... hab einiges gelesen und glaube, es jetzt durchschaut zu haben, wie das mit CommercialCrewTransport gelaufen ist.
Da wäre ich gespannt auf Deine Schlussfolgerungen, notfalls auch per PM...
Daruf bin ich auch gespannt!
Gruß Thomas
schön, da bin ich ja wenigstens nicht der einzige, den diese Frage interessiert.
Das ich neue Erkenntnisse liefern kann, glaub ich ja nicht. Und ich kann auch nur soweit gehen, wie Informationen im Netz verfügbar sind. Ich will mir hier auch nicht Kenntnisse oder Urteile ohne Kompetenzen anmaßen, es ist halt nur meine Meinung. Hier der Versuch einer Zusammenfassung:
Ich fragte ja schonmal, ob irgendwer per Studie untersucht hat, ob Com-Crew auch funktionieren kann. Diese Analyse konnte ich nicht finden, es scheint sie nicht zu geben. Stattdessen verbindet sich damit ein Prozess, in der stückenweise dieses Vorhaben als denkbar und schließlich als neue US-Politik festgelegt wurde.
Nebeneffekt war, dass einerseits eine Auffassung entstand, dass die NASA eine überbürokratisierte Organisation sei, in der Projekte nicht in Zeit und Budget fertiggestellt werden (organisatorische Defizite), das AresI-Konzept umstritten ist und andererseits ein gewisse Faszination von kleinen, schnellen Firmen wie SpaceX, Virgin Galactic ausgehen. Eine gewisse Rolle spielt vielleicht auch, dass man mit den Russen eine derartige "Geschäftsbeziehung" führt, in der Sitzplätze von Jahr zu Jahr gekauft werden und man sich dieses auch gegenüber der eigenen Industrie "wünscht".
Es gibt eine Reihe von Beratern, die das Thema "Commercial" besetzten und treiben. So hat man das Thema Commercial Cargo&Crew als Versuchsballon aufgesetzt. Bei Cargo hat eigentlich niemand Probleme sich das vorzustellen, denn es gibt reichlich Alternativen und wenn da was abstürzt, ist es verschmerzbar. Man hat aber immer "Cargo&Crew" in einem Atemzug genannt, ohne den grundlegenden Unterschied zu sehen.
Jetzt ist es aber so, dass Com-Cargo zumindestens seitens der neuen Startups auch allenfalls auf dem Weg ist und im Ergebnis noch nicht viel unter Beweis gestellt hat.
Die neue Dimension entstand, als "ComCargo&Crew" nicht nur ein Versuchsballon, sondern plötzlich die einizige Variante sein sollte. Das hat ganz offenbar auch die überzeugtesten Vertreter erschreckt. SpaceX, die sich im Mittelpunkt der Erwartungshaltung sahen, relativierten schon. Die Aussage, man solle doch besser auf ULA schauen, spricht für sich. Die ULA sagt wiederum, für "Cost-plus" machen wir alles, was natürlich mit den Vorstellungen von Wettbewerb und Kauf von Service statt Rakete aus dem Weißen Haus nicht vereinbar ist. Die ULA sieht da keine Business-Case, mit anderen Worten, es gibt kein Angebot. Selbst wenn die ULA anbieten würde, was sie (bisher) verneint, ergibt sich noch kein Wettbewerb.
Die einzige Grundlage, für das Funktionieren von "Com-Crew" scheint die Betrachtung zu sein, man hätte das mit Gemini in drei Jahren auch geschafft (und das die notwendige Größenordnung von Raketen heute durch Firmen wie SpaceX realisierbar wäre).
Die Entscheidung, auf "Com-Crew" zu setzen, liegt im Weißen Haus. Es mag sein, dass man dort der bemannten Raumfahrt keine Priorität einräumte oder dass man nach dem Shuttle auch wenig Lust verspürte, mit einer Kapsel-Lösung als Nachfolger daherzukommen. Da hat die "Com-Crew"-Lösung schon mehr Anspruch. Die zentrale Rechtfertigung für das Weiße Haus für diese Entscheidung könnte nun m.E. das HSF-Komitee-Ergebnis sein, in der die Option "Com-Crew" so prominent zum Ausdruck gebracht wurde.
Also lohnt sich weiterer Forschungsaufwand, wie es in diesem Komitee zu der Option "Com-Crew" gekommen ist.
Meines Erachtens konnten sich da Berater austoben, die "Commercial" weiterbringen wollten. Alle "wünschten" sich das Thema und es hat niemanden gegeben, der das Thema eingebremst hat. Zudem hatte man eigentlich ein anderes, übergeordnetes Thema zu behandeln, zu dem die "Teil-Lösung" Com-Crew zu passen schien, ohne genauer zu hinterfragen, ob das überhaupt realistisch ist. Das würde ich als Fehler bezeichnen, aber der eigentliche Fehler liegt (wie so oft) im Folgezug, nämlich das diese Einschätzung einfach übernommen wurde.
Ich halte das Ganze für einen entscheidungsorganisatorischen Betriebsunfall, bei der eine Annahme gemacht wurde, die nie richtig überprüft wurde bzw. bei der einfach etwas übertragen wurde (aus Cargo wurde Crew), ohne die Bedingungen nochmal zu prüfen.
Wenn die Annahme "Com-Crew-funktioniert" richtig ist, hat man bestenfalls Glück gehabt, wenn nicht, trägt die neue US-Politik genauso den Keim des Scheiterns in sich, wie die Constellation-Strategie.