Akronyme in Raumfahrtmissionen

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Offline pikarl

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Akronyme in Raumfahrtmissionen
« am: 16. März 2009, 22:14:16 »
Folgendes Editorial für das heutige InSpace Magazin möchte ich euch nicht vorenthalten. Da es darin vor allem um unbemannte Missionen geht, poste ich es mal hier.

Zitat
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

in den Anfangstagen der Raumfahrt war die Welt noch in Ordnung. Alles war schön einfach. Verglichen mit den heutigen Raumfahrzeugen steckte in denen noch Werkzeuge, die Steinmetze noch mit Hammer und Meißen aus dem nackten Fels gehauen hatten. Jedenfalls könnte man dergleichen in Zeiten von Ionentriebwerken und Datenübertragung per Laser fast denken.

Auch die Namen früher Missionen waren einfach. Der erste Erdtrabant Sputnik hieß übersetzt etwa "Satellit". Forschungssonden hießen hier Kosmos, dort Explorer. Und Sonden zum Mars hießen ganz einfach Mars. Doch im Zuge der technologischen Entwicklung stellten die Raumfahrtagenturen offensichtlich nicht nur neue Mechaniker ein, sondern auch Linguisten. Nicht nur das Raumfahrzeug, auch der Missionsname sollte jetzt sophisticated sein. Was liegt da näher, in Analogie zur für den Laien nicht mehr zu durchschauenden Elektronik auch komplexeste Akronyme zu erfinden? Ziel ist es, dass auch der Name der Mission jeglichen offensichtlichen Zusammenhang zu ihrem Inhalt verliert, es sei denn... Es sei denn, man kennt die Auflösung des Akronyms!

Was die Mission ENVISAT, der Environmental Satellite tut, ist vielleicht noch ersichtlich. Doch ganz offensichtlich wurde die Mission INTEGRAL (International Gamma-Ray Astrophysics Laboratory) nicht in einen Erdorbit geschossen, um dort Integral-Rechenaufgaben zu lösen. Warum nannte man einen neuartigen Kommunikationsatelliten gerade ARTEMIS (Advanced Relay and Technology Mission), wo doch Artemis die griechische Göttin der Jagd, der Wildnis und die Hüterin der Frauen und Kinder ist. Alles klar. Am besten wacht man via Satellit über seine Kinder. Botschaft verstanden, liebe ESA.

Liebe Raumfahrtagenturen: Ihr müsst doch merken, was ihr damit anrichtet. Alle Welt will mittlerweile ein Akronym. Je unverständlicher, desto besser. Das haben auch die zukünftigen Wissenschaftler bemerkt. So erhielt ein studentisches Forschungsprojekt für eine neuartige bemannte Marsstation den eingängigen Namen HEXE (Habitat Experiment for Extreme Environments). Wer hat da nicht ein einsames Pfefferkuchenhaus im Gusev-Krater vor Augen? Statt Kinder müssen verwaiste Marsrover als Beute herhalten.