Starshade/Koronagraph

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SpaceMech

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Starshade/Koronagraph
« am: 21. März 2014, 16:06:08 »
JPL berichtet über ein Konzept für eine Mission, die Exoplaneten direkt beobachten soll. Das Problem des Überstrahlens durch den Zentralstern soll durch einen frei-fliegenden "Okkulter" gelöst werden, der sich zwischen der Beobachtungs-Optik und dem beobachteten System positioniert (funktioniert wie ein überdimensionierter Koronograph mit externem Okkulter)

Link zum Artikel :       http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?release=2014-089



                                                                                                                                      [Bild: JPL]


Gruss    HHg

Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #1 am: 21. März 2014, 17:02:21 »
JPL berichtet über ein Konzept für eine Mission, die Exoplaneten direkt beobachten soll. Das Problem des Überstrahlens durch den Zentralstern soll durch einen frei-fliegenden "Okkulter" gelöst werden, der sich zwischen der Beobachtungs-Optik und dem beobachteten System positioniert

Das ist auf den ersten Blick schon interessant, aber ich befürchte, daß so ein System ohne Nachtanken nicht sonderlich lange einsatzfähig bleiben würde, denn der Okkulter müsste schließlich andauernd seine Triebwerke zum Positionswechsel einsetzen. Eine bewegliche Blende, die am Teleskop montiert ist, erscheint mir da vielversprechender.
„Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber der Mensch kann nicht ewig in der Wiege bleiben. Das Sonnensystem wird unser Kindergarten.“ K. E. Ziolkowski

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Stolzer Träger einer Raumconverwarnung wegen Schreibens unbequemer Wahrheiten.

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Online Nitro

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Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #2 am: 21. März 2014, 17:21:33 »
JPL berichtet über ein Konzept für eine Mission, die Exoplaneten direkt beobachten soll. Das Problem des Überstrahlens durch den Zentralstern soll durch einen frei-fliegenden "Okkulter" gelöst werden, der sich zwischen der Beobachtungs-Optik und dem beobachteten System positioniert

Das ist auf den ersten Blick schon interessant, aber ich befürchte, daß so ein System ohne Nachtanken nicht sonderlich lange einsatzfähig bleiben würde, denn der Okkulter müsste schließlich andauernd seine Triebwerke zum Positionswechsel einsetzen. Eine bewegliche Blende, die am Teleskop montiert ist, erscheint mir da vielversprechender.

Stichwort: Ionentriebwerke.  ;)
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

SpaceMech

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Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #3 am: 21. März 2014, 17:23:15 »
Das ist auf den ersten Blick schon interessant, aber ich befürchte, daß so ein System ohne Nachtanken nicht sonderlich lange einsatzfähig bleiben würde, denn der Okkulter müsste schließlich andauernd seine Triebwerke zum Positionswechsel einsetzen. Eine bewegliche Blende, die am Teleskop montiert ist, erscheint mir da vielversprechender.

Der Okkulter muss 50.000 km vor der Optik stationiert sein .... "am Teleskop montiert" wird da schon schwierig  ;)

Details :  http://bit.ly/1nHgLhU

Gruss     HHg

Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #4 am: 21. März 2014, 19:46:48 »
Der Okkulter muss 50.000 km vor der Optik stationiert sein .... "am Teleskop montiert" wird da schon schwierig  ;)

Die Blende am Teleskop wäre natürlich wesentlich kleiner und näher.  ;)
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SpaceMech

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Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #5 am: 22. März 2014, 15:21:40 »
Hallo Major Tom ,

mal Scherz beiseite : "wesentlich kleiner und näher" würde für Exoplaneten nicht funktionieren -
da müssen schon 2 getrennte Spacecraft mit mindestens 50.000 km Abstand her ...
Bei der Beobachtung unserer Sonne kommt zB der SOHO-Koronograph LASCO C2 auf 1,5 Sonnenradien
an die Sonnen"scheibe" heran (Sonnenradius = ca 960 arcsec). Bei Exoplaneten reden wir über
10 bis 100 milli-arcsec (!) und eine Unterdrückung des Zentralsterns um mindestens 10 Zehnerpotenzen.
Das geht nur mit extrem ausgeklügelter Optik (Fresnelsche Beugungstheorie - siehe die seltsame (aber optimale) Kontur der externen Blende) :

                                     
                                     (deshalb das merkwürdige Aussehen des vorgeschlagenen Okkulters)

Wenn Du an weiteren Einzelheiten dazu interessiert bist :

http://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/0712/0712.1105.pdf

"Externally Occulted Terrestrial Planet Finder Coronagraph : Simulations and Sensitivities"
   von Richard G. Lyon et.al.

Gruss      HHg

Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #6 am: 22. März 2014, 20:14:32 »
mal Scherz beiseite : "wesentlich kleiner und näher" würde für Exoplaneten nicht funktionieren -

Ich dachte da an ein ausfahrbares System, aber offenbar müsste das doch etwas weiter ausgefahren werden als gedacht...  :-[
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Online -eumel-

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Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #7 am: 23. März 2014, 00:30:49 »
Ist es denn überhaupt möglich, zwei Raumfahrzeuge auf einer solchen Distanz derart exakt zueinander auszurichten und dann ja auch für die Aufnahmen einige Zeit (mehrere Stunden?) präzise zu stabilisieren?
In einem Erdorbit wohl kaum.
Vielleicht ist das an einem der Lagrange-Punkte möglich?
Aber müssen Raumfahrzeuge diese nicht auch umkreisen?

SpaceMech

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Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #8 am: 23. März 2014, 09:56:00 »
Ist es denn überhaupt möglich, zwei Raumfahrzeuge auf einer solchen Distanz derart exakt zueinander auszurichten und dann ja auch für die Aufnahmen einige Zeit (mehrere Stunden?) präzise zu stabilisieren?

Diese Art von Formationsflug ist im Rahmen von anderen Missionskonzepten (zB LISA, DARWIN) bereits untersucht und entwickelt worden, zT für interferometrische Genauigkeit. Schlüsseltechnologien dafür sind zB Mikro-Thruster (FEEP - Field Emission Electric Propulsion, oder CMNT - Colloid Micro-Newton Thruster) . Bereits 2010 wurde dafür ein TRL (Technology Readiness Level) von "5" angegeben, mit 70.000 h Betriebszeit unter Raumbedingungen.
Ein grundsätzliches Problem ist, dass man bei jedem Wechsel des Beobachtungsobjekts umständlich den Okkulter  umpositionieren muss - über Zehntausende von km weg ...

Gruss     HHg

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Offline Gertrud

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Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #9 am: 20. August 2016, 21:06:45 »
Hallo Zusammen,

Ein Starshade mit einem Koronograph

Wie werden wir erdähnlichen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems finden?  Eine Idee ist, eine riesige Struktur zu senden, die das Sternenlicht blockiert, so dass Astronomen leichter  die Planeten, die die Sterne umkreisen, erkennen können. Die vorgeschlagene Starshade würde zusammen mit einem Teleskop starten. Im Weltraum entfalten sich die Blütenblätter und bewegen sich dann in die richtige Position, um das Licht der Sterne zu blockieren. Ein Starshade würde eine Struktur mit der Größe eines rautenförmigen Baseballfeldes sein.
Ein Starshade mit einem Koronograph blockiert das Licht eines Sterns, so dass es leichter für ein Teleskop ist, das trübe Licht zu ermitteln, das von den Planeten reflektiert wird. Die  riesige Sonnenblumenartige Struktur würde verwendet werden, um den Astronomen zu ermöglichen, Bilder von erdähnlichen felsigen Welten zu bekommen. Dann würde mit anderen Instrumenten, z. B. mit einem Spektrometer die Planetenatmosphären nach chemischen Hinweisen abgesucht  und so zu erforschen, ob dort Leben existieren könnte.
Die künstlerische Wiedergabe zeigt das vorgeschlagene Konzept Starshade synchron mit einem Weltraumteleskop.

Bild - Kredit: NASA/JPL-Caltech
http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA20911

Wiedergabe eines künstlerischen Konzepts.
 
http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA20910

Der Nachttest eines kleinen Starshade Modells im Nevada's Smith Creek bein Northrup Grumman in den Monaten Mai und Juni 2014.

Image Credit: NASA/Northrop Grumman Corporation
http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA20901

Ein Test eines kleinen Starshade Modell (58 cm) aus Metall.
Es wurden  neunzehn verschiedene Versionen der miniaturisierten Starshade über fünf Tage von Mai bis Juni 2014 in einem trockenen Seebett im Zentrum von Nevada Smith Creek  getestet.

Image Credit: NASA/Northrop Grumman Corporation
http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA20902

Das Gerüst des ersten Starshade Prototyps
Die vier Blütenblätter im Bild werden für diese Lagegenauigkeit mit einem Laser gemessen. Wie durch diese 20 Meter Modell gezeigt wird, können Starshades in vielen Formen und Größen hergestellt werden. Dieser Entwurf zeigt Blütenblätter, die noch extremer in Form sind, um für kleinere Teleskope Sternenlicht richtig zu beugen.

Image Credit: NASA/JPL-Caltech/NGAS/Princeton
http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA20903

Starshade mit vier Blütenblätter
Beim Start einer Starshade wird die thermische Goldfolie nur auf einer Seite die Blütenblätter bedecken. Die andere Seite, zum Teleskop wird in schwarz bedeckt sein, damit das Teleskop nicht andere Lichtquellen in der Kamera reflektiert.

Image Credit: NASA/JPL-Caltech/Princeton
http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA20904

Zusammengeraffter Prototyp Starshade

Image Credit: NASA/JPL-Caltech/NGAS/Princeton
http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA20905

Erster Starshade Prototyp

Image Credit: NASA/JPL-Caltech/NGAS/Princeton
http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA20906

Starshade mit vier Blütenblätter

Image Credit: NASA/JPL-Caltech/Princeton
http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA20907

Starshade -Test in Nevada

Image Credit: NASA/Northrop Grumman Corporation
http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA20908





Quelle:
http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?feature=6454

Es sind noch in dem Thread Exoplanetensuche: Methoden & Programme zu diesem Thema einige Beiträge vorhanden. Sie müßten noch hier in diesen Thread eingefügt werden.

Mit den besten Grüßen
Gertrud
die Erklärung zu meinem Avatar:
http://de.wikipedia.org/wiki/NGC_2442
http://antwrp.gsfc.nasa.gov/apod/ap070315.html
***
Die Gabe des Staunens lässt uns die Welt aufgeschlossener sehen und ihre Wunder würdigen. (Richard Henry Lee)

McPhönix

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Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #10 am: 20. August 2016, 22:30:31 »
Das Problem ist wohl, Beugungsbilder an den Rändern zu vermeiden bzw. so hinzukriegen, daß sie sich gegenseitig "verwischen".

Offline Hugo

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Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #11 am: 20. August 2016, 22:33:10 »
Wozu sind die Zacken außen? Würde eine Runde scheibe nicht viel besser ein, da ein Stern auch rund ist? Ich weiß, Kinder malen die Sonne immer mit Zacken, aber ist es hier nicht wichtig, die Sonne zu verdecken, und alles andere nicht? Dann würden die Zacken ggf. einen Planeten verdecken.

Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #12 am: 20. August 2016, 23:50:03 »
Das liegt mal wieder an der leidigen Beugung. Die Zacken am äußeren Rand sind scheinbar dazu da, den Arago-Spot oder besser Poisson-Fleck verschwinden zu lassen.

https://en.wikipedia.org/wiki/New_Worlds_Mission
http://newworlds.colorado.edu/documents/Decadal/Lo_Starshades_TEC_EOS.pdf

Vielleicht dabei gleich mal noch einige Daten:

- Abstand Starshade zu einem 4m-Teleskop (JWST mit seinen 6,5m geht wohl auch): ca. 80 000 km
- Durchmesser bei (4m-Teleskop): 50m (mit 16 Zacken)
- Position: L2-Punkt, heliozentrischer Orbit
- Stern sollte innerhalb 32 Lichtjahre Entfernung liegen
- Das eingefangene Licht könnte um einen Faktor von bis zu 1010 (10 Milliarden) reduziert werden, was die direkte Aufnahme von Exoplaneten ermöglichen würde
- Material: Metallbeschichtete biaxial orientierte Polyester- (z.B. Mylar) oder Polyimidfolie (z.B. Kapton)

Freilich müsste so ein Starshade manövrierbar sein, um auf verschiedene Ziele positioniert werden zu können. Offensichtlich bildet dieser Umstand eine der größten Herausforderungen. Am besten man baut also gleich mehrere, um die Beobachtungszeit zu erhöhen, d.h. man verwendet einen, während die anderen sich gerade ausrichten, was wohl nicht mal eben so schnell gehen kann.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

MaxBlank

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Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #13 am: 21. Juni 2017, 21:19:33 »
Das Konzept eines Koronographen, bestehend aus zwei Spacecraft, von denen das eine für den Schattenwurf sorgt und das andere das eigentliche Beobachtungsinstrument enthält, wird jetzt von der ESA unterstützt und implementiert:
die PROBA-3-Mission: das PROBA-Okkulter- S/C wird 150 m vor dem zweiten PROBA-S/C mit dem ASPIICS-Koronographen Formation fliegen und auf die Sonnenmitte ausgerichtet sein. Die Eintrittsöffnung von ASPIICS hat 50 mm Durchmesser, der Kernschatten des 150m vorausfliegenden Okkulters hat dagegen hier nur 70 mm Durchmesser - die Position des Okkulter-S/C muß daher auf Millimeter kontrolliert sein.
Das Critical Design Review für PROBA-3 ist Ende 2017; der Start ist für 2019 vorgesehen.

  Nähere Info:
http://m.esa.int/Our_Activities/Space_Engineering_Technology/Proba_Missions/Proba-3_seeing_through_shadow_to_view_Sun_s_corona

Das ESA SPC hat gestern in seiner Sitzung beschlossen:

"The Science Programme Committee also agreed on participation in ESA's Proba-3 technology mission, a pair of satellites that will fly in formation just 150 m apart, with one acting as a blocking disc in front of the Sun, allowing the other to observe the Sun's faint outer atmosphere in more detail than ever before."

   Quelle: http://sci.esa.int/cosmic-vision/59243-gravitational-wave-mission-selected-planet-hunting-mission-moves-forward/

honk

  • Gast
Re: Starshade/Koronagraph
« Antwort #14 am: 12. April 2021, 10:32:24 »
Hier mal wieder was zur Proba-3-Mission der ESA :
 - der Start ist jetzt für 2023 vorgesehen ;
 - das optische tracking des Okkulters wurde jetzt im 230 m langen Flur des Hauptgebäudes von ESTEC in Noordwijk getestet und demonstriert

https://www.esa.int/Enabling_Support/Space_Engineering_Technology/Proba_Missions/Corridor_test_of_Proba-3_s_formation_flying_sensors