Zu der Berner Studie (s. o. # 882):
Die Studie konzentriert sich auf die Auswirkungen für die Antarktis, genauer dem aktuell beginnenden Abrutschen von Teilen des Westantarktischen Schildes und kommt zum Ergebnis, dass dieser Vorgang durch das Impfen der Stratosphäre mit SO2 nur verzögert, aber nicht verhindert werden kann. Das wäre nur durch eine CO2-Reduzierung möglich.
Hier eine grobe Abschätzung (wer sich mit der Fliegerei auskennt, bitte korrigieren):
Beim Pinatubo-Ausbruch 1991 wurden ca. 17 Mt SO2 bis in eine Höhe von über 30 km in die Stratosphäre geblasen. Für den angestrebten Effekt bräuchte man also rund 50 Mt.
Ein militärisches Tankflugzeug kann ca. 100 t bis in eine Höhe von 12 – 15 km bringen. Erforderlich ist aber die doppelte Gipfelhöhe, damit das SO2 nicht sofort wieder ausgewaschen wird. In dieser Höhe verbleibt das SO2 dann etwa ein Jahr wobei es in Verbindung mit Wasser zu Schwefelsäure oxidiert wird.
Man muss also zunächst mal Flugzeuge und Motoren konstruieren, die eine Nutzlast von ca. 50 t in diese Höhe bringen könnten. Damit werden ca. 1 Mio. Flüge jedes Jahr, bzw. 3.000 pro Tag erforderlich.
Wenn man dieses Programm erstmal gestartet hat, muss man es konsequent für min. 250 Jahre (ca. doppelte Halbwertszeit der Verweildauer des CO2 in der Atmosphäre) durchziehen. Falls man es unterbricht, würde die Temperatur sofort, d.h. innerhalb weniger Jahre um diese 1,5° wieder ansteigen.
Die Flugzeuge sind jeweils einige Stunden unterwegs, um die richtige Luftströmung zu erreichen, man kann also mit maximal 1 – 2 Starts pro Tag rechnen und benötigt also ca. 2.500 Flugzeuge. Bei einer Lebensdauer von 20 Jahren, aber einer abnehmenden Startrate, müsste man etwa 25.000 Flugzeuge bauen. Bei einem Stückpreis von 100 Mio. € kosten die zusammen etwa 2.500 Mrd. €.
Bei einem Kerosin-Preis von 50 ct/l bedeutet das ca. 20 Mrd. € pro Jahr. Dazu kommt das Bodensegment mit Wartungskosten, Personal usw. Der CO2-Ausstoß liegt dabei mit ca. 100 Mio. t in der Größenordnung von ca. 1 % der jährlichen weltweiten anthropogenen Abgase.
Das ist halt der Preis dafür, dass wir so weitermachen könnten wie bisher, ist aber immerhin kalkulierbar.
In dem o a. Artikel werden aber eine Reihe von Risiken benannt, die mit diesem Experiment verbunden sind, ich würde noch eines hinzufügen:
Die Staaten, die es sich leisten können, an dem Projekt mitzuarbeiten werden natürlich versuchen, für das eigene Land möglichst optimale Ergebnisse zu bekommen, also nicht nur einen Abkühleffekt, sondern beispielsweise auch die Beeinflussung von H-/T-Druckgebieten, ohne Rücksicht auf den ärmeren Rest der Welt.
Einer der Autoren der Berner Studie kommt daher zum Ergebnis (s. o.):
«Geoengineering wäre ein weiteres globales Experiment und ein potenziell gefährlicher Eingriff der Menschen in das Klimasystem, was gemäss Artikel 2 der UNO-Klimarahmenkonvention auf jeden Fall verhindert werden sollte.»
In den letzten Jahrzehnten sind bereits einige alternative Konzepte entwickelt worden, bspw. hat der Nobelpreisträger (Chemie) P. Crutzen 2006 vorgeschlagen, Heißluftballone mit einer Ladung Schwefel in die Stratosphäre zu starten und den Schwefel (inkl. Ballon) dort abzufackeln. Nach seinen Berechnungen würde das nur etwa 25 – 50 Mrd. $ pro Jahr kosten, sollte aber nur als absolute Notmaßnahme gelten, wenn es nicht gelingt, den CO2-Ausstoß wirksam zu reduzieren.
...... nachträglich:
Im Spiegel hat St. Rahmstorf einen "Crashkurs in Strahlungsbilanz und Treibhausgas-Heizung" (1/2020) geschrieben:
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/klimawandel-woher-die-gewaltige-energie-der-erderhitzung-stammt-a-692ebf01-faf1-4ffe-828a-16493d24715b