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  • 23:51 MESZ Ariane 5 V-197 mit Eutelsat W3B &: 28. Oktober 2010

Ariane 5 ECA V-197 mit *Eutelsat W3B & BSAT-3b*

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Offline Schillrich

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Re: Ariane 5 ECA V-197 mit *Eutelsat W3B & BSAT-3b*
« Antwort #75 am: 09. November 2010, 05:53:20 »
Jetzt belässt man W3B in seinem Transferorbit, wahrscheinlich für die kommenden 25 Jahre. Eutelslat hat sich entschieden, dass man die Option zur "Versenkung" im Pazifik nicht nutzen kann, da offenbar bereits zu viel Tankinhalt ausgetreten ist. Man hat die Batterien und Heliumtanks geleert, um den Satelliten inert zu machen. Auf diesem hoch elliptischen Orbit führen die Gravitation von Sonne und Mond zu schwer vorhersehbaren Effekten, so dass genaue Vorhersagen nicht/kaum möglich sind.

Quelle:
http://www.spaceflightnow.com/ariane/v197/101108w3bupdate/
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tonthomas

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Re: Ariane 5 ECA V-197 mit *Eutelsat W3B & BSAT-3b*
« Antwort #76 am: 09. November 2010, 06:19:23 »
Über die Versagensursachen wird weiter spekuliert:

http://nationalspacestudiescenter.wordpress.com/: "the W3B’s propulsion system may have been damaged during encapsulation, where the payload fairing is placed around the satellite.  ... but it seems a bit hard to understand how it would happen without any detection during the time from spacecraft mating until launch.  Human beings report things.  There’s video.  There’s instrumentation."

>> Das Antriebssystem von W3B könnte beim Verkapseln unter der Nutzlastverkleidung beschädigt worden sein. Es ist aber schwer zu verstehen, wie so etwas geschehen kann, ohne bemerkt zu werden, denn es gibt Menschen, die Abläufe beobachten können, Videoüberwachung und Meßgeräte.

An gleicher Stelle heißt es zum Grund für das ausgebliebene Deorbiting: "Nov. 3 ... The fuel had begun to freeze, and while the usual partial deployment of the solar arrays provided battery power, the satellite could not be moved."  >> Der Treibstoff hatte bereits begonnen einzufrieren, und der Satellit war, während die wie üblich teilweise entfalteten Solarzellenausleger die Batterien unterstützten, nicht mehr zu bewegen.

In dem von Schillrich verlinkten Artikel heißt es: "The satellite never unfurled its antenna reflectors or its solar panels. " >> Der Satellite hat seine Antennen und Solarzellenausleger nie entfaltet.

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Im nsf schreibt jemand, W3B habe eine Ablassventil unterhalb der Trennebene vom Nutzlastadapter. Wenn dieses Ventil oder die Leitung, an der es sitzt, beim Trennvorgang beschädigt würde, könnte das Fehlerbild auftreten, das sich zeigte. Der Oxidatordruck soll unmittelbar nach der Trennung gesunken sein.

--

Laut DLR (http://www.dlr.de/DesktopDefault.aspx/tabid-1/86_read-27449/) stehen die Ergebnisse einer Untersuchung aus: "Update: Der Telekommunikationssatellit W3B wurde am 29. Oktober 2010 vom Satellitenbetreiber Eutelsat als verloren eingestuft. Grund des Verlusts war nach Angaben des Unternehmens eine Fehlfunktion des satelliteneigenen Antriebsystems. Aussagen zu den Ursachen können derzeit nicht getroffen werden, dazu müssen die laufenden Untersuchungen abgeschlossen sein." "Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) war mit dem Test eines Satellitentriebwerks des europäischen Eutelsat-Satelliten an der Mission V196 beteiligt. Durchgeführt wurde der Versuch auf dem Teststand P1.0 am DLR-Standort Lampoldshausen. "

Gruß   Pirx
« Letzte Änderung: 09. November 2010, 07:34:37 von Pirx »

Phobos

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Re: Ariane 5 ECA V-197 mit *Eutelsat W3B & BSAT-3b*
« Antwort #77 am: 10. November 2010, 00:04:51 »
Auf diesem hoch elliptischen Orbit führen die Gravitation von Sonne und Mond zu schwer vorhersehbaren Effekten, so dass genaue Vorhersagen nicht/kaum möglich sind.

Die Aussage verwundert mich.
Tatsache ist, dass diese Bahnen extrem instabil sein können. Bereits geringste Unterschiede bei den Bahnparameter können schwerwiegende Folgen auf die Lebensdauer eines Satelliten haben. Die Effekte (Resonanzen) u.a. von Sonne und Mond, insbesondere die Langzeitvorhersage von hoch elliptischen Orbits, sind mindestens seit 25 Jahren bekannt und inzwischen genauer berechenbar. Der Mathematiker/Informatiker Victor Kudielka von der TU Wien hat dies bereits in den 90er Jahren bewiesen.

8 Jahre nach seinem Start war der Satellit AMSAT-OSCAR-13 verglüht, obwohl er nach seinem Start 1988 in einer als stabil geltenden Bahn schien.  Zumindest besagten dies damals die Berechnungen der NASA-Spezialisten, die Empfehlungen für den Ziel-Orbit gaben.
Victor Kudielka hat als erster den frühzeitigen Wiedereintritt relativ punktgenau vorhergesagt. Das Phänomen von AMSAT-OSCAR 13 veranlasste später die AMSAT, neue Analyse- und Berechnungsverfahren zu schaffen, die eine langfristige Bahnberechnung fuer Satelliten auf ähnlichen, hochelliptischen Umlaufbahnen ermöglichen.
Teilweise hat man diese Effekte (drifting orbits) dann auch ausgenutzt um mit einer späteren Zündung mit weniger Energieverlusten den Zielorbit zu erreichen.
Mit den heutigen Rechnerleistungen sollte es noch wesentlich schneller und genauer möglich sein, entsprechende Langzeitvorhersagen zu machen.

Quelle:
http://ostarrichi.ch/viktor/vkw/pubs2.htm

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Offline Schillrich

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Re: Ariane 5 ECA V-197 mit *Eutelsat W3B & BSAT-3b*
« Antwort #78 am: 10. November 2010, 06:03:11 »
Hallo,

ich denke auch, dass der von mir verlinkte Artikel da etwas zu kurz und zu schnell schließt. Ich habe dann auch die falschen Worte gewählt.
Es ist nicht so, dass man nicht weiß, ob er morgen "weg" ist. Aber im Vergleich zu "einfachen hohen Orbits" im GSO und im Vergleich der gewünschten, sonst möglichen und hier möglichen Vorhersagequalität ist so ein Orbit doch problematischer, vor allem wenn er (was der Artikel nicht sagt) ein relativ tiefes Perizentrum in Atmosphärennähe hat. Im Allgemeinen macht das kurzfristige Vorhersagen anspruchsvoller. Für lange Vorhersagen wird die Genauigkeit geringer als bei anderen Orbits.
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Cosmo

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Re: Ariane 5 ECA V-197 mit *Eutelsat W3B & BSAT-3b*
« Antwort #79 am: 10. November 2010, 22:48:25 »
Hallo,

man kann mit der heutigen Rechenleistung ohne Probleme selbst hochelliptische Bahnen vorausberechnen, auch solche "Standard-Orbits" (Geostationärer Transferorbit) wie von dem Satelliten W3B. Alle gravitativen Störungen können sehr genau modelliert werden, jedenfalls an der Erde. Hier ist das Gravitationsfeld sehr genau bekannt, auch die Drittkörperstörungen von Sonne und Mond sind kein Problem. Man integriert die Orbits einfach mit allen Störungen von Planeten und sonstigen grösseren Körpern im Sonnensystem, nimmt ein sehr genaues Modell der Erdgravitation (inklusive Ebbe/Flut), ein ausgefeiltes Atmosphärenmodell welches neben Tag/Nacht auch Jahreszeiten und Sonnenzyklus berücksichtigt und so weiter. Selbst solarer Strahlungsdruck, Albedo, thermische IR-Strahlung der Erde etc. sind kein Thema. Bei einem unkontrollierten Satelliten kennt man allerdings nicht dessen Lage (Ausrichtung) und hat damit Probleme alle oben genannten Effekte ab Atmosphäre hinreichend genau zu berechnen (es macht ja einen Unterschied ob der Satellit seitlich oder frontal durch die Atmosphäre fliegt, zumindest wenn man ein paar Solarzellenausleger hat ;)).
Eine numerische Integration ist also meist kein Problem, lediglich analytische Berechnungen sind schwer oder gar unmöglich, da für viele Orbitmechanik-Probleme keine oder nur vereinfachte analytische Gleichungen existieren. Durch numerische Integration sieht man zwar das und was sich ändert, versteht es aber meist erst wenn man sich die analytische Gleichungen anschaut, zum Beispiel falls eine bestimmte Perigäumslage eine Resonanz verursacht, wie bei AMSAT-OSCAR-13. Und wenn man nun stabile Orbits anhand von analytischen Lösungen vorhersagt, kann es halt passieren dass der Satellit vorher "baden" geht . Eine numerische Simulation hätte hier vielleicht geholfen.

Sorry für soviel technisches Blah-Blah, aber ich denke meine beiden Vorposter verstehen was ich meine.

Gruss Cosmo

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Offline Schillrich

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Re: Ariane 5 ECA V-197 mit *Eutelsat W3B & BSAT-3b*
« Antwort #80 am: 10. November 2010, 22:50:54 »
Japp ;)


Und den Punkt mit der unbekannten aerodynamischen Konfiguration wollte ich "gerade" auch bringen ...
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Offline Schillrich

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Re: Ariane 5 ECA V-197 mit *Eutelsat W3B & BSAT-3b*
« Antwort #81 am: 10. November 2010, 22:53:53 »
Was hier noch ein Problem wird: das Messproblem.

Man kann die Position und die Bewegung des Satelliten nicht mehr aktiv bestimmen, wie man es sonst mit den Trägerwellen der Datenverbindung "ständig" macht (und auch dabei gehen Fehler ein). Das heißt, die bekannten Orbitdaten werden (immer) ungenauer und man bekommt neue Daten (durch Radar, optische Vermessung) nur noch sporadisch und nicht tagesaktuell. Auch durch diese Randbedingungen werden die Modellrechnungen ungenauer, da einfach die Eingangsdaten fehlen oder fehlerbehafteter sind.
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Phobos

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Re: Ariane 5 ECA V-197 mit *Eutelsat W3B & BSAT-3b*
« Antwort #82 am: 11. November 2010, 00:08:00 »
Hallo,

man kann mit der heutigen Rechenleistung ohne Probleme selbst hochelliptische Bahnen vorausberechnen, auch solche "Standard-Orbits" (Geostationärer Transferorbit) wie von dem Satelliten W3B.
....
 wie bei AMSAT-OSCAR-13. Und wenn man nun stabile Orbits anhand von analytischen Lösungen vorhersagt, kann es halt passieren dass der Satellit vorher "baden" geht . Eine numerische Simulation hätte hier vielleicht geholfen.
Gruss Cosmo

Jupp..  das Problem war allerdings, dass zum Start von AMSAT-OSCAR-13 diese Resonanzen nur wenig bekannt waren bzw. die Modelle der NASA falsch oder unzureichend waren.. ganz zu schweigen von numerischen Verfahren oder so..

Aber letztendlich ist es auch egal, scheinbar hatte man bei W3B wegen einfrierender Treibstoffe und einem negativen Energiebudget eh keine andere Wahl..

Greetings

tonthomas

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Re: Ariane 5 ECA V-197 mit *Eutelsat W3B & BSAT-3b*
« Antwort #83 am: 04. Dezember 2010, 10:27:40 »
Guten Morgen!

Den Ersatz für W3B bzw. die "Eutelsatellitenansammlung" bei 16 Gard Ost wird nun W3C machen, der gerade bestellte W3D soll als Verstärkung für W3A gleich auf 7 Grad Ost.

Im Portal gibt es eine Meldung: http://www.raumfahrer.net/news/raumfahrt/04122010101246.shtml.

Gruß   Pirx

tobi453

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Re: Ariane 5 ECA V-197 mit *Eutelsat W3B & BSAT-3b*
« Antwort #84 am: 19. März 2011, 19:04:05 »
Man glaubt die Ursache gefunden zu haben:
http://www.spacenews.com/satellite_telecom/20110318-w3b-failure-misaligned-propellant-tube.html

Eine Treibstoffleitung hat geleckt. Das Problem hat wohl auch mit einem falsch eingebauten Triebwerk zu tun, das man noch kurz vor Fertigstellung gewechselt hat.

tonthomas

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Re: Ariane 5 ECA V-197 mit *Eutelsat W3B & BSAT-3b*
« Antwort #85 am: 20. März 2011, 10:38:13 »
...

(zum Vergrößern anklicken) (Quelle: ESA)...

Also lag das Problem zwischen dem Filter F2 nach dem OX-Tank und vor dem OX-Ventil von einem der Lageregelungstriebwerke. Auf der Strecke erlitt eine vermutlich in falscher Lage montierte Treibstoffleitung einen katastrophalen Defekt.

Fragen: Bei dem mitgeteilten Szenario hätte der OX-Druck doch immer weiter abnehmen müssen (nimmt man man das Diagramm hier zu Grundlage ...)? Nehmen die Treibstoffleitungen bei der Verwendung von ITAR-konformen Lageregelungsriebwerken etwas andere Wege? Wenn ja, waren die Personen, die den Triebwerktausch durchführten, sich dessen bewusst? Befinden sich die Anschlüsse an den Treibwerksköpfen in unterschiedlichen Lagen? Erfolgte die verzögerte Anlieferung des Satelliten nach Kourou wegen der Entscheidung, noch schnell Triebwerke auszutauschen?

Mögliche Kritik: Der Vorgang könnte ein Beispiel dafür sein, das zeigt, wie Managemententscheidungen in Verbindung mit Zeitdruck zu unreflektiertem Handeln und/oder nachlässig ausgeführten Arbeiten führen.

Gruß   Pirx