Jetzt wüsste ich mal gerne, wie sich das mit der "gebundenen Rotation" (d.h. Rotationszeit des kleineren Körpers gleich Umlaufzeit um den größeren Körper) genau entwickelt. Der Erdmond soll sich ja mal aus Trümmermaterial gebildet haben, das bei einem großen Crash aus der Erde heraus geschlagen worden sei. Nachdem sich dieses Material zu einem Mond verdichtet hat, wird dieser ja nicht gleich "gebunden" um die Erde rotieren, sondern es wird seine Zeit dauern, bis der größere Himmelkörper dem kleineren seine Rotation aufgezwungen hat. Der Effekt, der dafür verantwortlich ist, ist ja nur ganz klein, wenn ich das richtig verstanden habe. Entsprechend lange müsste es dauern. Millionen Jahre? Milliarden Jahre?
Hallo Nostromo,
so lange sollte es nicht gedauert haben, bis der Mond seine Rotation mit der Umlaufperiode synchronisiert hatte. Man geht aktuell eher von einer Größenordnung im Bereich von 10
3 Jahren aus.
Was man bis heute nicht weiß ist, ob der Mond, bevor er gravitativ gebunden wurde schneller oder langsamer rotierte. Aber das ist auch nicht so wesentlich. In dem Preprint des Papers, auf das sich die Zeitungsartikel stützen, wird jedenfalls davon ausgegangen, dass die Rotation innerhalb eines Jahres nach dem hypothetischen Asteroideneinschlag wieder synchronisiert wurde.
Ein Einschlag, der den Mond aus seiner gravitativ gebundenen Rotation in einen nicht-synchronen Zustand befördert, muss schon sehr heftig gewesen sein. Da es für den Mond, dank seiner "Unförmigkeit", also der Asymmetrie seines Gravitationsfeldes, nur zwei wahrscheinliche Gleichgewichtspositionen gibt, ist es eine Frage des Zufalls in welche dieser beiden Positionen er nach dem de-synchronisierenden Einschlag zurückfällt. Die von den Autoren des Papers angenommene Drehung um 180° um die Rotationsachse muss mindestens 3.8 Milliarden Jahre zurück liegen, da es danach nie mehr zu solch heftigen Einschlägen auf dem Mond kam. Daher kommen nur die lunaren Meere (Maria) in Frage, wenn man nach den Spuren eines solchen gewaltigen Einschlags sucht.
Vor 3,8 Milliarden Jahren befand sich der Mond noch deutlich näher an der Erde als heute. Man geht davon aus, dass er sich in einer Entfernung von nur ca. 3 Erdradien geformt hat und dann relativ schnell bis auf 25-30 Erdradien abgedriftet ist. Von da an ging es dann langsamer weiter nach außen bis zur heutigen Position (der Mond entfernt sich immer noch langsam).
Durch die größere relative Nähe zur Erde muss das Einschlagsereignis stärker gewesen sein, um den Mond aus seiner Gebundenheit zu befreien, als dies heute der Fall wäre.
Theoretisch könnte es also zu mehr als einer Re-Orientierung gekommen sein. Zukünftige Mondmissionen könnten bei der Klärung dieser Fragen helfen, indem zum Beispiel das Alter einiger Maria genauer gemessen werden könnte. Darüber hinaus wäre es sehr interessant, die Spuren des Sonnenwindes auf der beiden Seiten des Mondes zu vergleichen, da die erdzugewandte Seite durch die Magnetosphäre der Erde weniger stark mit Teilchen bombardiert wird. Hätte der Mond uns früher seine andere Seite zugewandt, müsste das an Hand der Spuren des Sonnenwindes feststellbar sein.
Natürlich können mit dem Mond während seiner Geschichte noch ganz andere Dinge passiert sein, als nur eine kleine Phase der gravitativen Entkopplung.
Z.B. gehen die Autoren in ihrer Studie modellhaft von einer Stabilität der Rotationsachse des Mondes über die letzten 4 Milliarden Jahre aus. Tatsächlich könnte allerdings ein entsprechend starker Einschlag auch diese Rotationsachse verschieben. Es bleibt also noch viel zu tun, bei der Erforschung der Entstehungsgeschichte unseres Mondes!
Nachtrag: Ach ja, vielleicht ist noch ganz interessant, dass der Durchmesser eines Asteroiden laut der Studie bei "idealen" Einschlagsbedingungen min. 50 km betragen haben muss, um für eine Reorientierung des Mondes um 180° verantwortlich sein zu können, wenn man davon ausgeht, dass die große Halbachse des Mondorbits zum Zeitpunkt des Ereignisses 25 Erdradi betrug. Nimmt man eine wesentlich geringere Dichte des einschlagenden Körpers an (500 kg/m
3, statt 8000 kg/m
3) muss das Objekt bei idealen Bedingungen sogar mindestens einen Durchmesser von 125 km gehabt haben.