Pluto Orbiter Vorschlag

  • 16 Antworten
  • 2485 Aufrufe

honk

  • Gast
Pluto Orbiter Vorschlag
« am: 10. August 2021, 14:36:24 »
Ist zwar schon etwas älter (Okt 2019), aber interessant: ein Vorschlag von Alan Stern & Co für eine Orbiter-Mission zu Pluto, mit anschliessendem Weiterflug zu bis zu 6 Kuiper-Belt-Objekten
https://astronomy.com/magazine/2019/10/return-to-pluto
Der Plan sieht vor:
   einen Start auf einem Schwerlastträger im Dezember 2028;
   einen Jupiter Gravity Assist im Oktober 2030
   Einbremsen in einen Pluto-Orbit 2046
   zwei Jahre Aufenthalt im Pluto-System, mit bis zu 30 Gravity Assist-Vorbeiflügen an Charon,
   um den Orbit treibstoffsparend zu modifizieren (ähnlich wie CASSINI die Titan-Vorbeiflüge
   genutzt hat), zur Untersuchung der kleineren Monde von Pluto,
   Weiterflug in den Bereich des Kuiper Belts, mit Untersuchung von bis zu 6 Objekten,
   voraussichtliches Missionsende 2059

Wird zB auf UnmannedSpaceflight diskutiert (http://www.unmannedspaceflight.com/index.php?s=&showtopic=8645&view=findpost&p=253902)

Ein ziemlich selbstloser Vorschlag von Alan Stern: bei Missionsende wäre er 102 Jahre alt ..

*

Offline sven

  • *****
  • 1027
    • svenreile.com
Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #1 am: 10. August 2021, 19:16:01 »
Das einzige, was mir an diesem Plan nicht gefällt, ist der Zeitplan...beim Einbremsen in den Plutoorbit bin ich 79, bei Missionsende 92...Hust...

Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #2 am: 11. August 2021, 01:01:34 »
New Horizons hat 9 Jahre gebraucht,
der Orbiter soll mit 18 Jahren doppelt so lange für die Ankunft benötigen (trotz dem üblichen/nötigen Jupiter Gravity Assist).

Klingt in gewisser Weise logisch, weil man viel langsamer bei Pluto ankommen will, damit der Orbit Einschuss nicht zuviel Treibstoffmasse verbraucht.
Trotzdem frage ich mich bei solchen Missionen mittlerweile, ob das Verhältnis zwischen Kosten für langen "billigen" Hinflug und die Kosten für einen stärkeren Träger für schnelleren Hinflug bald noch stimmt.

*

Offline Schillrich

  • Moderator
  • *****
  • 19601
Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #3 am: 11. August 2021, 06:53:45 »
Es soll doch schon ein Schwerlastträger sein. Noch größer?

Aber vielleicht könnte man die Architektur abwandeln, um eine leistungsfähigere Sonde v.a. bzgl. Antriebssystem und dV-Potential zu erhalten: kein einfacher Direktstart, sondern im LEO zusammensetzen/koppeln/tanken mit zwei oder drei Starts von der Erde.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

*

Offline Sensei

  • Raumcon Moderator
  • *****
  • 6540
Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #4 am: 11. August 2021, 09:07:13 »
Was ist ein Schwerlastträger [wohl nutzlast von 44,000 - 110,000 lb /20t-50t in den LEO] - und wie weit trägt er selbst in den TLS++/Hochenergieorbits?

Ariane 5/A64 bringen ~10t in den GTO
FH 27t in den GTO (angeblich 3,5t zum Pluto)
New Glenn/ Vulcan ~ 13 t in den GTO

Starship bringt wohl 21t in den GTO, 100-150t/250t in den LEO
---
Die schon bei New Horizon verwendete 3.Stufe/Kickstufe 48B hat einen Feststoffmotor mit 2t Treibstoff.
Die Sonde soll 2.4t wiegen. Mit dem 30% Puffer wären wir bei 3.2t
---

Sonden allein mit der Oberstufe von großen Raketen zum Pluto zu schicken ist fast aussichtslos.
Eine Kickstufe zu verwenden ist dann eine gute Option. Allerdings ist die 48B Stufe auch schlicht zu klein und zu ineffizient um größere Sonden schnell zum Pluto zu bekommen. Und um Schwerlastträger auszunutzen.

Eine Kickstufe mit 10+t Masse würde hier wieder in einer ganz anderen Liga spielen und andere Flugzeiten ermöglichen.

---

Die SLS (1B) wäre hier wegen ihrer Oberstufe EUS im Vorteil und könnte sogar von sich aus 47t bis in den TLS bringen.

honk

  • Gast
Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #5 am: 12. August 2021, 11:12:39 »
Anders als New Horizons soll ein solcher Orbiter nicht nur mit dem Schwung des Startträgers auf die Reise gebracht werden, sondern -ähnlich wie DAWN- unterwegs mit Ionentriebwerken manövrieren können (typ 10 kW). Da diese Leistung solarelektrisch so weit draussen nicht mehr zur Verfügung steht (DAWN hatte noch 1,3 kW bei 3 AU), ist man hier auf ein nuklear-elektrisches System angewiesen .. Das macht den angegebenen Zeitplan noch sportlicher - A.Stern gibt aber auch einen Reserve-Starttermin Ende der 2030er Jahre an.

honk

  • Gast
Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #6 am: 16. August 2021, 11:40:54 »
Im Zusammenhang mit den Zeitplänen für mögliche Pluto-Orbiter (Persephone) wurde auf unmannedspaceflight auch das Problem der Lebensdauer/-erwartung von Drallrädern bzw deren Lagern angesprochen, die ja bekanntlich bei einer Reihe von Missionen für Ausfälle gesorgt haben. Es gibt inzwischen Untersuchungen, dass bei metallischen Kugellagern in Drallrädern elektrische Effekte (Überschläge) zwischen Laufbahnen und Kugeln die Oberflächenqualität und damit die Lebensdauer negativ beeinflussen. Auf die Spur gekommen ist man diesen Effekten dadurch, dass Verschlechterungen der Drallrad-Performance zeitlich oft zusammenfiel mit koronalen Massenauswürfen auf der Sonne und damit im erdnahen Raum ausgelösten geomagnetischen Stürmen. Die dabei induzierten Feldstärken reichten aus, um die Überschläge auszulösen.
https://esmats.eu/esmatspapers/pastpapers/pdfs/2017/bialke.pdf
Man untersucht jetzt vollkeramische Kugellager für den Einsatz bei Drallrädern (aber die Qualifikation für den Einsatz über mehrere Jahrzehnte braucht halt auch ihre Zeit ..)

Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #7 am: 18. August 2021, 13:32:14 »
Sonden allein mit der Oberstufe von großen Raketen zum Pluto zu schicken ist fast aussichtslos.
Eine Kickstufe zu verwenden ist dann eine gute Option. Allerdings ist die 48B Stufe auch schlicht zu klein und zu ineffizient um größere Sonden schnell zum Pluto zu bekommen. Und um Schwerlastträger auszunutzen.

Eine Kickstufe mit 10+t Masse würde hier wieder in einer ganz anderen Liga spielen und andere Flugzeiten ermöglichen.
In Anlehnung an das "Orion-Projekt" könnte man doch auch Folgendes versuchen:
Man gibt der Sonde einen ganzen Stack an 48B-Kickstufen mit; sobald eine Stufe ausgebrannt ist wird sie abgeworfen und die nächste zündet.
Ebenso könnte man der Sonde auch 48B-Kickstufen zum Abbremsen mitgeben, man will ja schließlich in den Pluto-Orbit und nicht nur daran vorbeischießen.
Solch einen Stack sollte man mit den bis 2028 verfügbaren kommerziellen Schwerlastträgern ja absetzen können.

Die SLS (1B) wäre hier wegen ihrer Oberstufe EUS im Vorteil und könnte sogar von sich aus 47t bis in den TLS bringen.
Aber hier besteht das Problem, dass das SLS durch Artemis eigentlich komplett ausgebucht ist.

Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #8 am: 19. August 2021, 11:22:41 »
Wenn die FH ihre große Nutzlasthülle hat, könnte eine komplette Centaur Oberstufe in die Nutzlast integriert werden.
Eine Wasserstoffstufe würde die Nutzlast extrem erhöhen.
Da das vorhandensein einer Plutoatmosphäre bekannt ist, kann diese in das Abbremskonzept mit integriert werden.

*

Offline Schillrich

  • Moderator
  • *****
  • 19601
Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #9 am: 19. August 2021, 14:09:35 »
Aerobraking am Pluto? Ich denke eher nicht. Um das tatsächlich machen zu können, braucht man ein sehr gutes Modell über die tatsächlichen Verhältnisse der Atmosphäre vor Ort. Nur dann kann man die richtigen Materialien im Design planen und die Dynamik im Durchflug steuern. Über Pluto haben wir wohl bestenfalls "sporadisches Einzelwissen".
Es gibt z.B. ganz unterschiedliches Abbrandverhalten, je nach Staub in einer Atmosphäre. Wenn man da auf das falsche Pferd setzt (oder auf ein known unknown vor Ort trifft ...), hat man ggf. verloren. Gut, ggf. kann man einige Unabwegbarkeiten durch entsprechend große Margins/Puffer im System auffangen ...
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

Offline trallala

  • *****
  • 1043
Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #10 am: 19. August 2021, 19:31:24 »
Um in einen Orbit einzuschwenken ist die Pluto-Athmosphäre doch vermutlich sowieso zu dünn. Aber vielleicht kann man damit den Orbit zirkularisieren, nachdem man mit Triebwerken auf einen eliptischen Orbit abgebremst hat.
Beim zirkularisieren des Orbits kann man dann auch vorsichtiger vorgehen und sich immer tiefer in die Atmosphäre vortasten.
Jedes bischen gesparter Treibstoff am Pluto bedeutet ja gaaanz viel weniger Startmasse, daher wäre das schon was schönes.

Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #11 am: 19. August 2021, 19:42:59 »
So habe ich das gemeint. Die Atmosphäre ist sehr dünn. Wird also nicht sehr viel bringen, aber es kann unterstützen und so einiges an Treibstoff sparen.

Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #12 am: 19. August 2021, 21:20:09 »
Atmosphäre Mars: 600Pa
Atmosphäre Pluto: 0,5Pa
(jeweils an der Oberfläche)
zum Vergleich:
Atmosphäre Erde: gut 100.000Pa

Plutos Atmosphäre ist also 1000x dünner als die eh schon recht dünne vom Mars.

Wieviel Atmosphäre benötigt man in welcher Mindesthöhe für ein Aerobraking? Vielleicht ist Plutos Atmosphäre aufgrund der geringeren Schwerkraft gleichmässiger verteilt - von der Höhe her - als die vom Mars und erst recht von der Erde, sie reicht ja bis in ca. 1600km Höhe.

Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #13 am: 01. September 2021, 13:24:09 »
Die Sehr dünne Atmosphäre hat aber auch den vorteil, dass man hier nicht viel in einen Hitzeschutz investieren muss. Da man dur NH sehr gute Informationen von Plutos Oberfläche hat könnten die Bahnen durch die Atmosphäre in sehr geringer höhe erfolgen.

Offline FlyRider

  • *****
  • 1447
    • Mein Makerspace
Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #14 am: 01. September 2021, 14:52:09 »
Die Sehr dünne Atmosphäre hat aber auch den vorteil, dass man hier nicht viel in einen Hitzeschutz investieren muss. Da man dur NH sehr gute Informationen von Plutos Oberfläche hat könnten die Bahnen durch die Atmosphäre in sehr geringer höhe erfolgen.

Es gab wohl schon man einen konkreten Vorschlag für das Abbremsen eines Landers in der Pluto Atmosphäre mittels eines 80 Meter messenden "entrycrafts". Was das genau sein soll, hab ich nicht ganz verstanden, wohl so ein aufblasbarer Ball (?), der den Lander weitgehend abbremst.

https://www.spaceflightinsider.com/missions/solar-system/pluto-lander-concept-unveiled-global-aerospace-corporation/

Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #15 am: 02. September 2021, 06:17:51 »
So ein System kostet aber auch wieder Gewicht.
Ich dachte an einen Atmosphäremdurchflug ohne zusätzlichen Hitzeschutz.
Die Hauptlast um in einen hochelyptischen Orbit zu kommen mus natürlich ein Triebewrk übernehmen, aber das zirkularisieren könnte dann wieder mit der Atmosphäre erfolgen.

*

Offline MR

  • *****
  • 2113
Re: Pluto Orbiter Vorschlag
« Antwort #16 am: 03. September 2021, 03:58:44 »
Das klingt zwar interessant, aber Chanen rechne ich dem Vorschlag nicht aus. Die Kosten dürften aufgrund des Aufwandes im Bereich einer Flagship-Mission liegen (über 2 Mrd. Dollar). Wir wissen über Pluto aber wesentlich mehr als zb über Uranus und seine Monde. Dieses Geld wäre wesentlich sinnvoller in eine Uranus-Orbiter-Mission investiert. Da die Masse von Uranus wesentlich höher ist als von Pluto, ist auch das Einbremsen in den Orbit einfacher. Der Unterschied zwischen Reise- und Orbitalgeschwindigkeit ist geringer, daher weniger Treibstoffbedarf beim Einbremsen in den Orbit und trotzdem kürzere Reisezeit. Ein Uranus-Orbiter dürfte noch mit konventionellen Triebwerken möglich sein, bei einen Pluto-Orbiter dagegen dürfte ohne Ionen-Triebwerken nichts gehen!