Raumcon
Raumfahrt => Konzepte und Perspektiven: Raumfahrt => Thema gestartet von: MX87 am 04. November 2009, 21:37:32
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Das Konzept VTVL (Vertical Take-Off, Vertical Landing) dürfte jedem bekannt sein, der mal einen Science Fiction Film sah: Das Raumschiff startet senkrecht und landet ebenfalls unter zur Hilfenahme des Raketenantriebs senkrecht. Der Sinn dahinter sind 100%ige Wiederverwendbarkeit der Hardware und dadurch massiv gesenkte Startkosten.
Klingt soweit so gut, doch gibt es auch starke Probleme: Der Treibstoff für das Landemanöver muss mitgeführt werden und verringert (im Vergleich zu vergleichbar großen konventionellen Raketen) die Nutzlast. Ebenso ist die Steuerung problematisch, da es außer dem Raketenantrieb in der Regel (siehe ROTON) keine weiteren Antriebe oder aerodynamische Auftriebshilfen gibt. Ergo: Wenn der Treibstoff aus ist fällt das Raumschiff wie ein Stein zu Boden.
Es gab in der Vergangenheit verschiedene Projekte die sich diesem Konzept widmeten. Die wichtigsten hier kurz aufgeführt:
McDonnell -Douglas, Delta Clipper DC-X / DC-XA
Das am weitesten gekommene Projekt. Die DC-X war ein verkleinerter Prototyp eines orbitalen VTVL-Raumschiffs. Die DC-X hält für ihre Gattung aktuell noch so ziemlich jeden Rekord, inklusive Höhenrekord (ca. 2500 Meter). Das Programm wurde aus Kostengründen eingestellt nachdem der Prototyp bei der Landung, wegen eines nicht ausgefahrenen Landebeins, umkippte und explodierte. Viele der ehemaligen Mitarbeiter des Projekts sind heute bei Blue Origin beschäftigt.
Links zur DC-X:
http://de.wikipedia.org/wiki/Delta_Clipper (http://de.wikipedia.org/wiki/Delta_Clipper)
http://en.wikipedia.org/wiki/McDonnell_Douglas_DC-X (http://en.wikipedia.org/wiki/McDonnell_Douglas_DC-X)
http://www.astronautix.com/lvs/dcx.htm (http://www.astronautix.com/lvs/dcx.htm)
Informatives Video:
Rotary Rocket, Roton
Rotary Rocket war eine private Firma, die das Konzept VTVL aufgriff. Allerdings erweiterte man das Konzept in dem man die Rakete auch gleichzeitig mit einem Rotor, ähnlich eines Hubschraubers, ausstattete. Man baute sogar einen bemannten Prototyp (ohne Raketenantrieb) zum Testen der Roton-Konzepts. Der Prototyp erwies sich laut den Testpiloten als kaum fliegbar, die Firma ging 2001 bankrott und der Prototyp ist heute Ausstellungsstück auf dem Mojave Spaceport.
Link mit weiteren Infos:
http://de.wikipedia.org/wiki/Roton_(Rakete) (http://de.wikipedia.org/wiki/Roton_(Rakete))
http://en.wikipedia.org/wiki/Rotary_Rocket (http://en.wikipedia.org/wiki/Rotary_Rocket)
http://www.astronautix.com/craft/roton.htm (http://www.astronautix.com/craft/roton.htm)
Video von den Testflügen:
Blue Origin, Goddard/New Sheppard
Blue Origin wurde von Amazon-Gründer Jeff Bezos gegründet und ist sein Beitrag zur privaten Raumfahrt. Die Firma verschwiegen zu nennen ist noch untertrieben. Was allerdings bekannt ist: Ziel ist es mit New Sheppard suborbitale Flüge durchzuführen. Mittelfristig ist auch der Orbit angepeilt.
Blue Origin hat bereits ein Testvehikel namens Goddard getestet, das sich dem VTVL-Konzept bedient. Ob sich New Sheppard ebenfalls diesem Konzept bedient ist nicht sicher. Neuere Hinweise deuten darauf hin, dass New Sheppard wohl doch zweistufig (Antriebsmodul + Raumschiff) ausgeführt wird, man sich also wohl vom VTVL zumindest teilweise verabschiedet hat.
Links:
http://en.wikipedia.org/wiki/Blue_Origin_Goddard (http://en.wikipedia.org/wiki/Blue_Origin_Goddard)
http://www.blueorigin.com/letter.htm (http://www.blueorigin.com/letter.htm)
Video:
Und nun die Frage:
Ist VTVL ein Konzept mit Zukunftsaussichten oder eine technologische Sackgasse?
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Interessantes Thema - war mir bis dato völlig unbekannt.
Frage: Kann so ein Gerät überhaupt den Orbit erreichen bzw. welche Dimensionen müsste es aufweisen, um in den Orbit zu gelangen?
Grüsse
Wilhelm
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Kann so ein Gerät überhaupt den Orbit erreichen bzw. welche Dimensionen müsste es aufweisen, um in den Orbit zu gelangen?
Grüsse
Wilhelm
Naja - man könnte es mit einer Trägerrakete hochschießen und es müsste den Sprit für die Landung mitführen oder oben bekommen und es muss mit ihm, dem Sprit, durch den Wiedereintritt bringen.
Das hier ist die dritte Generation der irdischen Variante, Harrier und Co - den Fliegern ist es gemeinsam, dass sie doch eher konventionell landen und das STOVL 'ne Dreingabe (willkommen) ist.
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Das Problem ist hier nicht die vertikale Landung an sich (das neue russische Raumschiff soll ja auch vertikal und ohne Schirme landen), sondern dass hier SSTO (single stage to orbit) Konzepte mit VTVL-Konzepten gemischt werden.
Die Crux ist: SSTO hat noch nie funktioniert. SSTO ist mit einer Rakete theoretisch möglich, nur praktisch ohne Nutzlast, ein SSTO-Träger kann nur sich selbst in den Orbit bringen. Und selbst das ist nur mit hohem Aufwand zu erreichen. Will man das Ganze noch mit VTVL kombinieren, müsste er auch noch den Treibstoff zum Deorbit und zur Landung mit sich tragen. Das sollte weit jenseits der Leistung von SSTO-Konzepten liegen.
Verabschiedet man sich hingegen von SSTO, dann ist das hier "einfach" nur noch eine mehrstufige Rakete und eine vertikal landenden Kapsel, wie sie die Russen planen.
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Bin mir nicht ganz sicher, aber verfolgt nicht auch Armadillo Aerospace dieses Konzept?
Stefan
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Bin mir nicht ganz sicher, aber verfolgt nicht auch Armadillo Aerospace dieses Konzept?
Ja, Armadillo verfolgt ein suborbitales Raumschiff das dem VTVL-Konzept folgt.
Hier zwei verschiedene Entwürfe von Armadillo Aerspace, ich weis allerdings nicht welches das Aktuellere ist:
(https://images.raumfahrer.net/up020072.jpg)
(http://media.armadilloaerospace.com/2006_05_16/65-inch_flight.jpg)