raumfahrt zum Selbstzweck.
Raumfahrt muss aber etwas bringen. Sei es komerziell (Wetter- Nachrichten- oder Forschungssatelliten) oder wissenschaftlich. Selbst die militärische Raumfahrt hat hier größere Daseinsberechtigung als die aktuelle bemannte Raumfahrt, die verzweifelt eine Raumstation aufbauen will, die keiner braucht.
Bei Raumfahrtunternehmen, die nicht komerziell sind, sollte die Wissenschaft im Fordergrund stehen. Und dazu gehören für mich vor allem Forschungssatelliten und Raumsonden. Und in beiden Bereichen hat Russland praktisch nichts geleistet. Das einzige war hier das Venusprogramm, wo die Russen wirklich bahnbrechendes geleistet haben (wenngleich ihrer rubusten und schweren Technik die Bedingungen auf der Venus sehr entgegenkamen). Dos Mondprogramm war durchwachsen, das Marsprogramm ein Desaster. Weiter sind die Russen nie gekommen. Viele Missionen scheiterten an der unzureichenden Technik (Phobus 1 und 2 zb), aus dem gleichen Grund sind Tiefraummissionen nie in Angriff genommen wurden. Viele der angeblich Bahnbrechenden Erstleistungen der russischen Raumfahrt sind auf den 2. Blick nur propagandistische Leistungen gewesen, hinter denen keine wirklichen Programme steckten.
Und auch die billigen Preise der Träger sind eher Makulatur. Vergleicht man die Titan 4 und die Proton (die sich eh recht ähnlich sind), soll fällt einem auf, das beide Träger in den letzten 15 Jahren lediglich 2 - 3 mal im Jahr gestartet sind. Eine Proton kostet dabei ca 100 Mio, eine Titan 4 ca 450 Mio. Würde man für beide Träger das gleiche Preis - Lohn Gefüge annehmen, so wäre die Proton preislich nicht viel von der Titan entfernt. Das es auch anders geht, und das moderne Technik durchaus konkurenzfähig ist, zeigt eindrucksvoll die Ariane 5. Und würden Boing und Lockheed aus den Schuhen kommen und sich auf dem freien Markt um Aufträge für ihre EELV Träger bemühen, so könnten auch Atlas 5 und Delta 4 preislich mit der Ariane 5 mithalten.
Kurzum, einen Spitzenplatz im Bereich Raumfahrt einzunehmen, bedeutet bei mir nicht nur, das man 30 Jahre lang in Blechdosen um die Erde gurkt. Dazu gehört viel mehr. Und wer Fair und Objektiv ist, muss zugeben, das die Russische Raumfahrt aktuell und auch historisch gewaltige Defizite hatte. Lediglich im Bereich der bemannten Raumfahrt konnten sie überzeugen (wobei ihnen auch da die Amis mit der Mondlandungdas Sahnehäubchen wegschnappten), wirklich gebracht hat das allerdings nichts.