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Raumfahrt => Unbemannte Raumfahrt => Thema gestartet von: Gertrud am 02. Juli 2021, 15:17:38

Titel: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Gertrud am 02. Juli 2021, 15:17:38
Ein Kollisionsrisiko gibt es ja im Prinzip schon immer,
aber die explosive steigen Anzahl von Raumflugkörpern könnte eben zum Problem werden.
In dem Thread sollen alle bekannten Vorgänge dokumentiert werden.

***

Zwei Satelliten aus den schnell wachsenden Konstellationen von OneWeb und SpaceX's Starlink wichen einer gefährlich nahen Annäherung aneinander im Orbit aus, so Vertreter der US Space Force und von OneWeb. Es ist die erste bekannte Kollisionsvermeidung der beiden rivalisierenden Unternehmen, die sich ein Wettrennen um den Ausbau ihrer neuen Breitband-Netzwerke im Weltraum liefern. Der Start erfolgte am 26.04.2021 um 00:14:08.194 MESZ.

Am 30. März 2021, fünf Tage nachdem OneWeb seine neueste Serie von 36 Satelliten von Russland aus gestartet hatte, erhielt das Unternehmen mehrere "rote Alarme" von der 18. Raumfahrtkontrollstaffel der US Space Force, die vor einer möglichen Kollision mit einem Starlink-Satelliten warnten. Da die Konstellation von OneWeb in höheren Umlaufbahnen um die Erde operiert, müssen die Satelliten des Unternehmens das Netz der Starlink-Satelliten von SpaceX passieren, die in einer Höhe von etwa 550 km kreisen.
Eine Warnung der Space Force gab eine Kollisionswahrscheinlichkeit von 1,3 Prozent an, wobei sich die beiden Satelliten bis zu 190 Feet (ca. 58 Meter) nähern würden, eine gefährlich geringe Entfernung für Satelliten im Orbit.

Zitat
One Space Force alert indicated a collision probability of 1.3 percent, with the two satellites coming as close as 190 feet — a dangerously close proximity for satellites in orbit.
Space Force’s urgent alerts sent OneWeb engineers scrambling to email SpaceX’s Starlink team to coordinate maneuvers that would put the two satellites at safer distances from one another.
"“Coordination is the issue. It is not sufficient to say ‘I’ve got an automated system.’”"
Derzeit gibt es keine nationale oder globale Autorität, die Satellitenbetreiber dazu zwingen würde, Maßnahmen bei vorhergesagten Kollisionen zu ergreifen. Die dringende Warnung der Space Force veranlasste die OneWeb-Ingenieure, das Starlink-Team von SpaceX per E-Mail zu kontaktieren, um ein Manöver zu koordinieren, die die beiden Satelliten in einen sichereren Abstand zueinander bringen würden.
Während der Koordination mit OneWeb deaktivierte SpaceX sein automatisches KI-gestütztes Kollisionsvermeidungssystem, um OneWeb zu ermöglichen, seinen Satelliten aus dem Weg zu steuern, so OneWebs Chef für Regierungsangelegenheiten Chris McLaughlin.

SpaceXs automatisches System zur Vermeidung von Satellitenkollisionen hat eine Kontroverse ausgelöst und Bedenken bei anderen Satellitenbetreibern hervorgerufen, die sagen, dass sie keine Möglichkeit haben zu wissen, in welche Richtung das System einen Starlink-Satelliten im Falle einer Annäherung bewegen wird. "Die Koordination ist das Problem", sagt McLaughlin. "Es reicht nicht aus zu sagen: 'Ich habe ein automatisiertes System', denn der andere hat es vielleicht nicht und wird nicht verstehen, was Ihr System zu tun versucht."

"Was nützt es, es zu haben, wenn man es abschalten muss, damit es nicht zu einer potenziellen Kollision kommt?" sagt Victoria Samson von der Secure World Foundation und fügt hinzu, dass das Fehlen eines klaren internationalen Rahmens für das Management von aktiven Objekten im Weltraum es weitgehend unklar macht, wer im Falle einer Kollision tatsächlich verantwortlich gemacht werden würde.
Quelle:
https://www.theverge.com/2021/4/9/22374262/oneweb-spacex-satellites-dodged-potential-collision-orbit-space-force (https://www.theverge.com/2021/4/9/22374262/oneweb-spacex-satellites-dodged-potential-collision-orbit-space-force)
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=12624.msg507838#msg507838 (https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=12624.msg507838#msg507838)
 
Und dieses Starlink-Problem ist nicht das Erste.
Im Jahr 2019 musste der Erdbeobachtungssatellit Aeolus der Europäischen Weltraumbehörde(ESA) einem Starlink-Satelliten ausweichen, um eine mögliche Kollision zu vermeiden. SpaceX bewegte seinen Satelliten aufgrund eines Computerfehlers nicht, der eine ordnungsgemäße Kommunikation mit der ESA verhinderte, so die Aussage das Unternehmen damals.
https://www.esa.int/Space_in_Member_States/Germany/ESA-Satellit_Aeolus_weicht_grosser_Konstellation_aus (https://www.esa.int/Space_in_Member_States/Germany/ESA-Satellit_Aeolus_weicht_grosser_Konstellation_aus)
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=13231.msg460112#msg460112 (https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=13231.msg460112#msg460112)

Beste Grüße Gertrud
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Gertrud am 02. Juli 2021, 15:24:04
Progress MS-17 und ein Fragment der Falcon 9

Nach Angaben des Zentralen Informations- und Analysezentrums  zur Warnung vor gefährlichen Situationen im erdnahen Weltraum Von ZNIIMash (Roskosmos) wird am 2. Juli 2021 erwartet, dass sich Progress MS-17 um 00:32 Uhr MSK in einer Entfernung von etwa 1,5 km dem Satelliten Starlink 1691 nähert.
Innerhalb von drei Minuten wird sich ein Fragment der im Jahr 2020 gestarteten Trägerrakete Falcon 9 dem russischen Raumschiff auf eine Entfernung von etwa 500 Metern nähern.

Die Begegnungen finden 3,5 Stunden vor dem Andocken des Frachtfahrzeugs Progress MS-17 an die ISS statt, das am 2. Juli um 04:02 Uhr MSK geplant ist.

Das Russische Kontrollzentrum überwacht diese Situation weiterhin kontinuierlich.      Quelle: Roskosmos (https://www.roscosmos.ru/31686/)

Gruß, HausD

https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=17645.msg514095#msg514095 (https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=17645.msg514095#msg514095)

https://www.roscosmos.ru/31686/ (https://www.roscosmos.ru/31686/)

Gruß Gertrud
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Sensei am 02. Juli 2021, 16:35:59
Korrektur: STARLINK-1691 ist ein operativer Starlinksatellit im Zielorbit. Und damit eine Nutzlast der Falcon9 - kein Fragment eben dieser.

Und meine Hochachtung vor dem Vorhaben hier alle nahe Begegnungen mit Satelliten der Großkonstellationen zu protokollieren.
Aber angesichts deren Anzahl dürfte das eine ziemliche Sisyphusarbeit werden.

Werden überhaupt alle Begegnungen und Ausweichmanöver veröffentlicht? Sonst ist man ja automatisch auf die Vorauswahl der Berichtenden angewiesen.

EDIT:
Professor Hugh Lewis gibt auf Twitter einen regelmäßigen Report über derartige Begegnungen raus. Interessenten sollten hier ein Auge drauf haben.
https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1410985613285904389 (https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1410985613285904389)
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: tomtom am 02. Juli 2021, 18:36:15
Ich find es schon berechtigt, dass zu thematisieren, wir müssen ja nicht jede Annäherung aufführen und beispielhaft/aktuell an dem Thema diskutieren.

Ich gestehe, dass mich das Thema nicht gerade zu einer Raumfahrtbegeisterung treibt, da es für mich viel zu operativ ist. Der besagte Fall Starlink-Oneweb wurde ja schon an anderer Stelle thematisiert und wird wohl der Klassiker. Was mich daran überrascht und interessiert ist, was es mit der KI-automatischen Kollisionsvermeidungssteuerung von SpaceX auf sich hat. Und das die dann auch noch abgeschaltet wurde, als es drauf an kam.

Wer da also nähere Infos hat, bitte posten.

Ich verlinke hier nochmal folgenden Artikel zum Sachverhalt (denn das dort verlinkte "Conjunction Data Message"-Dokument fand ich ganz interessant.
https://arstechnica.com/information-technology/2021/04/spacex-says-oneweb-spread-false-story-of-near-miss-satellite-collision/ (https://arstechnica.com/information-technology/2021/04/spacex-says-oneweb-spread-false-story-of-near-miss-satellite-collision/)
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Gertrud am 22. August 2021, 22:11:41
Collisions Avoidance:Starlink-on-Debris.

Zitat
SpaceX have released a bit more info on the 'automatic' collision avoidance that some people have been confused about.  As suspected, what they mean is that they rely on conjunction warnings generated by SpaceForce radar tracking which are uploaded to the satellites.
https://twitter.com/planet4589/status/1429525312577183746 (https://twitter.com/planet4589/status/1429525312577183746)

Zitat
The 'automatic' part is that the sat then decides by itself if it needs to manuever. And there is no check, I belive, that the manuever won't accidentally put it in the way of another satellite (acceptable at today's satellite population levels but maybe not in the future)
https://twitter.com/planet4589/status/1429525762034606081 (https://twitter.com/planet4589/status/1429525762034606081)

Eine nicht wortgetreue Übersetzung:

SpaceX hat Informationen über die „automatische“ Kollisionsvermeidung veröffentlicht.
Sie verlassen sich auf Konjunktionswarnungen, die von der SpaceForce-Radarverfolgung erzeugt und auf die Satelliten hochgeladen werden.
Der "automatische" Teil ist, dass der Sat dann selbst entscheidet, ob er manövrieren muss. Und es gibt vermutlich keine Kontrolle,dass das Manöver nicht versehentlich einem anderen Satelliten in die Quere kommt.
(https://media.raumfahrer.net/upload/2023/10/31/20231031083014-f0ba9d74.jpg)
Kredit: Jonathan McDowell @planet4589

Beste Grüße Gertrud
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Schillrich am 23. August 2021, 08:04:05
Das liest sich für mich noch nicht vollständig. Das Bild setzt sich nicht 1:1 zusammen. Wenn die Begegnungswarnungen von der SpaceForce kommen, also aus deren Trackingdaten und Analysealgorithmen, was hat dann der Satellit noch selbst zu entscheiden? Er kann nicht "mehr" über die Umgebung und andere Satelliten wissen als die SpaceForce, um die Frage des "obs" eines Manövers anders zu beantworten. Er kann bestenfalls noch den Zeitpunkt seines Manövers selbst bestimmen.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: alepu am 23. August 2021, 08:50:24
Nach Gwynne Shotwell hat SX inzwischen nahezu 600.000 Vorbestellungen.

www.teslarati.com/spacex-starlink-half-million-preorders-gwynne-shotwell/ (http://www.teslarati.com/spacex-starlink-half-million-preorders-gwynne-shotwell/)
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Sensei am 23. August 2021, 10:20:03
Das liest sich für mich noch nicht vollständig. Das Bild setzt sich nicht 1:1 zusammen. Wenn die Begegnungswarnungen von der SpaceForce kommen, also aus deren Trackingdaten und Analysealgorithmen, was hat dann der Satellit noch selbst zu entscheiden? Er kann nicht "mehr" über die Umgebung und andere Satelliten wissen als die SpaceForce, um die Frage des "obs" eines Manövers anders zu beantworten. Er kann bestenfalls noch den Zeitpunkt seines Manövers selbst bestimmen.

Zeitpunkt der Triebwerkszündung. Richtung des Schubs. Stärke des Schubs. Damit auch über die neuen Bahnparameter. Und außerdem: ob überhaupt ein Ausweichmanöver nötig ist.

Collisions Avoidance:Starlink-on-Debris.

Zitat
SpaceX have released a bit more info on the 'automatic' collision avoidance that some people have been confused about.  As suspected, what they mean is that they rely on conjunction warnings generated by SpaceForce radar tracking which are uploaded to the satellites.
https://twitter.com/planet4589/status/1429525312577183746 (https://twitter.com/planet4589/status/1429525312577183746)

Zitat
The 'automatic' part is that the sat then decides by itself if it needs to manuever. And there is no check, I belive, that the manuever won't accidentally put it in the way of another satellite (acceptable at today's satellite population levels but maybe not in the future)
https://twitter.com/planet4589/status/1429525762034606081 (https://twitter.com/planet4589/status/1429525762034606081)

Eine nicht wortgetreue Übersetzung:

SpaceX hat Informationen über die „automatische“ Kollisionsvermeidung veröffentlicht.
Sie verlassen sich auf Konjunktionswarnungen, die von der SpaceForce-Radarverfolgung erzeugt und auf die Satelliten hochgeladen werden.
Der "automatische" Teil ist, dass der Sat dann selbst entscheidet, ob er manövrieren muss. Und es gibt vermutlich keine Kontrolle, dass das Manöver nicht versehentlich einem anderen Satelliten in die Quere kommt.
Kredit: Jonathan McDowell @planet4589

Natürlich basiert die „automatische Kollisionsvermeidung" auf der SpaceForce-Radarverfolgung. Alles andere wäre auch mehr als seltsam:

- Zum einen kennt SpX die Positionen der Fremdsatelliten und Trümmerstücke nicht.
- Aber auch die eigenen Sats werden von der SF-Radarverfolgung mit Sicherheit genauer getrackt als durch die eigenen Methoden.
- Alternative wäre allein der Aufbau einer besseren Weltraum-Radarüberwachung, als es das US-Militär derzeit bieten kann. Das wäre doch unverähltnismäßig

Wichtig ist außerdem noch die in der Übersetzung weggefallene Eingrenzung von Hr.  McDowell:

Zitat
(acceptable at today's satellite population levels but maybe not in the future)
--
(Akzeptabel bei den heutigen Satellitenpopulationen, aber vielleicht nicht mehr in der Zukunft)
Dazu kommt, dass diese fehlende Überprüfung von Auswirkungen einer solchen Folgenabschätzung (gerade für Starlink-Starlink Begegnungen) eine reine Vermutung von hr McDowell sind.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Sensei am 23. August 2021, 10:27:03
Nach Gwynne Shotwell hat SX inzwischen nahezu 600.000 Vorbestellungen.

www.teslarati.com/spacex-starlink-half-million-preorders-gwynne-shotwell/ (http://www.teslarati.com/spacex-starlink-half-million-preorders-gwynne-shotwell/)

Nicht schlecht für eine Beta. Aber mittelfristig muss das schon noch mehr werden:

Sollten sich 0.5 Mio Verträge realisieren lassen wäre SpaceX bei einem Einkommen von (~0.5Mio * ~1.000 $/Jahr) 0.5 Mrd. $ - oder 2.5 Mrd $ innerhalb von 5Jahren/Lebenszeit der ersten Generation von Starlink.

Die Beta/erste Generation ist noch ein Zuschussgeschäft für SpaceX und man braucht langfristig eher so 2-3 Mio Kunden damit sich das System lohnt. Ab dann würde aber auch der Rubel rollen  8)
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: stillesWasser am 23. August 2021, 10:29:48
- Alternative wäre allein der Aufbau einer besseren Weltraum-Radarüberwachung, als es das US-Militär derzeit bieten kann. Das wäre doch unverähltnismäßig

Warum ist es unverhältnismäßig, als Betreiber von über 50% aller aktiven Sats (Tendenz rapide steigend), selbst für entsprechendes Tracking verantwortlich zu sein anstatt auf eine öffentliche Infrastruktur zu bauen, die für ganz andere Dimensionen konzipiert war?
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Schillrich am 23. August 2021, 10:35:34
Das liest sich für mich noch nicht vollständig. Das Bild setzt sich nicht 1:1 zusammen. Wenn die Begegnungswarnungen von der SpaceForce kommen, also aus deren Trackingdaten und Analysealgorithmen, was hat dann der Satellit noch selbst zu entscheiden? Er kann nicht "mehr" über die Umgebung und andere Satelliten wissen als die SpaceForce, um die Frage des "obs" eines Manövers anders zu beantworten. Er kann bestenfalls noch den Zeitpunkt seines Manövers selbst bestimmen.

Zeitpunkt der Triebwerkszündung. Richtung des Schubs. Stärke des Schubs. Damit auch über die neuen Bahnparameter. Und außerdem: ob überhaupt ein Ausweichmanöver nötig ist.

...

Das Letzte ergibt doch keinen Sinn. Wenn Basis des Ausweichens die Trackingdaten vom Boden sind, kann der Satellit nicht mehr darüber wissen und eine andere Entscheidung treffen als der Algorithmus am Boden. Er kann keine andere Lagefeststellung zur seiner Umgebung und sich bewegenden Objekten haben als der Boden.

Das Einzige, was der Satellit ggf. neu/aktuell weiß: seinen eigenen Zustand. Vielleicht hat er ein Problem intern entwickelt, das auch am Boden noch nicht bekannt ist. Das kann aber bestenfalls zum Abbruch eines Manövers führen.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Sensei am 23. August 2021, 10:41:10
Weil die Daten und die öffentliche öffentliche Infrastruktur nun schon mal da ist?
Einfach eine Paralelstruktur zur öffentlichen Infrastruktur aufzubauen, um sagen zu können: "Schaut her, wir haben das selbst gemacht!" ?!

Unternehmen machen ja auch keine eigene Volkszählung oder bauen ein eigenes Wikipedia auf (so lange sie mit den Daten zufrieden sind).

Es ist der öffentlichen Hand immer noch möglich, gebühren für eine  öffentliche Nutzung zu erheben. Insbesondere wenn ein Unternehmen übermäßig stark davon profitiert.

Schillrich: Du hast damit recht, dass der Sat eher weniger wissen wird als die Bodenstation.
Ich nahm allerdings an, dass diese Analysealgorithmen am Boden/im Kontrollzentrum zentral durchgeführt werden und dann automatisch an die Satelliten verteilt werden.

Beispiel: Bodenstation errechnet eine Begegnung von durchschnittlich 1 km Entfernung bei einem durchschnittlichen Positionsfehler von etwa 100m.
Das ist dann eine nahe Begegnung mit Kollisionwarnung. Aber man muss dann auch immer Wahrscheinlichkeit für eine Kollision dagegen halten.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: stillesWasser am 23. August 2021, 10:46:01
Das liest sich für mich noch nicht vollständig. Das Bild setzt sich nicht 1:1 zusammen. Wenn die Begegnungswarnungen von der SpaceForce kommen, also aus deren Trackingdaten und Analysealgorithmen, was hat dann der Satellit noch selbst zu entscheiden? Er kann nicht "mehr" über die Umgebung und andere Satelliten wissen als die SpaceForce, um die Frage des "obs" eines Manövers anders zu beantworten. Er kann bestenfalls noch den Zeitpunkt seines Manövers selbst bestimmen.

Zeitpunkt der Triebwerkszündung. Richtung des Schubs. Stärke des Schubs. Damit auch über die neuen Bahnparameter. Und außerdem: ob überhaupt ein Ausweichmanöver nötig ist.

...

Das Letzte ergibt doch keinen Sinn. Wenn Basis des Ausweichens die Trackingdaten vom Boden sind, kann der Satellit nicht mehr darüber wissen und eine andere Entscheidung treffen als der Algorithmus am Boden. Er kann keine andere Lagefeststellung zur seiner Umgebung und sich bewegenden Objekten haben als der Boden.

Das Einzige, was der Satellit ggf. neu/aktuell weiß: seinen eigenen Zustand. Vielleicht hat er ein Problem intern entwickelt, das auch am Boden noch nicht bekannt ist. Das kann aber bestenfalls zum Abbruch eines Manövers führen.

Zumal laut der Grafik nur die CDMs an die einzelnen Sats gegeben werden. Das heißt, der on-board Algorithmus kann nicht wissen ob ein Manöver in naher Zukunft zu einem anderen Close Approach führen kann. Und wenn Probleme nur on-board bekannt sind, aber nicht am Boden, heißt das, dass TM/TC nicht mehr funktioniert, denn die Sats haben ja immer Bodenkontakt sonst könnten sie auch kein Internet liefern. Das wiederum bedeutet, dass auch die CDMs nicht mehr hochgeladen werden können.
Mir leuchtet nicht so ganz ein, warum man nicht stattdessen automatisiert am Boden die Maneuver berechnet?



Weil die Daten und die öffentliche öffentliche Infrastruktur nun schon mal da ist?
Einfach eine Paralelstruktur zur öffentlichen Infrastruktur aufzubauen, um sagen zu können: "Schaut her, wir haben das selbst gemacht!" ?!

Unternehmen machen ja auch keine eigene Volkszählung oder bauen ein eigenes Wikipedia auf (so lange sie mit den Daten zufrieden sind).

Es ist der öffentlichen Hand immer noch möglich, gebühren für eine  öffentliche Nutzung zu erheben. Insbesondere wenn ein Unternehmen übermäßig stark davon profitiert.
Es ging doch genau darum, dass die Infrastruktur nicht (ausreichend) vorhanden ist für die sich entwickelnden Gegebenheiten?!
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Sensei am 23. August 2021, 10:55:55
@stilles Wasser: hatte deinen Post so gelesen, dass es nicht fair ist, wenn kommerzielle Anbieter sich so stark auf öffentlich (finanzierte) Infrastruktur stützen.

Aber dann habe ich dich falsch verstanden. Entschuldige.

Inwiefern reicht diese Weltraumüberwachung durch die SF (im Zusammenspiel mit weiteren internen Daten) nicht zur automatischen Kollisionsvermeidung aus?
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Schillrich am 23. August 2021, 10:59:02
@stillesWasser, erster Teil deines Beitrags

Letztendlich ist es eine Frage, wie autonom sind die Satelliten? Wieviel "Betriebs-KI" steckt am Boden und kommandiert die Satelliten. Die Rechnungen und Entscheidungen kann man sicherlich alle am Boden treffen. Andererseits wäre die Anforderung "ständig Kontakt" haben zu müssen, damit die Satelliten arbeiten und manövrieren können, eher "unrobust". Im Falle einer Unterbrechung, aus welchem Grund auch immer, wären sie sofot unkontrollierte Objekte. Daher ist es schon sinnvoll ihnen Lage- und Entscheidungsdaten hochzuspielen und sie von da an alleine laufen zu lassen bis zum nächsten Update. Auch heute überwachen sich klassische Satelliten ja über lange Perioden selbst und haben FDIR-Funktionen an Bord.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Klakow am 23. August 2021, 11:12:08
Das liest sich für mich noch nicht vollständig. Das Bild setzt sich nicht 1:1 zusammen. Wenn die Begegnungswarnungen von der SpaceForce kommen, also aus deren Trackingdaten und Analysealgorithmen, was hat dann der Satellit noch selbst zu entscheiden? Er kann nicht "mehr" über die Umgebung und andere Satelliten wissen als die SpaceForce, um die Frage des "obs" eines Manövers anders zu beantworten. Er kann bestenfalls noch den Zeitpunkt seines Manövers selbst bestimmen.
Soviel ich weiß sind die Satelliten auf Bahnen im All und das ist alles dort in 3D und es gibt auch keine Autobahnen wo man nur auf eine andere Spur oder zur Not auf den Standstreifen ausweichen kann, es gibt also sehr viele Ausweichbahnen!
Eines ist sicher, jeder Satellit braucht irgend eine Instanz die Entscheidet wie die Bahnparameter sein sollen und diese Instnanz braucht dazu Daten die ihm sagen was sinnvoll ist und was nicht. Macht das der Sat selber, so braucht er Zugriff auf diese daten, egal woher er die nimmt.
Das ist vermutlich mit ein Grund warum sich EM öfter ärgert das dabei immer noch jahrzehnte alte Strukturen, z.B. bei der FAA, den Betrieb ausbremsen.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Sensei am 23. August 2021, 11:20:14
@stillesWasser, erster Teil deines Beitrags

Letztendlich ist es eine Frage, wie autonom sind die Satelliten? Wieviel "Betriebs-KI" steckt am Boden und kommandiert die Satelliten. Die Rechnungen und Entscheidungen kann man sicherlich alle am Boden treffen. Andererseits wäre die Anforderung "ständig Kontakt" haben zu müssen, damit die Satelliten arbeiten und manövrieren können, eher "unrobust". Im Falle einer Unterbrechung, aus welchem Grund auch immer, wären sie sofot unkontrollierte Objekte. Daher ist es schon sinnvoll ihnen Lage- und Entscheidungsdaten hochzuspielen und sie von da an alleine laufen zu lassen bis zum nächsten Update. Auch heute überwachen sich klassische Satelliten ja über lange Perioden selbst und haben FDIR-Funktionen an Bord.

Pro Satellit sollen ja nicht soo häufig Kollisionswarnungen kommen. Diese Steuerkommandos kann man ruhig vom Boden aus einspielen.

Und sollte ein Satellit über einige Tage, unerwartet, keinen Kontakt zur Bodenstation aufbauen können, dann sollte sich der Satellit selbst als defekt identifizieren und selbst in den Deorbit begeben (meine persönliche Einschätzung). Ein Kommunikationssatellit ohne Kommunikationsmöglichkeit ist für den Betreiber ja auch nur noch eine Last
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Schillrich am 23. August 2021, 11:39:47
Du musst aber trennen zwischen Kommunikationsnutzlast (nutzt Starlink das Ka-Band?) und Telemetrie- und Telecommandsubsystem (normalerweise im S-Band, wie macht das Stalink?) an Bord. Beide Ströme laufen auf unterschiedlichen Frequenzen/Bändern und sind auch an Bord technisch getrennt (das eine ist Plattform, das andere ist Nutzlast). S-Bandbodenstationen gibt es zwar viele weltweit, aber nicht global z.B. über den Ozeanen. Außerdem werden die von vielen Missionen "gebucht", u.a. in Norwegen und Schweden, und sind nicht ständig für ein Space-System verfügbar. Wegen der Autonomie an Bord braucht man das auch nicht.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Sensei am 23. August 2021, 11:47:15
Zitat
The TT&C subsystems of the satellite will consist of two Ku-band, two Ka-band, and two X-band
transmitters, as well as two Ku-band and two S-band receivers.
Qulle: FCC Antrag. https://apps.fcc.gov/els/GetAtt.html?id=197815&x (https://apps.fcc.gov/els/GetAtt.html?id=197815&x)

Ich selbst würde einen Satelliten ohne funktionierenden S-Band Zugang trotzdem nicht oben lassen. Selbst wenn er seine Kommunikationsaufgabe für die Kunden noch eine Weile erfüllen könnte..
Gerade bei Starlink kommt es auf den einzelnen Satelliten ja nicht mehr so sehr an.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Prodatron am 23. August 2021, 12:30:04
Du musst aber trennen zwischen Kommunikationsnutzlast (nutzt Starlink das Ka-Band?) und Telemetrie- und Telecommandsubsystem (normalerweise im S-Band, wie macht das Stalink?) an Bord. Beide Ströme laufen auf unterschiedlichen Frequenzen/Bändern und sind auch an Bord technisch getrennt (das eine ist Plattform, das andere ist Nutzlast).
Eine Laien-Frage hierzu: Warum würde man bei Starlink noch ein getrenntes System zum Senden von Telemetrie- und Kommando-Daten benötigen?
Für mich hört sich das nach überflüssigem Ballast an. Wenn ich meine Fritzbox administrieren möchte, geh ich auch nicht über ein extra serielles Kabel drauf. Da im Falle von Starlink Plattform und Nutzlast vom selben Hersteller kommen, frage ich mich, warum man das noch trennt.
(der FCC Antrag galt wohl noch für die beiden Tintins)
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Schillrich am 23. August 2021, 13:18:00
Es gibt einige Aspekte, auf ganz verschiedenen Ebenen, die man aber konkret für die eigene Anwendung prüfen und abwägen muss:

Man kann die Satellitenarchitektur bei Großkonstellationen aber ggf. "umkrempeln": Sie arbeiten rein autonom, lauschen also nur auf Datenpakete/Datenupdates ... vielleicht noch ein paar rudiemtäre Kommandos à la "schalte dich ab!". Und der Satellit packt ein paar Betriebslogs in den Downlink. Wenn sie (ganz autonom) eine Anomalie jedweder Art (Fehler an Bord, kein Datenstrom mehr vom Boden, ...) feststellen, schalten sie sich ab und fliegen aus der Konstellation heraus. Dann gäbe es quasi keine Kommandierung mehr, nur Datenupdates für die KI im Satelliten. Der einzelne Satellit zählt hier ja nicht mehr so viel. Man hätte vielleicht noch Betriebsdaten/Logging von jedem Satelliten, die man später am Boden auswerte kann, was tatsächlich passiert ist ...

Sind die Starlinks so autonome Drohnen, ohne vollständigen Zugriff mehr vom Boden? Das wäre sicher ein sehr schlankes Betriebskonzept am Boden für 1000ende von Satelliten ...
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Sensei am 23. August 2021, 14:31:50
wo wir gerade dabei sind:

Laut Peter B. de Selding haben die Satelliten der Satlink-Konstellation zuletzt durchschnittlich 13 Ausweichmanöver pro Tag geflogen:
https://twitter.com/pbdes/status/1429778141506060289 (https://twitter.com/pbdes/status/1429778141506060289)

Zitat
We performed 2,219 collision-avoidance maneuvers in the 6 months ending May 31 because we use a conservative 1-in-100,000 probability as our threshold for when to move.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Schillrich am 23. August 2021, 14:35:58
Das ist aber mal eine niedrige Schwelle ... aber, durchaus sehr sinnvoll beim Hochskalieren des Systems.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Prodatron am 23. August 2021, 14:43:07
Danke für die Erörterung!
S-Band braucht (an Bord) wenig elektrische Leistung und ist kaum/wenig richtungs- und wetterabhängig. Ka-Band ist sehr Wetter- und Richtungsabhängig. S-Band ist dann auf jeden Fall immer ein gutes "backup" für den Notfall.
Daran hatte ich noch gar nicht gedacht.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Hugo am 23. August 2021, 18:02:39
Laut Peter B. de Selding haben die Satelliten der Satlink-Konstellation zuletzt durchschnittlich 13 Ausweichmanöver pro Tag geflogen:
Wie ließt man die auf Twitter verlinkte Grafik? Ich sehe dort Balken von 1 bis 4 Ausweichmanövern. Wenn diese Addiere, komme ich auf 20 Ausweichmanöver in der Summe. Nicht auf 2219.  Oder lese ich die Grafik falsch?

Wenn ich dem Link folge ist der Original-Artikel leider hinter einer Paywall versteckt:
Zitat
To view the entire article, become a subscriber!

Falls jemand Zugriff auf den Artikel hat: Ich wäre höchst interessiert an einem Beispiel-Mannöver. (Datum, Uhrzeit, Satellitennummer).

Es gibt zwar recht oft solche Rohdaten, aber ich würde das nicht als Ausweichmannöver, sondern als Datenfehler bezeichnen. Wenn man den einen falschen Punkt löscht, sieht die Kurve wieder ganz normal aus.
(https://dl.dropbox.com/s/fi1amz8ya1v706x/export_2021-8-23-17-45-18.png)


So würde ich mir ein Ausweichmanöver vorstellen:
1) Der Satellit erhöht seinen Orbit. Dadurch fliegt er langsamer und erreicht den Punkt der Bahnkreuzung später. Die Gefahr einer Kollision wäre gebannt.
2) Der Satellit senkt seinen Orbit.
3) Der Satellit passt seinen Orbit wieder an.

Der Treibstoff, welcher für 1+3 benötigt wird, dürfte dem entsprechen welcher bei 2 gespart wird. Somit ist für einen Starlink ein Ausweichmanöver Treibstoffneutral zu realisieren.
Der orangene und der grüne Bereich ist gleich groß, damit der Satellit keine Positionsveränderung erlebt.

(https://dl.dropbox.com/s/rkrtr8z4490dnun/export_2021-8-23-17-49-31.png)
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: SirFalcon am 23. August 2021, 20:05:38
Laut Peter B. de Selding haben die Satelliten der Satlink-Konstellation zuletzt durchschnittlich 13 Ausweichmanöver pro Tag geflogen:
Wie ließt man die auf Twitter verlinkte Grafik? Ich sehe dort Balken von 1 bis 4 Ausweichmanövern. Wenn diese Addiere, komme ich auf 20 Ausweichmanöver in der Summe. Nicht auf 2219.  Oder lese ich die Grafik falsch?
...

Wenn ich das richtig gesehen habe, sind in der Grafik (https://twitter.com/pbdes/status/1429778141506060289/photo/1) nur die Satelliten aufgeführt, die nicht mehr funktionieren bzw. nicht mehr manövrieren können ("Non-Maneuverable Sats") sortiert nach den jeweiligen Starlink-Starts. Damit ist keinerlei Aussage in Bezug auf die Ausweichmanöver verbunden. Außer vielleicht, dass die anderen (funktionierenden) Sats diese kaputten umfliegen müssen und so sehr oft ausweichen müssen (reine Spekulation von mir).
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Hugo am 23. August 2021, 21:57:37
Wenn ich das richtig gesehen habe, sind in der Grafik nur die Satelliten aufgeführt, die nicht mehr funktionieren bzw. nicht mehr manövrieren können ("Non-Maneuverable Sats") sortiert nach den jeweiligen Starlink-Starts.

Danke. Das kommt eher hin. Ich habe in meiner Analyse 36 Satelliten, welche ich zu dieser Kategorie zähle. Jedoch ist das natürlich Definitionssache, welchen Satelliten man dazu zählt oder nicht, ich zähle sie "sehr schnell" dazu, wenn man konservativer vorgeht, könnte man die Anzahl auch mit 20 Definieren.
(https://dl.dropbox.com/s/eqrtsxme8863kud/export_2021-8-23-21-11-52.png)


Damit ist keinerlei Aussage in Bezug auf die Ausweichmanöver verbunden. Außer vielleicht, dass die anderen (funktionierenden) Sats diese kaputten umfliegen müssen und so sehr oft ausweichen müssen (reine Spekulation von mir).
Ausgefallene Satelliten verlieren an Höhe. Ca. 1 Kilometer in 2 Monaten. Sie müssen somit nicht lange "umflogen" werden sondern werden von den anderen schon sehr schnell "überflogen".

Beispiel:
(https://dl.dropbox.com/s/w1286cw81vfzrq3/export_2021-8-23-21-50-49.png)
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Schillrich am 24. August 2021, 13:04:58
Ich habe mich heute mit jemandem aus der "Space-Debris"-Fraktion unterhalten zum Thema "space traffic management". Ein kritischer Aspekt einer hohen Autonomie der Satelliten ist: fehlende/unklare Vorhersagbarkeit für alle anderen drumherum. Wenn die Satelliten aufgrund aktueller Daten autonom ihre Manöver entscheiden und fliegen, dann können andere Satelliten/Betreiber dieses Verhalten nicht vorhersagen/vorhersehen ... auf ihrer Seite nicht einkalkulieren.

Klassischerweise, wenn sich zwei Satelliten nähern, nehmen die Betreiber Kontakt zueinander auf, tauschen Daten aus und entwickeln zusammen ein Ausweichmanöver. Es gibt also bestenfalls eine bewusste, gemeinsame Entscheidung. Falls jetzt einer der Satelliten (oder auch beide) autonom aufgrund der individuell hochgespielten/vorliegenden Daten, aber getrennt voneinander, eine Entscheidung trifft, immer in der Erwartung der andere fliegt "gerade" weiter, ist das Ergebnis nicht mehr klar planbar/vorhersagbar. Es kommt ggf. gleich zum nächsten Problem.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: tomtom am 24. August 2021, 13:48:43
Ich habe mich heute mit jemandem aus der "Space-Debris"-Fraktion unterhalten zum Thema "space traffic management". Ein kritischer Aspekt einer hohen Autonomie der Satelliten ist: fehlende/unklare Vorhersagbarkeit für alle anderen drumherum. Wenn die Satelliten aufgrund aktueller Daten autonom ihre Manöver entscheiden und fliegen, dann können andere Satelliten/Betreiber dieses Verhalten nicht vorhersagen/vorhersehen ... auf ihrer Seite nicht einkalkulieren.

Klassischerweise, wenn sich zwei Satelliten nähern, nehmen die Betreiber Kontakt zueinander auf, tauschen Daten aus und entwickeln zusammen ein Ausweichmanöver. Es gibt also bestenfalls eine bewusste, gemeinsame Entscheidung. Falls jetzt einer der Satelliten (oder auch beide) autonom aufgrund der individuell hochgespielten/vorliegenden Daten, aber getrennt voneinander, eine Entscheidung trifft, immer in der Erwartung der andere fliegt "gerade" weiter, ist das Ergebnis nicht mehr klar planbar/vorhersagbar. Es kommt ggf. gleich zum nächsten Problem.

Das Problem gibt es auch in der Luftfahrt, ist eine Frage der Regeln. Autonome Systeme haben den Vorteil, schneller zu reagieren als ein manueller Abstimmungsprozess zwischen zwei Organisationen.

Gewiss hat SpaceX ein Interesse, bei vielen operativen Satelliten einen hohen Automatisierungsgrad zu erreichen. Selbst wenn es automatisch (autonom) abläuft, sehe ich noch nicht den KI-Mechanismus der Starlink-Satelliten. (Ein Flugprofil zu fliegen ist doch eher Physik als KI.)
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Schillrich am 24. August 2021, 14:11:26
Ja, die Systeme müssen sich abstimmen/kommunizieren. Aber wie machen das zwei fremde Satelliten, die sich in 3 Umläufen vielleicht treffen? Am Ende müsste das wieder über die Bodenstationen gehen. Aber dann müsste es ständigen Kontakt zum Boden geben. Die Starlinks könnten solche Daten untereinander "forwarden". Aber wenn die andere Konstellation aus Erdbeobachtern besteht, die nur einmal am Tag Kontakt zum Boden aufnehmen? Wie reden diese beiden System miteinander? Im Space-Segment wohl kaum ... Wenn es dann also doch alles am Boden passieren muss: Datenanalyse, Manöverplanung/-entscheidung und letztlich Kommunikation/Verteilung der Daten an alle Mitspieler, dann wäre die Autonomie nicht mehr im Orbit, sondern in Rechenzentren auf der Erde.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Prodatron am 24. August 2021, 14:45:55
Gibt es in der Luftfahrt nicht die Regel, daß bei einer möglichen Kollision beide Flugzeuge jeweils nach (z.B.?) rechts ziehen? Dann kann es nicht passieren, daß der eine nach rechts, der andere von sich aus gesehen nach links zieht und es dann doch eine Kollision gibt.

Könnte man bei Sats nicht ähnliche Regeln verwenden, oder ist das im Orbit mit den verschiedenen Deklinationen und Höhen zu komplex? Oder wird im Orbit bisher ausschließlich durch Änderung der Höhe ausgewichen?
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Sensei am 24. August 2021, 15:11:54
Ausweichen passiert praktisch nur über Höhenänderung.
Dazu kommt, dass bei Satelliten die Höhe nicht zwingend so genau bekannt ist. Es ist nicht ganz klar, welcher Satellit von 'oben' kommt - wenn überhaupt. Und das alles in 3D macht die Sache auch nicht leichter.

Aber im LEO könnte man IMO doch schon grundsätzliche Regeln festlegen. Z.b. " (am möglichen Kollisionspunkt) nach Norden fliegende Satelliten steigen auf, nach Süden fliegende verhalten sich passiv ODER steigen ab."
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Sensei am 24. August 2021, 16:18:35
Nachdem das ganze Dokument vorliegt:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=12537.msg517931#msg517931 (https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=12537.msg517931#msg517931)

Besonders interessant wird es auf Seite 6:

Zitat
- Every slot is passively deconflicted (via orbit design) against all other slots in the constellation.
– While satellites remain in their station-keeping slots (via station-keeping burns) they are
guaranteed to avoid conflicts with other Starlinks that are also in their slots.

The vast majority of Starlink collision avoidance maneuvers are against orbital debris, or 3rd party
satellites; not other Starlinks

- Jeder Slot wird passiv (über die Bahngestaltung) gegen alle anderen Slots in der Konstellation entflochten.
- Solange die Satelliten in ihren Slots verbleiben (durch station-keeping burns), werden sie
garantiert, dass sie Konflikte mit anderen Starlinks vermeiden, die sich ebenfalls in ihren Slots befinden.

Die überwiegende Mehrheit der Starlink-Kollisionsvermeidungsmanöver richtet sich gegen Orbitaltrümmer oder Satelliten von Drittanbietern
Satelliten; nicht gegen andere Starlinks

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (http://www.DeepL.com/Translator) (kostenlose Version)

Das passt doch gar nicht zu den Aussagen von anderen (Quelle fehlt), dass die Mehrzahl der Kollisionswarnungen auf Starlink-Starlink Begegnungen zurückzuführen sind, oder?

Liegt es vlt daran, dass die Definitionen von Nahen Begegnungen /Kollisionswarnungen hier soweit  auseinander gehen? Oder liegt das eher daran, dass verschiedene Quellen dafür genutzt werden (frei verfügbar vs. SpaceX intern)?
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Gertrud am 24. August 2021, 17:20:29
In diesem Bericht habe ich die Unternehmen (Instrumente) aufgeführt, auf die zurückgegriffen wird um die Daten anschaulich zu veröffentlichen.

SpaceX Starlink-Satelliten für mehr als die Hälfte der engen Begegnungen in der Umlaufbahn verantwortlich, sagt der Wissenschaftler ProfHugh Lewis, Leiter der Astronautics Research Group an der University of Southampton, Großbritannien.

ProfHugh Lewis, Europas führender Experte für Weltraummüll, schätzt die Situation in der Umlaufbahn regelmäßig anhand von Daten aus der Datenbank Socrates (Satellite Orbital Conjunction Reports Assessing Threatening Encounters in Space ) ein. Dieses von Celestrack verwaltete Instrument (http://celestrak.com (http://celestrak.com)) liefert Informationen über die Umlaufbahnen von Satelliten und modelliert deren Flugbahnen in die Zukunft, um das Kollisionsrisiko zu bewerten.
 
Die gegenwärtigen 1.600 nahen Vorbeiflüge beinhalten die zwischen zwei Starlink-Satelliten. Ohne diese Begegnungen nähern sich die Starlink-Satelliten jede Woche 500 Mal den Raumfahrzeugen anderer Betreiber.
Zum Vergleich: Der Starlink-Konkurrent OneWeb, der derzeit mehr als 250 Satelliten im Einsatz hat, kommt laut Lewis' Daten jede Woche auf 80 enge Vorbeiflüge an Satelliten anderer Betreiber.

Von einer erwarteten Konstellation von Zehntausenden von Satelliten sind bisher nur 1.700 in die Umlaufbahn gebracht worden. Sobald SpaceX alle 12.000 Satelliten seiner ersten Generation in die Umlaufbahn gebracht hat, werden die Starlink-Satelliten an 90 % aller Annäherungen beteiligt sein, so die Berechnungen von Lewis.

Das Risiko einer Kollision.
Siemak Hesar, CEO und Mitbegründer des in Boulder, Colorado, ansässigen Unternehmens Kayhan Space, bestätigt diesen Trend.
Kayhan Space stützt sich bei seinen Schätzungen auf Daten, die vom U.S. Space Surveillance Network bereitgestellt werden. Dieses von der U.S. Space Force verwaltete Netzwerk von Radaren und Teleskopen überwacht etwa 30.000 aktive und nicht mehr aktive Satelliten und Trümmerteile bis zu einer Größe von 10 Zentimetern und liefert die genauesten Positionsdaten der Objekte in der Umlaufbahn.
Es wird erwartet, dass sich der Umfang dieses Katalogs in naher Zukunft verzehnfachen wird, fügte Hesar hinzu, was zum Teil auf das Wachstum von Megastationen wie Starlink zurückzuführen ist, zum Teil aber auch auf die Verbesserung der Sensoren, die die Erkennung von noch kleineren Objekten ermöglichen. Je mehr Objekte im Katalog sind, desto mehr gefährliche Nahbegegnungen sind möglich.

SpaceX verlässt sich auf ein autonomes Kollisionsvermeidungssystem, um seine Flotte von anderen Raumfahrzeugen fernzuhalten. Dies könnte jedoch manchmal zu weiteren Problemen führen. Die automatischen Bahnanpassungen verändern die prognostizierte Flugbahn und machen daher Kollisionsvorhersagen komplizierter, so Lewis.

Nach der Aussage von Hugh Lewis veröffentlicht Starlink nicht alle Manöver, die sie durchführen, aber es wird angenommen, dass sie ständig viele kleine Korrekturen und Anpassungen vornehmen. Aber das verursacht Probleme für alle anderen, weil niemand weiß, wo der Satellit sein wird und was er in den nächsten Tagen tun wird.

Quelle:
https://www.space.com/spacex-starlink-satellite-collision-alerts-on-the-rise

Wer sich weiter informieren will, folgende Quellen:

https://twitter.com/Marco_Langbroek/status/1428678414936989696 (https://twitter.com/Marco_Langbroek/status/1428678414936989696)

In diesem Twitter-Thread von ProfHugh Lewis sind sehr viele Grafiken enthalten:
Zitat
In July's update of the conjunctions involving #Starlink & #OneWeb as predicted by #SOCRATES (http://celestrak.com (http://celestrak.com)) we can see the continuing (exponential) rise in the number of close passes < 1 km. Now approaching 500 per week for #Starlink (80 per week for #OneWeb) [1/n]
 
Im Juli-Update der Konjunktionen mit #Starlink &#OneWeb wie vorhergesagt von #SOCRATES (http://celestrak.com (http://celestrak.com) ) sehen wir den anhaltenden (exponentiellen) Anstieg der Anzahl der engen Pässe < 1km. Jetzt fast 500 pro Woche für #Starlink (80 pro Woche für #OneWeb ) [1/n]
Quelle:
https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1422223536308035584 (https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1422223536308035584)

https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1422474279350906913 (https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1422474279350906913)
 
Beste Grüße Gertrud
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Gertrud am 27. Dezember 2021, 12:50:15
Offizielle Beschwerde aus China,
dass man die chinesische Raumstation CSS manövrieren musste, um Starlinks zu umgehen.

A/AC.105/1262
TITEL Verbalnote vom 3. Dezember 2021 der Ständigen Vertretung Chinas bei den Vereinten Nationen (Wien) an den Generalsekretär

UNTERTITEL
Notifikation Chinas gemäß Artikel V des Weltraumvertrags betreffend die präventive Kollisionsvermeidung zwischen der chinesischen Raumstation (internationale Bezeichnung 2021-035A) und den Satelliten Starlink-1095 (internationale Bezeichnung 2020-001BK) und Starlink-2305 (internationale Bezeichnung 2021-024N) der Vereinigten Staaten
https://www.unoosa.org/oosa/en/oosadoc/data/documents/2021/aac.105/aac.1051262_0.html (https://www.unoosa.org/oosa/en/oosadoc/data/documents/2021/aac.105/aac.1051262_0.html)

https://twitter.com/planet4589/status/1475315928627830785 (https://twitter.com/planet4589/status/1475315928627830785)

Beste Grüße Gertrud
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Hugo am 27. Dezember 2021, 14:33:43
Ich habe zu den angegebenen Daten die Orbitaldaten als Grafik erstellt.

Hier sieht man, wie Starlink 1095 seinen Orbit erst senkt, und dann ziemlich genau beim Perigäum der CSS für ca. 1 Woche hält um ihn dann weiter zu senken. Die CSS erhöht ihren Orbit während gleichzeitig Starlink seinen Orbit senkt.
(https://images.raumfahrer.net/up076039.png)

Hier sieht man, wie Starlink 2305 aufsteigt und dabei die Höhe der ISS kreuzt. Die CSS erhöht ihren Orbit kurz vor dem Kreuzen deutlich.
(https://images.raumfahrer.net/up076039.png)



Meine persönliche Meinung:

Zu 1: Es ist verständlich, dass China hier Sicherheitsbedenken hat. Es hat den Anschein, als wären beide kurz vor dem dichten Vorbeiflug ausgewichen. Somit bestand vermutlich keine Gefahr, was China aber nicht wissen kann. Ich persönliche würde es bevorzugen, wenn SpaceX keine Halteorbits bei der CSS (und auch keine bei der ISS) einlegen würde. Wenn beide jeweils eine Höhe nennen, könnte SpaceX diese Höhe +/- 5 km nicht nutzen für Pause-Orbits. Dann wären aber auch 20 km an Höhe blockiert, was ziemlich viel ist.

Zu 2: Es ist verständlich, dass China hier Sicherheitsbedenken hat, da sie nicht wissen, ob der Starlink weiter seinen Orbit erhöht oder jederzeit damit Pausieren könnte. Ich persönlich würde es bevorzugen, wenn China hier einen Mindestabstand nennt, welchen die Starlinks beim Aufsteigen einhalten sollen und zwar so, dass dieser auch dann gewährleistet ist, wenn genau an dem Punkt, wo die Orbits gleich hoch sind, der Antrieb der Starlinks ausfällt. Gleiches gilt natürlich auch für die ISS. Das Problem dürfte hier dann jedoch die Datengenauigkeit sein.

Allgemein: Es sollte eine zentrale Stelle für solche Themen geben. Zentral = Für alle Länder weltweit. Zivil und (möglichst) auch Militärisch, wo alles organisiert wird zum Thema Kollisionsvermeidung. So wie es bei allen Flugzeugen weltweit auch eine Regelwerk gibt, wer wann wo, wie und auf wessen Anweisung (Computer/Mensch) ausweichen muss, müsste man dieses auch für den Weltraum machen.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: MillenniumPilot am 27. Dezember 2021, 15:17:37
Das Thema wird früher oder später eskalieren, wenn man nicht endlich erwachsen wird. Mit China beschwert sich gerade einer der schlimmsten Verursacher von Weltraumschrott. Laut Reuters sogar mit nicht verifizierten Daten.

Satellitenkonstellationen werden kommen. So oder so. Also muß das global koordiniert werden. Anders geht es nicht. Manuelle Kurskorrekturen sind künftig nicht mehr möglich. Das muss automatisch nach festen Regeln erfolgen. So wie in der Luftfahrt das TCAS. Dass es da bis heute keine Standards gibt, zeigt nur, dass da gepennt wurde. Polemik und Schuldzuweisungen bringen uns nicht weiter.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: einsteinturm am 27. Dezember 2021, 15:39:40
Was bedeutet "schlimmster Täter" in diesem Zusammenhang?
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Philip Lynx am 27. Dezember 2021, 16:02:50
Was bedeutet "schlimmster Täter" in diesem Zusammenhang?
Wer der "schlimmste Täter" sein soll, kann ohne Quellen- oder Statistikangabe nicht festgestellt werden und wäre nur die Meinung derjenigen Personen, die das jeweils behaupten.

Und das wiederum ist meine Meinung.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: tonthomas am 27. Dezember 2021, 16:32:28
Servus Zusammen!

Ein Post zu "schlimmster Täter" gelöscht. Werde es mit weiteren ähnlichen Posts auch so machen. Bitte keine einseitigen Schuldzuweisungen, kein Hetzen, keine Propaganda und ansonsten Netiquette bitte und an die Forenregeln halten. Danke.

Gruß   Pirx
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: MillenniumPilot am 27. Dezember 2021, 16:39:10
Was bedeutet "schlimmster Täter" in diesem Zusammenhang?

Dann eben mit Quelle:

Zitat
Januar 2007: China schießt eigenen Satelliten ab

China testet eine Antisatellitenwaffe an dem abgeschalteten Wettersatelliten Feng Yun 1C. Der in rund 800 Kilometern Höhe auf einem polaren Orbit fliegende Satellit zerplatzt und erzeugt eine Trümmerwolke, die bis heute zu einer der folgenschwersten gehört. Zehntausende Trümmerteile über einem Zentimeter Größe und möglicherweise Millionen von kleineren verteilen sich im Lower Earth Orbit.

https://www.scinexx.de/service/dossier_print_all.php?dossierID=91462 (https://www.scinexx.de/service/dossier_print_all.php?dossierID=91462)

Da fliegen mehr Trümmer unkontrolliert im Orbit, als Satelliten. Und China war nicht das einzige Land, daß solche “Experimente” veranstaltet hat. Im Link sind mehr Events aufgeführt.

Ich hoffe, das ist seriös genug.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Sensei am 27. Dezember 2021, 17:14:57
Ich hoffe, das ist seriös genug.

Eher nicht. Scinexx.de ist IMO keine gute Quelle.
---

Schreib doch einfach: "einer der stärksten Verursacher"

Das verhindert unnötige Superlative (DER schlimmste) und die Verwendung von falschen Kategorien (Täter / Opfer) und versachlicht schlicht die Diskussion.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Gertrud am 27. Dezember 2021, 17:22:24
Danke @Hugo
für Deine Berechnungen und Darstellungen.

Deine Ansichten geben die derzeitige verzwickte Situation gut wieder.
Gerade die bemannten Stationen müßten Vorrang haben. Alle Nationen und Firmen sollten sich zügig zusammensetzen und eine tragfähige Lösung erarbeiten.

Beste Grüße Gertrud
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Gertrud am 27. Dezember 2021, 17:25:28
Hallo Zusammen,

für mich geht die Aufgliederung in Täter und Opfer total am Thema vorbei.

Der Blick über den Tellerand kann manchmal hilfreich sein.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: MillenniumPilot am 27. Dezember 2021, 17:44:37
Ich hoffe, das ist seriös genug.

Eher nicht. Scinexx.de ist IMO keine gute Quelle.
---

Schreib doch einfach: "einer der stärksten Verursacher"

Das verhindert unnötige Superlative (DER schlimmste) und die Verwendung von falschen Kategorien (Täter / Opfer) und versachlicht schlicht die Diskussion.

Danke, Sensei. Werde das ändern.
Wenn die Quelle nicht gut ist, auch ok. Ich fand die Auflistung nur ganz gut.

Vielleicht sollte ich meine Meinung dahin präzisieren, daß für mich Russland und die USA nun auch nicht besser sind. Man hat viele Jahre lang dieses Thema bewußt oder unbewußt vernachlässigt. Jetzt, wo die private Industrie in dieses Geschäft einsteigt, merkt man, daß man im Orbit genauso sorglos war, wie auf der Erde. Aber gut, die Strukturen im Straßenverkehr, oder der Luftfahrt sind mit der Teilnehmerzahl ebenfalls gewachsen. Dann wird das auch hier passieren, sobald man aufhört, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Nur eins ist sicher. Es muß automatisierte Ausweichprotokolle geben und zwar für alle Teilnehmer und alle Raumfahrzeuge.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: tomtom am 27. Dezember 2021, 18:04:26
Manuelle Kurskorrekturen sind künftig nicht mehr möglich. Das muss automatisch nach festen Regeln erfolgen. So wie in der Luftfahrt das TCAS. Dass es da bis heute keine Standards gibt, zeigt nur, dass da gepennt wurde. Polemik und Schuldzuweisungen bringen uns nicht weiter.

Ist das überhaupt der Fall oder wird bei TCAS nur gewarnt. Die Standard der ICAO müssen international verhandelt und durchgesetzt werden und so auch in der Raumfahrt. Polemik und Schuldzuweisungen bringen uns nicht weiter !
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: tonthomas am 27. Dezember 2021, 18:41:10
...
Ist das überhaupt der Fall oder wird bei TCAS nur gewarnt.....
TCAS warnt "nur". Siehe z.B. Überlingen-Flugzeugkollision. Gruß   Pirx
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Schillrich am 27. Dezember 2021, 18:51:53
Praktisch gesehen ist TCAS aber (voll) automatisch, bzw. von der Idee her ein Automatismus. Die Bewertung, ob eine Kollision droht und wie ausgewichen werden soll, ist komplett automatisch, ohne menschlichen Eingriff. Die (Auto-)Piloten sollen der berechneten Manöveranweisung folgen. Sie machen sich keinen "eigenen Plan" und fliegen "anders herum" ... außer sie wissen mehr über den Zustand ihres Fliegers und was gerade nicht möglich ist (Ausfälle an Bord? Notfall?). Von der Idee her aber alles "ein Automatismus" ...
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: tonthomas am 27. Dezember 2021, 19:01:12
Stimmt. Es muss heißen: TCAS warnt und gibt eine verbindliche Handlungsanweisung.

Gruß   Pirx
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: MillenniumPilot am 28. Dezember 2021, 03:37:30
Manuelle Kurskorrekturen sind künftig nicht mehr möglich. Das muss automatisch nach festen Regeln erfolgen. So wie in der Luftfahrt das TCAS. Dass es da bis heute keine Standards gibt, zeigt nur, dass da gepennt wurde. Polemik und Schuldzuweisungen bringen uns nicht weiter.

Ist das überhaupt der Fall oder wird bei TCAS nur gewarnt. Die Standard der ICAO müssen international verhandelt und durchgesetzt werden und so auch in der Raumfahrt. Polemik und Schuldzuweisungen bringen uns nicht weiter !

TCAS greift in der Tat nicht in die Steuerung ein, aber seit dem Bodenseeunfall ist der Pilot nur noch Befehlsempfänger. Die Entscheidung trifft dann ausschließlich die Technik.

Ob das aber bei unbemannten Satelliten so erforderlich ist, diese dann nach einer “TCAS” Warnung manuell zu steuern, ist die Frage. Man muß nämlich im Aufe behalten, daß so eine Kurskorrektur eine weitere Annäherungswarnung triggern kann. Da ist es besser, die Autorität gleich der Technik zu überlassen.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Gertrud am 17. Januar 2022, 15:41:28
Schmutzige Weiten Wie viel Raumfahrt verträgt die Erde?
Ein Kurz-Trip ins All, Menschen auf dem Mars, „Super-Konstellationen“ mit zehntausenden Satelliten im Orbit – in der Raumfahrt herrscht momentan das Motto „alles geht“. Ob die hochfliegenden Pläne allerdings Folgen für die Umwelt haben, ist noch nicht ansatzweise geklärt.

Bitte weiterlesen oder auch anhören in den interessanten Beitrag von Karl Urban.

https://www.deutschlandfunk.de/raumfahrt-umweltfolgen-100.html (https://www.deutschlandfunk.de/raumfahrt-umweltfolgen-100.html)

https://twitter.com/pikarl/status/1482634976990572546 (https://twitter.com/pikarl/status/1482634976990572546)

Beste Grüße Gertrud
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Gertrud am 22. Januar 2022, 20:13:02
Zitat
Wurde das schon mal gemeldet? Das 1/2-Stunden-Startfenster für das
@ESA_Webb @NASAWebb
 -Weltraumteleskop am 25. Dezember war *nicht* kontinuierlich gewesen, hatte aber mehrere Lücken ohne Startmöglichkeit ... wegen #Starlink Überflügen von Kourou:
t=1h24m25s ( 1:24:25).

https://twitter.com/cosmos4u/status/1484536651250552835 (https://twitter.com/cosmos4u/status/1484536651250552835)
 
Beste Grüße Gertrud
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Gertrud am 03. Januar 2023, 20:03:23
Die jüngste Berichterstattung von SpaceX über die Anzahl der von Starlink  durchgeführten Kollisionsvermeidungsmanöver hat eine aktualisierte Analyse und Vorhersage ermöglicht. Hier sehen wir die kumulierte Summe nach Datum.
https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1610307514792382471?=20 (https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1610307514792382471?=20)

SpaceX hat berichtet, dass im Zeitraum vom 1. Dezember 2020 bis zum 30. November 2022 (d. h. 2 Jahre) insgesamt 26.037 Kollisionsvermeidungsmanöver durchgeführt wurden. Der Trend ist ein Polynom 3. Ordnung (R^2 = 0,998)
https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1610308212640686080?=20 (https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1610308212640686080?=20)

Die Berichterstattung von SpaceX legt nahe, dass Starlink-Satelliten (insgesamt) derzeit täglich etwa 75 Kollisionsvermeidungsmanöver durchführen. Mit der einfachen Hochrechnung könnten es bis Ende 2027 ~1.000 pro Tag sein.
https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1610308012475834370?=20 (https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1610308012475834370?=20)

Im Laufe der Zeit und wenn SpaceX mehr Daten anbietet, wird Prof Hugh Lewis die Modelle und Vorhersagen aktualisieren (und auch die älteren Vorhersagen testen/validieren).
https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1610310313286434816?=20 (https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1610310313286434816?=20)

Quellen:
https://licensing.fcc.gov/myibfs/welcome.do (https://licensing.fcc.gov/myibfs/welcome.do)
https://planet4589.org/space/con/star/log.dat (https://planet4589.org/space/con/star/log.dat)

Der Tweetthread besteht aus 14 einzelne Tweet.
https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1610307514792382471?=20 (https://twitter.com/ProfHughLewis/status/1610307514792382471?=20)
 
Beste Grüße Gertrud
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Hugo am 03. Januar 2023, 20:58:25
In dem Bericht steht, dass SpaceX hauptsächlich für COSMOS 1408 debris ausweichen muss. Die Anzahl der Ausweichmanöver pro Satellit pro Tag müsste somit rückläufig sein, da die 1408-Tümmer-Anzahl rückläufig ist.

In dem SpaceX-Bericht steht, dass es 12 Manöver pro Satellit pro Jahr sind. Also jeder Satellit macht 1 Manöver pro Monat.

Mal schauen, ob ich die anderen Zahlen aus den älteren Berichten noch irgendwo im Original finde.

Edit: Google liefert recht schnell 3 Suchergebnisse. Aber da fehlen noch Berichte. Hat die jemand ggf. zur Hand?


SPACEX CONSTELLATION STATUS REPORT December 1, 2020 - May 31, 2021
> SpaceX satellites performed 2,219 maneuvers over the period of this report.

>

SPACEX CONSTELLATIONSTATUSR EPORT December 1, 2021 – May 31, 2022
> SpaceX satellites performed 6,873 maneuvers over the period of this report.

SPACEX CONSTELLATION STATUS REPORT June 1, 2022 – November 30, 2022
> SpaceX satellites performed 13,612 propulsive maneuvers over the reporting period
> averaging approximately 12 maneuvers per satellite, per year

Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Gertrud am 04. Januar 2023, 12:45:07
Hallo Hugo,

in den Berichten geht es nicht um ein Ausweichmanöver, ausgelöst durch COSMOS 1408 debris. Es geht um allgemeine nötige Ausweichmanöver.

In der detallierten Aufzählung von Jonathan McDowell @planet4589 sind alle Ausqweichmanöver bis 29.12.2022 aufgeführt.

https://planet4589.org/space/con/star/log.dat (https://planet4589.org/space/con/star/log.dat)
Kredit:CC-BY.
https://twitter.com/planet4589?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Eauthor (https://twitter.com/planet4589?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Eauthor)

Beste Grüße Gertrud
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Prodatron am 04. Januar 2023, 15:50:05
Hugo meint doch sicherlich den Bericht hier, den Hugh Lewis in dem von Dir geposteten Tweet als Quelle verlinkt hatte:
https://t.co/AEm1O77qbu (https://t.co/AEm1O77qbu)

Und darin steht, daß SpaceX alleine 1700mal COSMOS 1408 Trümmern ausgewichen ist, bei insgesamt 13.000 Ausweichmanövern in einem halben Jahr.

13% aller Ausweichmanöver entfielen also auf COSMOS 1408.

Es wird außerdem erwähnt, daß Starlink Ausweichmnöver bereits bei einer Kollisionswahrscheinlichkeit von 1:100.000 durchführt.
Der Industriestandard liegt bei 1:10.000.
Würde sich Starlink nur an den Industriestandard halten, dann würden wahrscheinlich deutlich weniger Ausweichmanöver stattfinden.
Titel: Re: Mögliche und tatsächliche (Kollisions-) Gefahren durch Megakonstelllationen
Beitrag von: Gecko. am 10. Juli 2025, 10:34:35
Die US-Budgetkürzungen betreffen auch TraCSS, um 84% (!), was das Ende des Programms bedeuten würde.
Das Traffic Coordination System for Space wurde von der NOAA entwickelt, um einen zivilen Rahmen für die Verfolgung von Satellitenumlaufbahnen zu schaffen, und sollte 2026 in Betrieb gehen.
Begründung: Das könne die Industrie selbst leisten. Die bestreitet das. 450 Unternehmen, u.a. SpaceX / Amazon-Kuiper, unterzeichneten ein Schreiben, in dem sie sich gegen die Kürzung aussprachen. Ohne einen zivilen Kollisionsüberwachungsdienst würde das Risiko von Satellitenschäden oder -verlusten erheblich steigen. Es wird gewarnt, dass nun Satellitenfirmen ihre Aktivitäten außerhalb der USA verlagern könnten, wegen steigender Kosten und regulatorischer Unsicherheit.
Bislang werden die Sats mit Space-Track vom US-Militär koordiniert, doch es sei aufgrund seiner Ausrichtung auf den Verteidigungsbereich nicht als langfristiger globaler Standard geeignet.
Ironischerweise war es die erste Trump-Administration, die die künftige Zuständigkeit für den Weltraumverkehr vom Pentagon auf die NOAA übertragen hatte...

https://orbitaltoday.com/2025/07/09/space-industry-to-congress-this-cut-could-lead-to-catastrophe/