Ich habe gestern nochmal im Titan II Buechlein nachgelesen, da ist dem Wiedereintrittsproblem ein ganzer Abschnitt gewidmet. 1956 hat ein Teilnehmer auf einer Konferenz an der Universitaet Berkeley den Wiedereintritt einer Koerpers in die Atmosphaere als das schwierigste Problem beschrieben, was man sich in der modernen Luftfahrt vorstellen koenne. Problem damals war auch, das man kaum Moeglichkeiten hatte Materialien und Modelle unter realen Moeglichkeiten zu testen. In den USA waren es AVCO und General Electric die von der USAF mit der Entwicklung beauftragt wurden. Die ersten Konzepte waren "Heat-Sink" Konzepte, bei der ein Stoff mit hoher Waermekapazitaet die Energie des Wiedereintritts aufnehmen sollte, ohne selbst zu schmelzen. Praktisch umgesetzt wurde das mit Kupfer, was schliesslich im Mk.2 Eintrittskoerper muendete, welcher auf den Thor und Jupiter Raketen zum einsatz kam. Fuer ICBM war diese Loesung aufgrund des hohen Gewichts nicht optimal, und man begann mit der Entwicklung von ablativen Techniken, wie sie dann auch in der zivilen Raumfahrt Verwendung fanden. Man verwendete spezielle Kunstoffe, welche auf die Aussenhaut des Wiedereintrittskoerpers aufgebracht wurde. Neopren zwischen der Alustruktur und dem Hizteschutz diente dazu, die unterschiedliche Ausdehnung der Materialien beim Wiedereintritt zu ermoeglichen. Diese Technik muendete in den Mk.4 fuer die Atlas und Titan I Raketen fuer AVCO und den Mk.6 fuer die Titan II von General Electric. Wie auch bei den spaeteren zivilen Raumkapseln hatten dieses ersten Wiedereintrittskoepfe einen niedriegen beta-Wert, das heisst sie fuehrten den Wiedereintritt mit der breiten Seite voran durch. Dadurch begann der Eintritt frueher, dauerte laenger aber es gab eine geringere thermische Belastung. Auch war die Endgeschwindigkeit nach dem Wiedereintritt geringer, was in der zivilen Raumfahrt ja durchaus gewollt ist. Der Mk.6 der Titan II schlug so nur mit 0,3 km/s am Boden auf. Erst 1968 gab es mit dem Mk.12 einen Wiedereintrittskopf mit hohem beta-Wert, wodurch die Wiedereintrittszeit erheblich verkuerzt wurde und die Endgeschwindigkeit erheblich hoeher lag.
Getestet wurden die ersten Eintrittskoerper auf Thor-Able und Atlas B und C Raketen.
Wie schwierig das Problem war kann man auch am ersten erfolgreichen FLug der R-7 im Jahr 1957 ablesen. Die Wiedereintrittskopf zerbrach vor erreichen des Ziels. Man wusste aber bereits vor dem Flug das dies geschehen wuerde, soll heissen die komplexe R-7 war schneller entwickelt als der zugehoerige Eintrittskoerper.
Grossbritannien setzte ab 1958 die Black Knight Rakete ein, um Wiedereintrittskoerper zu testen. Die zweite Stufe dieser Rakete feuerte in die "falsche" Richtung, um hohe Wiedereintrittsgeschwindigkeiten zu erzeugen.
Black Knight mock-up, Woomera, Australien