Frage zu Voyager Sonden (und Technikfortschritt im allgemeinen)

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In der aktuellen Spektrum der Wissenschaft ist ein Artikel über die Voyager Sonden.
Diese sind ja (zusammen mit New Horizons) die einzigen funktionierenden Sonden, die derzeit (und in naher Zukunft) aus dem Sonnensystem rausfliegen.

Beim Lesen des Artikels kam mir folgende Fragen:
- Welche zusätzlichen Informationen könnte man aus dem "leeren Raum" gewinnen, wenn man vor Ort moderne Technik hätte und nicht 40 Jahre alte?

- Aufgrund der Daten, die wir heute haben, gibt es irgentetwas wo die NASA sagt: "Wir wären sehr froh wenn wir einen Sensor für X da draußen hätten, haben wir aber nicht oder er funktioniert nicht mehr."
Die Anzahl der Sachen, die man messen kann ist ja beschränkt: Teilchen (Ionen und Elektronen, Anzahl, Energie und Richtung), Magnetfelder (Stärke und Richtung) und elektromagnetische Strahlung (Spektrum und Richtung). Habe ich etwas vergessen?

- Woran liegt es, dass die Voyager Sonden wesentlich länger arbeiten als alle anderen Sonden? Hatten sie einfach nur größere Radionuklid Batterien und mehr Treibstoff als andere Sonden oder gibt es auch andere Gründe?

- Vor allem die Computertechnik hat sich extrem stark entwickelt.
Welche Vorteile hätten modernere Computer im Weltraum?
Klar, neue Messgeräte haben eine bessere Auflösung und brauchen deshalb mehr Speicher. Muss ein Computer in Sattellieten überhaupt viel Leistung haben? Ein paar Steuerbefehle (zum Zeitpunkt X Triebwerk Y für Z Sekunden anschalten), Daten senden und empfangen, Geräte ein und aus schalten und ab und zu ein Test ob alles noch richtig funktioniert. Oder müssen die viel mehr können?

- Während ich das schreibe kommt mir die Frage:
Was für Computer sind eigentlich in modernen sattellieten drin? Damit ich das mit dem Gerät vergleichen kann an dem ich gerade tippe.

- Zurück zu Voyager. Die letzten news davon waren, dass sie einen neuen Programmierer suchen. Haben sie einen gefunden und ist der wesentlich jünger als der alte?


Was Raumfahrt angeht bin ich nur ein interessierter Laie und wenn ich manche Artikel lese stellen sich mir dabei mehr Fragen als beantwortet werden.

Re: Frage zu Voyager Sonden (und Technikfortschritt im allgemeinen)
« Antwort #1 am: 04. November 2016, 13:59:10 »
- Woran liegt es, dass die Voyager Sonden wesentlich länger arbeiten als alle anderen Sonden? Hatten sie einfach nur größere Radionuklid Batterien und mehr Treibstoff als andere Sonden oder gibt es auch andere Gründe?
Nunja, die Voyager RTGs (pro Sonde drei MHW-RTG mit zusammen 470 W) waren halt schon irgendwie größer als die der Pioneer-Sonden (drei SNAP-19 mit zusammen 155 W).

- Während ich das schreibe kommt mir die Frage:
Was für Computer sind eigentlich in modernen sattellieten drin? Damit ich das mit dem Gerät vergleichen kann an dem ich gerade tippe.
Das ist eigentlich bestens nachzulesen im englischsprachigen Wiki-Artikel zum Voyagerprogramm. Ich übersetze mal kurz die wesentlichen Inhalte:
Es gibt pro Sonde drei verschiedene Computersysteme und dabei von jedem zwei, auch aus Redundanzgründen. Es handelt sich dabei um selbstentwickelte und maßgeschneiderte Computer basierend auf CMOS and TTL MSI-Chips (also nur bis zu 500 Transistoren pro Chip) und diskreten Komponenten. Insgesamt eigentlich etwas verwunderlich, da es 1977 bereits seit 9 Jahren LSI-Chips gab (500 bis 20 000 Transistoren pro Chip)
Zitat
Total number of words among the six computers is about 32K.
The Computer Command System (CCS), the central controller of the spacecraft, is two 18-bit word, interrupt type processors with 4096 words each of plated wire, non-volatile memory.
The Flight Data System (FDS) is two 16-bit word machines with modular memories and 8198 words each.
The Attitude and Articulation Control System (AACS) is two 18-bit word machines with 4096 words each.
Insgesamt also ein Speicher für 32 000 Datenwörter mit sagen wir mal durchschnittlich 17-bit Länge, d.h. ca. 544000 Bits --> 68 Kilobyte (hoffe ich habe mich jetzt nicht verrechnet). Tja, auf so wenig Speicher passt heute kaum mehr ein Foto....;)
Einen Vergleich mit heutigen Computern erübrigt sich bereits aus der Tatsache heraus, dass in den Voyager-Sonden überhaupt kein Mikroprozessor existierte.
Zitat
The digital control electronics of the Voyagers were not based on a microprocessor integrated circuit chip.

Edit: Ups..... :o :o...sorry, sehe eben dass ich deine Frage vollkommen falsch gelesen habe. Dachte sie hatte sich auf Voyager bezogen....hach, ich lass das jetzt einfach stehen.

Die eigentliche Frage ist allerdings etwas sehr pauschal. In etwa so, als würde man jemanden fragen, wie leistungsstark heutige Computer sind. Welche denn, in einem Smartphone, einem Laptop, einem Auto, einem Flugzeug, einem Server, einem Supercomputer?  Ebenso müsste man hier fragen, welche Art von modernem Satellit gemeint ist? Erdbeobachtung? Kommunikation? Forschung? Es gab bereits Kleinsatelliten, deren Bordrechner ein Smartphone war. Die meisten Bordrechner sind nun einmal auf die jeweilige Anwendung zugeschnitten. Wüsste jetzt auch nicht in welchem Satellit der stärkste Rechner schlummert.....
Sowas wie hier dürfte dem Standard entsprechen:

« Letzte Änderung: 04. November 2016, 15:00:15 von Doc Hoschi »
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

Online Hugo

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Re: Frage zu Voyager Sonden (und Technikfortschritt im allgemeinen)
« Antwort #2 am: 04. November 2016, 19:41:54 »
Die Computer in aktuellen Sonden oder aktuellen Raumfahrzeugen allgemein sind nur begrenz mit Computer zu vergleichen, welche wir nutzen.

Das Hauptproblem ist die Strahlung. Je moderner ein Computer ist, desto kleiner sind die Strukturen, also die Transistoren werden immer kleiner. Je kleiner die sind, desto anfälliger werden sie für kosmische Strahlung. Daher werden gerne Computer mit größerer Struktur verwendet. Die sind allerdings auch entsprechend langsam.

Dann kommt die Redundanz hinzu, welche sich von modernen Computern unterscheidet. Geht an einem modernen Computer etwas kaputt, muss das Bauteil gewechselt werden, damit er wieder geht. Bei einer Sonder oder einem Rover geht das nicht. Man versucht also so viele Bauteile wie möglich mehrfach zu verbauen. Geht ein Bauteil kaputt, springt automatisch (oder Manuell gesteuert) ein anderes ein.

Der letzte Große Unterschied ist in der Software. Häufiger mal ließt man von VxWorks. Ein kleines Echtzeitbetriebssystem. Ein Echtzeitbetriebssystem ist in der Lage Abläufe perfekt in der vorgegebenen Zeit zu machen. Windows oder Linux können das nicht.

Die Lebensdauer einer Sonde hängt meist von zwei Haupteigenschaften ab.
1) Energie-Zustand. Voyager macht Strom und Wärme aus Plutonium. Unabhängig von der Sonne und - wie Hosch schon schrieb - mit großen Reserven geplant. Schiaparelli hätte nur einen Akku gehabt, der nach einigen Tagen leer gewesen wäre.
2) Redundanz der Systeme. Es geht immer mal etwas kaputt. Je besser ein System redundant funktioniert, desto länger lebt die Sonde. Ich war gerade von Hoschis Posting etwas überrascht, Voyager hat dann ja quasi 6 Computer. Ich vermute mal, davon dürften 5 kaputt gehen. Ein wichtiger Part der Redundanz ist auch die Software. Die muss erkennen können, wenn etwas nicht mehr stimmt und helfen und in einen "Notfallmodus" wechseln. Aber auch hier ist wichtig, daß eine defekte Software nicht die Redundanz kaputt macht indem sie sagt "Ich bin heil, lasst mich alles machen" und in Wirklichkeit macht die nur Murks während das Backupsystem schläft.

Bei beiden Punkten haben die Erbauer von Voyager absolut PERFEKT gearbeitet.

Offline Collins

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Re: Frage zu Voyager Sonden (und Technikfortschritt im allgemeinen)
« Antwort #3 am: 04. November 2016, 23:19:38 »
Zu der frage der Satteliten Computer:

Die Aktuellen " PC "in heute neu gestarten Satelliten ist ca. 15-20 Jahre hinter der derzeitg verwendenten.
Hat auch was mit der Bauzeit und Entwicklungszeit der jeweiligen Sonden/Satelliten zu tun.

Mfg Collins
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Wir sind alle sehr unwissend, aber bei jedem ist es etwas anderes, was er nicht weiß. Albert Einstein.

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Re: Frage zu Voyager Sonden (und Technikfortschritt im allgemeinen)
« Antwort #4 am: 18. November 2016, 22:07:39 »
Voyager hat 2 fache Redundance.

Die 6 Computer haben 3 unterschiedliche Aufgaben, bei einer der Sonden wurde auf einen Reservecomputer umgeschaltet.

Jemand erwähnte das 1977 schon höher integrierte Chips verfügbar waren aber die beiden Sonden wurden ja viel früher geplant.

Übrigens soll der Voyager Rechner schneller sein als der in Gallileo und das war schon ein früher kommerzieller Microprozessor der RCA1802 - der ist nicht viel verbaut worden - In Waschmaschinen und einer Spielkonsole wohl - den hat man nur genommen weil er in einer besonders strahlengehärteten Version verfügbar war.

Micha

Offline Collins

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Re: Frage zu Voyager Sonden (und Technikfortschritt im allgemeinen)
« Antwort #5 am: 18. November 2016, 23:35:46 »
Ja, es wird gerne vergessen das Start Datum nicht gleich bau Datum ist.  :)

Aber was mir noch zu den Voyger Sonden einfällt:
Einige Wissenschaftler haben sich noch mal einige der Rohdaten vorgenommen und mit heutigen Computer neu aufbereitet und dabei Sachen gefunden die vorher nicht zu sehen waren.

Mfg Collins
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Re: Frage zu Voyager Sonden (und Technikfortschritt im allgemeinen)
« Antwort #6 am: 19. November 2016, 00:28:39 »
Ja, es wird gerne vergessen das Start Datum nicht gleich bau Datum ist.  :)

Aber was mir noch zu den Voyger Sonden einfällt:
Einige Wissenschaftler haben sich noch mal einige der Rohdaten vorgenommen und mit heutigen Computer neu aufbereitet und dabei Sachen gefunden die vorher nicht zu sehen waren.

Mfg Collins

Das ist kein Wunder.

Irgendwann war die Primärmission und die Gelder beendet und heute haben selbst Amateure Computer von denen die damals nur träumen konnten.

Von den Viking Bildern sind viele nur von Bildschirmen abfotografiert worden.

Micha