Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?

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eggbert

  • Gast
Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« am: 18. Juli 2007, 16:58:02 »
Hallo,


ich bin neu hier, in der Suchfunktion habe ich nichts gefunden.

Meine Frage: Wie würde ein Raumfahrer den Sternenhimmel sehen? Mal angenommen, er ist unterwegs zum Mars, und kein Planet ist so nah, dass er den Sternenhimmel überstrahlen würde. Wieviel würde man noch sehen können? So wie bei einer klaren Nacht? Weniger? Mehr?

Und würde ein Raumfahrer bei einer sehr hohen Geschwindigkeit eine "Veränderung" des Sternenpanoramas beobachten können, also eine Paralax-Verschiebung der Sterne im "Seitenfenster"?

Ich hoffe, die Fragen sind nicht zu dumm?  :-/


Gruß
Eggbert

*

Offline roger50

  • Raumcon Berater
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Re: Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« Antwort #1 am: 18. Juli 2007, 19:34:09 »
Hallo Eggbert,

zunächst willkommen im Forum  :D

Und gleich das wichtigste: Es gibt KEINE dummen Fragen ! Höchstens dumme Antworten. Aber wir haben ja so viele Experten hier, die können die allermeisten Fragen kompetent beantworten.
Deshalb frage, wann immer Du was wissen willst.  ;)

Jetzt versuche ich mal eine Antwort auf Deine erste Frage: wie sieht ein Raumfahrer den Sternenhimmel?
Nun, wichtig ist, dass er von der Sonne weg blickt, also sich quasi im "Schatten" befindet. Denn die Sonne überstrahlt alles (nicht so sehr die Planeten. Die sind zwar auch hell, aber Größenordnungen niedriger). Dann sieht der Astronaut sehr viel mehr Sterne als auf der Erde, denn die Atmosphäre dämpft die Strahlung relativ stark. Na ja, bei all dem Dreck....
Vor allem aber sieht er einen völlig "ruhigen" Sternenhimmel, das Flimmern, das wir hier unten sehen, ist ja auch Folge der Bewegung der Luft hier unten.

Zu Deiner letzten Frage sollen sich unsere Astronomie-Experten äußern, z.B. unsere Mary, die wissen da mehr als ich. ;)

Gruß
roger50

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« Antwort #2 am: 18. Juli 2007, 22:28:54 »
Moin Eggbert,

Und würde ein Raumfahrer bei einer sehr hohen Geschwindigkeit eine "Veränderung" des Sternenpanoramas beobachten können, also eine Paralax-Verschiebung der Sterne im "Seitenfenster"?

Das hat aber nicht unbedingt etwas mit *einer sehr hohen Geschwindigkeit* etwas zutun.



Wenn Dir diese Erklärung noch nicht ausreicht, dann melde Dich bitte.

Jerry

Matthias1

  • Gast
Re: Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« Antwort #3 am: 18. Juli 2007, 22:37:12 »
Bei den ersten paar Allflügen der Amerikaner in den 60ern gab schon versuche, ob die Astronauten durchs Fenster mehr Sterne sehen könnten, als von der Erde. Das komische Ergebnis: Nein  :o

Das lag aber an den Fenstern: Die waren zu dick, damit filterten sie die Strahlen, und außerdem waren sie noch vom Start verschmutzt. ;)

Heuzutage ist das zum Glück nicht mehr so. Der Blick in den freien Weltraum soll ja eine der schönsten Aussichten sein, die es gibt.

Matthias

Re: Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« Antwort #4 am: 18. Juli 2007, 23:08:12 »
Ich kann Deine Neugier nachvollziehen. Von wem kann man solche Fragen besser beantwortet bekommen als von denjenigen die eine solche Reise bereits gemacht haben?

Wie für die alten Seefahrer, spielt bei der korrekten Navigation eines Raumschiffes im All, die Beobachtung von Sternen eine wichtige Rolle. Bereits in der jungen Raumfahrtgeschichte waren Astronauten auch auf andere Hilfsmittel wie Computer und auf das Bodenpersonal für die Steuerung des Raumschiffes angewiesen.  Die Mehrheit der Astronauten waren damals Ingenieure und hatten meistens eine Ausbildung als Testpiloten entweder bei der US Airforce, der Navy oder bei den Marines.  Astronomen oder Astrophysiker waren also in der absoluten Minderheit.  Gute Kenntnisse in Astronomie zu haben war trotzdem eine Voraussetzung.  Astronauten-Kandidaten bekamen dafür eine zusatz- Ausbildung.  Eines der Schwerpunkte dieser Astronomie Crash-Kurse lag darin den Piloten zu zeigen wie man die Sterne nutzt um sich im Weltall zu orientieren.  

Mit der langen Einleitung in meiner Antwort beabsichtige ich zu sagen, erstens: dass die richtige Beobachtung der Sterne im Weltall sehr wichtig ist, weil die Sterne den Astronauten als Wegweiser dienen; zweitens: Astronauten waren meistens Ingenieure und kamen überwiegend aus dem Militär. Ihre Wahrnehmung der Umgebung wurde stark von der technischen Perspektive geprägt, weil sie intensiv auf ihre Instrumente trainiert wurden.  Ihre Konzentration war von daher auf das Arbeitspensum fixiert.  Wieder und wieder wurden Daten abgelesen, ausgewertet, und neu kalkuliert um kleinste Irrtümer aufs kleinste zu behalten.  In einem Wort, als Astronaut besitzt man kaum Zeit um persönliche Eindrücke vollständig zu genießen.  So mancher Astronaut sagt, dass man sogar vergisst Angst zu haben, auch wenn die unmittelbare Umgebung so Lebensunfreundlich ist.  Man vergisst, dass das Überleben in diesem Raum  - aber tausende von Kilometer von der Erde entfernt -  nur von wenigen Zentimetern an Durchmesser Blech geschützt werden.  

Als Menschen die Sie waren wurden Astronauten nach Ihre Rückkehr zur Erde immer wieder nach Ihren Eindrücken aus dem All befragt.  Deine Fragen, Eggbert, sind keine dummen Fragen, aber Sie wurden den Astronauten so häufig gestellt, dass die Wiederholung der gleichen Fragestellungen zur Belastung für die sie wurde.  Darum schrieben einige Astronauten Ihre Eindrücke nieder.  Eine Kostprobe findest Du unter: http://www.pbs.org/wgbh/nova/tothemoon/lastman.html

eggbert

  • Gast
Re: Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« Antwort #5 am: 19. Juli 2007, 09:24:13 »
Ihr seid ja der Wahnsinn!  :o Vielen Dank für die vielen Antworten, ich bin ab heute offizieller Raumfahrer.net-Fan.  8-)  

H.J.Kemm: Wenn ich die Skizze richtig verstehe, nimmt man auf jeden Fall eine Paralax-Verschiebung wahr, wenn nur die Entfernung zwischen den Beobachtungspunkten groß genug ist, oder? Angenommen, ich raumfahre von der Erde los und schaue dabei aus dem Seitenfenster. Wie schnell müsste ich etwa fliegen, um dabei im Sternenhimmel eine für mich merkbare Paralaxverschiebung zu haben? (Ich bin mal mit einem Flugzeug nachts an einer Küste vorbeigeflogen, d.h. die Küstenlichter waren mehrere Kilometer weit weg. Trotzdem habe ich natürlich ganz langsam die Verschiebung gesehen.)

Ich hab mal gelesen, die Geschwindigkeit der Sonne um das Milchstraßenzentrum ist etwa 720 000km/h und relativ zum Universum etwa doppelt soviel. Bemerkt man bei der Beobachtung der Sterne über die Jahre tatsächlich auch eine Verschiebung?

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« Antwort #6 am: 19. Juli 2007, 10:04:24 »
Moin Eggbert,

Wenn ich die Skizze richtig verstehe, nimmt man auf jeden Fall eine Parallaxen-Verschiebung wahr, wenn nur die Entfernung zwischen den Beobachtungspunkten groß genug ist, oder?

So ist es.

Angenommen, ich raumfahre von der Erde los und schaue dabei aus dem Seitenfenster. Wie schnell müsste ich etwa fliegen, um dabei im Sternenhimmel eine für mich merkbare Parallaxenverschiebung zu haben? (Ich bin mal mit einem Flugzeug nachts an einer Küste vorbeigeflogen, d.h. die Küstenlichter waren mehrere Kilometer weit weg. Trotzdem habe ich natürlich ganz langsam die Verschiebung gesehen.)

Die Entfernung von Deiner Sichtposition im Flieger zum beobachteten Objekt war natürlich verhältnismässig gering gegenüber der Entfernung von einem Beobachterposten in einem angenommenen Raumschiff zu einer Sternkonstellation. Deshalb würdest Du mit den bisher erreichten Raumfluggeschwindigkeiten wohl kaum eine *unmittelbare* Parellaxenverschiebung wahrnehmen. Erst, wie schon geschrieben, nach einer zurückgelegten Strecke bemerkst Du, daß sich optisch an der Konstellation etwas verändert hat.  

Ich hab mal gelesen, die Geschwindigkeit der Sonne um das Milchstraßenzentrum ist etwa 720 000km/h und relativ zum Universum etwa doppelt soviel. Bemerkt man bei der Beobachtung der Sterne über die Jahre tatsächlich auch eine Verschiebung?

Das stimmt nicht, richtig ist:

Unsere Sonne umkreist im Orionarm in einer Entfernung von 26000 Lj den Mittelpunkt unserer Galaxie (Milchstrassenzentrum), mit einer Geschwindigkeit von 220 Km/sek.

Jerry

eggbert

  • Gast
Re: Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« Antwort #7 am: 19. Juli 2007, 18:34:46 »
Ok, sorry, da hab ich mich dann um ein paar km/h vertan.  :) also: 792 000 km/h. Bemerken wir bei dieser Geschwindigkeit irgendeine Verschiebung, die von dieser Bewegung kommt, also der Bewegung unseres Sonnensystems um das Milchstraßenzentrum? Oder sind die astronomischen Entfernungen zu groß, als dass das für unser Zeitempfinden bemerkbar wäre?

Mit was für einer Höchstgeschwindigkeit würde denn diese Mission zum Mars fahren, gibt es da schon Daten dazu?

(Fragen über Fragen. Ist das normal, dass man da immer mehr hat, je länger man sucht/recherchiert?  :)  )

H.J.Kemm

  • Gast
Re: Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« Antwort #8 am: 19. Juli 2007, 22:34:28 »
Moin Eggbert,

unser Sonnensystem benötigt ~ 220 Mill. Jahre um unsere Galaxie einmal zu umrunden, deshalb ist ja wohl kaum anzunehmen, daß wir Erdenbürger eine Bewegung / Verschiebung direkt wahrnehmen werden, in einem gewissen Zeitraffer schon. Z.B. der *Polarstern* ([ch945] UMi) im Sternbild *Kleiner Bär*, wird in 2102 dem nördlichen Himmelspol am nahesten stehen, vor 2500 Jahren war es *Thuban* ([ch945] Draconis) im Sternbild *Drache*. Danach entfernt er sich wieder aufgrund der Kreiselbewegung (Präzession) der Erdachse und in ~ 13.000 Jahren wird *Wega* ([ch945] Lyrae) im Sternbild *Leier* unser Polarstern sein, diese Kreiselbewegung dauert ~ 25.700 Jahre.

Aber es ist dabei auch noch zu bedenken, daß die Sterne die wir sehen, nicht starr an einem Platz bleiben, denn auch sie haben natürlich eine Eigenbewegung (Pekuliarbewegung). Z.B. *Barnards Pfeilstern* im Sternbild *Schlangenträger*, der die bislang größte bekannte Eigenbewegung von 10,34` pro Jahr aufweist. Die relative Geschwindigkeit von *Barnards Pfeilstern* zum Sonnensystem beträgt rund 140 km/s. Z. Z. ist er ~ 5,9 Lj von der Sonne entfernt und im Jahre 11.800 wird er sich ihr bis auf 3,8 Lj nähern, danach verschwindet er für immer in den Weiten unserer Galaxie.

Schau mal bitte hier weiter >>>
oder hier >>>

Wegen der *Reisegeschindigkeit* zu Mars werden evtl. unsere Raumfahrtexperten was sagen können.

Jerry

*

Offline Mary

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Re: Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« Antwort #9 am: 19. Juli 2007, 22:55:52 »
Hallo Eggbert,
ich denke, man würde eine Verschiebung der Sterne oder so bei einem Marsflug sicher nicht bemerken. Was mehr auffällt: Die Erdrotation fällt weg, deshalb bleiben die Sterne immer auf der gleichen Position. Wobei dafür das Raumschiff auch um sich selbst rotieren würde, und das wahrscheinlich etwas schneller.

Zitat
Mit was für einer Höchstgeschwindigkeit würde denn diese Mission zum Mars fahren, gibt es da schon Daten dazu?
Ich denke mal, nicht viel schneller, als die fluchtgeschwindigkeit von der Erde (11,2 km/s), andernfalls bräuchte man zu viel Treibstoff und man muss beim Mars ja wieder abbremsen.

Mary

eggbert

  • Gast
Re: Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« Antwort #10 am: 20. Juli 2007, 12:37:28 »
Super, Danke. Jetzt kann ich mir das ein bißchen vorstellen.  :o

Spitzenforum, muss ich sagen!  ;D

15062018

  • Gast
Re: Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« Antwort #11 am: 11. Mai 2019, 17:39:42 »
Warum sehen wir eigentlich die Sterne nicht verschwommen? Das die Atmosphäre eine Verzerrung hervorruft ist mir bekannt. Aber das Licht der Sterne, ist doch Tausende Jahre unterwegs. Dann müsste der Sternenhimmel doch wie eine Langzeitbelichtung aussehen, bei welche man die Kamera bewegt.

Online Hugo

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Re: Wie sieht ein Raumfahrer die Sterne?
« Antwort #12 am: 11. Mai 2019, 19:56:37 »
Du siehst nur das Licht, welches in Deinem Auge auf Deine Netzhaut trifft. Das Licht, welches noch "unterwegs" ist, siehst Du noch nicht. Somit ergibt sich auf der Netzhaut im Auge ein scharfes Bild.