Bei dieser Gelegenheit eine kleine Episode am Rande - ich war ja diese Woche in Ungarn an der Ersten Europäischen Konferenz für Chemie in Budapest als "Accompanying Person" meiner Freundin dabei und der erste Redner fing seine Vorlesung folgendermassen an:
"Ich kann sehr gut meinen Freund Mike Brown verstehen, der aufgrund eines bürokratischen Gremiums seinen Planeten verloren hat", worauf er eine Folie mit unserem Sonnensystem aufgelegt hat, "und ich bin sehr froh, dass man in der Chemie kein Gremium einberufen muss, welches definieren müsste, was ein 'Element' ist."
Ich bin ja auch nicht glücklich mit dem IAU-Beschluss und wie Jerry schreibt ist die Gefahr emotionaler und zu voreiliger Aussagen hoch. Ich erinnere mich nur, wie lächerlich ich die Hinzunahme der Ceres, des Plutomondes Charon und der "Xena" als ersten Vorschlag empfand; mittlerweile empfinde ich diesen Vorschlag fast schon als ausgewogen, wenngleich natürlich auch als problematisch und unausgereift; dennoch aber insgesamt besser als den aktuellen Beschluss.
Ich denke, man sollte in der Planetenfrage nach Schweizer Vorbild mit Geduld und einer Politik der kleinen Schritte vorgehen: Niemand bezweifelt ja die terrestrischen Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars und auch niemand bezweifelt die Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Ebenso herrscht eigentlich kein Zweifel über den Begriff der klassischen Planeten, die aus Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun bestehen. In diesen Fragen herrscht meines Wissens also Einigkeit.
Somit bleibt ein Hintertürchen für Pluto und "Xena" offen: Statt sich Gedanken über den Begriff des "Zwergplaneten" zu machen, zumal ja niemand erwartet hat, dass Ceres oder gar Charon einen Planetenstatus erhalten würden - könnte man sich Gedanken über den Begriff "Kuipergürtel-Planeten" zusätzlich zum Begriff der der terrestrischen und der Gas-Planeten machen; kaum jemand wird dem Pluto oder der "Xena" eine solche Bezeichnung als Kuipergürtel-Planet streitig machen wollen, und somit ist die zu klärende Frage nicht mehr die, was ein Planet ist - zumindest bezüglich klassischer ist hier alles klar - sondern was ein Kuipergürtel-Planet ist: Bei Pluto und "Xena" ist da alles klar, doch was ist mit Quaoar und Sedna ? Gegebenenfalls noch Orcus, "Santa" und Easterbunny" ?
Beachten wir noch, dass es neben den Kuipergürtel-Planeten auch noch Oort'sche Planeten geben könnte. Oder ein weiterer Planetoidengürtel dazwischen, welcher auch planetengrosse Himmelskörper enthalten könnte, die mit den heutigen technischen Möglichkeiten einfach noch nicht entdeckbar sind - selbst ein erdgrosser Kuipergürtel-"Planetoid" in 5-facher Entfernung der "Xena" wäre nur so hell wie jene und wäre aber aufgrund seiner viel geringeren Eigenbewegung praktisch nicht als "Planetoid" erkennbar ! - Ja, selbst ein jupitergrosser "Planetoid" wäre im Abstand von 5000 AE - das ist nur 5x weiter weg als der sonnenfernste Punkt der Sedna und immer noch weit entfernt von den 50000 AE der äusseren Bereiche der Oort'schen Wolke - wäre nicht heller als "Xena" und hätte eine nochmals kleinere Eigenbewegung vor dem Sternenhintergrund und wäre heutzutage kaum entdeckbar.
Freundliche Grüsse, Ralf