Geständnisse in letzter Minute

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Offline Ingo

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Geständnisse in letzter Minute
« am: 03. Juli 2023, 20:45:49 »
Vor einigen Monaten habe ich ein Interview eines NASA Mitarbeiters (Projektleiter oder so) gesehen, der beschrieb dass es bei jedem Projekt gegen Abschluss einige Kollegen gab, die ihm irgendein angebliches kritisches Problem schilderten.
Meist Sonderfälle von Sonderfälle, welche er stets anhörte und die Leute mit der Versicherung sich darum zu kümmern heimschickte. Er hatte dazu einen netten Begriff und Definition.

Ich finde das weder hier noch in YouTube (die Stichworte "NASA Geständnis" bringen in deutsch und Englisch wirklich fürchterlichenl Ergebnisse)

Ich suche das Interview zur Veranschaulichung eines Vortrags.

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Offline tomtom

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Re: Geständnisse in letzter Minute
« Antwort #1 am: 03. Juli 2023, 21:22:02 »
findendest du hier:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3439.msg549937#msg549937

Die Sache mit den "brennenden Steinen" (von 2009).
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

Offline Ingo

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Re: Geständnisse in letzter Minute
« Antwort #2 am: 04. Juli 2023, 07:54:39 »
Das war's, danke

Lustig, ich hätte schwören können das war ein Video...

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Offline Terminus

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Re: Geständnisse in letzter Minute
« Antwort #3 am: 04. Juli 2023, 08:14:06 »
Ich habe mal das Originalposting von Mr. Hale von 2009 gelesen. Das ist für den Flight Director natürlich fies, wenn die Leute da kurz vor dem Start mit Bedenken ankommen, die sie, wenn überhaupt, vor Monaten oder gar Jahren hätten melden müssen, um das noch vorher zu untersuchen. Nun haben sie ihr Gewissen erleichtert und schlafen wieder gut - sie haben es ja nun gemeldet und man könnte immer noch alles abbrechen, haha - und dafür schläft nun der FD schlecht. Oh Mann. Zum Glück ist ja keines dieser last-Minute-Probleme je eingetreten, wenn ich es recht verstanden habe. ;D

Interessante Frage: Warum melden diese Ingenieure ihr Bedenken nicht schon viel früher? Ich könnte es mir so vorstellen: Sie haben Angst, ihre Arbeit zu gefährden, da sie das jeweilige Problem für so gravierend und gleichzeitig für so schwer analysierbar halten, dass es das Projekt zu teuer machen könnte und es daher abgebrochen werden könnte. Außerdem sind es ja auch immer Probleme mit großer Unwahrscheinlichkeit, das wirkt dann wieder beruhigend. Also verdrängen sie ihre Bedenken lieber, es ist ja auch genug Arbeit da. Kurz vor dem Start ist für sie aber nichts mehr zu tun, und die Bedenken kommen wieder hoch und werden unerträglich...

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Re: Geständnisse in letzter Minute
« Antwort #4 am: 30. Juli 2023, 17:18:43 »
Interessante Frage: Warum melden diese Ingenieure ihr Bedenken nicht schon viel früher?

In großen Firmen ist es fast unmöglich Informationen von unten nach Oben zu senden und wenn gibt es dafür standatisierte Ticket Systeme die entweder zu kompliziert oder für einen gravierenden Fall garnicht gemacht sind und das schreckt die Mitarbeiter halt ab.

Micha

Offline Sirkuv

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Re: Geständnisse in letzter Minute
« Antwort #5 am: 30. Juli 2023, 20:26:14 »
Ich arbeite in einem großen sozialen Unternehmen. Dort ist es inzwischen leider auch genau so. Fehler- und Probleminfo`s  kommen oben (gewollt?) nicht mehr an.Und dabei geht es dort vorrangig um Menschen, also viele Menschen. War vor 10 Jahren noch anders. Letztlich führt so etwas zur inneren oder tatsächlichen Kündigung.

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Offline Terminus

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Re: Geständnisse in letzter Minute
« Antwort #6 am: 30. Juli 2023, 20:58:34 »
In dem Fall ging es nicht um einen großen Konzern. Der Originalbericht stammte von Wayne Hale, dem Manager des Shuttleprogramms. 2009 beschrieb er darin, dass oft kurz vor Raketenstarts (nicht nur Shuttle) Ingenieure zu ihm kamen und schwere Bedenken äußerten. Kein Ticketsystem, sie saßen leibhaftig vor ihm im Büro. Sie hätten schon früher leibhaftig kommen können und ihre Bedenken äußern können - als noch Zeit genug war, sie nachzuprüfen. Warum taten sie es nicht? Darum geht es hier, nicht um bornierte Manager.

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Re: Geständnisse in letzter Minute
« Antwort #7 am: 30. Juli 2023, 22:25:56 »
In dem Fall ging es nicht um einen großen Konzern. Der Originalbericht stammte von Wayne Hale, dem Manager des Shuttleprogramms. 2009 beschrieb er darin, dass oft kurz vor Raketenstarts (nicht nur Shuttle) Ingenieure zu ihm kamen und schwere Bedenken äußerten. Kein Ticketsystem, sie saßen leibhaftig vor ihm im Büro. Sie hätten schon früher leibhaftig kommen können und ihre Bedenken äußern können - als noch Zeit genug war, sie nachzuprüfen. Warum taten sie es nicht? Darum geht es hier, nicht um bornierte Manager.

Vielleicht gab es ja Zeichen die er nicht bemerkt hat oder die nie angekommen sind auf dem Dienstweg ?

Micha

Offline Ingo

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Re: Geständnisse in letzter Minute
« Antwort #8 am: 31. Juli 2023, 08:47:52 »
Ich vermute die Ursache ist arbeitspsychologischer Natur.  Diese Projekte enthalten ja in der Regel eine ganze Reihe "World's First", bei denen bislang unerprobte Techniken, Maßnahmen, Bereiche etc. angewandt werden. Es gibt also für die Beteiligten wenig Möglichkeiten, sich anhand Checklisten oder Erfahrungswerten zu orientieren. Alle Diskussionen beinhalten letztendlich nur die bekannten Risiken, das "Unbekannte droht hinter dem Wissenshorizont".

Während des Projektablaufs ist viel zu wenig Zeit sich über solche philosophischen Probleme den Kopf zu zerbrechen. Je weiter die individuelle Arbeit sich jedoch dem Ende nähert, desto mehr Zeit und Gelegenheit existiert sich fundamentale Fragen und Sorgen zu stellen. Die Feuertaufe des eigenen Arbeit, der Start, steht ja noch aus. Und in dieser (übertrieben gesagt) Untätigkeit und Machtlosigkeit entstehen in schlaflosen Nächten dann diese "brennenden Steine".

Offline double-p

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Re: Geständnisse in letzter Minute
« Antwort #9 am: 01. August 2023, 03:09:12 »
Oder man muss einfach nochmal dringlich auf etwas hinweisen, dass "im Detail" verloren ging.  P-I

Mit Shuttlebezug war das wohl der Hinweis, dass man auf die Temperaturen (Eisbildung/Versproedung) achten muss..

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Re: Geständnisse in letzter Minute
« Antwort #10 am: 01. August 2023, 19:59:16 »
Problem ist sicher auch das wenn nichts passiert keiner versteht warum man Nein Sager braucht

Offline Ingo

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Re: Geständnisse in letzter Minute
« Antwort #11 am: 01. August 2023, 20:31:54 »
"Nein Sager" und ähnliche sind sicher auch ein bekanntes Thema. Das wird aber eher bei Dilbert behandelt. Milestones-orientiertes Management vs. Engineers etc.

Bei diesen 'brennenden Steine' handelt es sich aber um etwas anderes:

Zitat
All of these issues had several characteristics in common.  First, they had been on the individual’s mind for a long time but had never been brought up anywhere, any time, to anybody before.  Second, they were all fundamental issues that, to deal with properly, would require months or years of testing, analysis, or redesign.  Third, the individual bringing them forward had no idea how to deal with the issues.

Why these issues were not brought up long before is a mystery to me.  There must be a psychological explanation, but I’m no psychologist.  If the individual had spoken up earlier, there might have been time to deal with the problem; get experts together, do some analysis, run some test, rework a crew procedure, something.  But these confession sessions always always always came just days before launch.  Too late for anything to be done but to have a session with Father Confessor and ask for absolution.
Zitat
Alle diese Themen hatten mehrere Merkmale gemeinsam.  Erstens waren sie der betreffenden Person schon seit langem ein Dorn im Auge, wurden aber noch nie irgendwo und zu keiner Zeit angesprochen.  Zweitens handelte es sich um grundlegende Probleme, die, wenn man sie richtig angehen wollte, Monate oder Jahre der Prüfung, Analyse oder Umgestaltung erfordern würden.  Drittens hatte derjenige, der sie vorbrachte, keine Ahnung, wie er mit diesen Problemen umgehen sollte.

Warum diese Probleme nicht schon lange vorher angesprochen wurden, ist mir ein Rätsel.  Es muss eine psychologische Erklärung geben, aber ich bin kein Psychologe.  Hätte sich der Betreffende früher geäußert, wäre vielleicht Zeit gewesen, sich mit dem Problem zu befassen; Experten zusammenzubringen, eine Analyse durchzuführen, einen Test zu machen, ein Crew-Verfahren zu überarbeiten, irgendetwas.  Aber diese Beichtgespräche fanden immer erst einige Tage vor dem Start statt.  Zu spät, um noch etwas zu tun, außer eine Sitzung mit dem Beichtvater abzuhalten und um Absolution zu bitten.

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

https://blogs.nasa.gov/waynehalesblog/2009/02/11/post_1234377477800/
« Letzte Änderung: 02. August 2023, 09:12:09 von Ingo »

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Offline Terminus

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Re: Geständnisse in letzter Minute
« Antwort #12 am: 01. August 2023, 23:35:43 »
Mit Shuttlebezug war das wohl der Hinweis, dass man auf die Temperaturen (Eisbildung/Versproedung) achten muss..

Du meinst sicher die Challenger-Katastrophe von 1986? Da bin ich nicht sicher, ob das ein gutes Beispiel für das "Brennende Steine"-Phänomen ist. Denn meines Wissens ist der Ingenieur, der damals gewarnt hat, durchaus noch rechtzeitig zu seinen Managern gekommen. Die haben sich nur halt über seine Bedenken hinweg gesetzt... mit den bekannten Folgen. (Waren es nicht sogar mehrere Ingenieure?)

Natürlich könnte die beschämende Vorstellung, zu warnen und dann aber nicht ernst genommen zu werden (vielleicht sogar vom Chef "mitleidig belächelt" zu werden), mit ein Grund sein, dass Leute sich nicht trauen...  ???

Jedenfalls wurde die Challenger-Geschichte von Wayne Hale in dem Artikel nicht erwähnt, und die Columbia-Geschichte auch nicht. Der einzige Shuttlebezug des Artikels war, dass sein Autor gerade zufällig in diesem Programm arbeitete. Er schrieb da ganz allgemein drüber.