Unter diesen Umständen macht es keinen Sinn, die Produktion des RD-180 in den USA aufzunehmen. Da fährt man besser damit, ein eigenes Triebwerk zu entwickeln. Das Problem ist halt, das das RD-180 ein sehr effizientes Hauptstromtriebwerk ist und die USA nie ein vergleichbares Triebwerk entwickelt haben. Sieht man mal von SpaceX mit seinem Merlin ab, so wurde das letzte Kerosin-Triebwerk in den USA in den 60er Jahren neu entwickelt, alles was danach kam, baute auf diesen Triebwerken auf. Sicher, man könnte sich am RD-180 orientieren und damit Grundlagenforschung einsparen, aber dennoch wird es nicht einfach. Vielleicht wird es sogar billiger, sich stattdessen am F-1 zu orientieren und ein Nebenstromtriebwerk mit etwas höherem Schub als das RD-180 zu entwickeln, quasi eine Art runter skaliertes F1. Da ein Nebenstromtriebwerk weniger effizient ist, braucht es mehr Treibstoff, für die gleiche Nutzlast muss man also die Stufe etwas vergrößern. Eine etwas vergrößerte Stufe wiegt natürlich auch etwas mehr, weswegen das Triebwerk auch etwas mehr Schub braucht. Nachteil: Man muss an die 1. Stufe ran und diese verlängern und eventuell auch verbreitern.
Allerdings dürfte ein Nebenstromtriebwerk einfacher zu entwickeln sein, und, wenn man sich an der Philosophie des F-1 orientiert, aufgrund des niedrigeren Brennkammerdrucks und der wenigen Teile auch besser für einen bemannten Einsatz geeignet sein. Im Jahr 2022 fliegen die EELVs bereits 20 Jahre, da s ist auch für Trägerraketen eine lange Zeit. Nach dieser Zeit ist eine Weiterentwicklung durchaus üblich, zudem wenn aufgrund der geänderten politischen Bedingungen der weitere Einsatz der russischen RD-180 nicht zweckmäßig erscheint. Ehe man jetzt allein 1 Milliarde Dollar für die Produktionsaufnahme des RD-180 in den USA ausgibt und dieses Triebwerk nur ein paar Jahre produzieren kann, macht es mehr Sinn, lieber gleich etwas Eigenes zu entwickeln. Für dieses Geld lässt sich vermutlich problemlos ein passendes Nebenstromtriebwerk entwickeln und gleichzeitig die Grundstufe der Atlas anpassen. Zudem dürfte ein solches Triebwerk deutlich schneller zu entwickeln sein als ein passendes Hauptstromtriebwerk, so dass man die Zeit, in der die Atlas nicht zur Verfügung steht, minimiert werden kann. Da das DoD ja auch weiterhin zwei verschiedene Träger im Einsatz halten möchte, wird man um eine solche Entscheidung nicht umhin kommen, die Delta 4 entsprechend aufzurüsten genügt da nicht.