Hallo zusammen,
zuviele Spekulationen ...
Zu diesem "Planeten X" von Lykawka:
Ganz stark vereinfacht sollte der äussere Planetoidengürtel unseres Sonnensystems ("Kuipergürtel"), in dem auch die beiden drei Zwergplaneten Pluto, Eris und Makemake (sprich: Makai-Makai, früher 2005 FY9 bzw. "Easterbunny") sowie Quaoar, Orcus und der wegen des noch nicht beigelegten Entdeckerstreites weiterhin namenlose 2003 EL61 "Santa", um alle über 1000 km grossen Körper dieses Bereiches zu nennen; Achtung: die ebenfalls über 1000 km grosse Sedna ist weiter entfernt) bei ca. 45 AE enden.
Dieses "Enden" bezieht sich dabei auf die Periheldistanz, d.h. den sonnennächsten Punkt. Die Apheldistanzen, also sonnenentferntesten Punkte, können dabei viel weiter draussen liegen.
Der Grund dafür ist der, dass bei einer Ablenkung durch einen massereicheren Körper die kleineren zwar elliptisch "rausgeschleudert" werden, aber doch wieder auf ihren ursprünglichen sonnennächsten Ort ungefähr "zurückfallen".
Auch über die Oort'sche Wolke hat man meist völlig falsche Vorstellungen: Es ist nicht so, dass die in weitgehend kreisförmigen Bahnen in 50000 AE Abstand um die Sonne wandern, vielmehr sind die hochelliptisch und haben sonnennächste Punkte in Jupiter- bis Saturnentfernung, also viel näher als die der Kuipergürtel-Planetoiden ! Doch aufgrund ihrer langgestreckten Bahn befinden sie sich die meiste Zeit ihres Umlaufes eben sehr weit weg von der Sonne und deswegen hätte ein aussenstehender Beobachter den Eindruck einer weit entfernten Wolke um die Sonne.
Soviel zum Hintergrund.
Nun gibt es aber einige solcher Planetoiden, die sich jenseits dieser ca.45 AE aufhalten; das sind die grosse Sedna (Perihel = 76 AE) sowie die "Buffy" mit zwar gering elliptischer Bahn, aber Perihel etwas über 50 AE sowie einige Scattered Disk Objekte; man kann diese Ausnahmekörper ganz gut von den normalen unterscheiden, weil für diese die Faustregel "je grösserer Perihelabstand, desto geringere Exzentrizität" gilt. Von den Grossen ist der Quaoar so ein Beispiel. Wenn man nun einen findet, der eine Periheldistanz über ca. 42 AE hat, dennoch hochelliptisch ist, so ist seine Bahn nicht erklärbar; gleiches gilt auch für die "Buffy" mit über 50 AE Periheldistanz.
Die Idee ist naheliegend, dass diese Planetoiden von einem noch unbekannten Planetoiden oder Planeten weiter draussen abgelenkt worden sind und nun hat sich Lykawka Gedanken gemacht, welche Eigenschaften so ein hypothetischer Planetoid oder Planet haben müsste.
Mike Brown's systematische hochmoderne Himmeldurchmusterung, die all diese grossen Kuipergürtelplanetoiden (ausser dem Pluto) entdeckt hat, reicht nur bis ca. 120 AE hinaus; zwar wäre der Planet X problemlos hell genug, um gesehen zu werden und wenn es ihn gibt, ist er ist sicher auch auf irgendwelchen Fotoplatten drauf. Doch er ist zu langsam und wird nur für einen unbedeutenden Hintergrundstern gehalten. Zudem hat Prof.Brown mir geschrieben, dass es auch sein könnte, dass er gerade vor einem Kugelsternhaufen oder einer Galaxie steht, dann hätte er sich auch einer Entdeckung entzogen.
Fazit: Das ganze ist nicht irgendein Fake oder sowas, sondern Lykawka hat die nicht erklärbaren Bahndaten solcher Planetoiden genutzt, um Eigenschaften eines hypothetischen weiter entfernten Planetoiden oder Planeten gewinnen zu können. Das schliesst aber die Möglichkeit einer völlig anderen Erklärung für diese Bahndaten natürlich nicht aus, und das hat Lykawka natürlich auch nicht behauptet.
Kurz zusammengefasst: Dieser Lykawka'sche Planet hätte ungefähr die Masse des Mars, die Grösse der Erde (die Körper da draussen haben ja eine viel kleinere Dichte) und wäre etwa knapp doppelt so weit draussen als der grösste bekannte Zwergplanet Eris, der allerdings eine elliptische Bahn aufweist.
Vielleicht noch ein paar Zahlen:
- Neptun und Pluto sind zur Zeit 30 AE entfernt, also 30x weiter als die Erde
- die meisten Kuipergürtel-Planetoiden, die man kennt, befinden sich im Bereich 30-60 AE (Quaoar z.B. bei knapp 45 AE, Makemake z.B. bei ca. 50 AE)
- jenseits der 61 AE-Marke, also doppelter Neptunabstand, kennt man derzeit nur zwei Mitglieder unseres Sonnensystems, nämlich die Sedna (91 AE) und die Eris (97 AE), beide als bei rund dreifachem Neptunabstand.
- die Himmelsdurchmusterung von Prof.Brown würde bis vierfachen Neptunabstand herausreichen
- der hypotetische Lykawka'sche Planet wäre bei fünf- bis sechsfachem Neptunabstand zu erwarten.
Freundliche Grüsse, Ralf