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Raumfahrt => Fragen und Antworten: Raumfahrt => Thema gestartet von: HAL2.0 am 26. Mai 2009, 19:19:24

Titel: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: HAL2.0 am 26. Mai 2009, 19:19:24
Danke,das war schnell ! :)
Liege ich dann auch richtig mit der Annahme,das es absurde Treibstoffmengen kosten würde,etwas aus dem ISS-Orbit in eine solche Bahnneigung (23,5 Grad) zu verfrachten ? Ich meine,das eh schon hier im Forum gelesen zu haben...

Edit (altes Kriegsleiden...*g*):
Am Ende kann mir das vieleicht noch jemand vorrechnen...? :)
Annahme: Ich möchte Station XY von 51,6 Grad Bahnneigung auf 23,5 Grad bringen. Wieviel Treibstoff brauche ich dafür grob geschätzt,wenn Station XY 150 t Masse hat ? Die Bahnhöhe soll dabei gleichbleiben.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 26. Mai 2009, 19:31:50
Jenseits von gut und böse ... vielleicht rechne ich das spaßenshalber mal aus ...
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: HAL2.0 am 26. Mai 2009, 19:33:29
*g* Mein Timing heute....*lach*
Ja bitte,wäre wirklich nett,wenn du Zeit und Lust hast.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tobi453 am 26. Mai 2009, 19:37:43
Bei einer Orbitgeschwindigkeit von 7,8km/s komme ich auf ein DeltaV von 3,79km/s bei einer Inklinationsänderung von 51,6° auf 23,5°.

Bei einem Triebwerk mit einer Ausströmgeschwindigkeit von 4,5 km/s (SSME) braucht man dann ca. 200 Tonnen Treibstoff, wenn die Station 150 Tonnen wiegt.

Ich hoffe ich habe mich nicht verrechnet. ;)
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 26. Mai 2009, 19:43:08
Kann ich bestätigen ;).

Aber ganz absurd wird es bei einem Abbau auf 0°:

[tex]\Delta v = 2v sin(\frac{\Delta i}{2})=6,7 km/s[/tex]

Bei einer Orbitgeschwindigkeit von 7,7km/s bedeutet das, dass man die ISS praktisch noch mal starten könnte für den [tex]\Delta v[/tex]-Bedarf.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: HAL2.0 am 26. Mai 2009, 19:47:44
Ach du Sch...sch...schöner Mondschein. Kurz:hier
http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/8064060.stm
ist also ganz sicher der Wurm drin,wenn man solche Marsraumschiffmontagegeschichten propagiert. Seltsam...
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 26. Mai 2009, 19:48:04
Ach ja, hinzu käme noch ein wenig "Ebenendrehung" (macht man auch nicht gerne), um beide Orbitebenen zur Deckung zu bringen, aber das kann man durch gutes Timing des Inklinationsmanövers minimieren/vermeiden.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: HAL2.0 am 26. Mai 2009, 21:36:26
Bei einer Orbitgeschwindigkeit von 7,8km/s komme ich auf ein DeltaV von 3,79km/s bei einer Inklinationsänderung von 51,6° auf 23,5°.

Bei einem Triebwerk mit einer Ausströmgeschwindigkeit von 4,5 km/s (SSME) braucht man dann ca. 200 Tonnen Treibstoff, wenn die Station 150 Tonnen wiegt.

Ich hoffe ich habe mich nicht verrechnet. ;)

Der kleine Mathematiker in mir hat noch ne Frage: Wenn ich nun 200 t Treibstoff benötige,um 150 t Objekt zu bewegen,wird damit die Startmasse des Objekts nicht auf (150+200) 350 t erhöht und somit eine gewisse....Intervallschachtelung nötig,um das final zu berechnen ?
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tobi453 am 26. Mai 2009, 21:46:13

Der kleine Mathematiker in mir hat noch ne Frage: Wenn ich nun 200 t Treibstoff benötige,um 150 t Objekt zu bewegen,wird damit die Startmasse des Objekts nicht auf (150+200) 350 t erhöht und somit eine gewisse....Intervallschachtelung nötig,um das final zu berechnen ?

Ja die Startmasse beträgt 350 Tonnen. Aber das habe ich schon berücksichtigt. ;)

Nach Raketengleichung (http://de.wikipedia.org/wiki/Raketengleichung):

[tex]\Large 4,5km/s\ \log\(\frac{200+150}{150}\)\ =\ 3,8km/s[/tex]

PS: Leider hat unser LateX Compiler noch kein Antialiasing, deshalb sieht das etwas hässlich aus. ;)
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: HAL2.0 am 26. Mai 2009, 21:59:28

Der kleine Mathematiker in mir hat noch ne Frage: Wenn ich nun 200 t Treibstoff benötige,um 150 t Objekt zu bewegen,wird damit die Startmasse des Objekts nicht auf (150+200) 350 t erhöht und somit eine gewisse....Intervallschachtelung nötig,um das final zu berechnen ?

Ja die Startmasse beträgt 350 Tonnen. Aber das habe ich schon berücksichtigt. ;)

Nach Raketengleichung (http://de.wikipedia.org/wiki/Raketengleichung):

[tex]\Large 4,5km/s\ \log\(\frac{200+150}{150}\)\ =\ 3,8km/s[/tex]

PS: Leider hat unser LateX Compiler noch kein Antialiasing, deshalb sieht das etwas hässlich aus. ;)


Spitze ! Na,dann keine weiteren Fragen. Äh....ich bin echt begeistert.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 27. Mai 2009, 06:50:15
Guten Morgen,

@Tobias,

kann man hier die Raketengleichung anwenden? Wir beschleunigen ja nicht, d.h. am Ende ist der Geschwindigkeitsbetrag gleich, nur der Vektor wurde gekippt.

Das Studium ist schon lange her ...
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tobi453 am 27. Mai 2009, 07:11:59
Hallo Daniel, wenn die Beschleunigungsphase kurz ist, denke ich schon, dass das so stimmt.

Rein intuitiv würde ich sagen, dass der Geschwindigkeitsbedarf beim Inklinationswechsel noch höher ist, weil man nur senkrecht zur Flugrichtung beschleunigen sollte. Wenn man den Geschwindigkeitsvektor auf "direktem Wege" ändern will, fällt man kurzzeitig unter die Orbitgeschwindigkeit, was sich bei einer längeren Beschleunigung (z.B. Ionentriebwerk) negativ auswirken kann ;).
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 27. Mai 2009, 07:34:27
Warum sollte man unter die Orbitgeschwindigkeit fallen? Beim Inklinationsmanöver schiebt man mit einem Winkel zwischen Schubvektor und Bahngeschwindigkeitsvektor von 90°, d.h. man ändert die Bahngeschwindigkeit nicht, damit den Betrag  des Drehimpulses nicht und die Bahnenergie nicht. Also absinken oder steigen wird man auf keinen Fall, wenn man immer die 90° einhält.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: jakda am 27. Mai 2009, 07:59:33
Um die Diskussion vielleicht etwas zum Abschluss zu bringen...
Wieviel Tonnen Treibstoff braucht man um ein 50 Tonnen-Schiff zum Mond zu bringen...
aus 5° und 50° Bahnebene...

Grüße
jakda...
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tobi453 am 27. Mai 2009, 17:03:52
Warum sollte man unter die Orbitgeschwindigkeit fallen? Beim Inklinationsmanöver schiebt man mit einem Winkel zwischen Schubvektor und Bahngeschwindigkeitsvektor von 90°, d.h. man ändert die Bahngeschwindigkeit nicht, damit den Betrag  des Drehimpulses nicht und die Bahnenergie nicht. Also absinken oder steigen wird man auf keinen Fall, wenn man immer die 90° einhält.

Ja klar, aber deine Formel rechnet nur den Geschwindigkeitsbedarf bei einer Änderung auf "direktem" Wege aus.

Extrembeispiel zum Verdeutlichen: Man möchte die Inklination um 180° ändern, also in die andere Richtung fliegen. Dafür wäre jetzt nach deiner Formel die doppelte Orbitgeschwindigkeit nötig, was ja auch logisch ist. Das reicht aber nur bei direktem Umkehren, also Beschleunigung gegen die Flugrichtung. Wenn man nun während der Inklinationsänderung den Betrag der Geschwindigkeit erhalten will, muss man "kreisförmig" beschleunigen und der Antriebsbedarf ist deutlich höher.

Hier mal ein Bild bei einem kleineren Winkel:
(http://i41.tinypic.com/2v92kc9.png)

Das rote ist die direkte, errechnete Geschwindigkeitsänderung. Wie man sieht, fällt die Geschwindigkeit kurz unter die Orbitgeschwindigkeit. Der gelbe Pfad ist wie man's dann wirklich macht. Ich denke, der DeltaV Bedarf ist dort höher.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 27. Mai 2009, 18:24:20
Hallo Tobias,

ich kann dir nicht folgen. Wo soll da der Geschwindigkeitsbetrag "abfallen"? Wenn der Schub keine Tangentialkomponente hat, kann das nicht passieren.
Ziehst du die Analogie in deiner Zeichnung, dass ein Geschwindigkeitsvektor vom Ursprung zur Mitte des roten Vektors kürzer ist als die schwarzen Vektoren?
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 27. Mai 2009, 18:29:24
Ich mache mal einen Bahnmanöverthread auf ;) ,... die hiesigen Mods mögen passende Einträge dann dorthin verschieben.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 27. Mai 2009, 18:30:04
Allgemeiner Thread zur Diskussion von Bahnmanövern.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tobi453 am 27. Mai 2009, 18:41:40
Hallo Tobias,

ich kann dir nicht folgen. Wo soll da der Geschwindigkeitsbetrag "abfallen"? Wenn der Schub keine Tangentialkomponente hat, kann das nicht passieren.

Ja da hast du recht. Mir ging es nur darum, dass du mit der Formel 2v Sin(delta i/2) den Betrag des roten Pfeiles (die Pfeile sind die Geschwindigkeitsvektoren) ausrechnest, wo du aber auch teilweise tangential beschleunigst. Wenn du aber nicht tangential, sondern nur senkrecht zur Bewegungsrichtung, dann bewegt sich die Spitze des Geschwindigkeitsvektors während der Inklinationsänderung ja auf einer Kreisbahn. Und dort ist meiner Meinung nach der DeltaV-Bedarf höher.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 27. Mai 2009, 18:42:58
Sag bitte etwas zu meiner Vermutung deiner "Analogie" ;).
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tobi453 am 27. Mai 2009, 18:43:37

Ziehst du die Analogie in deiner Zeichnung, dass ein Geschwindigkeitsvektor vom Ursprung zur Mitte des roten Vektors kürzer ist als die schwarzen Vektoren?
Ja.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 27. Mai 2009, 18:46:39
Verwechsel nicht Geschwindigkeitsvektoren mit Streckenvektoren. Du kannst nicht einfach die "Verbindung" vom Ursprung zur Mitte des roten Vektors ziehen. Der rote Vektor gilt nur für den großen Winkel, also für Anfangszustand und Endzustand, nicht dazwischen. Für einen kleineren Winkel sieht der anders aus. Du musst immer diese Dreieck aufspannen.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tobi453 am 27. Mai 2009, 18:55:50
Der rote Vektor gilt nur für den großen Winkel, also für Anfangszustand und Endzustand, nicht dazwischen. Für einen kleineren Winkel sieht der anders aus. Du musst immer diese Dreieck aufspannen.

Was meinst du mit Dreieck aufspannen?
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 27. Mai 2009, 19:01:07
Vektordreieck.

Die dargestellte Konstellation aus den beiden schwarzen und dem roten Deltavektor gilt nur für die beiden Zustände: Anfang und Ende. Der rote Vektor beschreibt die Vektodifferenz dazwischen. Diese Vektoren (in Länge und Richtung) gelten aber nicht für die Zwischenzustände, also für den "Weg" von einem schwarzen zum anderen schwarzen Vektor.

Wenn wir Wege betrachten würden (wenn die Vektoren also Strecken darstellen würden), dann würde der rote Vektor den Weg von schwarz A zu schwarz B beschreiben und damit auch die Zwischenwegepunkte. Aber wir haben hier Geschwindigkeitsvektoren.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tobi453 am 27. Mai 2009, 19:03:39
Vektordreieck.

Wenn wir Wege betrachten würden (wenn die Vektoren also Strecken darstellen würden), dann würde der rote Vektor den Weg von schwarz A zu schwarz B beschreiben und damit auch die Zwischenwegepunkte. Aber wir haben hier Geschwindigkeitsvektoren.

Und wie soll der Weg dann aussehen?
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 27. Mai 2009, 19:17:39
Das DeltaV ist ja eine "Rechengröße" für den gesamten Vorgang, praktisch "summativ".

Um den Weg (in Abhängigkeit von der Zeit) zu berechnen, brauchen wir die Differentialgleichung der Beschleunigungen, die wir zwei mal integrieren.

Orthogonal haben wir (immer) einen konstanten Schub, also eine konstante Beschleunigung. In tangentiale Richtung haben wir keinen Schub, also keine Beschleunigung. Das muss man jetzt in kleinen Schritten integrieren. Das sieht dann anders aus ... und ist hier auch nicht relevant aus meiner Sicht.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tobi453 am 27. Mai 2009, 19:21:00
Daniel, ich habe mich etwas missverständlich ausgedrückt. Ich meinte den zeitlichen "Weg" der Spitze des Geschwindigkeitsvektors während des Inklinationswechsels. Also wie verändert sich der Geschwindigkeitsvektor während des Inklinationswechsels in Betrag und Richtung.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 27. Mai 2009, 19:21:24
Meine letzten Wort passen auch nicht ganz. Das würde ja bedeuten, dass man eine "Schwenkgeschwindigkeit" aufbaut, die man am Ende des Manövers wieder abbauen müsste.

Wie gesagt, das DeltaV ist eine Rechengröße und beschreibt keine Bewegung an sich.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 27. Mai 2009, 19:22:36
Ah, das meinst du. Der Geschwinigkeitsvektor (schwarz) ändert nur seine Richtung. Der Schubvektor muss nur immer ortogonal gehalten werden.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 27. Mai 2009, 19:23:55
Ich muss gerade selbst mal ein wenig nachdenken ...


(Zeit für die Mods hier aufzuräumen ;))
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: jakda am 28. Mai 2009, 08:45:51
Ich verstehe immer noch nicht, warum vor dem Einschuß die Bahnebene verändert werden soll...
Ich möchte hier mal auf solche Manöver wie Super-GEO hinweisen, mit dem der Transfer in eine GEO-Bahn von BAIKONUR mit viel geringeren Treibstoff möglich ist, als ein Direkteinschuß...
Ich möchte nur an ASIASAT-3 1997 erinnern. Damals versagte die 4. Stufe der PROTON und der Satellit war in einer Hochelliptischen Bahn mit 51,3 °. Mit den Bordtriebwerken gelang es über einen Super-GEO um den Mond (also ein Super-Super-GEO) den Satelliten doch noch im GEO zu possitionieren...
Das Beispiel zeigt auch den Mondflug aus 51,3 °...

Grüße
jakda...
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 29. Mai 2009, 09:32:26
Hallo Andreas,


Super-GEO sind die typischen sog. Mehrimpulsmanöver, bei denen der Satellit über den GEO hinaus geschossen wird, um dann "da draußen" die Inklination abzubauen. Vor kurzem hat das auch eine Atlas gemacht. Das kann aber nicht jede Rakete.

Zum Mondflug aus einem hochinklinierten Orbit:
Ja, das geht, aber man ist dann zeitlich wenig flexibel. Aus einem äquatornahen Parkorbit kann man praktisch jederzeit zum Mond aufbrechen. Bei einer hohen Inklination geht das nur, wenn der Mond in der Nähe der Knotenlinie des Parkorbits ist, da mann nur dann den Parkorbit so ausdehnen kann, dass er zum Mond reicht.
Die Frage wäre dann noch mit welche Inklination man einen Mondorbit erreicht und wie aufwändig es dann ist, den gewünschten Orbit um den Mond zu erreichen.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: jakda am 29. Mai 2009, 10:50:39
Hallo Daniel,

ja, ist mir schon alles klar...
Die Ausgangsfrage war ja - Start aus "Raumwerft" 50°...

Grüße
jakda...
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 29. Mai 2009, 11:01:10
Ich wollte es für Mitleser noch etwas ausführen ;) ...
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 30. Juni 2009, 08:22:39
Free Return Trajectory

Die Apolloflüge zum Mond sind eine die sog. (quasi) Free-Return-Trajectory geflogen, bei der man durch den Mond fast ohne eigene Manöver zur Erde zurückgeschleudert wurde/worden wäre.

Gab es bei dieser Bahn auch Nachteile gegenüber anderen Optionen, v.a. hinsichtlich Masse/Zeit/Leistung?
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Martin am 30. Juni 2009, 08:45:02
Hi, zufaelligerweise habe ich bei Wiki gerade gestern was zu gelesen, interessanterweise auf der Seite wo es im die Mondlandeverschwoerung geht, und speziell zum Mondauto.
However, nicht alle Apollo Missionen waren free return, sondern nur jene vor Apollo 13. Ab dann waren alle auf Nutzlasttechnisch guenstigeren Bahnen unterwegs, jedoch ohne Freifahrtschein. Fuer die genaue Bahnmechanik bin ich aber der falsche.

http://de.wikipedia.org/wiki/Verschw%C3%B6rungstheorien_zur_Mondlandung#Platzbedarf_des_Mondmobils (http://de.wikipedia.org/wiki/Verschw%C3%B6rungstheorien_zur_Mondlandung#Platzbedarf_des_Mondmobils)
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: manuma am 24. Juli 2009, 10:11:10
Dann habe ich mal eine ziemlich doofe Frage. Bei einer Triebwerkszündung im Orbit gewinnt man ja sofort an Drehimpuls dazu und wird dementsprechend schneller. Im nächsten Halborbit gewinnt man dann an Höhe, während die Geschwindigkeit abnimmmt. Wieso, das ist mir schon klar.

Meine Frage wäre nun, wieso man erst im nächsten Halborbit an Höhe gewinnnt und nicht schon sofort?

Gruß  ;)
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 24. Juli 2009, 10:24:46
Hallo,

das Ganze muss ja mit einer gewissen Stetigkeit stattfinden ;). Wenn ich an Punkt A (zu) schnell werde, kann ich ja nicht plötzlich (unstetig) an Punkt A auf eine größere Höhe springen. Stattdessen beginnt diese höhere Geschwindigkeit mich von jetzt an nach außen zu tragen, so dass ich stetig ansteige, eben während des Halborbits von jetzt an.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: runner02 am 20. September 2009, 20:47:28
Habe mir mit der neulich angeeigneten Formel die Orbitgeschwindigkeit für einen Geostationären Orbit ausgerechnet.

Dann wollte ich wissen, weiviel noch auf Fluchtgeschwindigkeit fehlt.
Aber danach müsste man ja Energie verloren haben. Ist das Lageenergie?
7,9 km/sek ist die theoretische  V am Boden.
3,05 ist sie im Geo.

Von 7,9 kommt man mit weniger auf 11,2 als von 3,05? Oder fehlen dannnoch 7,9 Antriebsbedarf oder ganz was anderes??

Und wie funktioniert das Rechnen mit Antrieb?? 50 Tonnen vom Geo auf Flucht?
50.000kg * 3050m/sek = Newton-Bedarf für dieses??


Bitte um Hilfe

Mfg
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tobi453 am 20. September 2009, 21:01:20
Zitat
Von 7,9 kommt man mit weniger auf 11,2 als von 3,05? Oder fehlen dannnoch 7,9 Antriebsbedarf oder ganz was anderes??

Im GEO bist du weiter von der Erde weg und die Fluchtgeschwindigkeit ist kleiner. Die Fluchtgeschwindigkeit ist immer das Wurzel-2-fache der Kreisbahngeschwindigkeit, im GEO also ca. 3 km/s*1,4=4,2 km/s. Da du schon ca. 3km/s schnell bist, fehlen noch ca. 1,2km/s.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: runner02 am 20. September 2009, 21:15:05
Ach ja. Danke.

Da gibts für jeden Orbit also ne eigene Fluchtgeschwindigkeit.

Ich kannte bis jetzt nur den ersten Möglichen Orbit * wurzel aus2
Und dachte, diese Geschwindigkeit gelte für alle.

Jetzt ergibt es Sinn.

Vielen dank für deine Schnelle Hilfe
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: runner02 am 20. September 2009, 21:16:20
Zitat
Und wie funktioniert das Rechnen mit Antrieb?? 50 Tonnen vom Geo auf Flucht?
50.000kg * 1200m/sek = Newton-Bedarf für dieses??

Das ist nochmal mein zweites Problem.

Hättest du dafür auch noch ne einleuchtende Erklärung?
Denn bei wikipedia kommt mir das alles zu theoretisch, zu viel Spielraum für eigenständige Interpretationen, siehe meiner von Fluchtgeschwindigkeit ;).
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 21. September 2009, 21:45:18
Und wie funktioniert das Rechnen mit Antrieb?? 50 Tonnen vom Geo auf Flucht?
50.000kg * 3050m/sek = Newton-Bedarf für dieses??

Hallo runner,

tja, was genau meinst du mit der Frage? Newtonbedarf?? Die ist sehr unklar gestellt. Möchtest du wissen, ob oder wie es möglich ist 50 Tonnen auf Fluchtgeschwindigkeit zu beschleunigen? Die Frage lautet dann, welches Triebwerk mit wieviel Triebstoff das schafft und das errechnet sich mit der Raketengrundgleichung.
http://de.wikipedia.org/wiki/Raketengrundgleichung (http://de.wikipedia.org/wiki/Raketengrundgleichung)
Bei einem gegebenen Triebwerk, gegebener Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Anfang und Ende und gegebener Nutzlast, kannst du damit bspw. ausrechnen wieviel Treibstoff notwendig ist.

Wenn du deine Gedanken klarer formulierst, können wir an der Stelle weiter diskutieren und bei Bedarf die Rechnung erläutern.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 21. September 2009, 21:55:15
Ich habe deine Frage mit dem Thread zu Bahnmanövern zusammen geführt.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: GlassMoon am 13. Dezember 2009, 22:18:09
Das war bei Gemini 11 mit ner Agena (GATV 11)
Das "Seil" war 30m lang, und ein Umlauf hat ca. 6 Minuten gedauert, dass der Effekt minimal war, kann man sich dann wohl vorstellen.
Die Astronauten haben gesagt, sie spüren nichts - allerdings haben sich schwebende Gegenstände bewegt.  :)


Mal ne andre Überlegung:
Bei exzentrischen Orbits wirkt ja immer ne Beschleunigung auf den Körper.
Ich hab mal eben nen Erdorbit von 320km x 850km in Orbiter ausprobiert - dabei entstehen Beschleunigungen von immerhin +0,35 m/s² im Perigäum bzw -0,3 m/s² im Apogäum. Für Marsflüge ists zwar nicht relavant, für Raumstationen schon.
Was dabei wieder ein Problem sind:
- Man will Zero-G Experimente machen, da ist Mikrogravitation eher störend.
- Für Erdorbits limitieren wieder die Van Allen Strahlungsgürtel die Grenzen des Orbits.
- Man braucht ein bisschen mehr Delta V zum Andocken.

Was meint ihr?
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 13. Dezember 2009, 22:22:01
Hallo

Bei exzentrischen Orbits wirkt ja immer ne Beschleunigung auf den Körper.
Ich hab mal eben nen Erdorbit von 320km x 850km in Orbiter ausprobiert - dabei entstehen Beschleunigungen von immerhin +0,35 m/s² im Perigäum bzw -0,3 m/s² im Apogäum.
...
Was dabei wieder ein Problem sind:
- Man will Zero-G Experimente machen, da ist Mikrogravitation eher störend.

Was meinst du damit? Exzentrische Orbits sind genauso "gut" wie perfekte Kreisbahnen, parabole und hyperbole Bahnen. Bei allen ist man immer im freien Fall, also schwerefrei.

Was hast du da berechnet?
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: GlassMoon am 13. Dezember 2009, 22:38:51
Sorry, ich hab mich auf elliptische Bahnen bezogen.
Ich hab gedacht, exzentrisch bedeutet automatisch, dass es sich um eine nicht-Kreisbahn handelt.  ;)
Im Falle eine elliptischen Umlaufbahn:
Im Apogäum wirkt auf einen Körper weniger Fliehkraft, als Schwerkraft auf ihn wirkt - ansonsten würde er doch einfach auf einer Kreisbahn weiterfliegen.

Im Perigäum ist genau das Gegenteil der Fall, auf den Körper wirkt mehr Fliehkraft als Erdanziehungskraft, er entfernt sich also weiter von der Erde.
Oder denk ich da jetzt falsch?



edit: Anscheinend steh ich grad ziemlich auf der Leitung.. Ich schlaf lieber erstmal ne Nacht drüber  ;D
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 13. Dezember 2009, 22:44:25
@GlassMoon

exkzentrische Kreisbahn =  Ellipse

Auf den Bahnen entsteht trotzdem keine "Schwere". Nur weil sich die Geschwindigkeit ändert, entsteht nicht "Schwere". Überall ist man immer noch freien Fall, genauso wie im freien Fall auf der Erdoberfläche sich auch fortlaufend die Geschwindigkeit ändert, aber Schwerelosigkeit herrscht.

So lange gilt: schwere Masse =  träge Masse,  entsteht durch reine gravitationsgesteuerte Bewegungen (freier Fall) keine Schwere, und damit keine Mikrogravitation (im Schwerpunkt).

Aber wir können das bei Bedarf auch weiter im Bahnmöverthread im Fragen-Forum diskutieren:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=5646.0 (https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=5646.0)
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: GlassMoon am 14. Dezember 2009, 14:31:20
Sooo, nochmal dazu:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=6345.msg128596#msg128596 (https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=6345.msg128596#msg128596)

Jetz leuchtets mir ein, glaub ich zumindest^^.

Also, das Raumschiff würde ja Näherungsweise genauso stark beschleunigt werden, wie die Astronauten. Es würde also keine "Kraftdifferenz" entstehen, die die Astronauten letztendlich an den Boden drücken würde.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 14. Dezember 2009, 14:34:20
Genau ;). Alle Körper machen im Schwerefeld dieselbe Bewegunge/Beschleunigung durch, daher spürt man nichts von der "Kraft".
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: GG am 14. Dezember 2009, 18:52:15
In Erdferne hat man eine geringere Geschwindigkeit, weil hier auch die Erdanziehungskraft kleiner ist. Insgesamt heben sich beide Kräfte aber an jedem Punkt der Bahn auf.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tobi453 am 15. Dezember 2009, 14:01:58
@GG: Sicherlich nicht. Bei einer Ellipsenbahn gleichen sich Zentripetalkraft und Gravitationskraft nicht aus.Darin sieht man auch, dass das nichts damit zu tun hat, ob man schwerelos ist oder nicht. Wenn wir die Lagrangefunktion  (http://de.wikipedia.org/wiki/Lagrangefunktion)in Polarkoordinaten für das Gravitationsfeld aufstellen mit a=GmM=konstant:

[tex]\Large L=\frac{1}{2}m(\dot r^2+r^2\dot\varphi^2)+\frac{a}{r}[/tex]

Damit folgt mit der Euler Lagrange Gleichung eine der beiden Bewegungsgleichungen zu:
[tex]\Large m\ddot r-m r \dot\varphi^2+\frac{a}{r^2}=0[/tex]

Wie man leicht sieht, gilt der Ausgleich nur, wenn [tex]\ddot r=0[/tex] ist, und der Radius somit konstant wächst/fällt oder oder still steht, man also auf einer Kreisbahn ist oder man sich an den Wendepunkten des Radius der Ellipsenbahn befindet. Diese Wendepunkte sind aber nicht(!) Perigäum oder Apogäum, das wäre die erste Ableitung. ;)

Komplizierter wird das Ganze noch dadurch, dass sich das Keplerproblem garnicht analytisch lösen lässt für [tex]r(t)[/tex] und [tex]\varphi(t)[/tex]. Es lässt sich lediglich durch einige geschickte Umformungen eine Funktion [tex]r(\varphi)[/tex] bestimmen.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 15. Dezember 2009, 14:41:16
Hallo,


hmmm .... warum die Aussage: "Gravitation und Fliehkraft heben sich auf" so pauschal oder an sich nicht stimmt und in die Irre führen kann, kann man mit folgendem Fall veranschaulichen:

Ein Punkt über der Erdoberfläche wird von zwei Satelliten auf zwei Bahnen durchflogen: eine perfekte Kreisbahn und eine Hyperbel aus der Unendlichkeit kommend. Unabhängig von der Bahnform gilt an diesem gemeinsamen Punkt: Es herrscht dieselbe Gravitationskraft. Wenn jetzt gelten würde: Fliehkraft = Gravitation, müsste auch die Fliehkraft für beide Objekte gleich sein. Wenn jetzt aber auf beide Satelliten beim Durchflug des Punkts dieselbe ("aufhebende") Fliehkraft wirken würde, würden sie auf derselben (gemeinsamen) Bahn weiterfliegen. Das Objekt auf der Hyperbel kommt aber viel schneller vorbei und erfährt eine höhere Fliehkraft (von der Erde aus gesehen) bei gleicher Gravitation. Daher fliegt es danach auch wieder von der Erde weg, und bleibt nicht auf einer konstanten Kreisbahn.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: klausd am 15. Dezember 2009, 15:45:31
[tex]\Large m\ddot r-m r \dot\varphi^2+\frac{a}{r^2}=0[/tex]

Wie man leicht sieht, gilt der Ausgleich nur, wenn [tex]\ddot r=0[/tex] ist,

Kannst Du mal genau erklären was Du da gerechnet hast, wofür die Variablen stehen usw...

Ich erinnere mich an die Lagrange Gleichungen nur rein mathematisch, Mechanik ist in meinem Studiengang nicht vorgesehen  ;)
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tobi453 am 15. Dezember 2009, 17:08:22
Hallo Klaus,

a= m*M*G mit G Gravitationskonstante, m Masse des Raumschiffs, M z.B. Erdmasse (ich vernachlässige die Gravitationswirkung des Raumschiffs auf die Erde ;D). a ist nur eine Abkürzung um die Formel auf das Wesentliche zu reduzieren.
r ist der Abstand vom Erdmittelpunkt, [tex]\dot r[/tex] ist die erste zeitlich Ableitung, [tex]\ddot r[/tex] ist die zweite zeitliche Ableitung.
[tex]\varphi[/tex] ist in der Regel der Bahnwinkel zum Perigäum.

Ok jetzt nochmal die Herleitung. Also allgemein gilt bei Lagrangeformalismus L=T-V, wobei T die kinetische Energie ist und V die potentielle Energie. Die kinetische Energie in Polarkoordinaten ist das 1/2m(...) aus der Formel. Das Potential ist [tex]U(r)=-\frac{a}{r}[/tex]. Das minus deshalb, weil der Radius vom Erdmittelpunkt auf das Raumschiff, zeigt, die Wirkung der Gravitation aber entgegengesetzt ist.

(http://www.raumfahrer.net/cgi-bin/mimetex.cgi?\Large%20L=\frac{1}{2}m(\dot%20r^2+r^2\dot\varphi^2)+\frac{a}{r})

Jetzt wendet man diese Formel an (Bild von Wiki):
(http://upload.wikimedia.org/math/b/9/e/b9e8ae0baa718067df081572d81fb9ec.png)

Das qi sind die sogenannten generalisierten Koordinaten (http://de.wikipedia.org/wiki/Generalisierte_Koordinate). Hier einfach durch r ersetzen. Dann Ableitungsregeln anwenden, umstellen und schon ist man bei der von mir genannten Formel:
(http://www.raumfahrer.net/cgi-bin/mimetex.cgi?\Large%20m\ddot%20r-m%20r%20\dot\varphi^2+\frac{a}{r^2}=0)

Jetzt kann man die Lagrangegleichung aber auch noch mit [tex]\varphi[/tex] bilden. Und dann ergibt sich folgendes. In der Gleichung kommt nur ein [tex]\dot\varphi[/tex] vor, aber kein [tex]\varphi[/tex], damit ist die linke Seite null und es ergibt sich:
[tex]\Large 0=\frac{d}{dt}(mr^2\dot\varphi)[/tex]

Was ist denn [tex]\Large mr^2\dot\varphi[/tex]? ;) Oha das ist ja der Bahndrehimpuls! :D Die zeitliche Änderung des Bahndrehimpulses ist null=>Drehimpulserhaltung! :D

Und das alles folgt nur aus der Betrachtung der Energie, keine lästigen Kräfte mit Vektorpfeilen etc.. mehr. :D Mit dem Euler Lagrange Formalismus lassen sich Bewegungsgleichungen sehr leicht aufstellen, leider wird das Lösen der Gleichungen dadurch nicht einfacher. ;) Aber das mathematische Problem in Gleichungen zu packen ist ja auch schonmal was. :)
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: klausd am 15. Dezember 2009, 20:04:31
Aber das mathematische Problem in Gleichungen zu packen ist ja auch schonmal was. :)

Find ich persönlich schwieriger als Sie zu lösen. Danke für die Erklärungen an einen Physik-Newbie. Vielleicht haste ja beim erklären auch nochmal was gelernt.  :)

Gruß, Klaus
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 16. Dezember 2009, 09:12:32
Wir haben die Bahnmechanikbeiträge aus der "Zukunftsdiskussion" hierher überführt.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Voyager1 am 08. Januar 2010, 17:56:53
Hallo!
Allgemein bekannt ist, daß Bahnänderungsmanöver mit kleinstem Energieaufwand im Apogäum durchgeführt werden.
Kann mir jemand physikalisch erklären, warum das so ist.
Und für was würde Extraenergie bei der gleichen Bahnänderung im Perigäum "vergeudet" werden???
Nen guter Link dazu wäre auch gut.

Vielen Dank
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 08. Januar 2010, 18:12:19
Hallo Voyager,

wir müssen das etwas spezifizieren, ein wenig korrigieren ;) und dann erläutern. Was du meinst, sind schnelle, schubstarke Manöver durch chemische Antriebe. Gleichzeitig meinst du nur Änderungen der Orbithöhe, andere Manöverarten wären ja noch Inklinationsänderung und Drehung der Knotenlinie.

Änderungen der Orbithöhe macht man mit chemischen Antrieben am effizientesten in Apo- und Perizentrum, s. Hohmanntransfer. An beiden Punkten wirkt der Schub (und damit die Impulsänderung) orthogonal zum Schwerefeld der Erde, bzw. entlang einer Äquipotentiallinie im Gravitationspotential der Erde (sagen wir mal anschaulich: parallel zur Oberfläche). Der Vorteil ist dort, dass man mit dem Schub keine (sinnlose) Hubarbeit macht, was Gravitationsverlust bedeutet, sondern alles in die Erhöhung der kinetischen Energie geht, also in die Beschleunigung.
Führt man das Manöver irgendwo zwischen diesen beiden Punkten auf der Ellipse aus, geht ein Teil des Impulses in reine Hubarbeit, welche aber nicht der Bewegung an sich zu gute kommt und damit ein Verlust ist.
Aus diesem Grund  würde man, hätten wir keine Atmosphäre, waagerecht von der Oberfläche starten. Deswegen kippen Raketen auch möglichst früh (es gibt noch andere Optimierungsparameter) nach dem Abheben zu Seite.

Später werde ich diesen Thread zum allgemeinen Bahnmechanikthread verschieben.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Voyager1 am 08. Januar 2010, 18:16:49
Na klar, danke.
Irgendwas mit der Zentripedalkraft, in dem Falle die Gravitationskraft, hatte ich schon mal irgendwo gelesen. Aber das mit der "sinnlosen" Erhöhung der Epot klingt einleuchtent.
Danke
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Voyager1 am 10. Januar 2010, 17:20:48
Hallo Gemeinde!
Eine Frage zur Bodenspur eines Satelliten.
Ich suche eine Formel, mit der ich durch Einsetzen der 6 Keplerelemente a, e, i, Omega, omega, mittlere Anomalie M die Bodenspur eines Satelliten erhalte (beziehungsweise Punkte der Bodenspur in Abhängigkeit der Zeit).
Auf einer ausgeklappten Erdkarte sollten die Punkte der Bodenspur in Phi und Lamda in Abhängigkeit der Zeit gegeben sein, um eine Spur auf der Karte einzeichnen zu können.
Vielleicht weis jemand einen Rat.
Viele Grüße,

Voyager
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Voyager1 am 10. Januar 2010, 17:30:53
Noch schnell mein eigener Ansatz:

Phi und Lamda auf weltkarte:
Phi=arctan(y/x)
Lamda=arctan(z/(wurzel(x^2+y^2)))

x,y,z aus den Keplerelementen:
x=rcos(mü)Px+rsin(mü)Qx
y=rcos(mü)Py+rsin(mü)Qy
z=rcos(mü)Pz+rsin(mü)Qz

mit mü=wahre Anomalie und P=(Px,Py,Pz), Q=(Qx,Qy,Qz) als Gaußsche Vektoren, die durch Omega(Lage des aufsteigenden Knotens vom Frühlingspunkt),omega(Lage des Perigäumsvom aufsteigenden Knoten) und Inklination der Satellitenbahn erstellt werden können.

Irgendwas kommt mir dabei allerdings spanisch vor. Die Koordinaten x,y,z beziehen sich auf das Äquatorsystem, daß sich nicht mit der Erde mitdreht. Also müsste noch irgendwie die Erddrehung mit in die Gleichung einfließen...
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 10. Januar 2010, 18:46:25
Hallo,

das ist nicht trivial. Es gibt zwei wichtige Besonderheiten: 1. die Erde ist keine Kugel, sondern ein symmetrisches Rotationsellipsoid, 2. rotiert die Erdoberfläche.

Um zu wissen, wo der Satellit über der Oberfläche ist, muss man das "Lot fällen". Für eine Kugel ist das simpel, das ist einfach der Durchstoßpunkt des Ortsvektors des Satelliten. Für ein Ellipsoid ist das hingegen nicht trivial und weicht vom Ortsvektor ab. Dafür gibt es, nach meinem wissen, keine geschlossene Lösung, nur numerische Lösungen. Aber ich kann mal in meine Matlabbibliothek schauen, da ist so eine "Bestimmung der Höhe" für Rotationsellipsoide mit drin. Konkret ist es die Bestimmung der geographischen Breite, über der der Satellit steht.

Du musst auch die Rotation der Erde mitberechnen, um zu wissen bei welcher geographischen Länge der Satellite gerade steht. Die Bewegung des Satelliten selbst ist ja im (quasi) inertialen, geozentrischen, fixen Koordinatensystem beschrieben und gelöst und muss am Ende auf das geozentrische, mitrotierende System der Erde transformiert werden.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Voyager1 am 10. Januar 2010, 18:56:53
Genau.
Aber für den Anfang kann man vielleicht erst einmal von einer Kugel ausgehen. Dann hat man erst einmal ein idealisiertes Modell und mir wäre schon viel geholfen.
Im zweiten Schritt würde mich natürlich auch die anschließende Anpassung der Rechnung an das Ellipsoidenmodell interessieren.

Als letztes würde mich dann noch interessieren, wie groß die maximalen Abweichungen zwischen idealem und Ellipsoidenmodell sind, sprich, ob sich der Aufwand in jedem Falle lohnt. Beträgt die Abweichung weniger als einen Grad in Phi und Lamda, so ist das idealisierte Modell zu anschaulichen Zwecken immer noch gut genug.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 10. Januar 2010, 19:20:37
Also ich bin gerade in der Hilfe von Matlabs Aerospace Blockset. Die Berechnung der geodätischen Breite aus der geozentrischen Breite ist da doch eine nichtiterative Methode. Leider kann ich das hier nicht reinbringen, Zeichnung samt Formeln.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 10. Januar 2010, 19:28:38
Als letztes würde mich dann noch interessieren, wie groß die maximalen Abweichungen zwischen idealem und Ellipsoidenmodell sind, sprich, ob sich der Aufwand in jedem Falle lohnt. Beträgt die Abweichung weniger als einen Grad in Phi und Lamda, so ist das idealisierte Modell zu anschaulichen Zwecken immer noch gut genug.

Das ist schon deutlich, v.a. ist es von der Höhe des Satelliten abhängig. Ich habe hier auch eine Formel, um das zu berechnen ... aber man muss eine Menge Inputs vorher berechnen. Da steckte eine Menge Geometrie drin.


Vielleicht kannst du das hier irgendwo finden:
Hedgley, D. R., Jr., "An Exact Transformation from Geocentric to Geodetic Coordinates for Nonzero Altitudes," NASA TR R-458, March, 1976
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 10. Januar 2010, 19:46:31
Mathworks hat seine Hilfe ja auch komplett online:
http://www.mathworks.com/access/helpdesk/help/toolbox/aeroblks/geocentrictogeodeticlatitude.html (http://www.mathworks.com/access/helpdesk/help/toolbox/aeroblks/geocentrictogeodeticlatitude.html)
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 03. März 2010, 18:52:35
Verlust eines Teils bei einer EVA
**Ich habe diesen Beitrag aus einem alten Thread hier mit rein genommen, da thematisch passend und habe die Bilder "gerettet"**



Was passiert, wenn ein bei einer EVA ein Teil verloren geht? Was passiert mit einem Raumfahrer, der die Verbindung zum Raumschiff verliert?

Zu dieser Frage hatte ich schon mal im STS-117 Thread etwas geschrieben:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3632.msg37768#msg37768 (https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3632.msg37768#msg37768)

Damals waren meine Erläuterungen der sog. Hillschen Gleichungen aber sehr abstrakt. Deshalb habe ich heute ein kleines Programm geschrieben und das Ganze mal visualisiert. (Dabei habe ich auch gleich einen Vorzeichenfehler im Skript meines damaligen Professors gefunden ;)).

Annahmen
Ich habe als Beispiel den ISS-Orbit mit ca. 90 Minuten Umlaufdauer angenommen und 3 Umläufe simuliert. In der ISS ist folgendes Koordinatensystem definiert [size=10](Dieses KOS unterscheidet sich von dem von mir in obigem Link definierten.)[/size]:
Ergebnisse
Auf den Bildern ist die ISS immer auf der Null-Linie. Die Graphen geben die Relativbewegung in x,y,z des verlorenen Teils/Astronauten von der ISS aus gesehen an.



Fall 1: Stoß mit 0,1m/s in x-Richtung nach 'oben'
(https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=dlattach;topic=5646.0;attach=811;image)
An den Stellen, wo sich alle 3 Linien wieder auf der Null-Linie treffen, wird die ISS vom treibenden Teil wieder besucht, also nach allen 90 Minuten.



Fall 2: Stoß mit 0,1m/s in y-Richtung nach 'vorne'
(https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=dlattach;topic=5646.0;attach=815;image)
Da sich nie alle 3 Graphen gleichzeitig auf der Null-Linie treffen, kommt ein Teil auf diesem Pfad auch nicht mehr an der ISS vorbei, sonder entfernt sich praktisch dauerhaft ... naja, irgendwann wird es von der ISS wieder überholt und kann sie dann wieder treffen.



Fall 3: Stoß mit 0,1m/s in z-Richtung nach 'links'
(https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=dlattach;topic=5646.0;attach=817;image)
Die Bewegung entlang der z-Achse ist also von den beiden anderen entkoppelt. Wenn man etwas verliert, sollte man es tunlichst nach vorne oder hinten stoßen, damit es sich von der ISS entfernt. Dabei sind die dargestellten Fälle aber idealisiert, da sie von exakten Stößen in die angegebenen Richtungen ausgehen.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 29. März 2010, 10:17:14
Hallo,

wir hatten das Thema kurz beim letzten EchoStar-Start: Co-Positionierung von mehreren Satelliten in einem GEO-Slot.

Die ersten Untersuchungen dazu kommen aus der zweiten Hälfte der 80er Jahre. Ursprünglich wollte man keine Koordination zwischen den Satelliten vornehmen, unter der Erwartung, dass ein Fenster von [tex]\Lambda\ \pm\ 0,1^{\circ}[/tex] bzw. [tex]X\ \pm\ \approx 70\mathrm{km}[/tex] ausreichen müssten, um bei zufälliger und unkorrelierter Verteilung der Bahnabweichungen eine Annäherungsrisiko quasi auszuschließen. Bei weiteren Untersuchungen hat man dann schnell erkannt, dass es doch nicht so einfach ist, v.a. wenn baugleiche Satelliten mit der selben Optimierungsstrategie in diesem Fenster gehalten werden. Dann sind die Bahnen nicht mehr unkorreliert, sondern beide Satelliten folgen ähnlichen Manövern und damit Abweichungen.
Bei der Untersuchung verschiedener Koordinationstechniken zwischen Satelliten hat man u.a. Längentrennung und phasenverschobene Manöverzeiten untersucht, wo jeder Satellit weiterhin einzeln betrieben würde. Am "mächtigsten" haben sich aber koordinierte Strategien gezeigt, dass man also die Satellitenbahnen und die Manöver aufeinander abstimmt. Ein Konzept ist die kombinierte Trennung in Inklination und Exzentrizität. Nominell gilt ein Zielorbit für den GEO-Slot. Jeder Satellit ist dabei aber auf einem leicht exzentrischen und inklinierten Orbit unterwegs, und zwar so ausgerichtet, dass die Perizentren und die Knotenlinien zueinander versetzt sind. Durch diese Trennung in zwei Elementen schafft man es, dass zu jeder Zeit eine räumliche Trennung besteht.
Keiner der Satelliten befindet sich dann an der nominalen GEO-Position im Zentrum des Slots, sondern die Satelliten umkreisen das Zentrum auf einer geneigten Ellipse und bleiben insgesamt im Fenster.
Je mehr Satelliten man so zusammenpackt, desto aufwändiger wird das Ganze, u.a. weil die Abstände schrumpfen. Vor allem bei Fehlern oder Ausfällen benötigt man dann eine "schnelle" Lösungsprozedur, um die benachbarten Satelliten nicht zu gefährden. Außerdem müssen alle Satelliten die periodischen Korrekturmanöver gegen Drift parallel ausführen, um die Konstellation zu halten, was u.a. eine Herausforderung für die schnelle und genaue Positionsbestimmung zur Manöverplanung und -verifikation vom Boden aus ist.

Nach meinem Wissen ist SES-Astra in dem Bereich führend. Die hatten bereits 6 Satelliten an einer Position.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tul am 04. Juni 2010, 01:03:57
Mal ne Frage.

Wenn eine Raumsonde an der Erde Schwung holt um die Geschwindigkeit zu erhöhen muss die Energie ja irgendwo herkommen. Wird die Erde dadurch abgebremst?

Danke

tul
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: GlassMoon am 04. Juni 2010, 01:21:21
Ganz genau, die Energie wird dem Planeten entnommen, an dem die Sonde sich Schwung holt.
Der Planet verliert dabei kinetische Energie. Natürlich ist das beim Verhältnis der Massen Sonde/Planet nur minimal.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Avatar am 04. Juni 2010, 20:52:39
Wahrscheinlich minimaler als wenn ne Mücke gegen das Fenster einer 747 knallt, da wird die auch nicht groß langsamer durch.

Avatar
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 04. Juni 2010, 22:12:27
Ich habe tuls Frage mit dem Thread zur Bahnmechanik zusammengelegt.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: runner02 am 29. Oktober 2010, 11:05:29
Hey, mir hat sich wieder mal eine Frage aufgetan:

Angenommen mal, man habe eine Kapsel (m1), die in einem LEO ist, und ein schwereres Objekt (m2), das in einer Art Halo-Orbit nahe an den Mond kommt, also ca. 300x350.000km (Perigäum:Apogeum, ich glaub das schreibt man so?)

Nun will die Kapsel an das schwere Objekt docken. Klar ist, sie muss warten, bis beide nahe beisammen sind (m2 im Perigäum).

Nun besitzen sie aber eine völlig andere Energie. Müsste es sie beim Zusammentreffen und Koppeln nicht zerfetzen?
Andererseits, in gleicher Erdnähe und mit der Erde als Fokuspunkt, vergehen beim überstreichen gleicher Flächen die gleiche Zeit (Keppler).

Zumindest muss es m2 verhältnismäßig runterziehen, die Energie muss ja erhalten bleiben und ein Teil wird auf m1 übertragen.  

geht das also plötzlich - wirken dabei kurz starke kräfte, wie wenn z.b. ein Reh mit einer Differenzgeschwindigkeit von 80km/h (in der Raumfahrt sinds bekanntermaßen etwas mehr ;) ) angefahren wird, oder geht es moderat, wie wenn ich mich ins Auto setze und langsam mitbeschleunigt werde??
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: TillP am 29. Oktober 2010, 11:21:16
Das zweite Keplersche Gesetz gilt nur für ein Objekt. Das heißt, damit kann man die Geschwindigkeit von m2 für Erdferne und Erdnähe miteinander in Beziehung setzen.
M2 wird aber in Erdnähe deutlich schneller sein als m1.

Das wäre also weniger ein Koppeln, als mehr eine Kollision mit großer Differenzgeschwindigkeit und viel Schrott am Ende ;)
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: GlassMoon am 29. Oktober 2010, 13:03:22
Das ist in etwa so, wie wenn du einen Ball 350km hoch in die Luft, genau in die Bahn der ISS wirfst, und erwartest, dass beide Objekte ohne Unfall überleben :D
Selbst wenn du einen Dockingmechanismus baust, der Geschwindigkeitsdifferenzen von mehreren km/s aushält (unmöglich^^), und ein RCS dass so schnell reagieren kann, müsste das große Objekt Beschleunigungsarbeit für das kleine Objekt aufwenden. Somit würde der Orbit deutlich kleiner werden, im ungünstigsten Fall natürlich mit nem Perigäum innerhalb der Erdatmosphäre und das wars dann.
Das Objekt m2 "fällt" praktisch von 350.000km bis auf 300km an die Erde heran (Mondtransferorbit), es hätte somit im Perigäum eine Geschwindigkeit von ca. 11km/s, das Objekt m1 im LEO 7,x km/s.

Eine Geschwindigkeitsdifferenz von ca. 3,5km/s folgt daraus, da ists natürlich unmöglich ohne Trümmerfeld zu docken ;)
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Ruhri am 29. Oktober 2010, 13:35:37
Oder anders gesagt: Im konstruierten Beispiel müsste das kleinere Objekt seinen Geschwindigkeitsvektor dem größeren angleichen, woraufhin es keine Probleme mehr gäbe mit der unterschiedlichen Energie.  :)
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: runner02 am 30. Oktober 2010, 10:42:05
Ah, danke...


Ja, ist klar, eine Geschwindigkeitsdifferenz von ca. 3,5km/s übersteht praktisch nichts...
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: tul am 31. Januar 2011, 15:57:03
Es gibt wenn ich mich richtig erinnere ein Sonnensystem, indem die äußeren Planeten in entgegengesetzter Richtung zu den inneren Planeten um die Sonne kreisen. Mal angenommen wir würden in so einem Sonnensystem leben, könnte man eine Sonde vom einem inneren Planeten in die Umlaufbahn eines äußeren Planeten schicken? Der Geschwindigkeitsabbau und -aufbau müsste ja enorm sein?
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: runner02 am 31. Januar 2011, 17:11:01
Mal angenommen wir würden in so einem Sonnensystem leben, könnte man eine Sonde vom einem inneren Planeten in die Umlaufbahn eines äußeren Planeten schicken? Der Geschwindigkeitsabbau und -aufbau müsste ja enorm sein?

Du hast die Frage eigentlich selbst beantwortet ;)

Möglich wäre es, physikalisch gesehen.

Dazu kommt noch, dass weiter außen die Rotationsgeschwindigkeiten immer kleiner werden, dh. je weiter außen der Planet, desto besser...
Du müsstest ja 2*die Umlaufgeschwindigkeit des Planeten in Gegenrichtung zu deiner Flugbahn erzielen...
Obwohl... Was wäre, wenn die Sonde auf 0m/s gegenüber der Sonne abbremst und sich dabei im Schwerfeld des Planeten befindet??


Im Übrigen könnte es ja auch sein, dass sich die innerern Planeten auch 'verkehrt' drehen? (insbesondere leichte Planeten sind ja schwer zu entdecken, darum konnnten wir in diesem System wohl noch keine beobachten?)
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 01. Februar 2011, 07:40:15
Hallo

Obwohl... Was wäre, wenn die Sonde auf 0m/s gegenüber der Sonne abbremst und sich dabei im Schwerfeld des Planeten befindet??

Da passiert nicht viel. Der Planet rauscht vorbei ... , denn zum Einschwenken in einen Orbit "bremst" man nicht, sondern passt die eigene Geschwindigkeit der Bahngeschwindigkeit des Ziels an. Nur, je nach Koordinatensystem, sieht das wie eine Bremsung aus. Aus Sicht des Planeten kommt ja das Raumschiff auf ihn zu und "bremst", um dann relativ zu ihm zur Ruhe gelangen. Aus Sicht der Sonne kommt hingegen der Planet schnell auf das Raumschiff zu und dieses "gibt Gas", um mit ihm Schritt zu halten.

Ich hatte das mal im Quiz-Thread gefragt und dann erklärt. Ich hänge den Beitrag gleich hier an. Später, wenn die Frage hier beantwortet ist, werde ich den Thread mit dem Sammelthread zu Bahnmachanik und -manövern zusammenpacken.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 01. Februar 2011, 07:40:27
Ich löse ... gut, ich gebe zu, für ein einfaches Quiz war die Frage nichts. Aber der Zusammenhang mag für den einen oder anderen interessant sein.

Es geht um die Wahl des Koordinatensystems (KOS). Was in dem einen KOS eine Beschleunigung (im Sinne von Geschwindigkeitsgewinn) ist, zeigt sich im anderen als Bremsen (im Sinne von Geschwindigkeitsverlust):

(https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=dlattach;topic=6784.0;attach=869;image)

In allen drei Abbildungen ist das Selbe dargestellt: eine einfache Transferellipse von der Erde zum Mond*. Die Betrachtung ist vereinfacht (s. Anmerkung) und die Abbildungen sind nur qualitativ.
Die linke Abbildung zeigt die Bewegung aus einem ruhenden inertialen KOS in der Erde. Satellit und Mond bewegen sich gegen den Uhrzeigersinn. Am unteren Punkt wird der Satellit auf die Transferellipse beschleunigt, die bis zum Mond reicht. Bei passendem Timing kommt der Satellit dort draußen an, wenn auch der Mond gerade vorbei kommt. Der Satellit muss beschleunigen, um auf die Bahngeschwindigkeit des Mondes zu kommen, er muss praktisch sein Perigäum anheben.
Die mittlere Abbildung zeigt genau das selbe aus Sicht eines KOS, dass in der Erde beginnt, dessen Achsen sich aber mit dem Mond auf seiner Bahn mitdrehen. Der Mond ist also immer auf der y-Achse. Daraus ergibt sich die "berühmte" Acht des Mondtransfers. Wenn der Satellit oben ankommt, ist er langsamer als der Mond, wodurch er sich dem Mond von "vorne" nähert. Aus dieser Sicht ist das selbe Manöver damit plötzlich ein Bremsen "gegen" die Flugrichtung.
Die rechte Abbildung zeigt das Ganze dann aus der Sicht des Mondes selbst. Auch hier kommt der Satellit von "vorne", also von links und befindet sich quasi auf einem Flyby am Mond. Auch hier sieht es wie ein Einbremsen in eine Umlaufbahn aus.

Je nach Wahl des KOS sieht das selbe Manöver mal so und mal so aus, daher sind die Aussage beschleunigen und abbremsen quasi gleichwertig, aber an das KOS gebunden. Neutral wäre vielleicht ... Geschwindigkeitsanpassung.



*Diese Betrachtung ist angelehnt an die "patched conics"-Methode zum Überschlag der Manöverfolgen einer Mission. So lange man sich in der Einflusssphäre eines der Körper befindet, betrachtet man nur diesen als Gravitationspartner. Der andere Körper wird ignoriert bis man nahe genug dran ist, dann kehrt man die Betrachtung um. Daher zeigt das linke Bild eine einfach Hohmann-Ellipse.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 02. Februar 2011, 09:01:57
Technischer Post zur Zusammenführung

Ich habe tuls Frage samt Antworten in den allgemeinen Thread für Bahnmechanik verschoben.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Basileios am 02. März 2011, 09:43:35
Ich habe früher mal eine Flugbahn von der Erde zum Jupitermond Kallisto berechnet, hab die Rechnung aber verloren.

Wenn man direkt in eine 200km kreisförmige Umlaufbahn um Kallisto einschwenkt, anstatt in eine Umlaufbahn in gleicher Höhe wie Kallisto um den Jupiter, dann spart man delta v ... wie sieht in diesem Fall die Rechnung aus?

Die Geschwindigkeit meines Raumfahrzeugs beim Jupiter ist 14,93 km/s (d.h. es ist kein Hohmann-Transfer sondern schneller), die Bahngeschwindigkeit des Jupiters um die Sonne beträgt 13,07 km/s, die Bahngeschwindigkeit von Kallisto um Jupiter 8,024 km/s, Fluchtgeschwindigkeit in 200km Höhe über Kallisto (v flucht) beträgt 2,34491 km/s, die Geschwindigkeit auf einer 200km Kreisbahn (v bahn) um Kallisto 1,658 km/s.

Die Frage ist, wie bestimmt sich die relative Geschwindigkeit des Flugkörpers zu Kallisto, also v relativ ... sie setzt sich ja aus der Differenz Geschwindigkeit des Jupiters um die Sonne, der Kallistos um Jupiter und der des Raumfahrzeugs zusammen?

Die Formel für das zum Einschwenken nötige delta v ist ja SQRT(v flucht² + v relativ²) - v bahn
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 08. Januar 2018, 06:38:58
Den Punkt von Prodatron möchte ich nochmal betonen:

Im einfachen Zweikörperproblem, also geschlossene Kreisbahn/Ellipsen und   offene Parabeln oder Hyperberln gibt es keinen Weg von selbst, um aus einem geschlossenen Orbit in einen offenen "zu driften" oder umgekehrt. Das würde gegen die Impulserhaltung verstoßen. Ganz allgemein, auch ohne Fluchtbahnen, bleibt ein Orbit bestehen. Die Ellipse steigt nicht und sinkt nicht. Ein Objekt, dass aus der Unendlichkeit kommt, verschwindet auch wieder in die Unendlichkeit.

Wenn man in einem geschlossenen Orbit ist, muss man irgendwoher Impuls bekommen, um die Bahn zu erhöhen oder zu öffnen, bzw. wenn man in einem offenen ist, muss man Imuls einsetzen, um ihn zu schließen. Klassisch macht man das mit dem Treibstoff, den man über die Triebwerke ausstößt. Oder man hat einen dritten Körper, mit dem man gravitativ wechselwirkt, um sich von ihm Impuls zu stehlen, je nach Bahnkonfiguration.

Sehr direkt sind dass dann "Flybys", wo die Bahngeometrie bestimmt, ob man Impuls erhält oder verliert. Und es gibt noch das "Problem höherer Ordnung", wo es dann Zonen der "Weak Stability Boundary" zwischen den großen Körpern gibt, in denen man mit wenig Schub eine langsame  Drift hinein oder hinaus schaffen kann. Es ist sogar ein reiner "gravity capture" möglich.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Stefan307 am 08. Januar 2018, 13:58:46
Und es gibt noch das "Problem höherer Ordnung", wo es dann Zonen der "Weak Stability Boundary" zwischen den großen Körpern gibt, in denen man mit wenig Schub eine langsame  Drift hinein oder hinaus schaffen kann. Es ist sogar ein reiner "gravity capture" möglich.
Wenn das die Lagrange Punkte sind hab ich es halbwegs verstanden.

Noch mal zurück zur Abhänigkeit von Bahn und Fluchtgeschwindigkeit: Angenommen ich mache einen Hohmann Transfer von einer Umlaufbahn in eine Höhere. Dann beschleunige ich doch zunächst auf eine Elliptische Bahn, oben angekommen zirkularisiere? ich dann die Bahn. Der Erste Impuls darf ja die Fluchtgeschwindigkeit nicht übersteigen, sonnst würde ich ja das System verlassen, muss man also in einen Solchen Fall "Mehrstufig aufsteigen" Um in sehr hohe Bahnen zu gelangen ohne die Bindung an den Himmelskörper zu verlieren?

MFG S
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 08. Januar 2018, 15:18:17
Hallo Stefan,

die L-Punkte sind "Teil" des Problems, aber die Weak Stability Boundary ist was größeres ...

Zum Zweiten: nein, man kann zwischen zwei beliebigen Kreisbahnen immer einen Hohmann-Transfer mit zwei Zündungen unten und oben machen. Jede höhere, geschlossene Bahn über der aktuellen, ist immer noch"unter" der offenen Parabel, die die aktuelle Bahn berührt.

Ich verlasse die aktuelle Kreisbahn mit einer Geschwindigkeit über der Kreisbahngeschwindigkeit K1<v, aber unter v<1,41vK1. Damit lande ich auf einer geschlossenen Ellipse, die mich beliebig höher trägt.
Auf dem Weg nach oben verliere ich Geschwindigkeit. Im Apozentrum komme ich dann mit einer Geschwindigkeit an, die unter v<vK2 liegt. Jetzt muss ich erstmal beschleunigen, um auf v=vK2 zu kommen. Die hießige Fluchtgeschwindigkeit 1,41vK2 ist zu der Zeit noch ein gutes Stück weiter entfernt.

Worum es mir geht: Die Geschwindigkeiten addieren sich nicht einfach zu immer mehr, da ich zwischendurch auch wieder langsam werde.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Stefan307 am 08. Januar 2018, 15:41:01
Hallo Stefan,

die L-Punkte sind "Teil" des Problems, aber die Weak Stability Boundary ist was größeres ...

Worum es mir geht: Die Geschwindigkeiten addieren sich nicht einfach zu immer mehr, da ich zwischendurch auch wieder langsam werde.

Ah ja, so langsam setzt sich das Bild zusammen... Und das langsamer Werden ist die Lageenergie die in der Höhe der bahn steckt.
dann passiert aber doch genau das was ich beschrieben habe, ich beschleunige auf knapp unter der Fluchtgeschwindigkeit liegt dann habe ich eine Ellipse mit einem "endlichen" Apozentrum das ist dann auch die Höchste Kreisbahn die ich mit so einem Manöver  erreichen kann!

MFG S
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 08. Januar 2018, 15:46:51
Naja, das ist dann so ein Problem mit Grenzwertbetrachtungen in Richtung Unendlichkeit ... und wie das real "zu machen" wäre.

Einmal wächst im Zweikörperproblem die große Halbachse der Ellipse dann unheimlich schnell an, wenn ich mich der Fluchtgeschwindigkeit nähere ... denn sie muss ja praktisch "unendlich" werden. Selbst kleinste Änderungen der Geschwindigkeit lassen sie dann gewaltig springen ...

Real komme ich im Sonnensystem dann in die Wirkungsbereiche anderer, schwerer Himmelskörper ... Sonne und Jupiter. Ich kann nicht real eine "fast unendlich" weit entfernte Umlaufbahn um die Erde einnehmen.
Interessante Größe ist dann die sog. "Einflusssphäre" von Himmelskörpern und eine Störungsrechnung. Innerhalb der Sphäre sind alle anderen Körper "Störer", außerhalb der Sphäre ist dann ein anderer Körper der primäre Gravitationspartner und die Erde wird der Störer.
Das ist dann eben das reale Mehrkörperproblem, in dem sich dann andere Wege ergeben.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Stefan307 am 08. Januar 2018, 16:00:44
Ok, dann ist die Überlegung Theoretisch Richtig aber Praktisch irrelevant.
Was mich zu einer konkreteren Frage bringt was ist die "höchste" Umlaufbahn um die Erde die ein Satellit praktisch einnehmen kann? ich gehen davon aus das L1/L2 und evtl. auch der Abstand zu Mars u Venus hier eine Grenze ziehen?
Und vielen Dank für eure Antworten vor allem an Schillrich.

MFG S
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 08. Januar 2018, 16:21:06
Für die Erde ist der nächste "große Störer" die Sonne. Die Einflussphäre (SOI, sphere of influence) der Erde gegenüber der Sonne ist ca. 924 000 km groß. Innerhalb dieses Raums nimmt man die Erde als Zentralkörper an, von dem aus die Bewegung dominiert und mathematisch beschrieben wird. Außerhalb sollte man dann "umschalten" und die Bewegung von der Sonne aus beschreiben. Man ändert praktisch das Koordinatensystem der Bewegung ...

Real nutzt man das in der Methode "patched conics" für interplanetare Transfers, um sich eine Trajektorie zusammenzustückeln aus möglichst einfach zu rechnenden Stücken, die ineinander übergehen/aneinander übergeben.
Innerhalb der SOI der Erde beschreibt man die Bewegung um die Erde, im einfachsten Fall als reines Zweikörperproblem, bis zum Übertritt in den äußeren Raum. Dort nimmt man die letzten Orts- und Bewegungsdaten der Sonde als "Übergangsbedingungen" und transformiert sie in das Koordinatenstem der Sonne. Man rechnet mit diesen "Startdaten" dann im interplanetaren Raum um die Sonne weiter, auch wieder als einfache Zweikörperproblem, bis man die SOI am Ziel erreicht, z.B. Mars. Dort macht man mit den letzten Daten dann wieder eine Transformation ins Koordinatensystem des Mars'.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Prodatron am 08. Januar 2018, 16:53:05
Danke, Daniel, für die superinteressante Erklärung! (auch gerade bezüglich der "Stückelung")
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 08. Januar 2018, 17:01:41
Gerne :)

Übrigens, wer Kerbal Space Program spielt ... dort sind die Transfers sehr wahrscheinlich auch 'simple' "patched conics".

Man könnte das quasi verifizieren: Abstand beim Übergang von einem Körper zum anderen im Programm auslesen, und dann schauen welches Massenverhältnis die SOI-Formel für die beiden Körper auswirft. Wenn das zu den Massendaten im Programm passt, war's warscheinlich patched conics ...
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Stefan307 am 08. Januar 2018, 18:45:17
Also kann man sich Orbits um die Erde bis in etwa 924000km vorstellen  :o ganz schön weit hinterm Mond!
L1 und L2 im Sonne/Erde System sind aber ca 1,5 Millionen km entfernt! Was ist jetzt  wieder da zwischen?
Fragen über Fragen...

MFG S
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 08. Januar 2018, 19:01:48
Dazwischen ... nichts, nicht viel ... so Vakuum, etwas Staub, Sonnenwind und EM-Felder ... ;-)

Von den dynamischen Bedingungen: Jenseits der SOI sind das sonst alles, einfache stabile Umlaufbahnen um die Sonne. Die L-Punkte sind nur ausgewählte Gleichgewichtspunkte.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Stefan307 am 08. Januar 2018, 19:09:34
Dazwischen ... nichts, nicht viel ... so Vakuum, etwas Staub, Sonnenwind und EM-Felder ... ;-)

Von den dynamischen Bedingungen: Jenseits der SOI sind das sonst alles, einfache stabile Umlaufbahnen um die Sonne. Die L-Punkte sind nur ausgewählte Gleichgewichtspunkte.

 :o Es gibt stabile Solare Umlaufbahnen die Zwischen der Erde und L1/L2 hindurch gehen? Ok dann habe ich doch etwas falsch verstanden wo doch in diesen Punkten ein gleichgewicht zwischen den Anziehungskräften herrschen soll???
Man vergleiche z.b. das hier: [/url]https://www.br.de/mediathek/video/alpha-centauri-kann-man-im-all-parken-av:584f84913b467900119bbc79 (https://www.br.de/mediathek/video/alpha-centauri-kann-man-im-all-parken-av:584f84913b467900119bbc79)[/url]
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 08. Januar 2018, 20:12:46
Hallo Stefan,

L1 und L2 sind nicht wirklich stabil, sondern labile Gleichgewichte im Mehrkörperproblem. Dort hält sich nichts, jede Störung/Ungenauigkeit fördert einen Orbiter von dort wieder weg. Was passiert dann mit einem Orbiter „einen Meter“ neben L1? Er umkreist einfach die Sonne auf einer Umlaufbahn. Er spürt zunächst noch die Erde, aber mit der Zeit werden die unterschiedlichen Umlaufperioden ihn von der Erde separieren.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Stefan307 am 08. Januar 2018, 20:36:20
Hallo Stefan,

L1 und L2 sind nicht wirklich stabil, sondern labile Gleichgewichte im Mehrkörperproblem. Dort hält sich nichts, jede Störung/Ungenauigkeit fördert einen Orbiter von dort wieder weg. Was passiert dann mit einem Orbiter „einen Meter“ neben L1? Er umkreist einfach die Sonne auf einer Umlaufbahn. Er spürt zunächst noch die Erde, aber mit der Zeit werden die unterschiedlichen Umlaufperioden ihn von der Erde separieren.
Ich hatte das so verstanden das ein Körper wenn er von der einen Seite des Berges fällt er sich richtig Erde bewegt und auf der anderen Seite fällt er in eine Solarebahn... Ich bin verwirrt? Das sind doch die Punkte an denen sich die Anziehungskräfte aufheben? so habe ich bisher jede Erklärung, am anschaulichsten finde ich die von Prof. Lesch im Video oben verstanden...
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Kryo am 09. Januar 2018, 08:06:08
ja KSP hat patched conics. Dort gibt es also keine Lagrange-Punkte

@Stefan: Nichts "fällt" einfach in die Sonne oder Erde. Der Satellit befindet sich auch nach dem Verlassen des Lagrange Punktes noch in einem Orbit um Erde bzw Sonne.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 09. Januar 2018, 08:42:11
Themen zusammengeführt
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: joachim999 am 04. Dezember 2025, 08:54:16

Norwegen wird ja auch kein Raumfahrt betreibendes Land, nur weil die deutsche Spectrum-Rakete in Andoya startet.

Gruß
roger50

Das ist pure Ansichtssache: die einen sehen in Andoya einen "Startplatz" -- die anderen nennen Andoya "Weltraumbahnhof". Im letzteren Falle waeren Norwegen, Schweden (Kiruna), Alaska (Kodiak) und die Shetlands "Weltraumlaender" (Koordinaten: Autonomie=minimal/Kapazitaet=mittel).

btw.: Ideale Standorte fuer polare Weltraumbahnhoefe waeren Groenland und Spitzbergen. Vielleicht tut sich da noch etwas?
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Gecko. am 04. Dezember 2025, 09:30:19

Norwegen wird ja auch kein Raumfahrt betreibendes Land, nur weil die deutsche Spectrum-Rakete in Andoya startet.

Gruß
roger50

Das ist pure Ansichtssache: die einen sehen in Andoya einen "Startplatz" -- die anderen nennen Andoya "Weltraumbahnhof". Im letzteren Falle waeren Norwegen, Schweden (Kiruna), Alaska (Kodiak) und die Shetlands "Weltraumlaender" (Koordinaten: Autonomie=minimal/Kapazitaet=mittel).

btw.: Ideale Standorte fuer polare Weltraumbahnhoefe waeren Groenland und Spitzbergen. Vielleicht tut sich da noch etwas?
Ein Startplatz, egal wie man ihn nennt, macht keine Raumfahrtnation.
Und aus einer Provinz kein eigenständiges Land.
Was soll an Grönland oder Spitzbergen "ideal" sein?
Nichts außer "abgelegen und menschenleer", das gibt es vielfach.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: joachim999 am 04. Dezember 2025, 11:07:31

Norwegen wird ja auch kein Raumfahrt betreibendes Land, nur weil die deutsche Spectrum-Rakete in Andoya startet.

Gruß
roger50

Das ist pure Ansichtssache: die einen sehen in Andoya einen "Startplatz" -- die anderen nennen Andoya "Weltraumbahnhof". Im letzteren Falle waeren Norwegen, Schweden (Kiruna), Alaska (Kodiak) und die Shetlands "Weltraumlaender" (Koordinaten: Autonomie=minimal/Kapazitaet=mittel).

btw.: Ideale Standorte fuer polare Weltraumbahnhoefe waeren Groenland und Spitzbergen. Vielleicht tut sich da noch etwas?
Ein Startplatz, egal wie man ihn nennt, macht keine Raumfahrtnation.
Und aus einer Provinz kein eigenständiges Land.
Was soll an Grönland oder Spitzbergen "ideal" sein?
Nichts außer "abgelegen und menschenleer", das gibt es vielfach.

Fuer eine polare Umlaufbahn ist der Startplatz mit der geringsten Rotationsgeschwindigkeit (also in Polnaehe) ideal. Starte ich nach Norden, wird durch die Erdrotation die Rakete richtung NO abgelenkt - am Aequator ist dieser Effekt maximal. Kourou ist fuer eine polare Umlaufbahn daher denkbar ungeeignet. Polare Umlaufbahnen werden fuer militaerische Aufklaerungssatelliten und fuer einige SSO Erdbeobachtungssatelliten benoetigt -- sind also eher die Ausnahme.

Daher sind Nord-Groenland und Spitzbergen auf 80 Grad Nord ideal. Spitzbergen ist zwar eisfrei, aber eine geteilte Insel (NO/RUS): militaerische Raketenstarts wuerden politisches Aufsehen erregen.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: failsafe am 04. Dezember 2025, 11:31:23
..btw.: Ideale Standorte fuer polare Weltraumbahnhoefe waeren Groenland und Spitzbergen. Vielleicht tut sich da noch etwas?
Auf Svalbard (Spitzbergen) gibt es bereits einen etablierten Raketenstartplatz (seit 1997):
SvalRak in der Nähe von Ny-Ålesund
https://de.wikipedia.org/wiki/Svalbard_Rakettskyttefelt
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Gecko. am 04. Dezember 2025, 12:27:53
Was soll an Grönland oder Spitzbergen "ideal" sein?
Nichts außer "abgelegen und menschenleer", das gibt es vielfach.
Fuer eine polare Umlaufbahn ist der Startplatz mit der geringsten Rotationsgeschwindigkeit (also in Polnaehe) ideal. Starte ich nach Norden, wird durch die Erdrotation die Rakete richtung NO abgelenkt - am Aequator ist dieser Effekt maximal. Kourou ist fuer eine polare Umlaufbahn daher denkbar ungeeignet.
Das ist so pauschal doch Unsinn.
Sentinel-1D wurde zB kürzlich von Kourou problemlos in eine polare Bahn gestartet.
Technisch kein Problem.
{Und ja, bevor das kommt: Die Vorgänger-Sentinels sind von Plessezk gestartet, hatte sich halt so angeboten}
Dem eher geringen energetischen Mehraufwand für klassische Startplätze stünde in Grönland ein massiver Aufwand für Bau und Unterhalt so einer Basis im Extremklima entgegen, die dann nicht ganzjährig nutzbar und erreichbar wäre, von der Anlieferung der Raketen und Treibstoffe ganz zu schweigen.
Titel: Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
Beitrag von: Schillrich am 05. Dezember 2025, 08:26:50
Quintessenz ist halt: Polnähe ist bahnmechanisch schon vorteilhaft. Aber praktisch ist das eben nicht zwingend vorteilhaft, da mehr Kriterien zählen.

Man muss Logistik, Infrastruktur und Co. mitdenken. Dann ist es oft sinvoller die Raketen "größer zu machen". Sie können dann für alle Missionen mehr ...