Hallo,
ich habe nun das Buch durch und kann es jedem ans Herz legen, der sich fuer Raumfahrttechnik und Geschichte interessiert. Es kostet ja nichts, man kann es unter obigen Link frei herunterladen.
Ueber die Geschichte der Raumfahrt und Raketentechnik gibt es ja unzaehlige Buecher, aber das interessante an diesem Buch ist, das hier detailliert die Entwicklung fluessiger Raketentreibstoffe beschrieben wird von einem, der daran in den interessanten Jahren von den 1940ern bis 1960ern selbst dabei war. Er beschreibt in kurzweilliger und teils humorvoller Weise, warum wir heute die Raketentreibstoffkombinationen wie RP-1/LOX oder UDMH/NTO haben, und sich andere teils anfaenglich sehr vielversprechende nicht durchsetzen konnten. Es ist auch sehr interessant zu sehen, das man damals so ziemlich alles, was irgendwie brennbar war und man in eine Brennkammer einspritzen konnte, getestet hat, teils unter sehr haarigen Umstaenden.
Das Buch ist dabei keineswegs Amerikazentrisch, die Einstieg des Buches ist Zielkowski's Veroeffentlichung zum Raketenflug aus dem 1903, in welcher schon die Kombination H2/O2 empfohlen wurde. Dann wird die Geschichte bis zum Ende des ersten Weltkrieges mit den wichtigen Forschern aus Europa und den USA abgerissen, gefolgt mit der Intensivierung des amerikanischen Bemuehungen nach dem 2. WK.
Die folgenden Kapitel gehen dann detailliert auf die Suche nach hypergolen Treibstoffkobinationen ein und die Schwirigkeiten, welche man mit der Meisterung von Stoffen wie Salpetersaeure und dem heute allseits beliebten Kerosin hatte. Interessanterweise war dies damals kein Favorit der Treibstoffwissenschaftler.
Weiter geht es mit Wasserstoffperoxid ("die ewige Brautjungfer"), Halogenen und der Berechnung der Performance von Treibstoffkombinationen - eine sehr anspruchsvolle Sache. Ein weiteres Kapitel ist natuerlich auch LOX, FlOX und kryogenen Treibstoffen im generellen gewidmet. Geschichtlich interessant ist das Kapitel ueber die Entwicklungen in der Sowjetunionen - weil man hier sieht, welche Informationen im Westen verfuegbar waren und welche (nicht immer korrekten) Annahmen verbreitet waren. Die letzten Kapitel gelten dann exotischen Treibstoffen (hier im wesentlich Bor-basierte Chemikalien), Mono-Treibstoffe sowie hybriden Antrieben. Das letzte Kapitel ist schliesslich ein Ausblick in die Zukunft (also ausgehend vom Jahr 1972), einiges hat sich bewahrheitet (die weite Verbreitung von Kerosin/LOX fuer Erststufen, die Kombi LH2/LOX fuer Oberstufen), anderes nicht (Fluorbasierte Treibstoffe fuer Deep Space).
Witzig ist auch, das der amerikanische Wissenschafter an mehreren Stellen des Buches das Imperiale Masssystem verlucht und sich die Verwendung des metrischen Systems in de Staaten wuenscht.
Also definitiv lesenswert.
PS: Vor allem der Abschnitt ueber die Forschung an Merkaptanen und deren Beschreibung sollte man lesen. Fuer Leute, die freiwillig an diesem Forschern, muss wohl eine ganz neue Kategorie von "Verrueckter Wissenschaftler" erfunden werden. Wer diese nicht kennt: Merkaptangas wird bis heute in Bergwerken eingesetzt, um diese im Ernstfall zu evakuieren. Mit nichts bekommt man eine Grube schneller leer.